Football-Austria.com sprach mit Nationalteamtrainer Bernhard Binstorfer über die Zukunft des Teams Austria. Am Horizont zeichnet sich eine leichte Veränderung des bisherigen Spielsystems ab. Fix ist bereits der neue Trainerstab. Die prominenteste Personalrochade betrifft hier wohl Tino von Eckardt. Der Danube Dragons Headcoach wurde als Offensive Coordinator von Chrysler Vikings QB Shawn Olson abgelöst.

F.A.: Nach dem Erfolg bei der Junioren EM 2004 in Moskau fallen dieses Jahr bereits viele Spieler der Altersgrenze zum Opfer. Wie rekrutieren Sie neue Spieler für das Juniorenteam?

JNT-Trainer Bernhard Binstorfer: Wir haben im Herbst bei vielen Jugend- und Junioren Matches gescoutet und nun an die 140 Spieler zu einem Tryout eingeladen. Dieses wird 12. und 13. März in der Südstadt stattfinden. Am Samstag startet das Offense Tryout, der Sonntag gehört der Defense. Manche Spieler werden wir uns allerdings auf beiden Seiten der Line anschauen. Wir haben bewußt auch Jugendspieler eingeladen, da wir einem 15-Jährigen, der gleich gut ist wie ein Juniorenspieler den Vorzug geben, da er natürlich für zwei Europameisterschaften in Frage kommt. Das finden zwar manche Juniorenspieler ungerecht, meine Aufgabe ist es aber für den sportlichen Erfolg zu sorgen.

F.A.: Von welchen Vereinen kommen die Spieler?

Erfreulicherweise von insgesamt 13 Teams! ASKÖ Rangers: 8 Papa Joe’s Tyrolean Raiders: 19 Baden Bruins: 12 Leonding Sharks: 3 Carinthian Falcons: 2 Carinthian Cowboys: 3 Salzburg Bulls: 3 Güssing Gladiators: 1 Öko-Box Graz Giants: 14 Chrysler Vikings: 34 Cineplexx Blue Devils: 3 Danube Dragons: 25 ASKÖ Steelers: 10 Es gibt weiters noch 9 Spieler, aufgeteilt auf die verschiedensten Vereine, die nicht mehr in die Tryouts müssen, da sie schon bei der letzten EM dabei waren. Sie sind 2006 in Skandinavien automatisch mit dabei, außer sie fallen in den Camps mit ihrer Leistung negativ auf und werden von nachrückenden Spielern überholt.

F.A.: Wie schaut die Vorbereitung konkret aus?

Das ist für uns eine Pre-Season. Mit dem Zusammenbau einer Mannschaft beginnen wir im ersten Camp anhand einer Sichtung mit einem erweiterten Kader aus ca. 60 Spielern. Zur EM fahren wir seit Moskau mit 45. Es bleiben über diese 45 hinaus noch einige Spieler im erweiterten Kader, sollten sich Stammspieler verletzen. Im Jahr 2005 werden wir unser System auf Grund der Spieler die wir zur Verfügung haben modifizieren. Ich möchte hier etwas progressiver als vielleicht andere Trainer agieren. Es geht in eine andere Richtung – auch für mich als Headcoach. 1999 war ich noch Headcoach und Offense Coordinator. Das mache ich heute nicht mehr. Es gibt einen Defense – und einen Offense Coordinator. Gemeinsam bauen wir unser System um unsere Leute herum. Das heißt: Wir hatten seinerzeit Philipp Jobstmann (QB) als multifunktionellen Spieler, der im Lauf sehr gut den Ball verteidigen konnte und auch für das kurze Passspiel hervorragend einzusetzen war. In Moskau hat sich herauskristallisiert, dass wir über die beste Offense aller Teams verfügen, mit zwei, drei ausgezeichneten Running Backs. Dahingehend war die Offense Strategie so ausgelegt, dass wir mit dem Laufspiel den Ball fast immer 4-5 Yards vorwärts bewegen konnten. Klar unsere Stärke. Nächstes Jahr werden wir sehr wahrscheinlich mit dem Vikings Nachwuchs QB Bernd Dittrich starten. Dittrich hat einen starken Wurfarm. Seine Passes gehen 10-15 Yards weiter, als die von gleichaltrigen Spielern. Das eröffnet uns neue Perspektiven. Ganz nebenbei ist er auch noch ein guter Läufer. Er ist für uns also als multiple Waffe einsetzbar. Wenn wir noch Receiver hinzubekommen, die den Ball so gut fangen wie z.B. ein Christian Steffani, wird unser System sich danach ausrichten, den Ball mehr und vor allem weiter zu werfen, als wir das bisher getan haben. Dieses Spielsystem in der Mannschaft zu etablieren ist unsere Aufgabe für 2005. Immer vorausgesetzt wir haben das Personal dafür. Dann geht die Tendenz stark in eine Run & Shoot Offense. Wir hatten auch mit Philipp Jobstmann einen hervorragenden Passing QB. Er wurde ja MVP des Turniers in Moskau. So weit entfernen wir uns also gar nicht vom ursprünglichen System. Es sind kleine, aber feine Änderungen. Mit Dittrich können wir die Raumtiefe ein wenig mehr nutzen und das werden wir tun – wenn es für uns Sinn macht.

F.A.: Hört sich nach Philosophie an…

Natürlich. In der Regel ist es ja so: Der Trainer hat ein Playbook, das bekommen die Spieler und die haben das durchzusetzen. Punkt. Das machen wir eben nicht so! Ich schaue: welche Spieler habe ich und wo liegen ihre Stärken? Das Gerüst eines Playbooks existiert dann natürlich schon, aber ich versuche die Spielzüge rund um die Stärken der einzelnen Spieler aufzubauen.

F.A.: Gibt es bereits Termine bezüglich Vorbereitungsmatches?
Spieltermine stehen noch keine fest. Wir haben jetzt mal zwei zweitägige Camps. Eines im Mai und ein zweites im Juni. Im Herbst wird es dann ein dreitägiges Camp geben, in dessen Rahmen wir wahrscheinlich ein Freundschaftsmatch gegen Deutschland spielen werden. Das ist mal der Plan für 2005. Wir werden die Spieler nicht mehr als 9,10 Tage im Camp haben und legen den Schwerpunkt des Trainings dann vor die EM 2006, wo dann das Team öfter zusammenfinden wird.

F.A.: Es gibt neue Persönlichkeiten im Trainerstab.
Ja, es gibt deutliche Veränderungen im Coaching Stuff. Mario Rinner von den Tyrolean Raiders wird als Assistant Coach die Linebacker trainieren. Mario Klima wechselt in die D-Line. Thomas Herz und Daniel Dieplinger haben beide aus familiären Gründen ihre Funktionen zurückgelegt. Den Spot von Dieplinger als QB Coach wird Philipp Jobstmann füllen, welcher ja dieses Jahr schon zu alt ist um selbst zu spielen. Mit Shawn Olson, dem Quarterback der Chrysler Vikings, haben wir einen neuen Offense Coordinator. Ein langjähriger Bekannter von mir, der schon immer ein Wunschkandidat für diese Position war. Ich glaube hier ist uns ein genialer Schachzug gelungen, da Olson, Jobstmann und Dittrich ja auch bei den Vikings gemeinsam trainieren und da erhoffe ich mir ein bereits zusammengespieltes Team im Team.

F.A.: Und Tino von Eckardt?
Tino macht im Nationalteam leider gar nichts mehr. Ich habe ihm angeboten bei uns, so wie es früher mal war, als Backfield Coach in Erscheinung zu treten. Das hat er aber abgelehnt. Seine Position hat jetzt wie gesagt Shawn Olson eingenommen.

F.A.: Wie stehen ihrer Meinung nach die jungen Spieler zum Junioren Nationalteam?
Hier hat sich in den letzten Jahren irrsinnig viel getan. Nicht nur, aber auch durch die Erfolge der Mannschaft hat sich der sportliche Stellenwert des Nationalteams extrem erhöht. Jeder Junior will da rein. Vor 6 Jahren noch hatten wir Glück, da die Spieler die sich freiwillig gemeldet haben einfach gute Athleten waren. Heute schöpfen wir aus einem Pool von 12 Mannschaften mit mehr als 100 potentiellen Spielern. Die Disziplin der einzelnen Spieler hat sich enorm verbessert. Die meisten legen extra Trainingseinheiten ein um im Tryout zu bestehen. Es ist eine Auszeichnung und Ehre geworden zum Tryout eingeladen zu werden. Hier sehen wir einer erfolgreichen Zukunft entgegen. Die Nachwuchsarbeit vieler Mannschaften trägt Früchte.

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