Denver Broncos

Der Anblick täuscht. Die Broncos sehen auf dem Papier wie ein win-now Team mit guten Playoffchancen aus. Sie waren letztes Jahr in der Divisional Round mit einem furchtbaren QB am Ruder, und haben selbigen in der Offseason durch einen Hall of Famer ersetzt. Sie haben eine solide Defense mit Passrush-Spezialität für das Spiel mit Führungen, was der besagte Hall of Famer jahrelang in Indianapolis zu double digits wins trug. Es passt alles zusammen.
Nur stehen zwischen QB Peyton Manning und seinen letzten 10-6 Kampagne drei Nackenoperationen. Die Denver Defense war zwar am besten, wenn sich OLB Von Miller (11 Sacks) und DE Elvis Dumervil (10) nicht um den Lauf kümmern mussten, aber mit 19.3% Pressure-Rate bei gegnerischen Dropbacks waren sie auf Platz 27 der Liga. Ein Team in win now-Modus traded selten aus der ersten Runde raus, und holt sich noch seltener in der zweiten einen QB. John Elway, so absurd es auch scheinen mag, ist im Rebuild-Modus, und Manning ist sein Übergangsverwalter, nicht sein Super Bowl All-In-Gamble.
Manning hat Talent um sich herum, Talent, das sich verbessern wird durch seine Anwesenheit, sollte er zu seiner alten Form zurückfinden. WR Demaryius Thomas ist mit seiner Physikalität und Georgia Tech-Vergangenheit ein bomb-and-block-Spezialist, der für Tebows Offense ideal war. Manning wird von ihm mehr Routen abverlangen, und Thomas wird von Manning die in der Offseason angezweifelte Rückkehr der Armstärke fordern. Beide sollten sich also gegenseitig pushen. WR Eric Decker dürfte der andere Starter sein, und nachdem er letztes Jahr vor allem in der 4th-Quarter Magic von Tebow gut aussah und vorher nie wirklich aufzeigen konnte, muss man wohl erst abwarten, ob er nicht Produkt des Systems war. 
Das Laufspiel von RB Willis McGahee und RB Knowshon Moreno profitierte und lebte massiv von Tebows Fähigkeit, auch am Boden für Furore zu sorgen, und die O-Line, die komplett wiederkehren wird, sah letztes Jahr zwar gut aus im Laufspiel (und Mittelmaß im Pass), ist aber vor zwei Jahren und ohne Tebow noch Platz 30 der Liga gewesen. Trotzdem ist da eine okaye Unit, die das meiste, was Manning in Indy hatte toppt, und allein sein Release dürfte sie relativ bald als eine der besten der Liga in pass protection dastehen lassen.
Defensiv lebt Denver wie gesagt vom Dumermiller-Doppelpack, aber jenseits davon spürt man klar die Effekt des Rebuilds. Zweitrundenpick Derek Wolfe dürfte auf DE starten, und die Mitte wurde mit DT Ty Warren als Übergangslösung komplett umstrukturiert. Auf LB hat D.J. Williams durch mehrere Versuche, die NFL-Drogen-Tester mit nicht-menschlichem Urin auszutricksen, sechs Spiele Sperre abzusitzen, was rotationale journeymen wie Joe Mays und Wesley Woodyard auf den Plan rufen wird. In der Secondary ist S Brian Dawkins in Pension gegangen und CB Champ Bailey wird langsam aber sicher einfach zu alt für dieses Spiel. Mit Ex-Brown S Mike Adams hat man sich einen Karriere-Backup geholt, der die jungen Safeties um David Bruton und den letztes Jahr sehr fehleranfälligen Raheem Moore tutoren soll.
Jenseits von Manning ist also Übergangslösung wohin das Auge blickt in Denver. Sogar der dank seiner langen FGs für so manchen Thriller-Sieg letztes Jahr mitverantwortlich gemachte K Matt Prater war eigentlich, wenn man genau hinschaut, magere 6 von 11 jenseits der 40. Die Broncos sind eigentlich all das, was sie auf den ersten Blick eben nicht sind: Ein langsam im Umbau sich befindendes Team, das dank eines starken Schedules und einer sich erholenden AFC West heuer mehr Probleme haben wird, in die Playoffs zu kommen, als letztes Jahr, wo es mit Rückwärtsgang geklappt hat.

San Diego Chargers

In San Diego ist die Sachlage noch schiefer. Ein Team, das unter HC Norv Turner jahrelang die regular season dominiert hat, ist nun schon zwei Jahre lang Mittelmaß. In der dominanten Phase holte man genausowenig eine Super Bowl, wie in der von jetzigen, von Special Teams und defensiven Kollapsen ruinierten. Turner und GM A.J. Smith dürfen bleiben und treffen in der Offseason wieder einmal genau genug richtige Entscheidungen, um die Chargers am Leben zu erhalten: LT Jared Gaither spielte gut gegen Ende der letzten Saison, also ließ man Marcus McNeill ziehen. WR Vincent Jackson wurde durch Vincent Brown und Robert Meachem ersetzt. Erstrunden-Passrush-OLB Melvin Ingram soll zusammen mit dem Ex-Raven-Allzweckwunderkind Jarret Johnson den abfallenden Passrush von Shaun Philips kompensieren. RB Ryan Matthews und DE Cory Liuget entwickeln sich brav weiter und S Eric Weddle erhielt die völlig verdiente Vertragsverlängerung. Er wurde letztes Jahr erstmals und völlig zurecht als All-Pro anerkannt.
Für Fans kann so ein Zustand Delirium sein. Das Team ist nie schlecht genug, um einen Wechsel an der Spitze zuzulassen, aber auch nie gut genug, um wirklich in den Playoffs zu zünden. Man wünscht sich dann oft bitte, bitte nur EINE miserable Saison, damit neuer Wind ins Coaching kommt und man aus dem Trott rauskommt. San Francisco z.B. wäre so ein Modelll, wo Mike Singletary zu lang „gut genug“ war. Erst nach seinem Abgang wurde das volle Talent des Teams wirklich sichtbar. Die Chargers haben nämlich Talent wohin das Auge blickt.
QB Philip Rivers ist immer noch Top 10, und ihm fehlte letztes Jahr ein intermediate Target, was er in Brown eigentlich finden sollte. Brown tut sich schwer bei tiefe Bällen Separation zu erlangen, was ihn zum perfekten Posession-WR macht, während Meachem und WR Malcom Floyd (Ligasiebter in DYAR, zweiten in DVOA) die Abrissbirnen abgeben. RB Ryan Matthews sah im zweiten Jahr erstmals wie ein Top 10 RB aus, und der Abgang von Redzone-Spezialist Mike Tolbert dürfte ihm den Zugang (und die Verantwortung) zum gesamten Laufspiel überlassen. TE Antonio Gates ist zwar schon 32, was sich an den Injuries abliest, aber er war letztes Jahr, wieder, Top 3 unter den TEs. Die Line hat mit RT Jeromey Clary und dem Loch auf LG, das vermutlich der Laufspezialist Tyronne Greene zu stopfen versuchen wird, ein paar Fragezeichen über den Köpfen hängen, aber bei so viel Potenz in der sonsitigen Offense, dürfte ein Leisttungsabfall wenn, dann minimal ausfallen.
Defensiv war letztes Jahr jedes Scheunentor Californiens offen. Und das obwohl Weddle wieder einmal fantastisch gespielt hat. Die Aufbauarbeit fängt aber vorne an, wo mit Liuget, Ingram und dem heurigen Zweitrunder Kendall Reyes drei hohe Picks den neuen Nukleus darstellen. NT Antonio Garay fiel etwas ab im Vergleich zu seiner tollen 2010er Saison, und ILB Takeo Spikes sah auch nicht gerade so aus, wie man ihn in San Franciso in Erinnerung hatte. Aber auf dem Papier ist diese LB-Crew mit Spikes, Ingram, Philips, Johnson und dem für 11 Sacks verantwortlichen Antwan Barnes eine absurd gute Truppe, auch wenn nur Barnes, Ingram und der im zweiten Jahr vielversprechend aussehende ILB Donald Butler unter 30 sind. Die Secondary war neben Weddle eine Katastrophe: Außer ihm hatte keine DB eine Success Rate von über 50% gegen den Pass. CB Quentin Jammer ist mit 33 schon am absteigenden Ast, und Antoine Cason, der vielleicht beste CB letztes Jahr, wurde auch für ein Spiel leistungsbedingt gebencht. Nickel-Rookie Marcus Gilchrist sah nicht besser aus. Neo-DefCoord John Pagano, der von innen heraus befördert wurde, nachdem er mit Philips und Shawn Merriman jahrelang Elite-LBs herbeitraineirt hat, wird also mit seinem geladenen LB-Corps versuchen müssen, seine Secondary zu maskieren.
Das Best Case Szenario für die Chargers ist, dass sie wie die Favre-Packers einfach einen irre langen tail haben am Ende ihrer Dominanzphase. Dass sie dank Schedule und Glück und einem on the fly Rebuild immer irgendwo zwischen 8-8 und eben dem einen, glücklichen, magischen 11-5 samt Playoffwunder pendeln. Favre hatte zu dem Zeitpunkt schon die SB, und, viel wichtiger, einen Coaching Change. Chargers-Fans haben nur Turners Underperformance und das ewige, leere Spiel mit der Geduld. Insofern ist das eigentliche Best Case Szenario vielleicht wirklich ein 5-11. Aber dafür ist das Team wiederum zu talentiert. Sigh.

Kansas City Chiefs

In Kansas City sah man zuletzt eine verletzungsgeplagte Misere sondergleichen: Mit RB Jamaal Charles und S Eric Berry verlor man für das ganze 2011er Jahr zwei der wichtigsten jungen Leistungsträger auf beiden Seiten des Balles. Zusammen mit dem späteren Ausfall vom Starting QB Matt Cassel und der Absenz des veritablen Deep Threat-TE Tony Moeaki war es ein Wunder, dass die Chiefs nur drei Siege im Vergleich zu 2010, als sie noch in den Playoffs standen, einbüßen mussten.
Gründe zur Hoffnung sind, dass die Defense (vor allem bei 3rd Down und wenn sie mit einer Führung spielten) schon letztes Jahr ohne Berry super war. Außerdem brachte der Wechsel von Todd Haley zu Romeo Crennel als Head Coach einen spürbaren Ruck an Konstanz und Ruhe in ein Team, das unter Haley auch in guten Saisonen regelmäßig Blowouts erleben musste und den Spitznamen „inkansastancy“ verdiente. Andererseits muss man sagen, dass diese guten Saisonen (eh nur 2010 eigentlich) aufgrund eines sehr leichten schedules so gut aussahen. Letztes Jahr war Cassel vor seiner Verletzung mau. 
Offensiv erhält er neben Charles und Moeaki heuer zwei Upgrades auf der Line: T Eric Winston kommt von der fantastischen Houston-Line rüber und auf C hat man Rodney Hudson befördert. Zweitrunden-G Jeff Allen wartet schon in den Startlöchern auf das Ausaltern von G Ryan Lilja. Die neue Line dürfte vor allem das Laufspiel rund um Charles und Peyton Hillis fördern. Charles hatte eine absurde Saison 2010, als Haley ihn nur 230 Mal laufen ließ. Er revanchierte sich mit 1467 Yards und einer 6.4 YPC. Auch wenn er ACL-bedingt nur 80% seiner 2010er Leistung abrufen kann, ist Charles einer der der dynamischsten und gefährlichsten RBs der Liga. Auf WR hat man mit Dwayne Bowe einen konstanten Deep Threat, der sogar im QB-Karusell letztes Jahr 1000 Yards fangen konnte, und Sophomore Jonathan Baldwin hat mit 6 Drops bei 21 Catches noch einiges an Fehleranfälligkeit wettzumachen, aber bitte erinnert euch an den Catch, den er hinter dem Rücken von Brian Dawkins gemacht hat. Mit WR Steve Breaston und Neuzugang TE Kevin Boss hat Cassel noch zwei Leute, die es gewohnt sind die dritte und vierte Anspielstation in ihrem Team zu sein.
Defensiv ist die Rückkehr von Berry zusammen mit dem immer besser werdenden Spiel von S Kendrick Lewis vor allem durch die tolle Secondary geprägt. Man verlor zwar CB Brandon Carr, und CB Brandon Flowers ist für den Saisonanfang noch fraglich, aber der geholte CB Stanford Routt ist kein schlechter und Nickel Javier Arenas ist stärker als es sein kleiner Körperbau vermuten lässt. Die D-Line ist unspektakulär und erhielt mit Erstrunden-NT Dontari Poe ein Combine-Monster ohne viel aufregendes Gametape. Auf LB ist man mit Tamba Hali, der die Liga in Hurries anführte, und Soph Justin Houston, der mit 5.5 Sacks und 6 entlockten Holding Penalties vielversprechend aussah, außen sehr gut aufgestellt, und innen ist Derrick Johnson endlich in seine Leader-Rolle in der 3-4 hineingewachsen. Die Back 8 der Chiefs dürfte die beste der Division sein. Wenn Berrys Rückkehr die Defense in die Top 10 heben kann, ist sogar trotz des harten schedules heuer ein Playoffkandidat in Kansas.

Oakland Raiders

Die Raiders sahen letztes Jahr mit dem Tod von Al Davis eine ihrer dunkelsten Stunden. Chaos brach aus, GMs und HCs wurden getauscht, absurde Verträge vergeben und wieder rekstrukturiert. Wie üblich wurden Draftpicks verschenkt als ob sie ansteckend wären, und zu alte Veteranen als zu teure Pflaster geholt. Man führte die Liga in Penalties an. Diese sonst natürlich komischen und von allen belächelten Zustände standen unter dem Stern von Davis‘ Tod natürlich in etwas ernsterem Licht, aber die positiven Ausblicke, so wenige es auch sind, können dadurch auch etwas ernster genommen werden.
Die Raiders kommen, trotz all dem Tumult, nämlich aus back-to-back 8-8-Saisonen heraus, was ihre beste Strecke seit 10 Jahren ist. Neo-GM Reggie McKenzie kommt aus Green Bay, einem Front Office, das für Stabilität und Super Bowls bekannt ist, und Head Coach Dennis Allen zeichnete sich als DefCoord von Denver letztes Jahr für einen Sprung von Platz 30 auf 18 in defensive DVOA verantwortlich. Das neue Regime kann zwar den Wiederaufbau erst nächstes Jahr starten, da man heuer erstmals mit Pick 95 im Draft dran war, aber auch eine Transition-Season, wo man evaluiert was man hat und was man nicht hat, ist in dem Fall was wert.
Auf der Haben-Seite steht auf jeden Fall eine O-Line, die rund um LT Jared Valdheer letztes Jahr sehr konsistent und gut aussah. Ex-Texan G Mike Brisiel und der beförderte Jung-C Stefen Wisniewski dürften eine weiterhin gute Unit ankern, die vor allem in Passprotection letztes Jahr top war. QB Carson Palmer hatte zwar eine absurde hohen Interception-Rate letztes Jahr, aber er wurde auch in sein erstes Spiel gefühlte 3 Minuten, nachdem man ihn in Mitten der Saison von der Couch geholt hat, geworfen. Auf RB ist Darren McFadden ein Albtraum für Gegner, wenn gesund. Er ist selten gesund. Hinter ihm wird’s düster seit dem Abgang von Michael Bush. Depth ist bei WR deutlich besser, wo Darrius Hayward-Bey sich langsam zu einer soliden #1 entwickelt, und hinter sich mit Denarius Moore, ein Ausnahmetalent, und Jacoby Ford im Slot zwei aufstrebende Speedster heranzieht.
Auf der Nicht-Haben-Seite steht eine defensive Box, die geplagt ist von Inkonsistenz, Alter und schierem Talentmangel. DTs Richard Seymour und Tommy Kelly sind 32+ und spielen wenn’s hoch kommt die halbe Saison gut. Auf DE hofft man auf die Rückkehr von Matt Shaugnessy, dahiner ist Brachland. Auf OLB spielen mit Aaron Curry und Pat Wheeler zwei Castoffs: Curry wurde endlich als Bust in Seattle vertrieben, und Wheeler war für ein bereits fragwürdiges Colts-LB-Corps nicht gut genug. In der Mitte ist der ehemals hoch gedraftete Rolando McClain vielleicht bald im Gefängnis, vielleicht bald suspendiert. Ganz sicher war er bisher aber schwach in Coverage und insofern ein scheme misfit. Die Secondary verlor binnen zwei Offseasons mit Asomugha und Routt beide Starter auf CB und spielt dort nun Castoffs aus der NFC West, die letzte Saison Null Starts hatten: Ex-Ram Ron Bartell und Ex-49er Shawntae Spencer werden sich oft auf die Safety-Hilfe des wenigstens soliden Duos Michael Huff und Tyvon Branch verlassen müssen. Die Raiders haben also einen langen Weg vor sich, und er fängt heuer erst an. 
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