Die Vikings haben nämlich bei wunderbarem Sonnenschein und hitziger Heimatmosphäre gar nicht viel beitragen müssen zum Ergebnis: Wie erwartet – und wie vor vier Wochen schon beim 27:24 gegen die Giants durchpraktiziert – verließ man sich auf eine dominante Defense (LB Chris James sei mit sechs Tackles, einem Tackle for Loss, einem Forced Fumble und einem Sack hier besonders erwähnt) und das eigene Laufspiel (27 für 149 und zwei TDs mit einem 5.5 YPC), mit gut eingestreuten Pass-Big-Plays von Christoph Gross (10 von 20 für 129 und zwei TDs). Diesen Gameplan können sie blind, und solange der Gegner sich darauf nicht einstellt oder mit Takeaways kontert, ist es sehr schwer ihn zu knacken.
Die Giants waren dazu gestern nicht mal ansatzweise in der Lage. Schon die Erfahrung von vor vier Wochen hätte nahelegen müssen, dass das Spiel von Chris Gunns Wurfarm abhängen wird, der bis zu der Partie gestern als einziger AFL-Quarterback noch Interception-los war. Man ließ dennoch Michael Andrew fleißig (und zwar nur) durch die Mitte laufen (12 für 26 und ein TD; man beachte die 2.2 YPC!), was Gunn (18 von 34 für 252 und zwei INTs) zu mehr Risiko und mehr Fehlern zwang. Zusammen mit einer ungewohnt schwachen Defensivarbeit (besonders hervorzuheben ist hier das Tackling, wenn man es denn noch so nennen will), Special Teams-Problemen (ein muffed Puntreturn, ein Kickoffreturn-Fumble und dazu ging ein 24-yarder von Kipperer wide left) und insgesamt sechs Turnovers haben die Giants den Vikings das Spiel auf dem Silbertablett präsentiert.
Und das schon ab dem ersten Viertel. Die Vikings gingen schnell 7:0 in Führung mit einem Drive, der die Blaupause ihres Spiels darstellt: Josiah Cravalho (14 für 129 und ein TD) arbeitet sich unerbittlich vorwärts, bevor Gross Chauncey Calhoun (MVP des Tages mit insgesamt 170 all-purpose yards und 4 TDs) in der Endzone fand. Die Grazer fumbelten im Gegenzug in der gegnerischen Red Zone, stoppten den nächsten Drive, aber fumbelten den Puntreturn. Fünf Spielzüge später lief Calhoun zum 14:0 in die Endzone. Die Grazer Defense wirkte desorientiert und nervös, im weiteren Verlauf des Spiels konnte man hier wohl einzig das Lebenszeichen von George Cooper (4.5 Tackles, 2.5 TFL und zwei Sacks) als ‚Erfolg‘ deuten. Chris Gunn überwarf in der Phase zwei ziemlich sichere TDs, und ohne die Sicherheit in seinem Passspiel fehlt den Giants jede Antwortmöglichkeit gegen die Vikings Defense, die Andrew nie länger als 9 yards laufen ließ.

Im zweiten Viertel dann der wohl entscheidende Moment des Spiels: Gunn wirft in double coverage hinein, und seine erste Interception des Jahres wird – natürlich – von Chauncey Calhoun in einem herrlichen Lauf ganze 90 yards zurückgetragen: pick six, PAT good, 21:0, und das Spiel war gelaufen. Erst im dritten Viertel schafft es Gunn, der im Laufe des Spiels auch immer mehr selber laufen musste (11 für 53 und ein TD), die Giants mit einem Lauf auf das Scoreboard zu bringen. Direkt im Gegenzug aber machen die Vikings klar, dass an eine Aufholjagd hier nicht zu denken ist: 66 Sekunden, 3 Plays und 80 yards später, lief Cravalho in die Endzone zum 28:7. Der Kickoffreturn wurde von Wolfrum Hofbauer gefumbelt, Gross und Calhoun bedankten sich mit einem TD zum 35:7, im Gegenzug wirft Gunn seine zweite INT.

Im vierten Viertel wurde dann nur noch die Uhr runtergespielt, Andrew und Mario Nerad (3 für 24 und ein TD) durften zwar noch jeweils einen TD erlaufen, aber die Vikings ließen nichts mehr anbrennen und zogen mit dem Endstand von 38:22 absolut souverän und verdient ins Eurobowl-Finale ein. Dass dort mit den Berliner Adlern keine österreichische Mannschaft auf sie wartet mag zwar für die Swarco Raiders bitter sein, aber dem Bewerb und dem österreichischen Football tut es nur Gutes. Ob der Sieg gegen die Giants eine Prognose erlaubt für das Finale? Wohl kaum, der Giants-Umfaller gestern ist sicher die Ausnahme, nicht die Regel bei den europäischen Top-Teams.
Marko Markovic ist Redakteur bei Football-Austria.
Sie erreichen ihn unter marko@football-austria.com.


EFL Semifinal
1.QT
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4.QT
TOTAL
VIK vs. GIA
14:0
7:0
14:7
3:15
38:22
June 6th 2010 | 3pm CET
Casino Stadium Hohe Warte | Vienna | Spielstatistiken

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