Ob die Black Lions danach gleich in Hüttenberg Zwischenstation gemacht haben, wo am Sonntag seine Heiligkeit der Dalai Lama höchst selbst das neue Tibetanische Gesundheitszentrum eröffnet hat, um dort ihre imaginären Wunden behandeln zu lassen ist leider nicht bekannt, alles andere berichtet Martin Kastner für Football-Austria.com aus Graz.
Der verregnete Football-Nachmittag begann mit einer Überraschung in den Reihen der Black Lions. Es war bekannt, daß sich die Kärntner einen frischen Quarterback namens Corey Hetherman aus den USA beschafft hatten aber es gab im Vorfeld zusätzliche Gerüchte, daß auch die Defense mit einem neuen Mann verstärkt werden könnte. Konkret wurde dann Tevita Puloka aus dem Hut gezaubert, jener bärenstarke Linebacker mit NFL-Erfahrung bei den Cincinnati Bengals, der letztes Jahr bei den Carinthian Falcons gespielt hat. Der Präsident der Lions, Manfred Mocher, teilte uns jedoch mit, daß es sich bei Puloka um keine dauerhafte Verpflichtung handeln würde sondern lediglich um ein Gastspiel, weil der Amerikaner zufällig gerade in Österreich sei um Freunde zu besuchen. Eine Gelegenheit beim Schopf zu packen mag in manchen Fällen sehr sinnvoll sein, daß es aber nicht immer was bringt, davon wird hier noch die Rede sein.

Stefan Schubert von den Graz Giants, der in der Offseason ebenfalls das eine oder andere Auge auf Puloka geworfen hatte, zeigte sich vor dem Spiel aber durchaus sehr respektvoll gegenüber den Neuverpflichtungen des Gegners und erwartete ein ausgeglichenes und hartes Duell: ‚Was wir im Warm-Up gesehen haben, hat der neue Quarterback der Lions einen enorm starken Arm und der Überraschungsmann Tevita Puloka ist ein extrem gefährlicher Defense-Spieler. Wir erwarten ein schweres Spiel!‘ Es sollte sich zeigen, daß Puloka nicht nur in der Defense mitmischte, sondern daß ihm als FB und RB auch eine ganz zentrale Rolle im Angriff zugedacht war.

Auf Seiten der Gastgeber sollte LB/RB Darvin Lewis weiterhin geschont werden. Der starke Amerikaner stand einsatzbereit an der Sideline und sollten nur für Feuerwehreinsätze ins Spiel kommen, was aber schlußendlich nicht notwendig war. Seine Angriffsposition im Backfield wurde wieder hauptsächlich von Martin Grassegger, aber auch von Michael Rotheneder übernommen.

Das Spiel
Da es beim Kick-Off der Giants in Strömen regnete war nicht wirklich mit einem Paßfeuerwerk zu rechnen. Außerdem bekamen wir genau das von den Giants in letzter Zeit auch eher selten zu sehen, weshalb eher von einer Bodenschlacht ausgegangen werden mußte. Dem flache Kick-Off folgte ein sehenswerter Return von Armando Ponce de Leon. Nach einem illegal forwand pass und einem personal foul der Giants lief Martin Grassegger dann doch zum ersten first down des Tages. Nach weiteren Läufen von Grassegger und Jeremy Bohannon holte Sheldon Cross plötzlich aus und tat das, was der Football-Fan so gerne sehen möchte: Er warf einen idealen Touchdown-Pass über 17 yards auf Bohannon und die Grazer gingen in Führung.

Der ersten Angriff der Kärntner zeigte sofort, was wir den ganzen Nachmittag lang von den Black Lions zu sehen bekommen sollten: Forciertes Laufspiel über Matt Crockett und Tevita Puloka, kurze Pässe auf genau die selben Herren und viele Drops. Das Timing funktionierte weder bei den Pässen (die Receiver wurden oft überworfen, wohl auch aus Respekt vor den Defensive Backs der Giants), noch bei den Snaps. Der nasse Boden und der glatte Ball trugen natürlich auch entsprechen dazu bei, daß beim Spiel der Kärntner keine Kontinuität aufkommen wollte. Punt. Auch der nächste Angriff der Grazer brachte nichts ein und so gingen die Punts eine Weile hin und her während vor allem die Grazer durch einige unnötige Fouls kurzfristig ein wenig Ruppigkeit aufkommen ließen.

In weiterer Folge zeigte sich die Stärke von Martin Grassegger, der mal um mal, unterstützt von der starken O-Line, die erste Verteidigungslinie der Kärntner durchbrechen konnte. 3-4 yards waren beinahe das Minimum bei jedem dieser Läufe. Trotzdem blieb das Spiel der Steirer, gemessen an den Bedingungen, einigermaßen variantenreich. Jeremy Bohannon und Armando Ponce de Leon wurden immer wieder in die Tiefe geschickt und im zweiten Viertel gelang dabei ein wunderschöner Touchdown-Pass über 67 yards auf Ponce de Leon, der damit auf 13:0 erhöhen konnte. Die Gäste konnten eigentlich nur einmal wirklich gefährlich an die Endzone der Grazer herankommen. Fünf Sekunden vor dem Ende der ersten Hälfte standen die Lions an der 4 yard Linie der Grazer aber die starke Defense lies hier nichts anbrennen: Eric DeWolf bereinigte die Situation mit einem seiner drei Sacks und es ging mit einem für die Kärntner schmeichelhaften Score von 14:0 in die Kabinen.

Die zweite Hälfte begann mit einer Interception: Ein Paß von QB Corey Hetherman wurde abgefangen und im nachfolgendem Drive der Grazer lief Martin Grassegger zu seinem ersten Touchdown des Tages. Allenfalls aufkommende stärkere Phasen der Gäste wurden von der Grazer Defense gleich wieder zunichte gemacht: Eric DeWolf konnte mit 3 Sacks wohl ganz zufrieden mit seinem Arbeitstag. In der Entstehungsgeschichte des nächsten Touchdowns behinderte Matt Crockett, der natürlich auch in der Defense der Kärntner spiele, Jeremy Bohannon am Fangen des Passes: Die Folge war eine Strafe und ein Lauf von Martin Grassegger über 23 yards in die gegnerische Endzone. Zum Ende des dritten Viertels stand es 28:0 und das Spiel war längst gelaufen. Obwohl auch die Grazer im letzten Viertel einen Gang zurückschalteten, änderte sich am Kräfteverhältnis nichts. Im Gegenteil, die Gäste waren von einem Score viel weiter weg als die Heimischen von zwei weiteren. Die Partie ging mit 35:0 zu Ende und die Black Lions mit hängenden Köpfen in die Kabine.

Fazit und Ausblick
Die Giants wurden heuer nach einigen organisatorischen und spielerischen Durchhängern schon beinahe todgesagt. Die Fangruppe probte den Aufstand gegenüber der Organisation (Situation ‚Blanker Hintern‘) und auch Beobachter, wie AFBÖ-Präsident Michael Eschlböck aber auch Football-Austria.com sahen nach der vernichtenden Niederlage gegen die Dodge Vikings schon sehr düstere Wolken über dem blau-gelben Football-Himmel der Grazer aufziehen. Nun wissen wir ja aus der jüngeren Vergangenheit der AFL, daß solche Situationen oft dazu führen, daß sich Teams intern völlig zerkrachen, sich auflösen oder fusionieren oder einen Neustart in einen anderen Spielklasse vornehmen, damit sozusagen Schluß ist. Nicht so die Grazer: Die Giants erinnerten sich an Baron Münchhausen, packten sich am eigenen Schopf und zogen sich selbst aus dem Schlamassel. Das Zwischenergebnis ist bekannt: Eine Siegesserie, die den Verein zur unumstrittenen Nummer Zwei im Land gemacht hat. Mit Darvin Lewis machte man die Running-Back-Not zu einer Linebacker-Tugend, der viel gescholtene Sheldon Cross wurde von Spiel zu Spiel konstanter und konnte mittlerweile ein recht gutes Vertrauensverhältnis zu seinen Receivern, allen voran Armando Ponce de Leon, aufbauen und mit der Football-Maschine Martin Grassegger haben die Grazer eine Allround-Angriffswaffe mit einem unbändigen Willen zum Sieg. Eine mittlerweile recht ordentliche O-Line und eine starke Defense runden das Konzept ab. Die Einzelspieler dieser Mannschaft stellen aber nur die eine Hälfte des Erfolges dar, die zweite (und mindestens ebenso wichtige) ist die Tatsache, daß man zusammensteht, gemeinsam an einem Strang zieht und so als gesamte Organisation den Willen zum Erfolg nicht nur predigt, sondern ihn auch auslebt. Auch während des Spiels merkt man es daran, wie die Spieler in der Teamzone miteinander umgehen, daß es sich hierbei um eine Einheit handelt, wo zur Zeit einfach alles funktioniert. Man scherzt und albert in der Teamzone herum um im nächsten Moment hoch konzentriert und ernsthaft ins Spiel zu gehen. Alles völlig unverkrampft – wenn’s laft, dann laft’s eben! Die Giants sind mit Sicherheit die Mannschaft der Stunde in Österreich.

Auf der anderen Seite die Black Lions, bei denen die Fusions-Nähte wohl doch noch nicht ganz verheilt sind, von alten Wunden ganz zu schweigen. Vor dem Spiel gegen die Giants lautete der Score der Kärntner 14:155, danach 14:190 – eine durchaus eindeutige Aussage sowohl über die Offense als auch über der Defense. Das Problem der Kärntner liegt aber strukturell viel tiefer und Präsident Manfred Mocher weiß das selbst nur zu gut, wie er auch im Anschluß an das Spiel im Football-Austria.com Interview sichtlich zermürbt aber doch sehr eindeutig formuliert: ‚Wir müssen in Kärnten zwei Ansatzpunkte schaffen: Die Kärntner Football-Spieler, auch die die auswärts unterwegs sind, müssen sich entscheiden, ob sie in Kärnten Football spielen wollen, damit wir genügen Personalressourcen haben und die persönlichen Eitelkeiten, die es da im Vorfeld gegeben hat oder noch immer gibt müssen weggelassen werden. Und der zweite Punkt ist, daß wir die Organisation verstärken müssen‘.

Manfred Mocher beklagt die dünne Kaderdecke in Kärnten, die berufs- und verletzungsbedingt zusätzlich ausgedünnt worden ist. Mochers Plan, die Exil-Kärntner dazu zu bewegen, wieder im eigenen Bundesland erfolgreich Football zu spielen ist ja bekannt und dieses Statement des Lions-Präsidenten geht – nicht ganz vorwurfsfrei – in erster Linie in Richtung Südburgenland, wo zur Zeit drei Kärntner sehr erfolgreich Football-Dienst bei den Gladiators leisten.

QB Corey Hetherman ist gerade eine Woche in Österreich und es kann realistischer Weise nicht erwartet werden, daß er hier gleich von Beginn an Bäume ausreißen kann, von denen es ja in der grünen Mark bekanntlich mehr als genug gibt. Und wie man am Beispiel von Tevita Puloka sehen konnte, sind auch im mitteleuropäischen American Football die Zeiten längst vorbei, als noch einzelne Starspieler einen wirklichen Impact für die ganze Organisation ausüben konnten.

Das ‚gemeinsame Ziehen an einem Strang‘ scheint in Kärnten momentan nicht der Fall zu sein, genau das wird aber notwendig sein um wieder langfristig einen erfolgreichen Footballverein aufstellen zu können, wobei hier Anzahl und Qualität der Imports nicht ausschlaggebend sein werden – so etwas muß schon hausgemacht sein. Mal sehen, was hier dem engagierten Präsidenten Mocher und den Exil-Kärntnern noch alles dazu einfallen wird. Vielleicht kann man sich ja mal am Sonntag zum Kegeln treffen.

Die Giants reisen nächste Woche nach Marburg um sich dort im EFAF-Cup einem der stärksten deutschen Teams zu stellen. Die Marburg Mercenaries sind das Top-Team der GFL-Süd, standen die letzten beiden Jahre im Halbfinale der GFL und schieden im letzten Jahr als im Spielverlauf stärkeres Team gegen die Hamburg Blue Devils erst in der Overtime ganz knapp mit 41:42 Punkten aus. Die Grazer geben sich betont gelassen und Head Coach Phil Maas meint im Football-Austira.com Interview, er selbst wisse nicht sehr viel über die Marburger, aber ganz gleich was kommen werde, die Giants würden kämpfen bis zum Schluß. Den zweiten Teil diese Aussage glauben wir Herrn Maas sehr gerne, den ersten nicht so ganz.

AFL
Turek Graz Giants vs. Carinthian Black Lions 35:0
(7:0/7:0/14:0/7:0)
14. Mai 06, Kickoff 15:00
Stadion Eggenberg, Graz, Zuschauer: 300
Referees: Savicevic / König T. / Praher / Hölbling / Hofbauer / König M.

Football-Austria.com Spielbewertung:
Spielniveau:
Ambiente:
Unterhaltungswert:

MVP: Martin Grassegger (Giants, 113 Yards, 2 TDs) (Giants)
Honourable Mention: Eric DeWolf (Giants, 3 Sacks)

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