In einem bis zum Abpfiff enorm spannenden Duell standen sich zwei gleichwertige Teams gegenüber, wobei sich im Vorfeld bei den Tirolern dramatische Ereignisse rund um Linebacker James Ellingson abspielten. Walter H. Reiterer für Football-Austria.com aus Hohenems.
Ellingson niedergestochen
Beide Teams traten ersatzgeschwächt an. Den Blue Devils fehlten vor allem an der Line die Deutschen Keil & Miersch, noch viel härter erwischte es die Raiders. Nicht nur ihr Star Runningback Florian Grein ist erneut angeschlagen (Bändereinriß) und muß für mindesten noch zwei weitere Spiele pausieren, auch Linebacker James Ellingson fehlte. Und das hat einen tragischen Hintergrund. Der Amerikaner wurde vergangene Woche Opfer einer Messerattacke in Innsbruck und befand sich sogar kurze Zeit in Lebensgefahr. Die Ärzte versetzten ihn in einen künstlichen Tiefschlaf & gaben mittlerweile Gott sei Dank Entwarnung. Er befindet sich seit einigen Tagen wieder auf dem Weg der Besserung. Medienberichten zu Folge wurde er, nachdem seine Freundin von mehreren Männern belästigt wurde und er sie verteidigte, von hinten, bereits auf dem Weg zum Auto, in den Rücken gestochen. Drei Männer aus Rußland wurden verhaftet, auf deren Konto auch noch andere Straftaten gehen könnten. Derzeit ermittelt die Kripo. Football-Austria.com wünscht James Ellingson auf diesem Weg baldige Genesung!

Das alles brachten den Tagesablauf der Raiders natürlich gehörig durcheinander. Headcoach Geoff Buffum kann es immer noch nicht fassen. ‚Es ist völliger Wahnsinn was da passiert ist. An ein normales Training war nicht mehr zu denken, denn wir wußten ja einige Zeit gar nicht ob Jimmy das überleben wird. Wir hatten alle Hände voll zu tun uns überhaupt irgendwie auf dieses Spiel vorzubereiten und zu konzentrieren.‘

Das war am Feld zu spüren und deutlich zu sehen. Von der Mannschaft, welche in der Vorwoche noch in beeindruckender Manier die Braunschweig Lions aus der Eurobowl schoß, war nur ein Schatten am Feld des Herrenriedstadions zu sehen. Der Schock saß tief bei den Raiders Light, die am Ende aber für fatale Fehler begehende Vorarlberger noch immer zu schwer waren. Überraschend eigentlich, denn das Spiel hatten die Raiders innerlich bereits vor dem Anpfiff als ’nicht so wichtig‘ angesichts der Situation abgehakt. Lichtblick: Mohammed Muheize ersetzte Florian Grein auf der Runningback Position und der machte seine Sache ausgezeichnet. 126 Yards Rushing & 2 Touchdowns, dazu noch mit 3 Solo Tackles & 2 Assits auf der defensiven Seite unbestritten der MVP des Spiels, welches anfangs auf einer schiefen Bahn Richtung Raiders Endzone verlief.

Bereits im ersten Drive hätten die Devils sich auf das Scoreboard bringen müssen. Richmond Appiah & Leroy Brooks zeigten den rund 350 Zuschauern ein sensationelles Laufspiel, welches die Gäste nicht unterbinden konnten. So gingen die Hausherren über das ganze Feld bis zur 5 Yard Linie. Das Laufspiel zum vermeintlichen Touchdown endete für die Devils in der ersten kleinen Katastrophe. Appiah mit einem Fumble (erzwungen von Mohammed Muheize) & Viktor Skradski mit dem Recover für die Gäste. Turnover statt Touchdown. Die Raiders in Folge im Angriff noch völlig harmlos, die Gastgeber eindeutig in der Offensive das gefährlichere Team. Punkte sollten erst im zweiten Viertel fallen und die machten überraschender Weise zuerst die Tiroler. Nachdem man im ersten Viertel gerade Mal zu zwei First Downs kam, reichte ein Face Mask Penalty beim Punt Return und zwei weitere First Downs für Mohammed Muheize aus um bei First & Goal 9 Yards in die Endzone der Teufel zu laufen. 0:7 (PAT good, Josef Schnellrieder). Ein langer Drive der Devils über 13 Spielzüge führte vorerst noch ins Leere (Turnover by Downs), doch die Harmlosigkeit im Angriffsspiel der Tiroler setzte wieder ein. Geoff Buffum brachte wenig zu Stande, am Ende sollte es bei 5 kompletten Pässen für lediglich 74 Yards bleiben. Kein Touchdown, eine Interception. Das gewohnte Bild für einen Raiders QB heuer, ungewöhnlich aber für Buffum, der, wie gesagt, mit seinem Kopf verständlicher Weise ganz wo anders war. Anders auch sah es bei seinem Gegenüber Gary Brashears aus, der eine gute Partie spielte. Der nächste lange Drive der Blue Devils stand an. Pässe von Brashears auf Leroy Brooks & das Laufspiel von Ricky Appiah brachten die Devils in die Redzone. Ein weiterer Paß auf Eric Moore knapp vor die Endzone. Gary Brashears selbst hechtet über die Defense, streckt die Hände in der Luft nach vorne – Touchdown Devils. Remo Martinz Kick beim PAT saß auch, daher stand es zur Halbzeit 7:7.

Nach Wiederbeginn das alte Bild. Die Raiders in der Offense ohne den nötigen Zug nach vorne, die Devils weiter gefährlicher. Bei 4 & 14 entschied Headcoach Ron Anzevino wieder Remo Martinz aufs Feld zu schicken. Seine Mission: ein 37 Yard Fieldgoal. Keine Mission Impossible für Martinz, der das Ei zwischen den Stangen versenkte. 10:7. Man hatte das Gefühl, daß die Hausherren ab nun eigentlich in der Lage sein sollten die an dem Tag zahnlosen Freibeuter in den Griff zu bekommen. Es schien zunächst auch so zu kommen. Vorher versandete das Spiel aber im dritten Viertel noch ein wenig. Keine herausragenden Spielszenen, kein Punkte, dafür kam die Sonne hervor, nachdem das Spiel drei Viertel lang ein recht nasses war. Diese kam aber nur vermeintlich dazu um den ersten Sieg der Blue Devils gegen die Raiders zu bezeugen.

Im letzten Spielabschnitt kam es zu einem Déjà-vu-Erlebnis für die Vorarlberger. Nach einer Interception von Geoff Buffum (Joe Okrah) brachte Richmond Appiah mit Läufen die seinen an die Raiders 4 Yard Line. Statt dem Touchdown passierte aber erneut ein Turnover. Ein Fumble von Eric Moore (Recovered von Adrien Kellman) sollte das Schicksal der Hohenemser besiegeln. Man spielte sich zu lange mit den Raiders herum, die ihrerseits nun zu einem alles entscheidenden Drive ansetzen konnten. Es war zum überwiegenden Teil Mohammed Muheize, der die Tiroler mit 9 Läufen über 92 Yards, von der eigenen 8 Yard Line in die Devils Endzone führte. Die Devils Defense sah dabei erstaunt zu. Man war sich augenscheinlich zu sicher, daß hier nichts passieren könnte. Diese trügerische Sicherheit war 7 Punkte für die Tiroler wert, welche damit 10:17 in Führung gingen. (PAT good, Josef Schnellrieder). Es sollte nichts mehr passieren. Der letzte Devils Drive wurde gestoppt, die Raiders knieten ab und zeigten sich über den Sieg erfreut aber auch ein wenig erstaunt. Die Devils konnten es nicht fassen dieses Spiel verloren zu haben & die Schiedsrichter standen erneut unter verbalem Sperrfeuer der Emser. Robin Haas übte sich als Referee Kritiker beim Handshake, wofür er von seinem Quarterback Gary Brashears umgehend einen Rüffel (sanfter Schubser inkludiert) erhielt.

Die bösen Referees
Das war aber noch harmlos gegenüber dem völlig losgelösten Platzsprecher (Präsident Christoph Piringer himself), der sich von seinem Glaskobel in luftiger Höhe aus & via Mikrofon das gesamte Spiel hinweg über Schiedsrichterentscheidungen ausließ, diese nicht nur in Frage stellte, sondern permanent als falsch bezeichnete und dazu noch laut über deren mangelnden Kenntnisse nachdachte. Was sogar seinen eigenen Spieler an der Sideline sichtlich unangenehm war. Daß es sich dabei freilich stets um Entscheidungen zu Ungunsten der Vorarlberger gehandelt hat muß man nicht extra erwähnen, sei aber an der Stelle gesagt. So war die krasseste Fehlentscheidung der Referees eigentlich diejenige den Platzsprecher nicht des Stadions zu verweisen, oder zumindest eine Flag für seine Ansagen zu werfen. Man sah schon Platzsprecher des Mikros von den Refs beraubt (z. B. Baden) für wesentlich harmlosere Sprüche als diese. Die latenten Verfolgungsängste (wir werden benachteiligt!) sind abzustellen. Bereits letzte Woche war aus Sicht Piringers eine Schiedsrichterfehlentscheidung Schuld an der Niederlage gegen die Giants. Nun waren es eine ganze Reihe von falschen Entscheidungen (allesamt gegen die Emser) die zumindest mitgeholfen hätten, daß es so gekommen ist wie es dann auch kam. Daß das Niveau der Schiedsrichterleistungen im Allgemeinen in den letzten Jahren nicht ganz mit dem der Spiele mithalten konnte, bezeugen zwar noch weit prominentere Personen, die hier aber weniger emotionell bei der Sache sind, sondern sachlich bleiben. Darüber kann und darf man diskutieren, es ist aber kein Thema welches einen aufgeheizten und auf einem Auge blinden Platzsprecher als Mediator bei einem Match braucht. Abgesehen davon, daß es nicht alles so war, wie der Emser Präsident es sah und unreflektiert aussprach. Football-Austria.com hält sich traditionell aus Diskussionen um und über Schiedsrichter und ihre Leistungen raus, zudem der AFBÖ Präsident stets signalisiert hat, daß es immer Potential gibt um Dinge zu verbessern. Was Christoph Piringer hier macht, und das sage ich bei aller Freundschaft die ich mit ihm teile, war unnütz, schadet seinem Ansehen, dem Ansehen der Blue Devils, dem Football als Ganzes. Nützlich wäre das Thema dann zur Diskussion zu stellen, wenn der erste Zorn verraucht & die Niederlage analysiert ist. Wenn man dann noch Lust hat Vorschläge zur Verbesserung von Schiedsrichterleistungen anzubringen, stößt man sicher auf so manches offene Ohr. So bitte nicht mehr.

Der Witz des Tages
Headcoach und Quarterback Geoff Buffum war zwar über seine persönliche Leistung nicht gerade besonders erfreut, aber angesichts der guten Nachrichten aus dem Spital über Ellingson und den Sieg über die Raiders wieder zu Scherzen aufgelegt. Beim Interview antwortete er auf eine lange Frage einfach mit Ja. Danach war mal Pause. Der Interviewer leicht irritiert, fragt nach 10 Sekunden: Und? Buffum: ‚Das war die Slim Content Antwort. Die Premium Antwort ist seit kurzem kostenpflichtig!‘ Good Call, Geoff! Das Video dazu folgt.

Fazit
Ein sehr gutes & enorm spannendes AFL Spiel, wobei die Raiders das Spiel nicht gewonnen, sondern die Devils selbiges eindeutig vergeigt haben. Die Fumbles waren stets kurz vorm Touchdown, bis dahin spielte man souverän. Ist es Zufall oder Bestimmung? Die Devils haben eine gute Truppe beisammen. Sie spielten an dem Tag auch erstmals als Team, begehen aber zum Teil immer noch seltsame Fehler. Gegen die Giants erst nach sieben Minuten mental angekommen – da stand es bereits 22:0 für Graz. Man hätte das Match gewonnen, wäre man in der Anfangsphase nicht neben sich gestanden. Nun wieder Konzentrationsfehler. Zwei sicher scheinende Touchdowns nicht gemacht, Turnovers daraus fabriziert. Fatal und am Ende natürlich richtungsweisend. Die Raiders schätzen sich glücklich, doch Sieger sehen anders aus. Die Ellingson Geschichte hat ihnen merklich zugesetzt. Er fehlt nicht nur als Spieler, sein persönliches Schicksal ist auch mit dem Team verbunden. Dazu der erneute Ausfall von Grein. Die Stimmung bei den Emsern ist natürlich noch wesentlich getrübter. Will man tatsächlich noch in die Austrian Bowl, muß man weitere Niederlagen nicht nur vermeiden, sondern ist auch bereits auf die Mithilfe Dritter angewiesen. Möglich ist es noch. Für die Raiders schaut es dadurch natürlich wieder viel besser aus. Heimlicher Sieger der Begegnung sind aber die Giants. Die haben ihr Match gegen die Black Lions locker gewonnen, sich damit am zweiten Platz festzementiert. Vorerst noch. Im Laufe der Rückrunde kann sich alles noch umdrehen. Die Plätze 2-4 sind heiß umkämpft. Matches mit völlig konträren Ausgang in dieser natürlich möglich. Jeder kann hier jeden schlagen.

AFL
Cineplexx Blue Devils vs. Swarco Raiders Tirol 10:17
(0:0/7:7/3:0/0:10)
14. Mai 2006, Kickoff 15:00
Stadion Herrenried, Hohenems, Zuschauer: 350
Referees: Lair / Albrecht / Kuntschik / Eberhard / Balac / SAFV

Football-Austria.com Spielbewertung:
Spielniveau:
Ambiente:
Unterhaltungswert:
Burger Test:
Devils Chicken Burger Test:
Hot Dog Test:

MVP: Mohammed Muheize (Raiders)

Gameday 
Trotzt mäßiger Temperaturen & Regen fanden sich am Muttertag 350 Vorarlberger & Tiroler ein um das angesagte Spitzenspiel zu sehen. Die Mamis wurden beim Eingang charmant mit einer Rose & Konfekt begrüßt (übrigens ebenfalls vonChristoph Piringer persönlich). Die von den Devils selbst betriebene überdachte Kantine (Elke Bunderla & Kollegen) wartet mit saftigen Hamburgern, zarten Devils Chicken Burger, knackigen Hot Dogs und reschen Pommes Frites auf. Man bekommt das sehr schmackhafte Fast Food im unbefleckten Zustand überreicht, kann es sich danach selbst mit Salat, Zwiebel, Ketchup, Senf & Mayo justieren – wie man grad Lust hat. Ein großes Plus. Die Preise sind angemessen, die Bedienung freundlich, die Atmosphäre entspannt. Getränke gibt es an einer ebenfalls überdachten Rondo Bar neben der Tribüne. Auch hier ist das Preis/Leistungsverhältnis ein gutes. Einlaufmusik (Carmina Burana) & viel blauer Rauch war zu sehen, auf der Vermißtenliste in Herrenried stehen immer schon Cheerleader. 

Ein semiprofessionell gestaltetes Journal versorgt das Publikum mit Fakten, Geschichten & Fotos rund um den Verein. Übrigens ein Produkt aus dem Hause Football-Austria.com, welches wir natürlich auch gerne für andere Teams realisieren können. Ansichtsexemplare gibt es auf Zuschrift, oder bei jedem Devils Gameday.

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