Sieben Jahre später wiederholte sich die Geschichte. Es ging heute zwar nicht um die Austrian Bowl, das Spiel hatte trotzdem Finalcharakter. Die letzte Chance der Giants in der heuer ohne Playoffs gespielten AFL in das Finale zu kommen. Ein Sieg gegen die Vikings mußte her, egal wie. Eines vorab: Allen Gerüchten und Unterstellungen, die Vikings könnten sich den Gegner selbst aussuchen, sind klare Absagen zu erteilen. Die Vikings Starter spielten durch und kämpften bis zur letzten Sekunden um den Sieg. Lange schien dieser Kampf verloren.

Clinton Graham erzielte die ersten First Downs für die Wikinger, die sich Zug um Zug Richtung Giants Endzone vorarbeiten konnten. Ein Paß von Toby Henry auf Luke Atwood – Touchdown. Bereits mit dem ersten Drive brachten sich die Gäste aufs Scoreboard – 0:7 (PAT good). Ein Kickoff Return Touchdown der Grazer zählte nicht (illegal forward pass), doch auch sie konnten ihren ersten Drive erfolgreich abschließen. Ein First Down durch Armando Ponce de Leon in die Vikings Red Zone, nutzte RB Darvin Lewis sofort aus. Eine nicht zum Ausgleich reichende Antwort auf die frühe Führung der Gäste, denn der PAT ging daneben – 6:7. Trotzt toller Aktionen von Toby Henry, darunter ein langer Lauf zu einem First Down & weit mehr, hielt die Giants Defense den Angriffen der Wiener nun stand. 3 & out. Aber auch die Vikings D war nun auf den Posten und so kam es zu keinen weiteren Scores im ersten Quarter.

Darvin Lewis & Jeremy Bohannon brachten im zweiten Viertel die Hausherren in gute Position. Wieder war es Lewis mit einem unwiderstehlichen Lauf durch die Mitte zum TD, doch auch der zweite PAT klappte nicht – ’nur‘12:7. Zum ersten Mal in diesem Jahr gerieten die Vikings in der AFL in Rückstand! Die Vikings spielten einen vierten Versuch erfolgreich aus, auch sonst mußte man sich bei den Violetten mehr aufs Glück verlassen. Ein geblockter Pass von Henry kam über Freund und Feind hinweg retour und landete am Ende in den Armen von Valentin Gruber. Strafen gegen die Giants begünstigten das Vorankommen der Wikinger, (Personal Foul Christoph Schreiner), Clinton Graham nutzte die Gunst der Stunde zur erneuten Führung für die Wikinger – 12:14 (PAT good). Das selbe Kunsstück brachte vor der Pause noch Armando Ponce de Leon zu Stande, der durch ein völlig unnötiges Foul (Late Hit OB) die Gäste in hervorragende Feldposition brachte. Kein anderes Team kann Fehler des Gegners besser in Punkte umwandeln als die Vikings. Joe Widner war diesmal der Vollstrecker, der quasi zum Halbzeitpfiff einen kurzen Pass von Henry in der Endzone fing. 12:21 zur Pause, zumindest einen TD konnte sich die Giants Defense selbst zuschreiben.

Einige dachten sich, während drei Cheerleader Squads der Giants ihr Showprogramm abzogen, daß die Sache schon gelaufen sei. Dem war ganz und gar nicht so. In der zweiten Halbzeit sah man eine mit vollem Elan und Willen spielende Giants Mannschaft, die den Sieg unbedingt wollte. Die Giants spielten zwei vierte Versuche aus, ein sehenswerter Punt Fake war von Erfolg gekrönt, ein Lauf von QB Sheldon Cross wurde aber gestoppt. Postwendend schlug Jeremy Bohannon zu. Ein schwacher Pass von Toby Henry wurde von Bohannon intercepted, der trug das Ei einige Yards noch zurück. Und immer wieder Lewis. Er ging nicht nur zu First Downs, sondern schaffte dann auch den Anschluß TD – 19:21 (PAT good). Die Vikings leicht irritiert, konnten vorerst mit ihrer Offensive nicht kontern. Die Giants waren weiter im Vormarsch. Ein sensationeller Catch zum First Down von Armando Ponce de Leon leitet gegen Ende des dritten Viertels die erneute Grazer Führung ein. FB Michael Rothender erlief noch ein First Down, bevor Armando Ponce de Leon einen Paß von Sheldon Cross zur Führung von 25:21 fing. Darvin Lewis legte mit einer 2 Point Conversion noch 2 Pünktchen drauf – 27:21. So blieb es dann auch 10 Minuten lang. Die Giants waren dem Führungsausbau weit näher, als die Vikings weiteren Punkten. Zwar funktionierte das Vikings Paßspiel (meist auf Luke Atwood) vorzüglich, aber ein QB Sack inkl. Fumble brachte die Giants wieder in Ballbesitz. Die Giants konnten daraus aber keinen Nutzen ziehen – Punt bei 3 & out. Doch die Wikinger im Rückstand wirkten fahrig und fehleranfällig. Wieder ein Fumble von Henry, den er knapp noch selbst recovern konnte. So brachten die Giants die Vikings an die eigene 4 Yard Line bei 3rd & 20. Ein Hail Henry (ein langer Paß gedacht als Befreiungsschlag) = ein Fressen für Jeremy Bohannon. Die nächsten Interception – die Giants in guter Feldposition. First Downs durch Armando Ponce de Leon und Darvin Lewis brachte sie zur 2 Minute Warning sogar in die Vikings Red Zone.

Die spielentscheidenden Momente

Die Giants jetzt mit Zeitmanagement. Es wurde gelaufen bis zum vierten Versuch. Noch 20 Sekunden auf der Uhr und in schönster Fieldgoalposition. Das Fieldgoal, welches das Spiel (im Falle es hätte gepaßt) natürlich entschieden hätte, wurde nicht versucht – mangels Vertrauen in den Kicker, der zwei PATs vergeben hatte, wie man danach hörte. Wie man Christoph Kipperer auf einmal nicht mehr trauen kann blieb nicht nur den Fans auf der Tribüne, sondern auch den Vikings ein Rätsel. Kein Fieldgoalversuch? – auch okay! Der vierte Versuch wurde ausgespielt und weitere Sekunden von der Uhr genommen. Einen Turnover gab es natürlich trotzdem. So hatten die Vikings noch ein paar Sekunden um ihr Backfield zu leeren, alle Receiver in Position zu bringen und das Unmögliche zu versuchen. Ein First Down zur Mitte – die Uhr zeigte noch genau 3 Sekunden. Nationalteamtrainer Bernhard Binstorfer an der Sideline murmelte etwas von ‚das Spiel ist gelaufen‘ als Toby Henry in Bedrängnis zuerst nach rechts, dann nach links lief, die Uhr zeigte 00:00, Henry schwirrte immer noch hinter der LOS herum bis es zu eng wurde und er den Ball hoch und weit nach vorne warf. Luftanhalten. Ein halbes Spielfeld weiter vorne standen Vikings WR Pasha Asiladab und Giants DB Christoph Schreiner. Schreiner fuhr daneben, Asiladab mit dem Catch – Touchdown Vikings. Stille auf der rechten Seite des Stadions bei den Giants Fans, Jubel auf der linken bei den Vikings Anhängern. Catch of the year! 27:27 – noch war es nicht aus. Peter Krambeger trat zum Extrapunktversuch an – gut – 27:28. Schreiner zertrümmert seinen Helm, die Vikings Spieler liefen auf weinende Giants Kollegen zu und versuchten sie zu trösten. Sinnlos – das darf ja alles nicht wahr sein!

Fazit

Eindeutig das Match des Jahres. Die Vikings als glücklicher Sieger, denn die Giants waren dem Erfolg in der zweiten Hälfte weit näher. Mehrere spielentscheidende Fehler passierten auf Seiten der Grazer. Unnötige Fouls führten am Ende zu 2 Touchdowns in der ersten Hälfte, 2 vergebene PATs und ein nicht versuchtes Fieldgoal. Maas macht mobil, steht zwar auf einem Transparent im Stadion, der Headcoach der Giants, Phil Maas, trägt aber mit diesem Playcalling und dem Mißtrauen gegenüber seinem Kicker eindeutig Mitschuld an der Niederlage.

Der Blick muß aber sofort wieder nach vorne gerichtet werden. Das Endspiel der Giants im EFAF Cup ist am kommenden Wochenende. In der Form sollte man den Norwegern (Eidsvoll 1814’s) am 8. Juli ordentlich einheizen können.

Damit stehen die Raiders als Finalgegner der Vikings in der Austrian Bowl fest, die natürlich vom Glück der Wikinger an dem Tag profitieren. Auch Tirol darf also jubeln. Bezeichnend für das Match waren auch die Reaktionen der Vikings danach, die es nicht fassen konnten, dieses Spiel noch gewonnen zu haben. Einhellige Meinung aller Teilnehmer: Die Giants hätten es sich verdient gehabt, nur, so sagte es Vikings WR Joe Widner Minuten nach dem Match, ‚Wir sind gekommen um zu gewinnen. Mir tut es leid für die Giants, wenn man so verliert tut das weh, aber ich bin froh für uns. Wir wollen jedes Match gewinnen.‘

Hoffentlich weniger symptomatisch das Gespräch zwischen zwei Fans nach dem Abpfiff. ‚Was ist dein Tipp für den 14. Juli?‘ Nach einer kurzen Nachdenkpause die Antwort. ‚Rolling Stones, Ernst Happel Stadion.‘ Das wollen wir doch nicht hoffen! Die Stones spielen mit 80 noch – Asiladab & Co. fangen sicher keine 20 Jahre mehr Pässe in letzter Sekunde.

AFL
Turek Graz Giants vs. Dodge Vikings 27:28
(6:7/6:14/7:0/8:7)
02. Juli 06, Kickoff 15:00
Stadion Eggenberg, Graz
Referees: Savicevic / Lair / Windsteig / Praher / König T. / Ulicny / Hofbauer
»Spielstatistiken«

Spielbewertung:
Spielniveau:
Ambiente:
Unterhaltungswert:
Burger Test:
MVP
:
Darvin Lewis
(Giants, 3 TDs, 1 2PC)

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