Drei aus vier, das ist nicht schlecht. Also wirklich nicht – ganz ohne Sarkasmus – auch wenn es „nur“ die drei im Viertelfinale fix Gesetzten waren, ja insgesamt haben sich genau die vier Teams mit Berlin durchgesetzt, die schon 2010 im Semifinale standen und daher auch 2012 wieder Heimrecht und einen Fixstartplatz im Quarterfinal haben werden. Fad? Ja, aber das liegt nicht an dem Quartett.
Ich beginne mit den positiven Eindrücken. Die sportlichen Leistungen der Raiders und Giants in den beiden Viertelfinalspielen waren beeindruckend.
Dass die Franzosen mit einem Fußballmannschaft zu einem Footballspiel anreisen, dafür können die Raiders nichts, das war auch nicht wirklich zu erwarten. Sie (die Raiders) taten, was in so einem Fall zu tun ist: Den stolzen Herren aus dem Lande des Vizeeuropameister zeigen, dass sie überhaupt nicht dabei sind bei der Musik. Hier ist die EFL und da wird zu drei Vierteln der Walzer gerockt und keine müder Chanson intoniert. Üben und beim nächsten Mal den zweiten Teil der Mannschaft fragen, ob sie nicht doch mitmachen wollen, wenn es um einen Semifinaleinzug geht. Die Reise hätte man sich nämlich auch sparen können. Einziger Wermutstropfen: Kyle Callahan wirkt nach wie vor etwas verunsichert. Wieder warf er zwei Picks (bei nur 16 Versuchen) und bei einem Slide verletzte er sich selbst am Knie, konnte aber weiter spielen. Die vielen Picks in Verbindung mit noch mehr Touchdowns hinterlassen zumindest ein kleines Fragezeichen hinter dem Mann.
Auf mehr Widerstand stießen die Giants. Die Kiel-Bezwinger Carlstad Crusaders zeigten in Eggenberg, dass sie nicht zufällig den deutschen Meister geschlagen haben. Die können das. Joey Stein verletzte sich zu Beginn, kam zurück und spielte eine starke Partie. Wie die ganze Mannschaft deutlich Europatauglicher wirkte, als das Rumpfteam von Amiens. Der Grund warum die Grazer trotzdem wenig anbrennen ließen, der hat einen Namen: Chris Gunn. Er hört es nicht gerne, will darüber nicht reden, aber der Liga MVP von 2010 spielt 2011 (bisher) noch einmal eine Spur stärker. Sein Receiver Chorps, in dem noch Klaus Geier fehlt (Bandscheibenvorfall) beinhaltet mit Armando Ponce de Leon, Maximilian Herdey und Wolfrum Hofbauer drei Top-Leute und von hinten schließen Max Taurer und auch der Ex-Bear Raimund Winkler langsam auf. Die momentan gefährlichste Pass-Offense der Liga.
Bei den beiden anderen Partien gibt es aus meiner Sicht weniger Grund zur Freude.
Die Danube Dragons versuchen seit mittlerweile sieben Jahren erfolglos sich auf internationaler Ebene zu behaupten. Die Namen ändern sich – die Nemesis, wenn man so will, die bleibt: Zürich Renegades, Winterthur Warriors, Schwäbisch Hall Unicorns, Prague Panthers, Graz Giants und Berlin Adler. Namen, die nicht alle für europäischen Spitzenklasse Football stehen, doch für die Dragons dann auf Europa Niveau doch zu groß waren. Und das ist das eigentlich Unfassbare daran. Irgendwas hat es da, wenn es gegen für sie unbekannte Teams geht; eine tiefer sitzende Blockade vielleicht, eine Unerfahrenheit trotz allem, denn die Raiders, Giants und Vikings gewinnen EFAF-Cups und Euro Bowls im Multipack, während die Dragons dann am EU-Parkett ausrutschen. Ich verstehe es nicht wirklich.
Was ich verstehe und aus der bisherigen Saison gelernt habe, ist, dass die Dragons heuer vielleicht nicht mehr ganz so stark wie noch 2011 sind und es nicht alleine an den Ausfällen liegt. Das Auftaktspiel gegen Prag zog sich Strudelteigartig dahin, die Niederlagen gegen Graz und Innsbruck waren im Fall A zu vermeiden, wozu es aber nicht mehr kam, weil auch auf die Kicker kein Verlass ist und im Fall B zu erleiden, weil das hätte am Tivoli noch weitaus schlimmer kommen können. Geglänzt hat das Team heuer gegen die Black Lions. Nur die sind nicht der Gegner.
Das Unding in Berlin lag an der Offense, die nie richtig ins Spiel fand und die Defense damit mehr auf Trab hielt als die Adler Offensive. Es wurde am Ende noch knapp, aber – meine Herrschaften – die Adler sind heuer auch nicht mehr dort, wo sie noch mit Fatah, Wise, Callahan & Co waren und backen kleinere Berliner Brötchen.

Der JUPL-Effekt

Wenn dann Dragons Head Coach Ivan Zivko nach dem Spiel 50 Strafen [sic!] gegen sein Team gesehen haben will (es waren im Vertrauen nur zwölf), dann ist das für mich der „Joachim Ullrich-Post-Loss-Effekt“ kurz auch „JUPLE“ genannt. Bei der 19:70 Niederlage gegen die Vikings in der Euro Bowl 2007, erklärte Ullrich nach dem Spiel von sieben bis acht US-Amerikaner am Feld gejagt worden zu sein und meinte damit die defensiven Statistik Leader Johannes Neusser, Florian Grünsteidl und Christoph Putz, die er nach einem Monster Sack von Armin Novidi nur mehr auf Englisch reden hörte. Ohne Untertitel endete der Hauptfilm mit einem Happy End für Wien.
Das ist nicht die feine englische Art, so eine Sache auf die Schiris zu schieben und im Rausche der Niederlage 38 zusätzliche Strafen herbei zu halluzinieren. Und der AFBÖ, dem noch nie ein offizielles Sterbenswörtchen über die Performances seiner eigenen Referees über die Lippen gekommen ist, der lässt just dann Schiedsrichterkritik durchklingen, nachdem einer seiner Vertreter aus einem internationalen Bewerb geflogen ist.

Calanda-Test: Genügend

Mit Heldentaten kann sich auch die Offense der Vikings nicht rühmen, die gegen den Schweizer Meister Calanda mit einer Vier Minus aufsteigen durften. Beinahe wurden sie von einer Truppe eliminiert, die ihrer Konzeption nach stark den Blue Devils der Jahre 2006/2007 ähnelte. Lediglich hatten die Hohenemser damals mehr Schweizer am Feld als die Broncos am Sonntag. Nach dem Spiel gegen Graz die zweite schwache Leistung ihrer Offense, die mit Ausnahme gegen Prag und Kärnten stets unter 300 Total Yards gehalten wurde. So auch von Calanda. In der AFL haben die Wiener aber bisher die meisten Touchdowns mit ihrer O erzielt. Und das obwohl sie weder mit ihrer Rushing- (3.), noch ihrer Passing Offense (4.) ganz vorne liegen würden. Effizienz lautet das Stichwort hier und so wundert es nicht, dass die Broncos von zwei Big Plays und einem Safety gezähmt wurden.
Das Ergebnis somit das wirklich Gute für die Wiener, die nun mit den Raiders ein ganz anderes Kaliber im Halbfinale vorgesetzt bekommen.

Ernüchternd die Zuschauerzahlen am Muttertag und überraschend der organisatorische Fauxpas mit den Saisonkarten an der HW Kassa. Die galten nicht für das Spiel, obwohl es auf diesen so oben stand. Dass man auf diesen Irrtum nicht sofort und proaktiv reagiert hat – und damit meine ich bitte nicht Biergutscheine – wird nicht zwingend zu mehr Kundenzufriedenheit führen. Der Boden auf dem solche Blüten wachsen, ist von Sparmeistern bestellt, was an und für sich ja im Sinne und Interesse des Klubs ist und die Fans bis zu einem gewissen Punkt auch akzeptieren sollten. Das Hoppala lag aber dann wohl schon über dieser Toleranzgrenze. Die Fanklubs schwiegen ein Viertel lang, einige blieben überhaupt bewusst fern und daher müssen die Vikings hier genau aufpassen, dass der Muttertag nicht zum Alltag wird, denn sonst ist alsbald die Vienna die Nummer 1 in Sachen Zuschauer pro Spiel in Döbling.

Friede, Freude und Eierkuchen

Liest man die Aussendungen des AFBÖ zum Nationalteam, dann entsteht der Eindruck dort würde derzeit alles wie am Schnürchen klappen. Alle wären zu hundert Prozent zufrieden und die Mitglieder des Teams mit dem Verband – wie es er ausdrücken würde – eine einheitliche Einheit. Der Eindruck ist nicht ganz richtig.

Das Spiel Salzburg Bulls vs. Danube Dragons wurde auf den 15. Mai verschoben. An just dem Wochenende findet aber auch das Nationalteam Camp in Innsbruck statt. Das bedeutet, dass die Nationalteamspieler der Dragons (7) nicht am Bulls-Spiel teilnehmen können, denn dazu müssten sie das Camp schwänzen. Und wer das tut, der ist am selben Spielwochenende gesperrt. Offenbar hat man den Dragons angeboten, dass sie drei Starter bei sich behalten dürfen, vier müssen aber nach Innsbruck. Nur angenommen die Dragons verlieren die Partie gegen die Bulls, was zugegeben die Sensation des Jahrzehnts wäre, aber falls es passiert, dann könnten sie sogar noch aus den Playoffrängen rutschen. Das bedeutet: Das Spiel ist zwar am Papier eine klare Sache, es handelt sich aber um einen absoluten Pflichtsieg für die Drachen, denn ansonsten könnte ihre Saison, die international ja schon beendet ist, am 22. Mai auf der Hohen Warte komplett zu Ende gehen. Und das wäre selbst in der nicht gerade erfolgsabhängigen Donaustadt ein Super GAU. So stehen zwei Interessen sich gegenüber an einem Termin und es geht um Prioritäten. Die setzt der AFBÖ und die Dragons können hier nur Bitte sagen und auf grünes Licht hoffen.

EFAF Premiere der anderen Art

Soeben ist es passiert. Heute (Dienstag) 12:00 lief die Bewerbungsfrist für die EFL Halbfinalspiele aus. Und zum ersten Mal in der Geschichte des Bewerbs hat sich bei einer Begegnung keiner der beiden Teilnehmer beworben. Weder die Graz Giants noch die Berlin Adler sind an der Austragung des Spiels interessiert und das sollte der EFAF, die nun einen Zahler bestimmen wird, zu denken geben.
Mein Ihr
Walter Reiterer
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