Parität heißt das tragende Prinzip: NFL Teams haben sich mittlerweile vom Talent- und Coachinglevel so angenähert, dass in den Playoffs Giganten zu Molchen, und Hamster zu Bären werden. Seit 2005 sind Playoffs nur mehr halb so vorhersagbar wie davor, und die SB-Läufe der diversen Steelers, Giants und Cardinals der letzten Jahre zeigten eine Häufung von Playoff-Cinderella-Stories auf. Aber ist, wo wie Jubel, auch viel Leid? Schaut man sich Elite-Teams an, definiert durch 12+ Siege in der regular season, so sieht man, dass in den letzten 10 Jahren durchschnittlich ein Elite-Team mehr pro Jahr in den Playoffs ausschied, bevor es die Super Bowl erreichte, als im Vergleichszeitraum 1992-2001. Dieses Gigantensterben fand in den letztjährigen Playoffs mit ganzen fünf Elite-Verabschiedungen (Green Bay, Pittsburgh, San Francisco, New Orleans und Baltimore) einen schwindligen Höhepunkt. Also werden, wo Giganten sterben, andere zu Giganten. Was niemand wohl besser nachvollziehen kann, als die New York Giants.

New York Giants

Und dabei ist es fast schon formulaisch, warum jedes Jahr die Giants „nur“ als Außenseiter in die Playoffs kommen: Ein defensiver Kollaps in der zweiten Saisonhälfte ist zusammen mit (und bedingt durch) Verletzungen meistens ein Mitgrund. Während man also überlegt, wie man Leute gesund halten kann, fragt sich der Rest der NFL-Welt, ob die Giants nun schon zweimal Mal in den Playoffs über ihren Verhältnissen gespielt haben, oder einfach nur in der regular season darunter.
Die Antwort ist natürlich: Beides. Die Football Outsiders bemühen sich gerade darum, ihre im Almanach getroffene Prognose von 8.3 Siegen raufzukorrigieren, nachdem sie lang und breit die Wichtigkeit des großen Samples der mittelmäßigen Giants der vergangenen Saisonen (nicht: Playoffs) betont haben. Das hat ungefähr so viel Biss, wie die Playoffgegner der Giants letztes Jahr. Andererseits haben die Giants tatsächlich so viele Baustellen, dass man sich schwer tut, locker vom Hocker eine Elite-Saison wie oben definiert vorherzusagen. Die Giants waren selbst nämlich auch Opfer der Parität wenn sie, wie vorletztes Jahr, sehr gut aussahen, aber die Playoffs versäumten, oder 2008, wo sie dominant warn, aber eben jenes Gigantensterben in den Playoffs hautnah zu spüren bekamen.
Nicht fraglich ist QB Eli Manning. Er liefert hinter einer miesen O-Line ein Zauberkunststück nach dem anderen ab und überspielt die Pressure, die er erhält, ebenso undramatisch wie den New Yorker Medienrummel. Im Backfield hat er mit RB Ahmad Bradshaw und Rookie RB David Wilson zwei wüste Houdinis stehen, die hinter dem fragwürdigen run blocking sicher wieder unter dem Radar fliegen werden. Was genau ist aber das Problem an der O-Line? Kontinuität ist das zentrale Stichwort: Sollte T Will Beatty nicht wie erhofft eine Lösung gegen den Passrush finden (oder verletzt sein) steht dahinter mit Ex-Seahawk Sean Locklear und verrückten Diehl-auf-Tackle-Experimenten nur braches Fragezeichenland. WR Victor Cruz und Hakeem Nicks sind dank Eli in der Spitze ihrer Zunft, und OffCoord Kevin Gilbride fand letztes Jahr einen sehr gesunden Haufen run-and-shoot-Remineszenz, was die Option Routes von Cruz erst so richtig gedeihen ließ. So überspielten man die Line Probleme und wird wohl vermutlich heuer auch eine überdurchschnittliche Offense genießen.
Defensiv ist mit der Front Four rund um Allzweckkünstler Justin Tuck, Teamträger Osi Umenyiora und Sternenzerstörer Jason Pierre-Paul so viel geballter Passrush vorhanden, dass niemand ein leichtes Spiel gegen sie haben wird, selbst wenn die halbe Secondary schlafen geht. Die wird mit der Rückkehr von CB Terrelle Thomas zwar vorübergehend stabilisiert, aber wer das letztes Jahr so erfolgreich umgesetzte Big Nickel Set mit drei Safeties nach dem Abgang von Deon Grant umsetzen soll, ist noch immer unklar. Auf Linebacker hat man mit Chase Blackburn endlich einen Hero für die Mitte gefunden, während Michael Boleys verletzte Spiele letztes Jahr wohl den größten spürbaren Leistungsabfall des letzten Jahres darstellten.
Man kann sich, wie bei jedem Team, um Depth Sorgen machen. Oder um Nerven. Oder um O-Line-Fragen. Aber Fakt ist, dass kaum ein Team so erfolgreich die letzten Jahre mit der neuen, paritären NFL umgehen konnte, wie die Tom Coughlin-Giants. 

Philadelphia Eagles

Einer der Ausdrücke für die Parität, wie auch ein Symbol für jedwede Kurzlebigkeit darin, waren die Eagles. Beide Aspekte kann man zurückverfolgen auf den QB am Steuer: Michael Vick. Vick brachte in den frühen Nuller-Jahren schon Prognose-Systeme zum Einstürzen und sorge für Überraschungen, wo keine möglich waren. Die Eagles, unter HC Andy Reid ein Garant für winning seasons, kamen letztes Jahr als Dream Team zum Handkuss einer Jets-artigen „So nicht!“-Verschwörung. Und was machte man, als DefCoord Juan Castillo nicht wusste, wie mit drei Pro Bowl Cornern umzugehen sei? Ihm eine Verlängerung geben und CB Asante Samuel traden, logisch.
Die Eagles Defense hatte nämlich – jenseits von so unwiederholbaren Abenteuern wie Man-Spezialist CB Nnamdi Asomugha als S aufzustellen – mit dem furchtbarsten LB-Corps der Liga zu arbeiten. Man holte DeMeco Ryans, man holte Mychal Kendricks in der zweiten Runde. Hier gibt es also zumindest Veränderung zu bemerken, was die Dinge automatisch besser machen sollte. Vorne ist mit Trent Cole und Jason Babin ein komplettes Skillset an der Line zu finden, und der gegen den Lauf fleißige Cullen Jenkins und Erstrunder Fletcher Cox fügen dem Spektakel nur Dimensionen hinzu. Aber Ex-O-Line Coach Castillo muss herausfinden, wie man Ruhe einbringt ins Defensivspiel und wie man mit allen Ressourcen richtig umgeht. Wenn das heuer alles hinhaut im Jahre 2, dann ist das wieder eine Top 10 Defense, vom Talent her.

Offensiv ist man das ja schon lange. Vick ist, wenn gesund, eine absurd spannende Reinkarnation seiner frühen Nuller-Jahre, und RB LeSean McCoy ist einer der drei besten RBs der Liga. Die Line verlor mit LT Jason Peters zwar einen Leistungsträger, aber Ex-Bill Demetress Bell wird ihn zur Genüge ersetzen können. Mit Draftee Brandon Washington und dem mittlerweile zur Ligaelite gehörenden G Evan Mathis ist genug Material innen da, um Vick die nötigen 5 Sekunden zu kaufen, um auf Big Play WR DeSean Jackson und Allzweckwaffen Jeremy Maclin und Jason Avant zu werfen. 
Insofern sind die Eagles auf jeden Fall wieder ein Team, das um die Playoffs mitspielt. Sie waren das schon die letzten 10 Jahre. Sie sind das vielleicht konstanteste Stück im erfolgreichen NFC East Puzzle und haben es ironischerweise gerade in der paritären Zeit seit 2005 kein einziges Mal in die Super Bowl geschafft. Niemand jenseits von Philly wirft ihnen das vor, weil so ist die NFL nun derzeit. Aber der Moment, in dem Vick ob der Big Picture Stasis plötzlich das Fass überläuft, wird wohl darüber entscheiden, ob es hier einen SB-Contender oder einen Reboot im großen Stil geben wird.

Dallas Cowboys

Dallas hat sich heuer von zwei denkbaren Reboots nur einen geleistet: Die Secondary wurde nach einer katastrophalen Saison zuletzt komplett umgekrempelt. Der hoch-dyamische CB Brandon Carr wurde aus Kansas City geholt, und für CB Morris Claiborne wurde in der ersten Runde sogar hochgetradet. Das gibt den Cowboys zwei gute Corner auf lange Sicht – und eininhalb gute heuer, wenn man den Erfahrungen von bisherigen hohen CB-Picks Glauben schenken darf.

Ansonsten lebt Rob Ryans Defense von einer tollen Box, die mit Jay Ratlliff immer noch einen der besten one-gap NTs und mit DeMarcus Ware den vielleicht besten Passrusher der Liga aufweist. ILB Sean Lee ist mittlerweile zu einer Wucht innen geworden und beeindruckt in Coverage ebenso wie gegen den Lauf. Rookie Tyrone Crawford aus Boise State dürfte zu den Hoffnungsträgern auf DE gehören: Seine Größe und Athletik passen sehr gut und Ryans Schema.
Offensiv hat QB Tony Romo keine Ausreden: Er ist super; sein TE Jason Witten ist auf dem absteigenden Ast, aber super; seine WRs sind mit Miles Austin und Dez Bryant super, wenn sie  am Feld bleiben und jenseits davon keinen Blödsinn machen; seine RB-Überraschung letztes Jahr war DeMarco Murray, der mit 5.5 YPC wohl auch super war. Einzig die Line dürfte mit ihren massiven Short Yardage Problemen zuletzt noch Fragezeichen offen lassen. Und genau diese wurden durch den Claiborne-Deal unangehbar gemacht. Außer in T Tyron Smith haben die Cowboys schon lange in keine Top-O-Liner investiert, und die Neuzugänge G Mackenzy Bernadeau und G Nate Livings sind höchtens Pflaster auf einem sehr heißen Stein.
Trotzdem hat Jason Garretts Truppe das Potential, eine Top 10 Offense aufzustellen, weil Romo einfach seit Jahren ein Top 10 QB ist. Ob die neue Secondary die Defense lang genug über Wasser halten kann für Playoffchancen, ist fraglich, aber es kamen schon Teams mit schlechteren Karten in die Playoffs.

Washington Redskins

Und das hoffen die Fans der Redskins vermutlich auch. Schließlich ist man nach Jahren der Frustration endlich am Boden der Tatsachen angelangt und draftete einen Quarterback. Hoch, sehr hoch, noch dazu. QB Robert Griffin III ist der prototypische Heilsbringer: Irre Päzision,  durchschlagende Smartness und viele Big Plays. Er ist nach Jahren der Draft-Herummurkserei auch der erste Trade seit langem, der die Redskins als auf der Höhe der Zeit darstellen kann. Aber abgesehen vom Aufopfern der Zukunft (Erstrundenpicks in 2013 und 2014 waren Teil des Pakets, das sie für Griffin gezahlt haben) gibt es heuer, wie schon letztes Jahr, als Washington (!) dank smartem Heruntertraden (!!) mit 12 Stück (!!) die meisten Picks im Draft hatte, weniger Washington-typische Hoppalas.
Da ist natürlich immer noch die Frage, welchen Support RGIII in seiner Offense haben wird. Picks, die man in junge Playmaker investieren könnte, hat man ja keine, und die Einkaufspolitik in Washingtonn setzte seit jeher auf überalterte Veteranen, die den jungen Nachkömmlingen wertvolle Snaps stehlen. Heuer musste man für Griffin einkaufen, was ein paar jungen Kombatanten die Chance geben wird, früh mit ihm Chemie aufzubauen. Zwar empfindet das WR-Corps hinter Santana Moss (33) niemand als Ligaspitze, aber wenigsten sind sie unter 30: Die eingekauften WR Josh Morgan (20 Targets zuletzt in SF) und WR Pierre Garcon (einer der schlechtesten Peyton Manning-WRs aller Zeiten) sind beide ho-hum, und solange Moss noch startet, nimmt er dem letztjährigen Drittrunder WR Leonard Hankerson auch weiterhin Snaps weg. Manche Sachen ändern sich einfach nicht Washington. RB Roy Helu ist fantastisch als Receiver im Backfield und RB Evan Royster ein grundsolider Backup, der in 56 Läufen letztes Jahr 5.9 YPC erarbeitete, aber die O-Line rund um T Trent Williams dürfte sogar nach einer leichten Aufwärtsbewegung zuletzt höchstens durchschnittlich sein. Drei Picks im heurigen Draft gingen in die Line, also darf man auf die kommende Jahre zumindest gespannt sein.
Die Defense der Redskins ist schizophren: Der etwas zu leichte NT Barry Cofield vollzog eine schöne Transition von der 4-3 zur 3-4 und, und als passrusher auf OLB haben sie eines der besten Duos der Liga. Brian Orakpo ist seit 3 Jahren nun schon einer der flüssigsten QB-Jäger der Liga, und auf der anderen Seite gesellte sich letztes Jahr mit Rookie Ryan Kerrigan eine stabile Präsenz gegen den Lauf, die den gegnerischen Fokus auf Orakpo in 7.5 Sacks für sich ummünzen konnte. Innen ist London Fletcher alt, aber immer noch an jedem Ball dran. Die Box ist also definitiv eine Augenweide, vor allem aber auch, weil sie vor eine Secondary spielt, vor den ein Postpäckchen sogar wie eine gute Box aussehen würde.
CB Josh Wilson war zwar brav in seinem ersten Jahr als Starter, aber auf der anderen Seite ist DeAngelo Hall einfach kaum noch mitanzusehen. Eine komplett kaputtge- und -verkaufte Situation auf Safety führt zu einem Starting Lineup von – und das ist jetzt nur geraten – Brandon Meriweather und Madieu Williams. Mon dieu. 
Wie das gut gehen soll in einer Divison mit potentiell sogar 3 Top 10 QBs weiß wohl nicht mal Mike Shanahan. Aber RGIII wird genug Aufmerksamkeit auf sich ziehen, um von den Fragen im defensiven Backfield abzulenken. Die Redskins waren unter Shanahan auch so für 4 bis 6 Siege und den einen oder anderen Sweep gegen die Giants gut, wenn RGIII auch nur einen Hauch an Verbesserung bringt und sie auf 8-8 stößt, wird niemand in Washington eine Träne verlieren. Shanahan versucht seit zwei Jahren über das Jetzt hinauszudenken, er muss nur schauen, dass ein RGIII Hype (ob positiv oder negativ) das Team nicht wieder zurückwirft in den Panikmodus, der für die bisherige Misere ja verantwortlich ist.
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