Alle Mannschaften haben fünf bis sechs Meisterschaftsspiele absolviert und liefern somit eine ausreichende statistische Datenbasis um daraus die eine oder andere Analyse ableiten zu können. Martin Kastner ist für Football-Austria.com in das Datenmeer der AFL-Statistiken gesprungen und hat dabei einige sehr interessante Schätze bergen können.
Nicht nur der geneigte Fantasy-Footballer weiß über die Janusköpfigkeit von Spielstatistiken ein Lied zu singen: Einerseits sind diese Daten unumgänglich um Spieler und Mannschaften in gewissen Situationen ein wenig transparenter und vor allem vergleichbarer zu machen. Andererseits sagt bekanntlich eine Statistik nichts über den Einzelfall aus und schon gar nicht können ganze Situationen in ihrer komplexen Gesamtheit nur rein statistisch dargestellt werden.

Beachte also erstens: Statistik alleine ist nicht alles, und zweitens: Statistik kann trotzdem sehr interessant sein!

Auch Hanno Settele, ORF-Korrespondent, American-Football-Experte und herausragender Fantasy-Football-Spieler schmiß oft nach stundenlanger Statistik-Analyse die Aufstellung seiner letztjährigen Teams namens ‚Huach‚ und ‚Zwamol aufghupft‚ mit den Worten über den Haufen: ‚Aber irgendwie hab ich im Urin, dass genau DER heute explodieren wird‚. Immerhin war Hanno Settele mit dieser Hirn-Bauch-Strategie wochenlang auf der Sportingnews-Fantasy-Platform in den Top Ten – unter mehr als 21.000 Mannschaften wohlgemerkt!

Aber da uns des Korrespondenten Urin an dieser Stelle leider nicht zur Verfügung steht, liefern wir uns ganz und gar den Statistiken des AFBÖ aus, welche von den Teams der obersten Spielklasse verpflichtend geführt werden müssen und auf der Homepage des AFBÖs veröffentlicht werden. Dieser Verpflichtung kommen die Mannschaften leider nur mit sehr unterschiedlicher Qualität nach, aber das ist eine andere Geschichte. Unsere Geschichte sieht hingegen so aus:

1) Scoring
Die Raiders, Blue Devils und die Black Lions haben zusammen bis jetzt genau so viele Touchdowns erzielt wie die Vikings, nämlich 25.

Das sind für die Wiener immerhin 5 Touchdowns pro Spiel. Rudy Wyland, Head Coach des Team USA hat nach der Charity Bowl VIII die Vikings als ‚Scoring-Machine‚ bezeichnet. Laut dieser Auswertung könnte das auch stimmen, wobei natürlich beachtet werden muss, dass die Vikings alleine zehn Touchdowns, also 40 % ihrer Gesamtausbeute in einem Spiel gegen die Kärntner erzielt haben. Nimmt man diesen Ausreißer raus, dann bleiben noch 15 TDs für vier Spiele übrig, im Schnitt also 3,75 TDs pro Spiel, was dann doch wieder irgendwie ’normal‘ klingt. Fast zumindest. Die Giants kommen im Vergleich auf 2,67 TDs pro Spiel, die Raiders auf 2,50 die Blue Devils auf 1,60 und die Black Lions auf 0,33.

In der Saison 2005 schafften die Vikings allerdings noch einen Schnitt von unglaublichen 6,50 Touchdowns pro Liga-Spiel. Schlusslicht waren letztes Jahr die Danube Dragons mit einem Schnitt von zwei TDs pro Spiel.

Zum Vergleich: Der aktuelle NFL-Champ, die Pittsburgh Steelers hatten in der vergangenen Regular Season einen TD-Schnitt von 2,81 TDs / Spiel. Die Scoring-Machine der NFL waren wenig überraschen die Seattle Seahawks mit 3,56 TDs pro Begegnung im Grunddurchgang.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass es sich bei der laufenden Meisterschaft eher um eine Low-Scoring-Season handelt: Eine AFL-Mannschaft des Jahres 2006 erzielte bis jetzt durchschnittlich 18,22 Punkte (also inkl. Fieldgoals und Safetys) pro Spiel. Im Grunddurchgang der Meisterschaft 2005 betrug dieser Wert noch 29,63!

2) Extrapunkte nach Touchdowns (PAT und 2PC):
Bei 25 TDs brachten es die Vikings bislang auf 21 gelungene Extrascores (PAT und 2PC), was einer Quote von 84% entspricht. Im Jahr 2005 betrug dieser Wert noch 92,31%, wobei Peter Kramberger damals 94,74% seiner Extrakicks verwerten konnte. Bis jetzt konnten etwa die Giants 93,75% ihrer Extrascores verwerten, die Raiders 93,33% und die Hohenemser 75 %. Das Schlusslicht bilden auch hier die Kärntner mit 50%, konkret bei einer verwerteten 2PC bei insgesamt 2 Touchdowns.

3) Quarterbacks
Ein sehr spannendes Thema ist immer wieder die Effektivität der Quarterbacks. Gerade heuer waren die Gunslinger der Nation immer wieder für die verschiedensten Diskussionen gut: Toby Henry als eher überraschende Verpflichtung der Vikings. Sheldon Cross mit einigen Anpassungsschwierigkeiten in Graz. Das QB-Roulette in Innsbruck und natürlich der Wechsel in Klagenfurt. Konkret schaut es rund um die Quarterbacks in Österreich so aus: So gut wie alle Werte der Quarterbacks haben sich heuer im Vergleich zum letzten Jahr verschlechtert: Momentan führt in der AFL Toby Henry mit einem Effizienz-Rating von 135,7 dieses Ranking vor dem Hohenemser Gary Brashears mit 112,6. Sheldon Cross hält bei 109,2. (Es wurden hier nur die ‚Long-Time-Starting-QBs‘ bewertet, weil Kurzeinsätze und Backups statistisch gesehen eher Ausreißer sind). In der AFL wird das gleiche Statistikprogramm verwendet, wie es auch an den amerikanischen Colleges eingesetzt wird, und dabei unterscheidet sich bei den Quarterbacks die Rating Methode doch sehr von jener der NFL.

In der NFL gibt es den Maximalwert von 158,3 – in der NCAA gibt es keine Obergrenze und QBs können theoretisch auch Werte von 300 und mehr erreichen. Für die bessere Vergleichbarkeit haben wir die AFL-Quarterbacks vom NCAA-Ratingsystem auf das bekanntere NFL-Rating-System umgerechnet wobei sich dann folgendes Bild ergibt:

Toby Henry: 82,5
Gary Brashears: 74,7
Sheldon Cross: 58,6

Aber wie standen die AFL-QBs im letzen Jahr da? Der Vergleich zu 2005 ist durchaus interessant: Die Top-Vier im letzten Jahr waren:

Luke Atwood (Vikings): 158,3 (Ersatz für den zeitweise verletzten Olson)
Shawn Olson (Vikings) 118,7
Nick Eyde (Raiders) 114,2
Leslie Courtemanche (Giants): 98,1

Beängstigend sind insgesamt die Completion-Rates: Hier führt Toby Henry mit auch nicht gerade berühmten 56,5%, Brashears und Cross halten bei nur 48,5% bzw. nur 37,8%.
Wieder ein kleiner Vergleich zum letzten Jahr:
Shawn Olson: 72,4%, Luke Atwood: 80%, Nick Eyde: 58,1% und Leslie Courtemanche: 56%.

Die schlechtere Performance der Spielmacher ist natürlich von sehr vielen Faktoren abhängen, die bei den Wetter- und Platzverhältnissen beginnen und bei den O-Line und den Receivern enden. Dazwischen stehen Komponenten wie die grundsätzliche Spielanlage und die Stärke der gegnerischen Defense. Interessant ist die Sache aber irgendwie schon!

4) Total Offense/Game
Auch hier führen wenig überraschend die Vikings mit einer durchschnittlichen Offenseleistung von 338 Yards pro Spiel, wobei dieser Wert im letzten Jahr noch 396,8 Yards betragen hat.

Die Wiener liegen hier als einzige Mannschaft über 300 Yards, alle anderen Teams sind hier eher bescheiden unterwegs: Blue Devils 235,4; Giants 222,7; Raiders 218,2 und Black Lions 128,2. Interessant ist, dass in dieser Kategorie die Blue Devils an zweiter Stelle, noch vor den Giants und den Raiders liegen. In der Saison 2005 lagen neben den Vikings übrigens auch die Raiders, Giants und Blue Devils über 300 Yards pro Spiel!

Wenig überraschend ist, dass alle Teams mehr first downs durch Laufspiel als durch Passspiel erzielen. Bemerkenswert ist jedoch dabei, dass dies mittlerweile auch auf die Vikings zutrifft. Überwog noch vor 2 Jahren noch das Passspiel bei den Wienern, war letztes Jahr der Angriff am Boden und in der Luft bereits ausgeglichen – je 59 first downs durch Lauf und auch durch Pass. Heuer halten die Violetten nach 5 Spielen im AFL-Grunddurchgang bei 49 neuen Angriffsserien durch Lauf und 33 durch Pass.

5) Defense
Entsprechend der Offense-Statistiken haben sich analog natürlich die Defense-Statistiken entwickelt. Die AFL-Teams lassen heuer signifikant weniger Punkte und Yards zu als letztes Jahr. Die absolute Top-Leistung bringt heuer die Vikings Verteidigung, die pro Spiel im Schnitt nur 126,8 Yards zulässt. Letztes Jahr waren es noch 288,2 Yards und damit brachte man es hinter den Carinthian Falcons (sic!) (268) und den Hohenems Blue Devils (283,3) bei den zugelassenen Yards nur auf Platz 3!

Aber auch die Defenses der Grazer und Innsbrucker machen heuer mit 194,8 bzw. 214,7 Gegen-Yards pro Spiel eine recht ordentliche Figur! Das Schlusslicht sind auch hier die Kärntner mit einem Wert von 320,8. Letztes Jahr waren die Danube Dragons die Prügelknaben der Football-Nation und mussten im Schnitt 348,7 Yards pro Spiel hinnehmen. Die Defense-Units der Vikings, Giants und Raiders dürfen durchaus als zentrale Schlüsselfaktoren der jeweiligen Erfolge genannt werden.

6) Kick-Returns
Ein interessanter Punkt sind die Special-Teams bei den Kick-Returns: Waren wir letztes Jahr mehrfach Zeuge von imposanten und von Erfolg gekrönten Kick-Returns, so sieht es in dieser Sparte heuer sehr viel bescheidener aus: Bislang konnte kein einziger Kick-Return zu einem Score verwertet werden. Letztes Jahr sahen wir im Grunddurchgang immerhin 8 TDs durch die Kick-Returner der Vikings (5), Blue Devils (1), Dragons (1) und Falcons (1). Erreichten die Wiener letztes Jahr noch einen herausragenden Durchschnitt von über 30 Yards pro Kick-Return, sind es heuer nur vergleichsweise magere 12,5 Yards. In Front liegen hier die Giants (20,5) vor den Raiders (15,5), wobei sich diese Werte der beiden Mannschaften im Vergleich zum letzten Jahr kaum verändert haben. Ausreißer sind hier wie erwähnt die Wiener mit einem eklatanten Einbruch bei diesen Spielzügen gegenüber dem letzten Jahr.

7) Penaltys
Angestiegen ist tendenziell auch der Raumverlust durch Strafen. Den niedrigsten und besten Wert halten hier die Vikings mit durchschnittlich 65 Yards Raumverlust pro Spiel durch Strafen. Es folgen die Giants mit 69,7 vor den Blue Devils (73,8) und den Black Lions (77,8). Das Schlusslicht kommt hier aus Tirol mit durchschnittlich 85,8 Yards Raumverlust für die Raiders durch Penaltys.

Voriges Jahr lagen mit den Dragons, den Raiders, den Giants und den Vikings ganze vier AFL-Teams unter 60 yards Strafe pro Spiel. Den Fairnesspreis erspielten sich damals die Klosterneuburger mit erstaunlich wenigen 24 Yards Raumverlust pro Partie durch Penaltys.

8) Off-Topic-Stats
Wir beenden diese Statistik-Stunde mit folgendem Beispiel:
Laut Verkehrsunfallstatistik 2005 des KfV werden 6,7 % aller Verkehrsunfälle von alkoholisierten Verkehrsteilnehmern verursacht. Folglich werden 93,3 % aller Verkehrsunfälle von nüchternen Verkehrsteilnehmern begangen. Davon abgeleitet könnte also behauptet werden, dass betrunkene Verkehrsteilnehmer die sichereren Verkehrsteilnehmer sind, weil sie signifikant weniger Unfälle verursachen als nüchterne.

Auch so können Statistiken interpretiert werden, aber das ist eine andere (Rausch)Geschichte. (maka)

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