Obwohl das Spiel denkbar knapp zu Ende ging, waren die Gäste aus dem Südburgenland über das gesamte Spiel überraschend die bessere Mannschaft. Die Vikings agierten zum Teil unvorbereitet und desorientiert. Die knappe Niederlage haben sie einer inkonsequenten Gladiators Offense zu verdanken, welche viele Chancen das Match frühzeitig zu entscheiden leichtfertig vergab. Trotzdem gingen am Ende die Burgenländer als die großen Sieger vom Platz, die damit einen historischen Triumph einfahren konnten.
Die Division I entwickelt sich noch vor Saisonstart zur Lachnummer. Nachdem in der Vorwoche die ASKÖ Rangers bar jeder Chance gegen das Team der Vienna Knights waren, erledigten die ehemaligen Nachzügler aus dem Südburgenland den regierenden Meister der ersten Division vor eigenem Publikum.
Es lag nicht an Vikings QB Philipp Jobstmann, daß das Match verloren ging. Jener spielte ebenso eine gute Partie wie Djoe Sebastiao Oliveira Mendes, Johannes Neusser und Sevan Sarian. In der Offense der Wikinger klappte so manches, aber nicht alles. Es waren einfach die Gladiators, die besser waren. Vorneweg QB Bernhard Kamber, der zwar seltsam dezent (Eigendefinition: keine gute persönliche Leistung), aber dann immer wieder entscheidend ins Match eingriff. Das Team aus dem Südburgendland zeigte über 4×12 Minuten kaum Schwächen, dafür viele Stärken. Eine zur Gänze rundum erneuerte Mannschaft von Headcoach Bill Moore führte den Division I Champion vor. Das Lachen blieb allen Kritikern und Zweiflern Moores im Hals stecken. Der 46-jährige US Amerikaner hat mit Kamber nicht nur das große Los gezogen, sondern auch rund um ihn eine wirklich starkes Team gebaut.
Das Spiel
Die Gladiators in der Offense starteten mit einem Delay of Game. Das sollte für längere Zeit ihr letzter Fehler bleiben. Kamber, der sichtbar einige Kilo mehr als früher um die Hüften trägt, damit aber trotzdem einer der Schnellsten am Platz war, besorgte mit einem 11 yard Lauf das erste First Down selbst. Running Back Martin Bauer und Manuel Houtz mit Rushes zum nächsten First Down. Noch bevor sich die Vikings so recht auf die Glads Offense einstellen konnten, warf Kamber einen 28 Yard Pass in die Endzone auf Houtz, der auch den PAT besorgte. 0:7. Erstmals wurde es auf der ganz gut gefüllten Schmelz (~350) ein wenig ruhiger als gewohnt. Bereits im ersten Drive sah man, daß sich eine Prophezeiung nicht erfüllen würde. Die Gladiators hätten eine zu schwache O-Line und Kamber dadurch zu wenig Zeit. Diese zählt zwar sicher nicht zu den Stärken des Teams, aber nach der Ballübergabe agierte Kamber blitzschnell (3 Steps). Damit war er meistens zu schnell für die Linebacker der Wikinger, die durchaus Lücken fanden, aber Sacks blieben über das gesamte Spiel eher die Ausnahme als die angekündigte Regel.
Die Vikings begannen in der Offense ebenfalls stark. Philipp Jobstmann zeigte sich in guter Form, etablierte mit seinen Receivern ein Passspiel, welches die Secondary der Gladiators vor eine Menge ungelöster Aufgaben stellte. Ein Big Play (21 yard Pass im 4. Versuch) auf Sevan Sarian, danach ein weiterer Pass kurz vor die Endzone auf den Junioren Receiver, brachte Jobstmann in die Lage mit einem Sneak auf 6:7 zu stellen. Ein grober Schnitzer beim PAT (MissSnap) verhinderte jedoch den Ausgleich.
Im nächsten Drive der erste von mehreren gröberen Regelverstößen der Vikings, die viele Strafen noch kassieren sollten. Nachdem man Kamber vor der Ballabgabe nicht zu fassen bekam, teilte man ein gemeinsames Brett lange nach dieser aus. Dem Kärntner blieb die Spucke weg, den Referees allerdings nicht. Roughing the Passer – 15 yards retour. Der nächste Spielzug kurios. Martin Bauer nutzte die Möglichkeiten eines Spielfeldes. Angesichts eines sich auf Konfrontationskurs befindlichen Gegners machte er kurz entschlossen kehrt, lief zuerst in Richtung eigene Endzone, besann sich dann doch eines besseren und lief mehrmals quer über das Spielfeld (mittlerweile gejagt von einigen Vikings Spielern), konnte noch ein Mal die richtige Richtung aufnehmen und durch einen Vorblock von Kamber den Schaden sogar noch in Grenzen halten. Belobigung bekam er von seinem Spielmacher dafür zwar nicht, das Publikum war aber von der Aktion begeistert. So vergeht die Zeit auch viel schneller. Der Spielzug dauerte gut 25 Sekunden. Die Glads mußten punten, die Vikings – mit einem illegal block in the back – begannen ihren Drive daher an der eigenen 5 yard Linie. Mit viel Glück wurde im ersten Spielzug ein Safety verhindert. Runningback Albert Platzer befreite die seinen dann aus der mißlichen Lage mit einem Lauf zum first down. Danach war wieder Jobstmann Time, allerdings mit zwei Gesichtern. Einem schönen Paß auf Johannes Neusser folgte ein Fumble des Vikings Spielmachers – die Gladiators konnten diesen recovern. Aus dem Geschenk konnte man nichts Zählbares herausholen, erneut gaben die Gäste den Ball mittels Punt ab. Der Vikings QB wurde stärker, verteilte seine Pässe wahlweise auf Sarian, Neusser und Sebastiao Oliveira Mendes. Immer wieder warfen Regelverstöße die Wikinger zurück (Holding). Das erste Viertel ging daher mit 6:7 zu Ende.
Das zweite Viertel begann mit einem weiteren Regelverstoß der Wiener. Personal Foul – 15 yards zurück. Von der Tribüne kamen erste mißmutige und bislang ungehörte Wortspenden von angeblichen Vikings Fans. Aus der von einem Zuschauer gewünschten Rauferei wurde aber nichts – man spielte weiter Football. Das Heimteam wurde angesichts des Spielstands immer nervöser. Nach einem Punt verlängerte ein Spieler der Vikings den Ball mit einer schönen Volleyball Schlagtechnik. Er könnte gemeinsam mit dem Rangers Kicker der Vorwoche eine genreübergreifende Sportart ins Leben rufen. Sicher auch interessant, nur mit Football hatte das wenig zu tun. Die Gladiators lehnten die Strafe ab, kamen so wieder in Ballbesitz.
Die Vikings Defense bekam Kamber & Co danach vorläufig in den Griff. Der wirkungsvolle Druck ließ die Gladiators nach hinten marschieren, ein QB Sack beendete den Drive der Glads. Doch wieder waren es die Wiener selbst, dieses Mal das Special Team, die sich um die Früchte ihrer Arbeit brachten. Der Punt berührt den Fuß eines Vikings Spielers – die Gladiators blieben im Ballbesitz und die Vikings Defense mußte wieder ran. Die Gäste stellten das wenig erfolgreiche Laufspiel des letzten Drives wieder ein, Kamber packte eine 45 yard Kanone aus (Rene Muhr), Martin Bauer lief im Anschluß mit dem Ball an die 1 yard Linie, aber weiter kam man nicht. Ein Frühstart eines O-Liners und aus dem einen Yard wurden ganze 6. Ein weiterer QB Sack war mit erheblichem Raumverlust verbunden – und plötzlich wurde aus Zweiter und 1, Vierter und 18. Manuel Houtz trat zum Fieldgoal an und verwertete sicher zum 6:10. Auf der Schmelz wurde es nun ganz leise. Nur noch die Anfeuerungsaufforderungen Michael Holubs erinnerten daran, daß auch Zuschauer dabei waren. Doch schon bald danach konnte sein Kumpel DJ Frozen Fritz den Toy Dolls Song „Nellie The Elephant“ auspacken und die violette Herde erwachte aus dem Tiefschlaf. Sie wissen was das bedeutet? Touchdown Vikings. Philipp Jobstmann mit einem 35 Yard Pass auf Johannes Neusser, Christoph Budimir mit einer 2 Point Conversion und die Welt war wieder in Ordnung. Mit 14:10 gingen die Vikings erstmals in diesem Match in Führung. Was kaum jemand ahnte, aber manche hofften oder auch befürchteten: Es sollte das letzte Mal sein. Trotzt eines weiteren guten Drives der Gladiators (45 Yard Pass von Kamber an die 8 Yard Linie der Vikings) blieb es zur Halbzeit bei diesem Spielstand.
Nach Wiederbeginn sah man keine frischerwachte Vikings Mannschaft. Ganz im Gegenteil, entwickelte sich gerade das dritte Viertel zu einer Galavorstellung der Gäste aus dem Süden. Wieder waren es die Herren Houtz, Bauer und Kamber die den Ton und die Richtung vorgaben. Die Wikinger schauten zwölf Minuten bloß zu, wie sie von acht Burgenländern und drei Kärntner filetiert wurden. Es ging ganz rasch und scheinbar locker von der Hand. Martin Bauer lief Yard um Yard, ein Pass von Kamber auf Houtz und es stand 14:16 (PAT no good). Philipp Jobstmann warf postwendend einen Pass auf die Nummer 7, allerdings auf jene der Gladiators. Interception. Vorerst konnten die Burgenländer keine weiteren Punkte erzielen, gaben den Ball nach einem lange Drive via Punt wieder ab. Die Vikings retournierten ihn aber in aller Gastfreundschaft gleich wieder (Fumble). Als die Gladiators erneut daraus keine Punkte machen konnten, mußten die Vikings noch einen Fumble (diesmal gleich beim Punt) ansetzen, damit die Burgenländer auch weiter in Ballbesitz bleiben. Das Vikings Team in dieser Phase völlig von der Rolle. Ein aufgereckter Hühnerhaufen im Vergleich dazu eine straffe Organisation. „Defense! Defense!“ Michael Holub wurde nicht müde die mittlerweile völlig von einer gewissen Sprachlosigkeit befallenen Fans zu motivieren. Umsonst. Den letzten Turnover ließ man nimmer ungestraft. Die Kärnten Connection Kamber-Houtz schlug wieder zu. Touchdown Nummer 3, PAT good – 14:23 kurz nach Beginn des vierten Quarters. Der Käse war bereits angebissen, doch es sollte noch ein Mal spannend werden.
Im letzten Viertel rafften sich die Wikinger auf. Die Bälle von Jobstmann fanden wieder die angedachten Anspielstationen, häufig in der Person von Djoe Sebastiao Oliveira Mendes. Der neu ins Spiel gekommene Running Back Mariusz Malinowski (GER) konnte auf 21:23 verkürzen (PAT good). Ein Onside Kick Versuch der Vikings ging out of bounds, die Gladiators kamen an der Vikings 30 Yard Linie im Ballbesitz. Bernhard Kamber sah seinen Bruder Hannes alleine auf der linken Seite. Erneut ein langer Pass und wieder schlug es in der violetten Endzone ein. 21:30 (PAT Good). Der vierte und gleichzeitig letzte Passing Touchdown von Kamber. Postwendend verkürzten die Wikinger, die nun endgültig, jedoch viel zu spät, zu ihrem Spiel fanden. Sevan Sarian zum 27:30 (2 Point Conversion Failed). Nur mehr Kosmetik. Die Vikings bekamen keine weitere Chance mehr und die Gladiators beendeten das Spiel, wie sie es begonnen haben. Mit einem kleinen Fauxpas. War es beim Start eine Diskussionsrunde die 5 Yards Strafe einbrachte, verstand der Gladiators Center unter abknien etwas völlig anderes als sein QB. Der Mann in der Mitte schnappte sich den Ball und kniete sich hin. Kamber, fuchsteufelswild, erklärte dem jungen Mann, der scheinbar vorher noch nie eine solche Situation erlebt hat, was zu tun ist. Im zweiten Versuch klappte es dann. Kamber bekam vom Center den Ball, kniete für -1 Yard und damit zum hochverdienten Sieg ab. Die letzte Aktion kann man auch als Hinweis für die Wiener verstehen, welch erfahrenem Team sie an jenem Tag gegenüberstanden. Hier waren viele Spieler am Feld die erst seit kurzer Zeit Football spielen. Das, gepaart mit drei hochkarätigen Kärntnern, reichte aber für den Silverbowl Sieger 2005 allemal. Mehr als eine Überraschung.
Reaktionen nach dem Spiel.
Bill Moore, der sich so oft Schmähungen anhören mußte, heulte los und konnte den Sieg auch Stunden danach noch nicht fassen. Er hat genau das richtige für sein Team getan. Als er erfuhr, daß Kamber frei war, hat er ihn umworben, überzeugt und ins Burgenland geholt. Seither weht dort nicht nur ein anderer Wind beim Training, sondern mit Bernhard Kamber kam sein Bruder Hannes und Manuel Houtz nach Stegersbach. Dieses Trio und die wahrscheinlich noch immer unterschätzte Arbeit eines Coaches aus Leidenschaft, hat aus einem wilden Haufen der Offseason (Niederlage gegen die Stallions) einen klaren Titelanwärter für die Challenge Bowl geformt.
Bill Moore
„Ich kann nicht glauben, daß wird es getan haben. Ich hab es gehofft, hab davon geträumt, konnte die letzte Nacht aber kaum mehr schlafen. Ich wußte, daß das Team es drauf hat, aber nicht ob es das auch umsetzten kann. Ich bin der glücklichste Mensch der Welt.“
Bernhard Kamber
„Ich hab vorher gesagt wir werden gewinnen. Ich hab Football-Austria.com gebeten das nicht zu veröffentlichen um nicht wieder als Großmaul dazustehen. Ich hab als QB gegen die Vikings bereits gewonnen, ich hab es heute getan und ich werde es sicher wieder tun. Mir liegt das Team. Trotzdem haben wir nicht wirklich gut gespielt. Meine Leistung war bestenfalls Durchschnitt. Philipp Jobstmann war aus meiner Sicht heute der bessere QB.“
Philipp Jobstmann
„Es hilft nichts wenn man mir sagt, daß ich gut gespielt habe. Das Team hat verloren, damit habe auch ich verloren. Wir sind natürlich sehr enttäuscht und werden uns enorm steigern müssen.“
Chris Calaycay
„Wir wußten nicht was wir von den Gladiators erwarten können. Jetzt wissen wir es. Sie kamen raus und zeigten uns das sie einige sehr gute Spieler haben und uns schlagen können. Das ist nun passiert. Die Division I ist damit komplett offen. Wir haben uns heute nicht als gutes Footballteam präsentiert. Das kann sich aber noch ändern.“
Die Beobachter aus den Reihen der Gegner sahen das Ganze mit gemischten Gefühlen. Die Budapest Wolves kamen mit einer Schar an Spielern und Coaches nach Wien. Während Sie, die Dragons, Bruins und Invaders das Geschehen am Platz ungläubigen Blickes verfolgten und natürlich nicht unzufrieden damit waren, sahen die Knights ihren Kontrahenten in einer Form die niemand erwarten konnte. Das zweite Wiener Team zeigte den Burgenländern zwar schon eine Woche vorher wie ein Division II Team ein Division I Team schlagen kann, hatten aber mit den Rangers den wesentlich leichteren Gegner. Eine Prognose wie die Matches zwischen den beiden ausgehen könnten ist nur schwer zu treffen. Beide Teams gehen mit ihren gezeigten Leistungen als Top Favoriten für den Titel in der dritten Klasse ins Rennen.
QB Statistiken
Philipp Jobstmann
Attempts: 43
Completions: 29
Yards Passing: 353
Yards Rushing: 6
TD Passes: 2
Bernhard Kamber
Attempts: 19
Completions: 11
Yards Passing: 183
Yards Rushing: 24
TD Passes: 4
Dodge Vikings T2 vs ASVÖ Gladiators 27:30
(6:7/8:3/0:6/13:14)
Wien, Schmelz, 19.03.2006, Kickoff: 15:00h, 350
Referees: Praher / Ulicny / Bauer / Kupka / Kainhofer / Hölbling
Football-Austria.com Spielbewertung
Spielniveau:
Ambiente:
Unterhaltungswert:
Football-Austria.com MVPs:
Djoe Sebastiao Oliveira Mendes (Vikings)
Manuel Houtz (Gladiators)
Weitere Spiele vom Sonntag:
Cineplexx Blue Devils vs. Zürich Renegades
Endstand: 14:8 (verkürzte Spielzeit)

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