Eine Football-Stadioneinweihung in Budapest darf man sich eigentlich nicht entgehen lassen und so zogen vier Männer nach dem Sonntags Training der Gerasdorf Badboys ostwärts. Mario Göpfert (Foto), Navigator Roland Drevensek, Statistiker Armin Schneider und Supervisor Walter H. Reiterer suchten und fanden das neue Stadion der Budapest Wolves und sahen dort in Folge ein zwar nicht wirklich gutes, dafür um so spannenderes Match mit einem doch überraschenden Sieger. Mit einem vollen Erfolg gegen das mit einem guten halben Dutzend Dragons Spielern zusätzlich bestückte Team der AFC Rangers, haben eigentlich nur die Ungarn gerechnet. Zurecht, wie sich am Ende herausstellen sollte.
Trotz des gewonnen Münzwurfs entschieden sich die Rangers für die 2nd half option. Scheinbar mit gutem Grund, denn nachdem sie den ersten Drive der Wolves stoppen konnten, folgte die erste von insgesamt drei Interceptions durch Rangers QB Sascha Steurer im ersten Viertel. Schockschwerenot in der blaugoldnen Offense – es sollte später alles doch besser werden. Trotzt dieser Geschenke in „Culpepper Manier“, konnten die Ungarn aus den Fehlern des alten und neuen Rangers Spieler (Steurer geht 2006 nach zwei Jahren bei den Dragons wieder zu den Südstädtern zurück) keinen wirklichen Nutzen ziehen. Zwar produzierten sie keine Interceptions, aber ihr Lauf- und Paßspiel war für Punkte zu ineffizient. So vergab man bereits früh die Chance klar in Führung zu gehen – einzige Ausbeute im ersten Quarter war ein 47 yard (!) Fieldgoal eine Sekunde vor dem Halbzeitpfiff ihres Wunderkickers Gábor Sviatkó zum 3:0. Das Special Team der Wolves war generell eine Augenweide. Dazu ein Fachkommentar von Mario Göpfert zum Viertelwechsel: „Die Hund haben Special Teams, da schnallst du ab!“ In der Tat – nur sind sie Wölfe und haben mit ihren domestizierten Kollegen (Spaniel, Dackel. Pudel) recht wenig gemein, auch würde sich Budapest Beagles sehr blöd anhören.
Jenes von Göpfert gelobte Special Team prägte dann auch das zweite Viertel. Zwei Mal konnte man den Ball kurz vor der Endzone der Rangers per Punt ablegen und so gerieten die Niederösterreicher nie in Gefahr Punkte zu machen. Diese machten dafür die Budapester durch ihren RB Péter Cseperkáló zum 10:0 (PAT good) und ein weiteres Fieldgoal durch Sviatko, nach einem überlangen Drive der Wolves (13 Versuche – fünf first downs) zum Halbzeitstand von 13:0.
Dragons Vikings
Zur Halbzeit traf das Team von Football-Austria.com auf die Vienna Knights, welche sich ebenfalls im Budapest Wolves American Football Stadion einfanden. Knights HC Mathias Weinberger diskutierte mit den Bruins Göpfert und Schneider über das gestrige Match ihrer Junioren und gemeinsam freute man sich auf die zweite Hälfte im mehr als gut gefüllten Stadion. Trotzt der knappen Führung der Wolves, hatte man die Rangers nicht mehr wirklich auf der Rechnung. Zu einfältig deren Offensivspielzüge, ein klarer Nachteil bei den Specials Teams und die Defense konnte die Wolves zwar zurück- aber im Endeffekt nicht aufhalten. Eine glatte Fehleinschätzung, denn die zweite Hälfte gehörte alleine den Rangers.
Budapest Wolves
QB Steurer steuerte mit seinen Passes nun mehr die Außenseite an, stellte dafür seine Würfe zu Interceptions ein und fand schlussendlich im dritten Viertel in der #18 einen Passempfänger zum Touchdown. 13:6 (PAT no good). In Folge sah man hochnervöse Wölfe, welche einige Fehler produzierten und mentale Schwächen offenbarten.
Vor allem die technisch unsaubere Spielweise (völlig überflüssige Face Masks in Serie) brachten die Rangers de facto kampflos in eine gute Position. Noch im selben Quarter erzielte Steurer den nächsten Touchdown für die Bluegolds. Zu diesem Zeitpunkt bereits hoch verdient. Ein folgenschwerer Fehler im Anschluß: man spielte statt eines Kicks zum Ausgleich einen 2 Point Conversion um in Führung zu gehen. Diese mißlang und die Wolves blieben mit 13:12 in Führung.
Viertes Viertel – ein grausamer Krimi
Nur scheinbar erholten sich die Ungarn vom Schock der gegnerischen Angriffswelle. Etliche first Downs durch RB Péter Cseperkáló konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass beim Heimteam plötzlich der Wurm drinnen war. Doch auch die Rangers wurden unzurechnungsfähiger. Aus einer guten Fieldgoal Position spielten sie den vierten Versuch und scheiterten. Genau das gleiche Bild bei den Wolves, denen ein Fieldgoal bei dem Stand drei Minuten vor Ende der Partie allerdings zu wenig gebracht hätte.
Im letzten Drive setzte der Rangers QB alles auf eine Karte und gewannen – vorerst. Nämlich jede Menge yards mit langen Pässen auf die #19. Es reichte allerdings nicht für einen Score und beim allerletzten Spielzug war allen klar warum man zuvor (wo man wesentlich näher dran war) kein Fieldgoal erzielen wollte. Der finale Fieldgoal Versuch aus ca. 40 yards war „nur“ um die Hälfte zu kurz – man hat Peter Kramberger glatt vergessen mitzunehmen. Schwamm drüber.
Das Spiel war zu Ende. Die 2100 Zuschauer jubelten gemeinsam mit beiden Teams, denn in der Niederlage zeigten die Südstädter große Klasse in der Disziplin Sportlichkeit und feierten mit den Ungarn mit. Schließlich kam man ja auch um einmal vor vielen Leuten sein Können zu zeigen. Gekonntes war auf dem Feld auf beiden Seiten reichlich wenig zu beobachten, trotzdem war es für die Zuschauer eine sehr kurzweilige und spannenden Partie, die so dem anhaltendem Applaus auch gerecht wurde.
Fazit:
Kein gutes, aber trotzdem ein hochinteressantes Match. Die Wolves nicht ganz Top, die Rangers auch nicht ganz Flop. Der Sieg kommt überraschend, da wir, vor allem nachdem herauskam, dass hier einige Dragons Spieler am Feld stehen werden, nicht so recht wussten woher die Wolves noch ihre Zuversicht beziehen. Wir rechneten mit einem (deutlichen) Sieg der Österreicher, dabei wußten wir noch nicht, wie weit sich die Wolves in den letzten Monaten weiterentwickelt haben. Auch noch in Betracht ziehen sollte man, dass die Spielgemeinschaft nur vier Mal miteinander trainieren konnte. Keine Entschuldigung, aber Fakt.
Press Box Corner Conference
Erstmals gab es bei den Wolves nach dem Spiel eine gemeinsame Pressekonferenz. Wolves Headcoach Lee Hlavka war trotz des knappen Siegs nicht ganz zufrieden. „Es ist zwar besser einen grausam erspielten Sieg einzufahren, als in Schönheit zu sterben, aber die Leistung meiner Mannschaft in der zweiten Halbzeit war nicht gut. Wir müssen noch viel an uns arbeiten.“ Ähnlich Wolves Manager Attila Àrpa, welcher zwar ebenfalls mit dem Ergebnis, aber nicht mit dem Zustandekommen glücklich war. „Ein hart erkämpfter Sieg gegen eine zusammengestellte und für uns sehr starke Mannschaft.“ Auf die Frage ob man 2006 wieder in Österreich mitspielen will, gab Àrpa eine klare Antwort: „Definitiv Division 1. Alles andere kommt für uns nicht in Frage. Wir haben bewiesen gegen ein Division 1 Team auch gewinnen zu können.“ Eine offizielle Stellungnahme des AFBÖ steht noch aus, man kann aber heute bereits davon ausgehen, dass die Budapest Wolves 2006 als Gastteam in der Division 1 zu sehen sein werden. Eine Reise ins Footballverrückte Budapest macht sich übrigens für jeden Football Fan, z. B. während der nun im Oktober beginnenden ungarischen Meisterschaft (MAFL) bezahlt, womit wir zum Gameday kommen.
Fährt man über die M1 in Budapest ein, dann sind die 4×3 Meter Billboards der Wolves nicht zu übersehen. Der Verein macht in der ungarischen Hauptstadt Werbung für den Sport, dass sich die Balken biegen. Neben den Riesenplakaten laufen Radiospots – generell spielt PR und Show eine wesentliche Rolle im Konzept der Ungarn. Sie wollen vor vielen Leuten Football spielen und nicht unter Ausschluß der Öffentlichkeit. In diesem Bereich wurde und wird viel investiert, ebenfalls nutzt man geschickt die Bekanntheit Attila Àrpas. Der ehemalige Creative Director von RTL Klub und umstrittene Buchautor hat ein Namen in dem Land. Nicht bei allen eine guten, Àrpa polarisiert und gilt als enfant terrible, jedoch zieht er die Medien an und arbeitet als Manager in Union mit seinem Vater Attila Àrpa sen. seriös und akribisch am sportlichen und wirtschaftlichen Erfolg des Teams. Ein Glücksfall eigentlich, wenn sich dann noch das Boulevard gratis das Maul über einen zerreißt.
Dementsprechend groß auch das Publikumsinteresse. Die angekündigte Show findet statt – sportlich befindet man sich seit einem Jahr im Höhenflug – 2100 Zuschauer wollten die Wolves am Sonntag in einem Freundschaftsspiel sehen, dabei hat man noch nicht alle PR Ressourcen genutzt. Auf die wird man während der demnächst startenden ungarischen Meisterschaft zurückgreifen, bei einer Teilnahme am Spielbetrieb in der österreichischen Division 1 2006 würde man dann wahrscheinlich aus allen PR Rohren feuern.
Das Stadion
In einem Park gelegen, trägt das ehemalige Epitök Stadion nun den offiziellen Namen „Budapest Wolves American Football Stadion“. Wie fast alle Sportanlagen Budapests ein Relikt aus dem kalten Krieg, allerdings nicht ganz so desolat wie die alte Spielstätte der Wölfe. Die Sanitäranlagen für die Zuschauer sind akzeptabel (locker room kennen wir nicht), die Tribünen noch gebrauchsfähig, einer baldigen Renovierung aber bedürftig. Nachdem man es nun für sich alleine hat, wird man demnächst schon genau damit beginnen. Erste Arbeiten wurden bereits erledigt. Der Eingangsbereich wurde neu gestaltet, ganz in Rot eingepinselt und mit Meterhohen Logos dekoriert. Als nächstes geht man das „Wirtschaftsgebäude“ an. Hinter der Haupttribüne steht ein mehrstöckiges Häuschen, welches derzeit als Presse und VIP Bereich genutzt wird, in den restlichen Etagen will man kostengünstige Übernachtungsmöglichkeiten schaffen. Für Schiedsrichter, Gastteams und Weitangereiste.
Zu viele Zuschauer
Obwohl man Werbung für das Match gemacht hat, rechneten die Veranstalter mit „nur“ 1000 Zusehern. Im Endeffekt war die Haupttribüne voll und die Plateau Sitzplätze rund um das Stadion locker gefüllt. Dahingehend bildeten sich rasch langen Schlangen vor den in zu geringer Anzahl vorhandenen Essens- und Getränkesständen.
Gleich vier verschiedene Platzsprecher moderierten das Spiel, zwei davon waren nur für die Erklärung des Spielgeschehens und der Regeln zuständig. Derart fachlich instruiert zeigte sich das Publikum auch wesentlich zurückhaltender als noch vor ein paar Monaten was Pfiffe bei mißliebigen Schiedsrichterentscheidungen betrifft. Auch hier setzt man die Hebel an.
Neue Schäfchen
Die Dance Squad der Wolves (Schäfchen) wurde neu zusammengestellt. Bisher engagierte man eine Gruppe professioneller Tänzerinnen. Um Kosten zu sparen, hat man nun Mädchen rekrutiert, welche das aus Spaß an der Sache machen. Der Wechsel hat weder optisch, noch sonst irgendwelche Nachteile erbracht. Ganz im Gegenteil, handelt es sich erneut um ausgesprochen attraktive junge Damen, die tänzerische Leistung hat sich dadurch (Choreographie) sogar verbessert. Leider konnte man die Truppe nur beim Einlauf und während der ersten Halbzeit im Einsatz sehen. Noch konditionelle Mängel bei den Mitgliedern der Schäfchenherde?
Schäfchen
Jedenfalls wird man bis auf weiteres bei einem reinen Dance Team bleiben. Den Aufbau einer klassischen Cheerleader Unit will man sich weder antun, noch erachtet man das für notwendig. „Wenn die Leute Pyramiden sehen wollen, dann können sie ja in Ägypten Urlaub machen!“, so ein wissender ungarischer Zuschauer gegenüber Football-Austria.com zum Thema. Obwohl die Mädchen sexy sind und ihre Art zu Tanzen durchaus gewollt auch ins Laszive geht, gibt es angeblich keinen persönlichen Kontakt zwischen ihnen, den Spielern oder gar Zuschauern. Hier zieht man klare Grenzen – die Mädels sind Tabu, auch wenn es auf den ersten Blick anders aussehen mag. Als Hingucker sind sie jedenfalls einsame Klasse. Richten wir unser Objektiv auf sie, wird sofort gelächelt, mit der Hüfte und Po gewackelt, oder mit anderen Körperteilen gewunken. Ihr Job ist Show und diesen erledigen sie perfekt.
Was bleibt?
Dieses Team gehört natürlich in die Division 1 und der AFBÖ wird deren Ansinnen aller Voraussicht nach auch nachgeben, damit sie u. A. auch mal Teams kennenlernen die ihren zeigen wo wirklich die Musik spielt. Der ungarische Zuschauer weiß bisher so viel: Österreich ist in Europa Top was den Sport betrifft. Es kommen die Vienna Knights, Carinthian Cowboys, Cineplexx Blue Devils und zuletzt die AFC Rangers auf Besuch. Alle verlieren gegen die Wolves. Dazu gewann man auswärts bei den Gladiators, lediglich die Cowboys (im ersten Ligamatch der Ungarn überhaupt) und der Division II Meister Papa Joe’s Tyrolean Raiders, konnten die Magyaren besiegen. So ist man dort (beim Publikum) der Meinung, man sei dabei. Das ist natürlich ein Irrtum und das wissen auch die Spieler, Coaches und Manager. Zum einen hat man bei den Blue Devils und Tyrolean Raiders den nicht unwichtigen Zusatz „II“ vergessen, zum Anderen sind die restlichen Teams der Division I, egal ob Danube Dragons, Baden Bruins, Salzburg Bulls, St. Pölten Invaders, Steelsharks und Chrysler Vikings II ganz andere Kaliber als die genannten Division II Teams (und die Rangers).
Auf Seiten der Südstädter standen übrigens tatsächlich sieben Spieler am Feld, welche in der AFL Saison 2005 noch für die Danube Dragons gespielt haben. Wie man von Seiten der Rangers auf drei oder neuerdings auch vier Spieler kommt (zusammenzählen scheint immer mehr zum Problem der Rangers zu werden) und uns dann mit ihren mathematischen Fehlleistungen auch noch sekkieren wollen („Ihr könnt nicht rechnen“ – einer von mehreren aberwitzigen Kommentaren eines Rangers Coaches vor Ort) ist uns rätselhaft, denn wir haben die Spieler nicht nach ihrer möglichen Zukunft (wo spiele ich vielleicht 2006?) sondern ihrer Herkunft (wo spielte ich zuletzt) als Dragons Spieler eingestuft. Und damit liegen wir nun mal richtig, was uns auch alle anderen Verantwortlichen bestätigt haben. Hallo? Wir können ja nun nichts dafür, daß ihr den Ungarn nicht die ganze Wahrheit vorher erzählt habt. Wir sind euch nur draufgekommen, fanden das komisch und haben es veröffentlicht. Wir müssen auch diese sieben nicht finden, denn sie standen ja am Platz, sondern lediglich zählen. Im übrigen würde es uns sehr wundern, wenn alle angereisten Dragons im kommenden Jahr das Dress der Rangers tragen würden. Auch das wurde den Wolves so erzählt, aber nachdem es den Ungarn vor, wie auch nach dem Match völlig egal war, soll es uns das auch sein. Es sei gesagt, daß wir durchaus die Protagonisten der Rangers schätzen, aber den schwarzen Peter für ihre Personalpolitik in Sachen Football-Sonntag Nachmittag Ausflüge lassen wir uns bitteschön nicht zuschieben.
Freundschaftsspiel
Budapest Wolves vs AFC Rangers 13:12

(3:0/10:0/0:12/0:0)
Budapest Wolves American Football Stadion, Budapest, 2100
Football-Austria.com MVP: Péter Cseperkáló (Wolves)
Football-Austria.com MIP: Gábor Sviatkó (Wolves)
Referees: CAAF
WOL vs. RAN 18.9.2005
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