Ein einziger Punkt trennt gerade die Wiener von den Tirolern. Grund genug für uns auch den Redaktionsinternen Differenzen (3-3) zu widmen. Herr Markovic sieht den Moment der Raiders gekommen, Herr Reiterer die Vikings als kommenden alleinigen Rekordmeister.
Marko Markovic: Momentum
Man kann sagen, die Raiders brauchten etwas Zeit, um in die Saison zu kommen. Die Umstellung auf die 4-3, neues Coaching, neues Kernpersonal in der Offense, all das erleichtert einen flüssigen Saisonaufbau nicht. In Woche 4 der AFL bekam man das schmerzlich zu spüren, als die Vikings 28:24 auf der Hohen Warte gewannen – Eigenfehler und Unsicherheiten spielten eine große Rolle. Dann kam die Bye Week. Kyle Callahan brachte in den sechs Spielen seither 62,5 Prozent seiner Pässe für 891 Yards fünf TDs und vier Interceptions an, und erlief über sechs Yards per carry und vier Touchdowns oben drauf. Florian Grein kommt auf 5,8 YPC und acht TDs in diesen sechs Partien, unter denen zwei mal der österreichische Meister Danube Dragons und einmal die besagten Vikings (beide sind in den Top 3 der AFL-Defenses) zu finden sind. Die Offense scheint sich erfangen zu haben, und das ist noch ohne einen Joker wie Talib Wise, den AFL-Leader in Receptions/Game und All Purpose Yards, in Betracht zu ziehen.
Aber das wirklich erstaunliche über diesen Verlauf seit der bye week ist folgendes: Seit dem 17. April, der Niederlage auf der Hohen Warte, haben die Raiders in sechs Spielen insgesamt (!) 28 Punkte – so viele wie auf der Hohen Warte – erlaubt, und die waren alle in der EFL. Weniger als ein Touchdown pro Spiel. Das reicht für den Titel "Beste Total Defense der AFL 2011" und ist auch im Hinblick auf das Vikings-Spiel am Tivoli der ausschlaggebende Punkt: Die Defense gewann jenes Spiel, in dem man Christoph Gross bei 54 Prozent Completion und fünf YPA hielt. Den einzigen Vikings-TD damals erzielte ein gewisser Tony Hunt, der sich nicht mehr im Land befindet. (Auch auf der Hohen Warte kam Gross nicht über 53 Prozent und blieb ebenso ohne TD.) Bis auf Interception-Maschine John Clements hat diese Raiders Defense zwar keinen herausragend produktiven Star, aber sie ist seit der Bye-Week als Unit zusammengewachsen, die 178 Yards pro Spiel hergibt. Die Vikings werden zaubern müssen, um mit so wenig Offense einen Sieg davontragen zu können. Und die Motivation, die vielen 4-3-Zweifler am Anfang der Saison (nicht nur einer davon findet sich auch bei Football Austria) zu widerlegen, sollte man als i-Tüpfelchen auch nicht vergessen.
Kurz: Wenn "Defense wins championships" gilt, was gilt dann für eine Defense with momentum und something to prove?
Walter Reiterer: Ausgeruht vs. short rest
Die Raiders haben ihre dritte Euro Bowl. Sie haben ihren Zuschauerrekord und ihre Revanche gegen Berlin. GM Dieplinger bekräftigte zwar, sein Team sei immer noch hungrig, trotzdem haben sie den ersten Hauptgang des Menüs schon in sich, es folgt im zweiten wieder ganz schwere Kost. Die letzten Wochen waren für die Tiroler im höchsten Maße anstrengend. Nicht nur die Spiele selbst, auch das Drumherum hat ihnen Kraft gekostet. Auch wenn Head Coach Fatah versucht hat seine Spieler weitgehend aus dem Rummel raus zu halten, ging das sicher nicht spurlos an ihnen vorbei. Termine ohne Ende, die Raiderettes abholen, Pressegesepräche, ein Hall Of Famer spricht zu ihnen, das halbvolle Tivoli jubelt ihnen zu, die Feier danach und dann will mal doch kurz los lassen, ob es am Plan steht oder nicht.
Während das alles passierte, schmiedeten die Vikings an ihrem Gameplan und leckten ihre Wunden. Sie haben im AFL-Halbfinale gegen die Giants gezeigt, dass Tony Hunt ihnen nicht wirklich fehlt. Cravalho kann das, wenn er es durchhält. Dazu wollen die Wiener den Raiders unbedingt zeigen, dass sie sportlich nicht das Maß der Dinge sind. Die Bilder aus dem Tivoli werden das Ihre dazu beigetragen haben, um die Wikinger noch mal zusätzlich richtig heiß zu machen. Sie wissen: Die Euro Bowl ist verloren, ein Berliner Kicker (schon wieder!) hat sie bei null Sekunden (!!) eliminiert. Die Zuschauerkrone gehört seit heuer klar den Raiders, die sich (in der auf der Hohen Warte verbotenen) Liveübertragung auf raidersTV als die neuen Könige von Europa feiern lassen. So etwas nagt am Horn des Wikinger. Man will am Donnerstag Tiroler Tränen sehen und das sollen keine Freudentränen sein.
Eurobowlsiegerbesieger hatten wir schon. 2004 und 2006 gewannen die Vikings die Euro Bowl und scheiterten in der Austrian Bowl an den Raiders, denen wiederum dieses Schicksal 2008 (gegen die Giants) blühte. 2009 schafften sie es als Euro Bowl Sieger nicht einmal ins Finale. Das Double holten bislang nur die Vikings. In den Jahren 2005 und 2007.
Die zwei Spiele 2011 gegeneinander haben die Vikings kumuliert 38:37 gewonnen (28:24, 10:13) und das ist, weil alles an dem Tag zusammenkommen wird, auch mein Tipp für die Austrian Bowl. Die Raiders werden kurz vor Ende der Partie das Fieldgoal zum Sieg vergeben. Ihr A-Klasse-Kicker aus Berlin wird dabei tatenlos zusehen müssen. So erschien es mir zumindest im Schlafe, was mich immerhin auf .845 brachte.

FA REDAKTIONS ORAKEL

NFL
Markovic
Reiterer
Galanos
Traxl
Wagner
Kreutzer
Austrian Bowl XXV
Picks so far

61-84
.726

71-84
.845

61-81
.753

66-84
.785

68-84
.809

55-84
.655

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