Zahlreiche Aktionen des Emser Alter Egos, aber auch die Pfiffe der Zebras vermochten im negativen Sinne zu verblüffen. Martin Pfanner berichtet (spät aber doch) für Football-Austria aus Hohenems.

Wenig wurde diese Woche mit derart viel Spannung erwartet, wie das gestrige Aufeinandertreffen der Emser Blue Devils mit den Innsbrucker Raiders. Spannend weil das eine Team einen, den Umständen entsprechenden, relativ klaren Aufwärtstrend zeigen konnte (die Devils am vergangenen Wochenende in Wien, Anm.), das andere aber als amtierender Staatsmeister im eigenen Stadion unterging (die Raiders verloren gegen Graz mit 20:35, Anm.). Ein Team sollte nach diesem Spiel also mit 0-2 dastehen, welches genau, galt es zu ermitteln.

Blitzstart
Kurios ging es auch schon los, denn der Tiroler James Ellingson sollte bereits beim Kickoff Return fumbeln, die Devils an der 20 Yard Linie der Mannen vom Inn recovern. Fünf Spielzüge später ließ es Star Running Back Tony Sutton mit einem seiner kraftvollen Läufe das erste Mal in der Tiroler Endzone klingeln (PAT Martinez good).

Ohne Florian Grein (Muskelfaserriss, 6-8 Wochen Pause), dafür aber mit WR Andreas Pröller (zog sich gegen Graz eine leichte Gehirnerschütterung zu, war aber dennoch mit dabei) wollte man sich das auf Seiten der Innsbrucker so nicht gefallen lassen. Kompromisslos starteten die Schwarzen daraufhin einen Drive von der eigenen 27, der sich sehen lassen konnte. Neun Spielzüge, 73 Yards und zum Abschluss einen Jakob Dieplinger TD nach Pass von Marko Glavic (PAT good). Die knappen 1000 Zuschauer im Herrenriedstadion durften sich nach zwei Drives und ebenso vielen TDs mit Recht einen Leckerbissen erwarten.

Holding, Holding, Holding
Ein heftiger Tritt auf die Euphoriebremse des gemeinen Footballfans erfolgte dann aber durch ein 3&Out der Gastgeber. Wesentlich ansehnlicher wurde es auch nicht als die Gäste selbst das Heft in die Hand nahmen. Unrühmliche Höhepunkte des Drives waren nicht eine, nicht zwei, sondern drei (!!!) direkt aufeinander folgende Holding Penaltys gegen die Raiders. Es lässt sich schwer eruieren ob jedes Mal ein Halten eines Gegenspielers vorlag, aber den Spielfluss konnten die Zebras erfolgreich unterbrechen, das ganze nicht zum letzten Mal an diesem Nachmittag. Für den Autor dieses Berichts war es jedenfalls ein absolutes Novum, dass die Absolvierung eines einziges AFL-Downs knappe fünf Minuten an Zeit fressen konnte.

Ein Mann auf Seiten der Tiroler konnte nicht genug bestraft werden um nicht doch wieder ein 1st Down zu erzielen. Der in Topform spielende Andreas Pröller verzeichnete während der Strafenserie Catches über 11, 12 und 18 Yards, sowie einem 23 Yarder, der die Tiroler an die Endzone der Blue Devils, die zudem noch eine ‚Late Hit‘-Strafe oben drauf bekamen, klopfen ließ. Der Abschluss war ein Spiegelbild zum vorhergehenden Score, denn Jakob Dieplinger wurde zum zweiten Mal wunderschön von Marko Glavic bedient (PAT no good) und erhöhte somit auf 13:7.

Währenddessen hatte sich in der Offensive der blauen Teufel ein wenig Lethargie eingeschlichen. Die Big Plays der vergangenen Woche schienen nicht mehr vorhanden zu sein, mühsames Stückwerk dafür in Massen. So verwunderte es zu diesem Zeitpunkt auch nicht, als QB Toby Henry, stark unter Druck stehend, den Ball LB James Ellingson in die Hände fumbelte. Rächen sollte sich dieser Fauxpas noch nicht, ein wenige Spielzüge später erfolgendes Field Goal der Tiroler wurde von Christian Winkler an die linke Torstange gesetzt.

Gestatten, der Fehlerteufel …
Das von manchen schon vergessen geglaubte Gesicht der Blue Devils (aka Fehlerteufel) kam dann aber richtig zur Geltung. Zwei Strafen und flugs sah man sich einem dritten Versuch und 30 gegenüber. Diese Distanz war dann doch zu weit, der Punt sollte folgen. Eine der größten Schwächen der Devils wurde dann von den Raiders gnadenlos offenbart, denn die Special Teams der Emser scheinen nicht auf ‚Game Speed‘ getrimmt zu sein. Zu gemächlich laufen dort die Spielzüge ab, geblockte Kicks und Punts sind somit an der Tagesordnung.

Geblockt wurde, der findige Leser ahnt es schon, natürlich der nächste Punt, mit der Ballübernahme an der 11 Yard Linie der Devils war die Ausgangslage für die Innsbrucker kurz vor der Halbzeit formidabel um mit einer noch größeren Führung in die Kabine zu gehen. Ein Pröller und ein Glavic Lauf reichten um das Unternehmen Touchdown erfolgreich abzuschließen und auf 19:7 zu erhöhen (2P Conversion failed). Die Devils schienen völlig von der Rolle, Youngster Benjamin Fussenegger fumbelte den Ball gleich anschließend wieder weg, doch der Halbzeitpfiff sollte für den Moment Schlimmeres verhindern.

Nach der Halbzeit
Offensichtlich zeigte aber die Halbzeitansprache von OC Joseph Julien Wirkung. Seine Mannen marschierten über das Feld, ließen gar ein Big Play vom Stapel (34 Yard Pass von Henry auf WR Mo Mortazavi) und schlossen auch erfolgreich zum 19:13 ab (1 Yard Lauf von Henry).

Daraufhin wollten sich die Blackies nicht lange bitten lassen und setzten einmal mehr zu einer langen Spielserie an. Offensichtlich wurde unter der Woche in Innsbruck der Schluss gezogen, dass Kleinvieh auch reichlich Mist produzieren kann, denn Drive für Drive arbeiteten sich die Tiroler Stück für Stück nach vorne. Wo vorvergangenen Samstag noch hektisches Spiel, lange Pässe und damit einhergehendes berechenbares Spiel regierten, wurde den Zuschauern am Sonntag gnadenlose Raumgewinn-Effizienz geboten. Natürlich auch mit reichlich Hilfe der Blue Devils, die es abermals durch eine Strafe verstanden aus einer 4&5-Situation flugs ein neues 1st Down zu zaubern. Zum Ende des dritten Viertels sollte dies aber ein letztes Mal gut ausgehen. Ein weiterer vierter Versuch der Raiders endete incomplete.

Schiri, wir wissen wo dein Auto steht
Im letzten Spielabschnitt hatten dann die Referees ihren großen Auftritt. Nach einer Toby Henry Interception (abgefangen von DB Manuel Eisenführer) übernahmen die Raiders Offense ein weiteres Mal in aussichtsreicher Position (an der Blue Devils 24). Andreas Pröller erzielte beim ersten Versuch saftigen Raumverlust, zwei Incompletions folgten und flugs stand ein 4&20 zu Buche. ‚Nur keine Strafe begehen‘ musste jedem Spieler in der Defensive im Kopf herumdröhnen, nach Glavics Incompletion lag aber ein gelbes Fähnchen am Boden. Devils DB Joe Okrah hatte offensichtlich eine Pass Interference Strafe begangen (dem Autor war leider die Sicht verstellt) und es bedurfte einiger Bemühungen die hitzigen Gemüter der Akteure wieder in Griff zu bekommen. Denn diese Situation sollte sich letztendlich als teuflischer Genickbruch entpuppen. Die Raiders, durch die Strafe mit einem neuen ersten Versuch ausgestattet, verließen sich abermals auf die Combo Glavic-Dieplinger und stockten das eigene Punktekonto auf 25 auf (2 Point Conversion failed).

Völlig konsterniert und von allen guten Teufeln verlassen, verlor Toby Henry im Anschluss die Kontrolle über den Ball und schenkte dem amtierenden Staatsmeister somit ein weiteres Mal den Ballbesitz. Nun ging es ans ‚clock killin“ was in eine Serie von unzähligen Raiders Läufen resultieren sollte, wo sprichwörtlich jeder mal laufen durfte (Eitzenberger, Pröller, Glavic, …).

Where’s the PI?
Sechs Minuten vor Ende der Partie traten die Streifenhörnchen am Spielfeldrand in ein weiteres Fettnäpfchen, das von der Größe alle anderen übertraf. An den letzten Strohhalm der Hoffnung klammernd hatte DB Joe Okrah einen Pass von Marko Glavic abgefangen und wäre aller Voraussicht nach auch zum Return TD gelaufen, wenn, ja wenn nicht Fähnchen geflogen und Pfiffe übers Spielfeld gehallt wären. Immerhin wusste Okrah schon was folgen sollte, als er sich sachte bei den Refs erkundigte (‚C’mon ‚refs, where’s the fucking PI?‘, Anm.). Die bekam er dann auch, die Raiders an der Devils 5 den Ball und Andreas Pröller einen Spielzug später endlich seinen wohlverdienten (Lauf-)TD am Ende eines für ihn grandiosen Tages.

Der Endstand von 32:13 war hergestellt, die Partie verlor gänzlich an Würze. Am Ende mussten sich Betrachter des Spiels zwingend fragen was hier heute vorgefallen war. Zum einen wirkten die Teufel nach dem durchaus überzeugenden Auftakt in Wien wie ausgewechselt, zum anderen mussten die Zuschauer ein von den Schiedsrichtern derb zerpfiffenes Spiel mit ansehen.

Fazit
Die Devils werden jetzt einmal mehr ihre Wunden lecken und vor allem heilen lassen müssen. Während der Woche sorgte die Verletzung eines weiteren O-Liners (heuer bereits der dritte) für noch größere Personalsorgen, zudem musste Tony Sutton in der zweiten Hälfte mit einer Hüftverletzung w.o. geben und ward seither nicht mehr gesehen.
Auf der Tiroler Seite des Arlbergs scheint vorerst wieder die Sonne. Der Ausfall von Grein wurde besser kompensiert als erwartet, die Lücke, angeführt vom überragenden Duo Pröller & Dieplinger, sowie unterstützt durch einen fehlerlosen Marko Glavic, gefüllt. Auch wenn es über lange Strecken nicht schön war, was im Hohenemser Herrenried geboten wurde, so zeigten die Innsbrucker auf hochgradig effiziente Art und Weise, dass sie nie (und das passierte letzte Woche) abgeschrieben werden dürfen. Für einen Sieg waren die Mannen um HC Goeff Buffum immer gut. Vor allem mit freundlicher Unterstützung der Fehlerteufel aus Hohenems. (mp)

AFL
Cinplexx Blue Devils vs. Swarco Raiders 13:32
(7:7/0:12/6:0/13:0)
Referees: Lair / Eberhard / Albrecht / SAFV / Balac / SAFV
1.000 Zuschauer
MVP: Andreas Pröller (WR, Raiders)

###

Schiedsrichter!
Ein Kommentar

Der Schiedsrichter ist eine unparteiische Person, die bei einer Sportart das Spiel oder die Veranstaltung leitet oder überwacht.‚ so lautet die Definition einer bekannten Online-Enzyklopädie. Klingt komisch, sollte aber so sein, so ein leicht abgewandelter Spruch von Peter Lustig (aka Löwenzahn).
Von Spielfluss unterbrechen bis zur De-Facto-Einstellung eines geregelten Spielbetriebs ist in obiger Begriffsbestimmung allerdings nicht die Rede.

Den fadesten Beigeschmack behält nach wie vor die Szene rund um Joe Okrahs ‚Interception‘. Wenig verwunderlich, dass Okrah, abseits des Platzes ein sanftes Lämmchen, von den Schiedsrichtern zur Verzweiflung getrieben wurde. Rein subjektiv konnte man das Gefühl bekommen, dass er nur in die Nähe des intendierten Zieles kommen musste, um eine Strafe zu kassieren.

So umstritten diese Entscheidung auch war und so groß deren Auswirkung auf das Spiel gewesen wäre, so viel verblüffender muteten andere Schiedssprüche an. Ein von Marko Glavic geworfener Ball, weit über alle Köpfe hinweg ins Aus segelnd, schon flog die Flag. Gegen wen? Wofür?

Fragen über Fragen bleiben, nur gut, dass die Devils genug Eigenfehler hatten und die Niederlage so nicht nur an den Referees festmachen können. Gleichzeitig verblüffend, wie der Zuschauer im Dunkeln gelassen wurde. Klar sind die NCAA-Regeln vielseitig, aber ein paar Erklärungsversuche für nicht nachvollziehbare Entscheidungen wären wünschenswert (an dieser Stelle aber auch ein Lob, denn genau das machte Christian Müller letzte Woche beim Spiel in Wien ausgezeichnet).

Wie locker bei manchem Spielleiter das Fähnchen saß, zeigte sich schon bei den drei in Serie geahndeten Holding-Strafen, deren Legitimität nicht einmal vom NT-Coach Bernie Binstorfer bestätigt werden konnte. Zuweilen wirkte es so, als ob mancher seine Entscheidung auf Teufel komm raus bestätigt sehen wollte, auch wenn sie in den Augen vieler Fachkundiger noch so, nennen wir es, diskutabel, war.

Allerdings genauso überflüssig wie so manche Strafe war auch der Kommentar aus der Sprecherkabine. Nach Okrahs Interception hieß es ‚eigentlich wollte ich gerade Werbung für das Schiedsrichteramt machen (in Anlehnung an die Kurse, Anm.), aber das lass ich jetzt lieber‚. Eine kritische Betrachtung soll der Verband vornehmen, wo notwenig einen Rüffel verteilen, aber auf Teamebene sollte solchen Dingen keine Bühne gewährt werden.

Resümierend meinte Binstorfer dann schlicht und ergreifend, dass eine Schiedsrichter-Crew umso besser sei, je unauffälliger sie für den Zuschauer ist. In Anbetracht der Ereignisse in Hohenems können sie sich so vielleicht leichter eine Meinung über die erbrachte Leistung der Referees bilden. (mp)

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments