Manch einer fühlte sich in die 2000er-Jahre zurückversetzt, als Christoph Gross am Sonntag in Wroclaw als Quarterback das Feld betrat.

Das letzte Mal stand der heute 36-jährige bei der Austrian Bowl XXX für die Vienna Vikings auf einem Footballfeld, sein späteres Erscheinen im ELF Spiel des Tages, fast 10 Jahre nach seinem Rücktritt, zählt wohl zu den bemerkenswertesten Ereignissen der jüngsten Footballgeschichte des Landes.

Es war aber nicht er, zumindest nicht direkt, der den Hausherren im Olympiastadion die Schneid abkaufte, sondern einmal mehr die Defense der Vikings.

Doch eines nach dem anderen.

Die Gäste aus Wien starteten mit Alex Reischl als Quarterback in die Partie. Sein zweiter ELF Start, kam er 2023 zum Abschluss gegen Prag zu seinem Debut. Gegen Wroclaw spielte er 2022 ab dem zweiten Viertel der Partie, als die Wikinger in einem für sie nicht mehr relevanten letzten Saisonspiel den Starter Erdmann benchten. Reischls Start wurde notwendig, da Ben Holmes im Spiel gegen die Raiders in der Vorwoche doch mehr als die zunächst kommunizierten Krämpfe erlitt und auf die IR (Injury Reserve)-Liste kam. Das heisst, der US-Amerikaner wird mindestens drei Spiele nicht bestreiten dürfen, selbst wenn er vorher wieder fit werden sollte. Früheste Rückkehr damit: Das Rückspiel gegen Wroclaw am 29. Juni. Dazwischen spielt man Berlin und in Prag.

Die Partie

Die Wikinger fanden zunächst gar nicht ins Spiel. Nach ihrem 3 & Out fanden die Gastgeber auch offensiv schnell zu einem Rhythmus. Der zu dem Zeitpunkt noch in guter Spiellaune befindliche Panthers Quarterback Steven Duncan bediente Kacper Jaszewski zum 7:0. Es folgte ein weiteres 3 & Out der Wikinger, ein weiterer guter Drive der Raubkatzen und Jakub Ałdaś kickte die Seinen zum 10:0. Es sah im ersten Viertel so aus, als könnte das ein ganz langer Nachmittag für Wien werden. Ein Eindruck, der auch den Panther täuschen sollte.

What the kick!?

Ab dem zweiten Viertel kam die Offense der Vikings langsam ins Laufen. Durch Läufe von Karri Pajarinen und Reischl, dessen Pässen immer öfter auch ihr Ziel fanden. Nicht das Ziel fanden die Kicks, die dieses Mal Oskar Herz für den glücklosen Dennis Tasic übernahm. Herz konnte nach zwei guten Drives es aus 32 und 30 Yards versuchen – beide Male ging der Ball an den Uprights vorbei und so blieb es beim 0:10 aus Wiener Sicht.

Es war der Wiener Defensive zu verdanken, die angesichts des erneuten Liegenlassens von Punkten nicht verzweifelte und bis auf die starken Läufe von Dawid Brzozowski (21/144 Yards) dem Panther die Zähne zog. Das bekam vor allem ihr US-Spielmacher Duncan zu spüren, dessen Körpersprache sich deutlich veränderte. Unzufrieden mit Mitspielern, Calls und dem Leben als QB im Allgemeinen, lief es durch die Luft nicht mehr so gut als noch zuvor. Sacks von Leon Balogh (5), Thomas Schaffer und Elmeri Laalo (je 2), so wie je einer von Noel Swancar und Florian Grünsteidl zeigten im weiteren Verlauf Wirkung und sorgten später dann auch für Punkte.

Die frühen Punkte kamen aber von der Offense. Alex Reischls Zuckerpass auf Johannes Schütz zum 10:7 (Herz verwandelte den PAT Kick) war auch der Schlusspunkt einer durchaus interessanten ersten Halbzeit.

Nach Wiederbeginn wurde das Bild für Wroclaw nicht wesentlich besser. Die Vikings Defense biss sich fest, offensiv war die Hoffnung auf ein weiteres Big Play von Reischl auf einen seiner Receiver am Leben. Am Ende eines hart umkämpften dritten Viertels, gekennzeichnet von Back2Back Turnovers (Interception Benjamin Straight, gefolgt von einem Forced Fumble von Adam Lary an Pajarinen), kamen die Gastgeber zu ihren letzten Punkten: Ałdaś kickte zum 7:13. Kein Beinbruch, denn immer noch ein 1-Score Game.

Und dann kam Gross

Wie schon gegen die Raiders wurde das vierte Quarter zu einem ganz in Purple. Und das obwohl Reischl, auch offenbar angeschlagen, vom Feld musste und Christoph Gross das Staffelholz aufnahm. Nach einer 1st Down Completion ging er gleich tief auf Jordan Bouah und wurde von Maciej Jabłoński intercepted.

Das sollte, auch wenn es sich seltsam anhört, das Anfang vom Ende der Träume Wroclaws sein. Der Pick wurde an der Panthers 7 gemacht, die Polen waren damit offensiv in der schlechtesten Feldposition des Tages und davor schon under purple pressure. Der Druck wurde noch erhöht. Brzozowski verlor Raum, Duncan fand keine Anspielstation, dafür fand Leon Balogh den Weg zu ihm, erzwang den Fumble und Noel Swancar eroberte das Spielgerät in der Endzone des Gegners. 13:13 Ausgleich, Herz kickte zum 14:13 aus Wiener Sicht. Versöhnung und erste Führung.

Es war noch genug Zeit auf der Uhr, allerdings die nur noch für noch mehr defensive Highlights der Wikinger. Seinen zweiten Pick warf der dann schon völlig entnervte Duncan auf Exavier Edwards. Nochmal kam Wroclaw nach einem langen Punt (57 Yards) von Straight in Ballbesitz. Nach einem Sack von Schaffer besuchte Balogh den US-Spielmacher ein zweites Mal in der Endzone, der behielt dieses Mal den Ball und nahm den Safety zum Endstand von 13:16.

Was haben wir gesehen?

Ein denkwürdiges Spiel in jeder Hinsicht. Eine Defense aus der gefährlichsten Ecke von Walhalla-Simmering und ein Quarterback, der erstmals für die Vikings spielte, als Apple sein iPhone vorstellte. Man darf damit auf alles am nächsten Samstag beim Hauptstadtduell gegen Berlin in der Generali Arena gespannt sein.

ELF Woche 3

Wroclaw Panthers (1-2) vs. Vienna Vikings (3-0) 13:16
(10:0/0:7/3:0/0:9)
SO 9. Juni 2024 13:00 Uhr · Stadion Olimpijski Wrocław

 

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VEU
VEU
10. Juni 2024 08:49

Was macht der Christoph Gross beruflich?

Ist er jetzt fix im Team?

Trainiert er jetzt voll mit, oder muss er arbeiten?

A
A
11. Juni 2024 17:10

Reischl hat 2023 im letzten Regular Season Spiel gegen Prag bereits gestartet.