Derzeit läuft die letzte Footballwoche im International Player Pathway Program der NFL, in der alle Teilnehmer des Programms sich nochmal zeigen können. Am Montag werden die beiden Österreicher dann wieder in Wien sein. Alle elf Teilnehmer sind für den kommenden Draft berechtigt. Die Entscheidung, welche Spieler zu welchen Teams kommen und damit wer es im einen NFL Kader schafft, wird nach dem NFL Draft 2021 am 1. Mai fallen.

Während Bernhard Seikovits zum zweiten Mal nach 2020 dabei war, verletzte sich Leonel Misangumukini nach vier Wochen und musste in Folge pausieren. Die Hoffnung auf einen NFL Spot lebt aber für beide.

„Der Pro Day war ein super Erlebnis“ sagt Seikovits, der das ganze Prozedere schon kannte. „Eine riesige Uni, alle NFL Teams waren vertreten, 50 Scouts waren da. Die Leistung hat gepasst. Ich hab abgerufen, was ich zeigen musste.“

Für Misangumukini war alles Neuland: „Die letzten Wochen waren sehr erlebnisreich. Am Anfang war das Tempo sehr hoch, es war nicht einfach reinzufinden, aber ich bin dann von Tag zu Tag besser geworden. Wir hatten sehr unterschiedliche Typen im Team. Von ganz wenig bis sehr viel Erfahrung. Einer der Liner hat überhaupt erst sechs Spiele in seinem Leben bestritten, ein anderer hat an der University of California gestartet. Da war also alles dabei. Sicher ein kleiner Vorteil für uns, die wir ja schon länger Football spielen. Beim Pro Day hat unsere Gruppe dann mit der Florida Gatos D-Line trainiert und ganz ehrlich: Man hat keinen Unterschied gesehen. Es waren richtig gute internationale Athleten dabei.“

Seiko’s Vorteil: Er hat das Programm schon einmal durchlaufen

„Ich hab den Ablauf vom Gym und vom Training gekannt, daran hat sich nicht viel verändert.“ erklärt Seikovits. „Mich hat so gesehen nichts mehr überrascht hier. Ich hab gewusst, was auf mich zukommt und was ich leisten muss. Ich hab mich auch gezielt darauf vorbereiten können. Das hat natürlich geholfen. Im Endeffekt muss man die Leistung aber abrufen, da bringt es einem wenig, wenn man weiss was kommt. Ich war körperlich auch schon in einer besseren Verfassung als letztes Jahr. Da musste ich ja viel zunehmen, wegen dem Positionswechsel auf Tight End. Ich war bereits quasi auf meinem „Kampfgewicht“ und habe mich rein auf Speed und Football konzentrieren können.

Ein wichtiger Punkt war das Training und auch die drei Spiele in Österreich. Ich konnte in drei Spielen als Tight End starten und habe jetzt einen Film auf der Position. Den hatte ich im Vorjahr nicht. Ich bin daher sehr dankbar und froh, dass eine Saison stattgefunden hat.“

Bernhard Seikovits Zoom
Bernhard Seikovits

Gereift und verbessert

„Ich denke ich bin ein besserer Athlet als letztes Jahr und das haben auch die Zeiten und Daten gezeigt. Das war mein Ziel und ich denke, dass das auch das war, was sie sehen wollten, um mich noch mal einzuladen. Wie knapp es letztes Jahr wirklich war, weiss ich nicht. Ich hab wieder mein Bestes gegeben. Ich hab das komplette Jahr dieser zweiten Chance gewidmet, sagte mir selbst: Okay, du warst sehr knapp dran, du bekommst noch eine Chance, gib alles was du hast. Egal was am Ende rauskommt, ich habe nichts zu bereuen, ich denke ich habe alles aus mir rausgeholt.

Ich bin auch mental reifer geworden. Rückschläge wie jene im Vorjahr lassen auch eine positive Veränderung zu. Wenn ich letztes Jahr genommen worden wäre, dann wäre ich heute nicht der Sportler und Athlet der ich bin. Letztes Jahr war für die international Athleten ein schwieriges Jahr wegen Corona. Ich hoffe, dass ich einen frischen Start rein kriege, in der besten Form meines Lebens und dann das Beste daraus mache.“

Verletzungspech bei Leo

Im Gegensatz zu Seikovits, der das volle Programm durchlaufen konnte, wurde Misangumukinis Anlauf durch eine Verletzung gestoppt.

„Vier Wochen konnte ich voll mit trainieren, dann habe mich leider verletzt und musste pausieren.“, erzählt der D-Liner der Vienna Vikings. „Ich war aber bei allen Meetings und Trainings dabei und versucht möglichst schnell wieder ganz fit zu werden. Zum Glück gibt es aktuelle Bilder von mir aus Spielen, so habe ich vielleicht noch eine Chance dabei zu sein. Ich kann es ehrlich nicht einschätzen, hoffe das Beste.“

Leonel Misangumukini
Leonel Misangumukini

Wie kam es zur Verletzung?

„Ich habs sofort gespürt, es passierte beim Spin Training. Am Anfang war ich sehr enttäuscht und auch ein wenig emotional. Ich hab dann mit unserem Physio geredet und nach dem MRT war klar, dass die Verletzung nicht so schlimm ist wie befürchtet. Es ist keine OP nötig, nur eine Pause. Die halt zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Ich hab dadurch auch den Pro Day verpasst, war zwar dabei, aber mehr als Abmessen ist nicht gegangen. Ich hab dann versucht, meine Teamkameraden anzufeuern. Aktuell bin ich bei ca. 60% Leistungsvermögen.“

Wie war das Feedback der Coaches?

„Es sind vor allem footballtechnische Dinge, an denen ich arbeiten muss.“ weiss Misangumukini. „Dass ich mit mehr Leverage spielen und tiefer reingehen muss. Mir wurde öfter gesagt, dass meine besten Momente sehr hoch oben, die schlechten aber weit unten liegen und ich konsistenter werden muss, um jeden Tag die gleiche Leistung abrufen zu können. Lob gab es für meine Explosivität und das Spielverständnis, was ich halt jeden Tag abrufen muss, wenn ich zu einem Team kommen sollte, bei dem ich natürlich der letzte Mann am Roster bin.“

„Das Feedback durchs ganze Programm hindurch war sehr positiv.“ sagt Seikovits. „Es wurde angesprochen, dass ich schneller geworden bin, dass es so aussieht als ob ich mich jetzt wohler fühle, was auch eine Tatsache ist. Es fühlt sich nicht mehr so an als würde ich mit 116 oder 188 Kilo herumlaufen, sondern mit 102 oder 105. Ich fühle mich spritziger. Ich hab mich als Athlet und als Spieler weiterentwickelt.“

Im Vorjahr musste das Programm wegen Corona relativ abrupt abgebrochen werden. Wie war die Situation mit der Pandemie heuer?

„Hier wurde eine Bubble kreiert mit PCR Tests und das hat super funktioniert. Wir haben unsere eigenen Fitnessbereich, wo nur die Teilnehmer des Programms und der Coach drinnen sind. Am Feld sind wi so oder so alleine, das war aber letztes Jahr auch schon so. Überall wo wir hinkommen am Campus sind wir als Gruppe abgeschottet. Es gelten Abstandsregeln und Maskenpflicht, Maßnahmen die man ja auch Österreich auch kennt. Die NFL hat hier jedenfalls einen sehr guten Job gemacht, es beeinflusst uns recht wenig in Sachen Football.“, schildert Seikovits die Situation vor Ort.

Die Gruppe erweckt in sozialen Medien den Eindruck, als wäre sie sehr freundschaftlich verbunden. Wie groß ist da eigentlich noch das Konkurrenzdenken?

„Am Anfang haben wir uns schon noch als Konkurrenten gesehen, das hat sich mit der Zeit aber gelegt. Es wurde uns auch klar gemacht, dass es auch darum geht, dass wir als Gruppe gut performen. Natürlich will jeder auch herausstechen, aber es geht auch darum sich gegenseitig hoch zu pushen.“ gibt Misangumukini seine Erlebnisse wider.

Auch für Seikovits heisst es „Team first“

„Es ist natürlich allen bewusst, dass die Plätze limitiert sind und nicht jeder einen bekommen wird. Wir sind trotzdem eine Gruppe hier und sehen uns auch als Team. Wir wollen gemeinsam durch das Programm und internationalen Football nach vorne bringen. So wie ich die Leute hier kennengelernt habe, liegt uns das allen am Herzen. Das würden wir auch jeden Tag über uns stellen und ich glaub das zeichnet internationale Spieler generell aus, da sind wir auch sehr stolz darauf. Es ist jedenfalls sehr freundschaftlich, das scheint nicht nur so. Das macht es auch leichter so lange von zu Hause weg zu sein und ist auch natürlich im Laufe von neun Wochen.

Wir sind zwei Leute mehr als 2020 und ich glaube das Durchschnittslevel ist höher als voriges Jahr. Was auch so sein sollte, das Programm soll sich ja weiterentwickeln.“

Die letzten zwei Jahre waren jeweils zwei Österreicher dabei. Wie nimmst du das standing von Spielern aus Österreich wahr?

„Das zeigt einfach, dass Österreich im Nachwuchsbereich ein gute Arbeit macht.“ weiss Seikovits. „Was mich auch als Nachwuchscoach super ist. Ich hoffe ja auch, dass eines Tages Spieler, die ich gecoacht habe, durch dieses Programm gehen. Wir gewinnen mit der U19 Europameisterschaften in Serie. Das kommt nicht von nirgendwo. Das spiegelt sich im Programm wider, dass Österreich hier sehr dominant ist.“

Multistasking bei Belichick

Die verrückteste Story am Rande erlebte aber sicher Misangumukimi.

„Wir waren während des Pro Days in einem bekannten Hotel untergebracht, in dem auch die meisten NFL Scouts einquartiert waren. Ich ging ins Hotel Gym, dort lief  ein älterer Herr am Laufband und ich dachte mir noch: Hey, der sieht aus wie Bill Belichick! Ich setzte mich aufs Rad, sah noch mal hin und stellte fest: Es ist Bill Belichick! Er war am Telefon, hat Video geschaut und ist dabei gelaufen. Er ist nicht nur sehr fit, sondern auch Multitasking fähig. Ich hab einen Freund in Österreich angerufen und ihm auf Deutsch erklärt, dass ich gerade neben Belichick im Gym am Fahrrad sitze. Er sagte mir, ich soll hingehen mit ihm reden, ich sagte das geht nicht, er ist ja beschäftigt. Das alles auf Deutsch, damit er nicht bemerkt, dass wir über ihn reden. Dann schoß mir ein, dass er ja eventuell Deutsch kann. Ich bat meinen Freund das zu googlen. Wenn er Deutsch versteht, wäre das extrem peinlich.

Ich bin dann geblieben, bis er gegangen ist. Als er vom Laufband runter stieg, schaute er mich kurz an. Ich wollte etwas sagen, aber ich konnte es nicht. Ich war „starstruck“. Hoffentlich werde ich ihn wieder einmal treffen. Vielleicht wenn ich mal gegen die Patriots spiele. Dann kann ich ihm mal die die Geschichte erzählen …“

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