Das ungeschriebene Gesetz, dass das nicht sein kann, schlug dieses mal mit all seiner Härte und Raffinesse zu. St. Pölten ist verflucht und braucht dringend einen Exorzismus.

Früher war alles besser. Da haben die Invaders zwar auch verloren, aber wenigstens wiegte sie das Schicksal nicht Stundenlang in der Gewißheit, dass sie den Hörnchen-Herpes nun tatsächlich los sind. Statt der gewöhnlichen Vikings Vulgaris Blase an der Oberlippe wurden die der Invasion Willigen hinterrücks von den Spätfolgen eines nicht behandelten Fußpilzes des sicher scheinenden Sieges beraubt. Mangelnden Hygiene also? Mitnichten, hier ist ein Fluch am Werk.

Lila Lustlosigkeit

Dabei waren die Herren des Hauses zwei Viertel lang mit ihrer Offense gar nicht am Platz. Die mäanderte zwar lustlos am Feld herum, gen Osten, zu Westen, nach Norden – aber der Süden blieb weiland eine Fremde für sie. Schon etwas ausgeschlafener agierte die Elf, welche die Endzone sauber halten sollte. Nico Osterauer schnappte sich ein Fumble, doch nur um der angreifenden Abteilung ein wenig Auslauf zu geben. Der Ball war rasch wieder beim Gegner, gerne mal mit 3 & out, oder aber auch ein ausgespielter vierter Versuch ‚inches zu short‘, wie das Platzsprecher Andreas ‚Der Seher‘ Ubell treffsicher auszudrücken wusste, stand da am Plan.

Anfangs nur wenig besser schauten die Gäste aus dem Westen aus der Wäsche. Alexander Taheri schnappte sich Invaders Quarterback Markus Sandler und studierte mit ihm die Beschaffenheit des Schmelzer Kunstrasens. Ein Spiel der gegenseitigen Verhinderung, das allerdings recht schön inszeniert. Ein Fehler mußte also her um in dieser Verteidigungsschlacht mit Punkten zu edlen. Ein solcher passierte auch.

Kleiner Fehler – große Auswirkung

Die Gäste waren bereits arg in der Bredouille, vierter und Punt an der eigenen 2 Yard Markierung, als sich das Wikinger Special-Team ein ‚roughing the kicker‘ leistete. Was zuerst noch als kleiner Error im System abgetan werden hätte können, erwies sich am Ende als kapitaler Fehler. Die Niederösterreicher marschierten über das ganze Feld (wieder erstarkt: WR Roman Pable), zu Ende brachte den 83-Yard Drive Markus Schindele. 0:7, denn auch der Extrapunkt saß, an dem Tag, wie sich später herausstellen sollte, eine absolute Seltenheit bei den Rotgoldenen.

Die Vikings brachten mit Christoph Gross einen neuen Quarterback ins Spiel, mit der Hoffnung, dass er den Schlafenden einen Weckruf erteilen könnte. Sah anfangs gut aus, es blieb aber in Summe alles beim Alten. Man döste der Halbzeit entgegen. Während des Wikinger-Nachmittagsschläfchens blieb der Gegner gemeiner Weise putzmunter. Invaders Quarterback Markus Sandler schlich sich in die Endzone – 0:14 (PAT good). Zur Halbzeit gingen alle in ein amerikanisches Fast Food Restaurant, Herr Neusser, Herr Stojaspal, Herr Rosier und Herr Atwood, denn sie alle spielten nicht mit. Der Aprilscherz, Atwood würde bei den Vik II spielen vom frühen Morgen, kam übrigens von den Vikings (als Aussendung per E-Mail). Das nur, falls jemand jemanden sucht um ihm zu sagen wie witzig der war.

Wie man ein Spiel nicht nicht verliert

Nach der Pause änderte sich am Spiel wenig, außer vielleicht, dass die Invaders im dritten Viertel zu keinem Score kamen. Als die Koffer quasi schon gepackt waren, Vikings Präsident Karl Wurm an der Sideline herumnervöselte (stets ein Zeichen dafür, dass ihm der Spielstand nicht gefällt) und ‚Defense‘ schrie, so laut er halt konnte, da wurde den Herren in Violett klar, dass sie am besten Weg sind das Spiel zu verlieren.

Da dies aber laut Gesetz (siehe oben) verboten ist, griff die Exekutive durch. Florian Hiess verkürzte auf 7:14 (PAT good). Ist ja noch nichts passiert, so dachten sich das die Herren aus der Landeshauptstadt (sehr naiv), setzten ihrerseits zu einem schönen Drive an, das abschließende Fieldgoal (welches vermutlich bereits die Entscheidung gebracht hätte), ging aber daneben. Da war dann schon ein wenig mehr passiert.

Das Schicksal nahm seinen Lauf

Der Ausgleich kurz vor Spielende war eigentlich so klar, wie das Faktum, dass die Invaders in der Overtime dieses Spiel verlieren werden. Doch der Henker ließ sich Zeit bis das Beil fiel. Er quälte die Delinquenten noch ein wenig. Wie eine fiese Katze, die sich mit ihrer gefangnen Maus noch ein wenig spielt, bevor sie sagt ‚aber jetzt zerbeiß ich’s!‘, schlich sich der Schatten der Niederlage über die Team Area der Invaders, Theorien, dass es sich dabei lediglich um die langsam untergehende Sonne handeln könnte, weise ich erbost von mir. Hier waren finstere Mächte am Werk, es war der Fluch der Invaders der sich als grimmiger Gast ankündigte. Schauen die alle nie gescheite japanische Horrorfilme?

So geschah es, dass den Invaders noch zwei Happen feinsten Siegerbratens vor die Nase gehalten wurde, bevor ihnen klar gemacht wurde, dass es heute Abend nur mehr Schonkost geben wird. Neun Sekunden vor Ablauf der regulären Spielzeit standen die Gäste vor den Toren Roms. Ein Fieldgoal aus kurzer Distanz wäre ihr Glück. Der erste Versuch ging daneben, aber halt: ein Spieler der Vikings hatte sich zu früh bewegt, 5 Yards weiter vorne gab es einen zweiten Versuch. Der wurde geblockt. In der regulären Spielzeit hatten die Invaders also nur mit Fieldgoal-Versuchen drei Mal die Möglichkeit das Spiel für sich zu entscheiden. Sie taten es aber nicht, bzw. der Schatten, der Fluch, der grimmige Gast, der Fußpilz des Kickers- ja was weiß den ein Sterblicher schon? – verhinderten das. Es ging in die Overtime.

Football is a simple game: 22 men chase a ball for 90 minutes and at the end, the Germans always win. (Gary Lineker)

Man möchte spätestens hier meinen, dass man den Geplagten doch schnell den Gar ausmachen sollte. Doch statt Gnadenschuß gab es Gnadenbrot. Das Spiel wurde lang und immer länger. Daniel Stanzel erhöhte auf 20:14 – die Invaders waren dran und mußten nun ausgleichen. Über Markus Schindele gelang das auch, so hatte es der Invaders Kicker zum vierten Mal auf dem Fuß das Spiel zu beenden. Klar – auch der Versuch ging bereits beim Snap daneben – 20:20.

Die zweite Tie-Breaker-Serie starteten die Invaders. Markus Seitz gelang ein Touchdown und als auch der Extrapunkt gut war schien für die Invaders alles in trockenen Tüchern zu liegen. 20:27 – die Vikings mussten mit dem nächsten Drive zumindest einen Touchdown und einen Extrapunkt machen um im Spiel zu bleiben.

Florian Hiess lief zu sechs Punkten (26:27), danach wartete man gespannt auf den Extrapunkt. Die Wikinger nahmen das Risiko, kannten sie ja auch den Fluch auf des Gegners Seite und entschieden sich für eine 2-Point-Conversion und die gelang den Wienern über Daniel Stanzel auch. 28:27 – Aus Maus. Die Vikings fielen sich in die Arme, die Invaders fielen zu Boden.

Die Spielgemeinschaft Unterhaching hatte mal einen ähnlichen schlechten Lauf. Sie holten sich den hiesigen Pfarrer der einen Exorzismus am Platz durchführte. Danach gewannen die Bayern wieder. Ich rate zur Nachahmung.

Fazit

Mich ein wenig von der Mystik freispielend (wobei das hat in dem Fall schon was), sah man hier das klassische Beispiel dafür, dass ein Spiel erst zu Ende ist, wenn der Headreferee es abpfeift. Die Invaders hatten ein ganze Reihe an Möglichkeiten den Sack zuzumachen, ließen ihn aber offen. Sollte jemals ein Team ein Spiel im Sinne des Wortes verloren haben, dann waren es die Invaders an diesem denkwürdigen Nachmittag.

Leider haben das nur gar wenige Leute gesehen. Rund 250 Fans der Wiener wollten dieses Klassematch sehen. Was wahrscheinlich auch daran liegt, dass der Gameday auf der Schmelz der blanke Hohn für einen zahlenden Zuschauer darstellt. 10 Euro zahlt man für das Match, ein bißchen Heavy Metal mit Cover-Versionen, dem Kommentar von Andy Ubell und einem Lokal, welches kein Interesse daran zeigt dem Publikum etwas zu verkaufen. Eigentlich eine Schande, schaut man sich die Bemühungen auf anderen Division I Schauplätzen an. Im Sommer folgt der Umzug auf die Thell-Wiese nach Favoriten. In Simmering dürfen es die Invaders dann 2008 wieder probieren. Der Fluch bleibt für sie hoffentlich auf der Schmelz kleben. Alles wird also gut.

Division 1
Dodge Vikings² vs. St. Pölten Invaders 28:27
(0:0/0:14/0:0/14:0 OT 14:13)
01. April 07 | Kickoff 15:00
Schmelz, Wien
Referees: Müller / Fritz / Müllner / Tadic Z. / Zwicker / Steiner

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