Es ist erst eine Woche in der wieder einmal neuen AFL gespielt, das Bild ist aber bereits relativ klar, auch angesichts der Ergebnisse.

  • Telfs hat massive personelle Probleme und man muss hoffen, dass es die Saison beenden kann.
  • Die Vikings sind auch 2024 Mitfavorit.
  • Die Raiders haben mit neuen Coaches und Spielern den Turnaround geschafft (Hoffe ich).
  • Mödling wird sich in den nächsten Spielen finden müssen.
  • Graz und Prag stehen ca. dort wo sie auch 2023 waren.

Wo der Meister Danube Dragons und Salzburg stehen, wird sich in der nächsten Woche zeigen. Anzunehmen ist, dass beide eher vorne als hinten dabei sind.

Es gibt Dinge, die ich in der Struktur und der Idee für der Liga nicht verstehe, was vermutlich daran liegt, dass der Verband andere Dinge im Fokus hat: Eine mögliche Teilnahme bei olympischen Spielen, Flagfootball, Nationalteams. In welcher anderen Ballsportliga wird diese ein Monat unterbrochen, weil es eine Nachwuchs-WM gibt? Ich kenne nur eine. Die AFL, die rennt halt so irgendwie mit.

Das erkennt man bereits an den Lizenzkriterien.

AFBÖ Lizenzierung

Was man, in denen festgeschrieben, einzig und alleine braucht, um Bundesliga zu spielen: Erbrachte Nachwuchsarbeit in 3 verschiedenen Altersklassen.

Und selbst das ist zum umgehen bzw. mit Übergangsfristen versehen.
Für heuer bedeutet das für die 8 Teilnehmer, dass man mit EINER Altersklasse im Nachwuchs antreten muss.

Fertig ist die Lizenzierung.

Sollte man auch dazu nicht in der Lage sein, kann man alternativ auch EUR 5000,- zahlen.

Ich sehe es so, dass es nicht nur im Interesse des Verbandes (und der Liga) wäre, sondern auch in seiner Pflicht stünde, Nachschau zu halten, ob Teilnehmer spielfähig sind und eine Prognose zu erstellen, ob sie das über den Verlauf von zehn Spielen auch bleiben. Vor allem, wenn ein Verein schon vermeldet, dass er glaubt, dass es eng wird. Da sollten alle Alarmglocken schrillen.

Vom Budget, Partner, Sponsoren, Spielfeld (Stadion), Flutlicht, Gameday, also alles was z.B. beim Fußball usus ist, mal abgesehen. Wobei wenig davon ein Kernproblem der 8 zu sein scheint.

Telfs kam mit 25 Spielern am Roster zum ersten Spiel nach Wien. Das sind 5 (!) über der Mindestspieleranzahl. Bei Spiel 1 von 10. Das zu einer Mannschaft, die aus einem Pool von 110 Spielern die besten Athleten wählen kann. Auch ein Spieler der in der ELF reüssierte ist (wieder) dabei.

In Vergangenheit gab es eine Reihe von (manchmal auch kurzfristigen) Aussteigern aus der AFL: St. Pölten, Hohenems, Salzburg (Bulls), Klagenfurt, Amstetten, zuletzt Traun und Graz (Styrian Bears). Alle diese Vereine hatten ähnliche Probleme und Gründe: Keine Aussicht darauf sportlich an die Spitze anzuschließen, einen zu kleinen Kader und/oder ein zu geringes Budget. St. Pölten wurde vom AFBÖ noch bestraft als es vor fast 15 Jahren die Bundesliga verließ. Amstetten wollte man bestrafen, da stellten sich dann aber die Vereine auf die Beine und gegen das Ansinnen des Verbandes. Traun und Graz ließ man nun ohne Androhung von Spielsperren und Zwangsabstiegen ziehen.

Es gab in jüngster Vergangenheit drei heimische Vereine, die (wieder) eingestiegen sind und nicht abgestürzt sind: Mödling, Telfs und Salzburg (Ducks). Wobei nicht abgestürzt bedeutet: Im Playoff war Telfs 2022, danach kam der Absturz, für die anderen beiden war eine ausgeglichene Bilanz der Höhepunkt.

Ein Joker für die Wiener

Die Anzahl und Qualität der Spieler ist aber nicht der einzige Vorteil der „großen“ Teams. Der Verband hat noch einen zusätzlichen „Joker“ für de facto die beiden Wiener Klubs geschaffen.

Heuer besagt die Import-Regel (A-Klasse), dass zwei „US Amerikaner“ am Gameday Roster stehen dürfen, aber nur einer darf jeweils am Feld eingesetzt werden. Mit einer Ausnahme: Verfügt ein Team über einen österreichischen Quarterback (der auch spielt), dann darf es beide Imports gleichzeitig einsetzen.

AFBÖ A-Klasse

Das Motiv dahinter ist, dass die Vereine heimische Quarterbacks ausbilden. Warum? Für das Nationalteam natürlich. Sie (die Vereine) selber brauchen in dem Sinne keinen bzw. schon, weil man könnte dann einen zweiten Ami aufs Feld bringen.

Davon nicht profitieren werden also: Graz, Innsbruck, Prag, Salzburg, Mödling.
Davon profitieren werden: Beide Wiener Klubs und Telfs, die auf einen US QB heuer verzichten.

Das heisst: Jene beiden Klubs, die in den vergangenen zwei Jahren das Finale bestritten haben, können einen US-Amerikaner am Feld gegen die Giants, Raiders, Ducks, Black Panthers und Rangers mehr einsetzen als ihre stärksten Gegner. Praktisch eigentlich.
Ja hätten die doch einen Quarterback ausgebildet! Einer (Salzburg) hat das eh, der ist jetzt nun leider im ELF Team der Vikings.

Es ist auch kein Geheimnis, dass Quarterback die am schwierigsten zu erlernende und zu lehrende Position im Football ist. Und auch langwierig. Die AFL ist eine „Jugendliga“ (siehe Ligapause wegen Nachwuchs-WM), Ausnahmen bestätigen die Regel. Aber wenn du bei einem 12-Jährigen heute beginnst ihn zum Quarterback auszubilden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er entweder mit 21 ganz andere Dinge im Kopf hat als Football zu spielen, oder in der ELF ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass er erst Mitte 20 noch da ist? Es gibt aktuell einen: Alex Thury. Es gab in Vergangenheit drei: Benjamin Bräuer (jetzt HC Mödling), Christoph Gross und Philipp Jobstmann.

Die beiden Nationalteam Quarterbacks (so wie damals Jobstmann und Gross), die bei den beiden Wiener AFL-Klubs engagiert sind, wurden beide im Programm der Vienna Vikings hochgezogen. Gross war zuvor unter den Fittichen von Armin Schneider, der wusste aber auch am Ende, wo er wirklich hingehört. 700 Mitglieder, eine ELF Franchise, ein Footballzentrum, alle Nachwuchsklassen, ein 40 Jahre altes, professionell geführtes Programm. Das ist nicht zum Nachhüpfen für Amstetten Thunder, St. Pölten Invaders und Cineplexx Blue Devils, auch nicht für die Steelsharks Traun und Styrian Bears. Es schaffen offensichtlich auch nicht die Raiders und Giants und ich glaube nicht, dass es am Wollen oder Können liegt. Er (der Quarterback) ist einfach nicht da bzw. lieber DB/WR, wo er eher startet. Daher spielen in so gut wie allen Vereinen in europäischen Ligen US-Amerikaner auf der Position. Weil die haben doch mehr als genug.

Warum man den großen Playern jetzt noch so ein Zuckerl ins Körberl legt, liegt am inhaltlichen Dogma: Nachwuchs alles ist was es braucht um Bundesliga zu spielen, und dass das Nationalteam auch in Zukunft Quarterbacks braucht. Wobei man die Angst, dass die Vikings damit aufhören wenn es die Regel nimmer gibt, nicht zwingend haben muss.

Verstehen muss man das insofern nicht.

Die Liga wird heuer semi-spannend. Dragons und Vikings werden in den wichtigen Spielen ihren „AFBÖ-Joker“ ziehen. Telfs wird die Regel angesichts der allgemein angespannten Personallage wenig nutzen. Dass Graz, Mödling, Salzburg, Prag und Innsbruck an die beiden heran kommen, oder dran bleiben, das ist zu hoffen.

Das alleine wird den Unterschied nicht ausmachen, aber dass man nicht auf die Idee gekommen ist, den kleineren Programmen einen kleinen Vorteil zu verschaffen, ist schon bemerkenswert. Man hätte auch alternativ dieses QB-Ass auch gar nicht auf den Tisch legen müssen und damit nicht nur de de jure sondern auch de facto alle 8 Teams unter den gleichen Voraussetzungen spielen lassen können.

Over & Out
WR

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