Die unterschiedlichen Philosophien der Vereine Raiffeisen Vikings und Swarco Raiders fand gestern eine Reibungsfläche, die deren konträre Sicht der Dinge deutlich veranschaulicht.

Die Vikings wollen nicht, dass die Raiders ihr kommendes Spiel gegeneinander Live im Web übertragen und begründen das mit (möglichen) Zuschauereinbußen. Und wenn schon so Hochqualitatives produziert wird, dann sollen die Fans dafür auch zahlen. Wie beim Fußball (Laola) oder der NFL (Yahoo).

Voll die Krise
Während man in Tirol (mit Frau an der Spitze) also versucht ist, vieles mit Sponsoring und Kooperationen zu subventionieren und damit für den Endverbraucher gratis zu halten, greift man in Wien offen in die Geldbörsen der Fans. Letzter Akt: Das Gameday-Heftchen wird man am Ostermontag zum Festtagspreis von zwei Euro erwerben können. Wegen der globalen Rezession und den Druckkosten. Das versteht sich natürlich auch als Solidaritätsbeitrag und wenn es funktioniert – wieso dann eigentlich nicht?

Es haben wohl beide Konzepte ihre Daseinsberechtigung, ihre Vor- und Nachteile.

Interessant für mich dabei ist auch, dass Football-Austria.com vor mehr als zwei Jahren vor genau diesem Problem (und das damals noch ganz ohne Wirtschaftskrise) stand. Ich hatte ja mal einen richtigen Beruf, bevor mich der Football verschluckte. So stand ich vor der Frage, wer denn meine Miete zahlt, während ich mich meinem zeitraubenden Hobby widme und mit ÖBB und Laudamotion durch Österreich und später halb Europa bewege?

Sponsoren waren weit und breit keine in Sicht, Zwangsgebühren durfte ich (leider) keine einheben, also fiel mir ein – und das bis heute völlig ungeniert – die Leser finanziell zur Ader zu lassen. Besagten Endverbraucher halt. Kein allzu neues Konzept, denn Zeitungen werden in der Regel nämlich auch verkauft, in den USA gab es auch ein höchst erfolgreiches Modell diesbezüglich im Web (scout.com).

Ein Aufreger aber schon, weil in Europa ist es völlig unüblich, im Internet Geld zu verlangen, für Berichte über Menschen, die nicht nackig sind. Wobei ich das damals schon nicht verstand – und heute noch viel sturer bin, was das betrifft, denn weil warum dürfen die Vikings zwei Euro für ihr ‚Schundheftl‘ verlangen und ich, der ‚arme‘ Einzelkämpfer, ich dürfte das vielleicht nicht? Na, aber Hallo!

Insofern das ‚No‘ der Vikings zur Gratisübertagung dem Businessmodell hier Vorschub leistet und daher mir persönlich natürlich sympathisch zu sein hat.

Wobei die Frage zu beantworten wäre, wie hoch der Einfluss von Raiders.Live tatsächlich auf die Zuschauerzahlen ist, ob hier der Schaden nicht geringer wäre, als der Nutzen (Werbung), den man daraus ziehen könnte. Umgesetzt: Wäre es vielleicht gescheit, hier ein paar Gratis Abos zu verteilen? Die Antwort kenne ich nicht.

Vikings-Vize Gregor Murth, der sich damit auch auseinander setzt, sagte dazu Nein, und dieses Nein hat neben einem wirtschaftlichen Charakter wohl auch noch einen pädagogischen Hintergrund. Die Wikinger wollen einfach nicht auf der Tiroler Gratiswelle mitschwimmen und das ist natürlich auch ihr gutes Recht.

Geht es nach Murth, dann sollten alle AFL Teams gute Webstreams ihrer Heimspiel anbieten und diese den Fans im Saison-Abo oder als "Pay per view" verkaufen. Das wäre dann quasi der AFL-Game-Pass. Nur, so weit sind wir noch lange nicht. Technisch ja, nur die Anzahl der Abonnenten wird den Aufwand nicht rechtfertigen können. Nicht in Wien.

Media Malaria
Dabei befindet sich ‚der AFBÖ‘, dem Murth ebenfalls vorsteht, auf mehreren Ebenen auch noch auf medialen Irrwegen. Nicht nur in der Selbstdarstellung. Wenn der Verband ernsthaft die Meinung nach außen hin vertritt, dass bei Spitzenspielen der Bundesliga im Schnitt 5000 Zuschauer kommen, dann muss man sich fragen, auf welchem Wege dieser Virus das Büro Klosterneuburg erreicht hat, der eine weitere Null zur tatsächlichen Zahl hinzu fieberte. Man kann es sich denken, aber es wäre weitaus seriöser gewesen, sich davon einfach nicht anstecken zu lassen.

Das nur das eine.
Die nur zum Teil übernommenen ‚points of emphasis‘ der NCAA in die WSO ein anderes, durchaus bemerkenswertes Vorkommnis. Da geht ein Team her (Ja, die eh schon wieder mal geprügelten Dragons) und pickt sich aus einem ganzen Katalog an College-Vorschriften, Regulativen und Anhaltspunkten genau jene Handvoll raus, die sie a) zufälligerweise selbst erfüllen können und b) ihnen aus irgendwelchen Gründen voll taugen. Die Generalversammlung segnete dieses nicht komplette Sammelsurium auch noch ab. Wenn auch angeblich unabsichtlich, denn die Vikings wollten eigentlich dagegen stimmen, hätten sich beim Hand heben aber vertan. Auch irgendwie bezeichnend.

Das Ellbogen-Recht
Fakt ist nun aber mal, dass z. B. jetzt jeder Bildberichterstatter (bis auf Freunde, Bekannte und dem ORF, der darüber nur lachen kann und eine Reduzierung für sich bewirkte) rund 4 Meter Abstand von der Sideline halten und aus Team Areas draußen bleiben muss.

Okay.

Fragt man allerdings nach einer ordinären Kabelrolle, stellt das mancherorts die Veranstalter vor ein riesiges Problem. Von einem Gameday Roster (der ist sogar in der WSO fest gehalten) reden wir mal gar nicht. Den gibt es manchmal (‚wir haben leider keinen Kopierer mehr‘) nur auf mehrfachen Bettelantrag.

AFL strenger als NFL
Das ist kabarettreif. Man bringt auf der einen (der eigenen) Seite die einfachsten Voraussetzungen nicht mit, stülpt sich auf der anderen aber diese schön professionellen NCAA-PoEs über, um große weite Football-Welt spielen zu können. Wie im Kindergarten beim Verkäufer-Spiel. Ich bin’s, der Wlaschek, im Juni werde ich dann vier. Wer jemals bei einem NFL- oder College Spiel als Medienvertreter dabei war, der weiß, dass es dort (bis auf das Hineinkommen selbst) bereits unkomplizierter als in der AFL mittlerweile zugeht, wo auch schon mal Ellbogen ausgepackt werden, um das ‚4-Meter-Recht‘ auszuüben. Es sind Laien, die auf Profis machen und daher ist das peinlich und unpassend. Nicht nur ich hätte gerne, dass sich das wieder aufhört.

Schicki-Micki-Football
Die Wirklichkeit schaut nämlich ganz anders aus. Es gibt keine Sammelklagen von schwer verletzten Spielern/Journalisten an Vereine. Nein. Die rennen einfach auch nicht zusammen. Das taten sie vorher schon nicht. Die großen Medien interessieren sich – Ausnahmen bestätigen die Regel – nach wie vor nur oberflächlich für den Sport. Ja. Wie sonst setzen die Vikings auf Sideline-Events als mediale cliffhanger? Wie sonst kann der Vize des Verbandes, medial völlig unbehelligt, die Roster seines Gegners ‚checken‘? Wir reden da nicht mal von Rücktrittsaufforderungen, aber ein spürbarer Tritt in den Allerwertesten, der wäre schon angebracht gewesen. Auch wenn PKW nicht vollends unrichtig lag mit seinen Verdächtigungen, sauber ist es ganz sicher nicht und wenn eine Woche danach Entscheidungen zurück genommen werden, ja dann noch weniger.

Warum also so cool?
Weil es ohne Relevanz ist. Weil ‚wir‘ nur mit Burger-Wettessen und gestohlenen Elefantenköpfen medial auftrumpfen können. Weil es ein ‚Event‘, mehr als ein Sport ist. In der Regel. Die Raiders scheinen hier einen Ausweg gefunden zu haben.

Wir sind nicht mal beim Basketball, deren ebenfalls einem Verein nahe stehende Präsident zuletzt schwer ins Trudeln kam, für etwas durchaus Harmloseres, als den direkten Gegner zurechtzustutzen.

Und genau auf dem Nährboden dieses Sumpfes erheben sich dann noch viel seltsamere Stimmen.

‚Mich wundert es auch, dass Football Austria, ohne den AFL Teams etwas zu zahlen, die Spiele mit einem Liveticker übertragen darf.‘

Ein Teil eines postings, auf das man eigentlich gar nicht näher eingehen müsste. Ich befürchte jedoch, der Mensch meint das tatsächlich ernst.

Er wurde wohl angesteckt von den 5.000 Infizierten, die im Schnitt auf der Hohen Warte, dem Tivoli, dem Rattenfänger-, Eggenberger- und Herrenried-Stadion sitzen. Anders kann es gar nicht sein. Alle Medien sind nämlich bekanntlich total scharf darauf, Live Ticker von AFL-Spielen zu machen, daher sollte man sie unbedingt schnell verkaufen. Großartige Erkenntnis! NOT.

Server Down bitte!
Prinzipiell hat nämlich jeder das Recht, seine Erlebnisse in Worte zu fassen und zu veröffentlichen. Auch Live. Willkommen im Jahr 2009! Daran kann sie, in Mitteleuropa zumindest, niemand hindern. In den USA versuchte die BCS heuer einem einzigen Medienunternehmen nicht nur das Live-Bildrecht, sondern auch das Recht auf jegliche Live-Berichterstattung einzuräumen. Erfolglos. Fotofragen wurden angehalten mit dem Schicken ihrer Fotos an Agenturen zwanzig Minuten zu warten. Sie hielten sich nicht daran. Live Ticker wollte man, konnte man aber nicht verhindern. Weder rechtlich, noch technisch. Sie müssten schon allen Besuchern ihre Mobiles abnehmen und facebook, flickr, Myspace, Google, Blogger & Co bitten ihre Server für die Zeit des Spiels doch gefälligst runter zu fahren.

Vielleicht ein Projekt zur Abstimmung für die nächste Generalversammlung?
Es finden sich doch sicher welche, die das unterstützen.

FA-Ticker am Ostermontag
Ich sage Ihnen noch etwas dazu. Ich habe die Vikings gefragt, wie sie zu einem Live Ticker auf Football-Austria.com stehen. Kein Problem. Sie wollen nur kein Bild. Wäre es eines, könnte es mir – siehe oben – auch egal sein. Ich würde aber anders reagieren als mit Ignoranz. Ich würde okay sagen. Ich muss das nämlich gar nicht tun. Wir ärgern uns heute noch darüber, dass wir nicht beim Spiel der Bulls gegen die Black Lions dabei waren. Wenn ein Verein nicht will, ja, dann will er halt nicht. Die Vikings schauen allerdings gar nicht unwillig aus.

So gesehen, kann Murth (der gegen viel von dem Wahnsinn sehr ruhig und gelassen auftritt) mit seinem ‚Pay per view-Dingsda‘ so falsch nicht liegen, will man Qualität und eine unabhängige Finanzierung. Vorausgesetzt – wie oben erwähnt – es rechnet sich.

Das Gratis-Prinzip mag sich in Tirol bewährt haben, es ist aber auf Restösterreich nur schwer anwendbar. Das sollten die Raiders einfach akzeptieren und das werden sie wohl auch tun, ohne es dabei für sich selbst in Frage stellen zu müssen.

Meint Ihr
Walter H. Reiterer

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