Elisabeth Swarovski, seit 2009 Präsidentin der Swarco Raiders Tirol, erklärt im Interview warum die Raiders in Österreich keine Vormachtstellung innehaben, man das Rad bei der Sponsorenakquise nicht neu erfinde müsse und das deutsche Spieler im Kader des Klubs kein „Phänomen“ der Raiders, sondern ganz normaler Sportleralltag sind. Die Fragen stellte Walter Reiterer.
ES: Eigentlich über meinen Sohn, den schon früh das Football-Fieber gepackt hat. So kam er zu den Raiders und ich gleich mit. Ich habe dann schnell festgestellt, was für ein großartiger Sport Football ist und seither hat mich das Spiel nicht mehr losgelassen.
Wo sehen Sie die Swarco Raiders in fünf Jahren?
Wir wollen unseren Weg stetig weitergehen. Sportlich wird es auch in Zukunft unser Ziel sein, zu den Spitzenteams in der AFL und in Europa zu gehören. Darüber hinaus wollen wir unsere Mitglieder- und Zuschauerzahlen weiter steigern und verbesserte Trainingsbedingungen für die Kampfmannschaft und den Nachwuchs schaffen. Die SWARCO Raiders sind mittlerweile eine feste Größe und ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil in der Tiroler Sportwelt. Das ist eine sehr gute Basis, um unsere Ziele zu erreichen. Doch wir dürfen uns nicht auf den Erfolgen vergangener Jahre ausruhen.
Wo sehen Sie die Austrian Football League in fünf Jahren?
Ich denke, was für die SWARCO Raiders zutrifft, trifft auf den gesamten österreichischen Football zu. Der Sport hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend etabliert und wir alle wollen auch zukünftig ein fixer und anerkannter Bestandteil der österreichischen Sportwelt mit weiterhin steigender Popularität sein.
Haben Sie persönliche Pläne im American Football, die über ein Engagement bei den Raiders hinausgehen?
Nein.
Ich denke, hier werden Gespenster an die Wand gemalt. Diese Sorgen halte ich für absolut unbegründet und ich weiß auch nicht, wo Sie diese Töne vernommen haben wollen. Betrachten wir es doch einmal ganz faktisch: Die SWARCO Raiders haben in ihrer Vereinsgeschichte zwei Mal die Staatsmeisterschaft und zwei Mal den Eurobowl gewonnen. Eine Vormachtstellung sieht anders aus. Auch wenn es manche Menschen gerne so sehen würden: Wir sind nicht der FC Bayern München, ohne die Arbeit unzähliger Freiwilliger gäbe es die SWARCO Raiders nicht. Unsere Jungs trainieren auf einem Rasen auf welchem ein Gebietsligafußballer aufgrund von Verletzungsgefahr niemals trainieren würde, unser Office befindet sich in einem Containerbau, usw. Das ist die Realität. Dass diese These auch grundsätzlich falsch ist kann man am Beispiel der Graz Giants (in den 90er Jahren) und danach Vienna Vikings sehen. Diese hatten tatsächlich über viele Jahre eine Vormachtstellung im österreichischen Football und galten als unerreichbar. Deswegen hat aber der Rest der Liga – inklusive den SWARCO Raiders – nicht aufgegeben, sondern dies zum Ansporn genommen, einmal mit dem scheinbar übermächtigen Gegner auf Augenhöhe zu stehen. Dies ist uns gelungen, aber wir sind nicht die Einzigen, die um Titel kämpfen. Rein sportlich sind wir eine von vier Mannschaften Österreichs, die in Europa ganz oben anzusiedeln sind. Seit 2003 ist es keinem Team in Österreich gelungen, seinen Titel im darauffolgenden Jahr zu verteidigen. Ist das nicht viel mehr der lebende Beweis dafür, wie gut unser „gegenseitiges Anspornen“ funktioniert?
Was würden Sie diesen Mannschaften raten, um auch zu Sponsoren, bezahlten Managern und mehr bezahlten Trainern zu kommen?
Wir haben in Innsbruck das Rad nicht neu erfunden und unsere Sponsorenakquise läuft nicht anders als anderswo auch. Wer denkt, hier gibt es einen Scheck pro Jahr und damit sind alle Kosten und Ausgaben abgedeckt, der irrt gewaltig. Wir haben viel – wohlgemerkt freiwillig geleistetes – Knowhow – in unser Marketingkonzept gesteckt und vieles davon macht sich jetzt bezahlt. Die Rechnung „mehr Zuschauer und öffentliche Wahrnehmung = mehr Sponsoren = mehr Geld für bezahlte Manager und bezahlte Trainer“ klingt so einfach wie sie ist. Das kann natürlich nur dann funktionieren, wenn die Basis stimmt. Hauptverantwortlich für den jetzigen Erfolg sind all diejenigen, welche seit nunmehr fast 20 Jahren ihre Freizeit in diesen Verein investieren und gemeinsam den Verein zu dem gemacht haben, was er jetzt ist. Dabei rede ich im gleichen Maße von Spieler, Eltern und den vielen Freiwilligen.
Wir üben keinerlei Druck auf Shuan Fatah aus. Er hat den Job in dem Wissen angenommen, dass die SWARCO Raiders eines der besten und erfolgreichsten Teams der vergangenen Jahre in Europa sind und dies auch bleiben wollen. Diesen Erfolgsanspruch hat Coach Fatah aber seit jeher an sich selbst. Der viel genannte „Druck“ ist doch eine Erfindung der Medien. Jeder Trainer, egal in welcher Sportart, will das Bestmögliche erreichen. Das ist in Wien oder in Graz nicht anders als bei uns. Das hat mit Druck nichts zu tun. Fragen Sie Herrn Fatah doch mal, wie er die Zusammenarbeit mit der Vereinsführung sieht. Wir haben ein sehr freundschaftliches und zugleich unheimlich professionelles Verhältnis miteinander. Hier von „Angst“ zu sprechen ist völlig absurd. Wer die SWARCO Raiders kennt, weiß, wir sind eine große Familie.
Bekam Shuan Fatah von der Vereinsführung die Zielvorgabe beide Finali (AFL & EFL) zu erreichen und eines davon mindestens zu gewinnen? Bzw.: Wie sind die sportlichen Ziele definiert?
Die Zielvorstellung für die heurige Saison kam von Shuan Fatah selbst. Der Mann hat bereits sehr viel erreicht als Coach. Warum sollte er das bei uns plötzlich nicht mehr tun wollen? Aus Sicht des Vorstandes sind ganz andere Dinge wirklich wichtig wie etwa die Stimmung in der Mannschaft, die Weiterentwicklung des Teams, die Nachwuchsarbeit, etc. Auch Coach Fatah legt auf diese Elemente enorm großen Wert. Titel sind natürlich etwas Schönes, aber kein Muss.
Der ehemalige Cheftrainer Santos Carillo verließ im Sommer 2010 den Klub im Unfrieden, wie er sagt. Er erklärte u.a., ihm sei ein Fortlaufen seines Vertrags angekündigt worden, bevor man ihn vor die Tür stellte. Wie lief die Trennung aus Ihrer Sicht ab?
Wir haben sehr viele großartige Jahre mit Santos Carrillo erlebt und mit ihm als Assistenz- und Cheftrainer Titel gewonnen. Coach Carrillo hat auch einen großen Anteil an den Erfolgen unseres Nachwuchses gehabt. Wir sind ihm weiterhin sehr dankbar für das Geleistete. Dennoch waren wir im vergangenen Sommer der Meinung, eine andere – eine neue – Richtung einschlagen zu wollen. Wir sind sehr zufrieden damit, wie sich die Dinge seither entwickelt haben. Eine Trennung ist nie leicht, egal wann man sie vollzieht. Dennoch freue ich mich auf ein Wiedersehen mit Coach Carrillo in Wien.
Der AFBÖ stellt nicht nur angesichts der kommenden WM und vergangenen EMs den Einsatz von möglichst vielen Österreichern abseits der Legionäre (A-Klasse) in den Vordergrund seiner Arbeit und reduzierte die A-Klasse-Spieler in den vergangenen Jahren regelmäßig, in der Hoffnung so mehr Österreicher am Feld zu sehen.
Beim ersten Spiel der Raiders spielten – auf verschiedensten Positionen – fünf Spieler mit, die aus Deutschland bzw. auch der German Football League kommen. Einer davon punktete auch im Spiel. Eine ungewöhnliche hohe Anzahl im Vergleich zu den sechs anderen Klubs, die insgesamt keine fünf Deutschen haben.
Geht man mit der Hereinnahme von diesen Spielern einen anderen Weg als jenen, der vom Verband als „richtig“ propagiert wird, eben mehr Österreicher spielen zu lassen?
Drei der fünf deutschen Spieler studieren schon das zweite oder dritte Jahr in Innsbruck. Soll man ihnen aufgrund ihrer Nationalität das Footballspielen bei uns verbieten? Die anderen zwei sehen im Süddeutschen Raum keine Perspektive, Football auf hohem Niveau zu spielen und haben angefragt, ob sie nach Innsbruck zum Training pendeln dürfen, um für uns zu spielen. Würde hier irgendein anderer Österreichischer Verein nein sagen?
Beim ersten Saisonspiel standen mit den Deutschen, den A-Klasse-Spielern und Gastspielern aus Salzburg, Kärnten und Oberösterreich in Summe zwölf Spieler für die Raiders am Feld, die allesamt nicht aus dem Programm des Klubs kommen. Ist das eigene Programm der Raiders nicht stark genug, so es dieses zusätzlichen Spieler gar nicht bräuchte, um sportlich konkurrenzfähig zu bleiben?
Ganz im Gegenteil, unser Programm ist stark genug, um alle mitspielen zu lassen, die es möchten und es sich verdienen. Auch wenn bei uns einige „Nicht-Tiroler“ spielen, kommen bei uns sehr viele Eigenbauspieler zum Einsatz. Davon können andere Vereine nur träumen. Wenn im Osten Österreichs Spieler reihenweise den Verein wechseln, kräht kein Hahn danach. Auch nicht wenn z. B. ein Nationalteam-Spieler sogar von Wien nach Graz pendelt. Wenn im Westen Österreichs Bundesliga-Spieler den Verein wechseln wollen, weil sie eine neue Perspektive suchen und dafür sogar stundenlange Fahrtzeiten freiwillig in Kauf nehmen, wird sofort geargwöhnt. Als wir gegen die Black Lions spielten, standen uns übrigens auch zehn Nichtkärntner (Slowenen, Gladiators, Giants und Titans) auf dem Feld gegenüber. Gegen die Giants waren es sogar noch mehr Slowenen, Kärntner, Wildcats und Bears. Wir reden hier also nicht von einem „Phänomen“ der Raiders sondern vom ganz normalen Sportleralltag.
Wie erklärt man jungen Tiroler Spielern, die aus dem Nachwuchsprogramm kommen, dass statt ihnen fünf Deutsche, vier Amerikaner, drei Salzburger, ein Oberösterreicher und ein Kärntner spielen? Und bringt das nicht große Gefahren (Stichwort: Identifikation) mit sich, wenn nicht nur vier Legionäre, sondern dann in Summe ein ganzes Dutzend anstelle dieser Eigenbauspieler spielt?
Bei uns spielt niemand statt eines jungen Tirolers, sondern mit ihnen – und das ist der entscheidende Unterschied. Sie dürften wohl das Spiel nicht live gesehen haben, denn von den fünf Deutschen haben lediglich zwei gestartet, die drei Salzburger starten auch nicht, sondern werden in einem Rotations-Prinzip eingesetzt. Der Kärntner studiert seit vier Jahren in Innsbruck und ist ja praktisch schon ein „Tiroler“ und auf unseren Oberösterreichischen Fels in der Brandung sehen unsere Nachwuchsspieler ja ehrfurchtsvoll auf. Würden wir einen Kurs verfolgen, der unserem Nachwuchs keine Perspektive gäbe, hätten wir wohl nicht das erfolgreichste Nachwuchs-Programm Österreichs in den vergangenen vier Jahren gehabt.
Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht den Kurs der sportlichen Führung in der Sache zu korrigieren?
Wie ich es eben bereits deutlich gemacht habe, gibt es nichts zu korrigieren. Den Großteil unseres Kaders machen Tiroler aus. Das war immer so und wird immer so bleiben.
Nach Auffassung einiger Bundesligaklubs sollten Österreichische Spieler, die vom Verein für Tätigkeiten (als Trainer z.B.) bezahlt werden, in Zukunft auch als A-Klasse-Spieler bewertet werden, die Wettspielordnung also um diese Österreicher dann ergänzt werden, so diese dann auch das in der Wettspielordnung definierte „Profitum“ erfüllen. Würden die Raiders/würden Sie einer solchen Regelung zustimmen?
Nein. Erstens werden hier Äpfel mit Birnen vertauscht. Was macht es für einen Unterschied, ob ein Spieler von Beruf Automechaniker, Jurist oder eben (Nachwuchs)-Footballtrainer ist, wenn er abends als Spieler zum Training geht. Was hat dies mit Football-Profitum zu tun? Zweitens, würden wir mit dieser Regel die Entwicklung und Ausbildung unserer Eigenbau-Footballtrainer massiv beschneiden und uns auch in Zukunft von ausländischen Trainern abhängig machen. Drittens würden dann auf einmal engagierte und wichtige Nachwuchs-Trainer, die jetzt sogar noch aktive Nationalteamspieler sind, zu A-Klasse Spielern umgestuft werden: z. B. Johannes Neusser (Vikings), Christoph Schreiner (Giants), Michael Janik (Dragons) oder Bernd Leitsoni (Black Lions).
Wie stehen die Raiders zur Weltmeisterschaft 2011 und welche Bedeutung hat diese für den Klub?
Wir haben uns stark dafür eingesetzt, dass die Weltmeisterschaft auch in Innsbruck stattfindet und freuen uns sehr darauf. Für die Swarco Raiders bedeutet die WM dasselbe wie für jeden anderen American-Football-Verein in Österreich auch, nämlich eine einmalige Chance, unseren Sport im Bewusstsein der Öffentlichkeit noch tiefer zu verankern und dauerhaft positiv zu besetzen.
Gibt es Dinge (z.B. in der Organisation), die sie anders machen würden, als der Veranstalter AFBÖ?
Es ist sicherlich keine leichte Aufgabe, einen derart großen Event erfolgreich umzusetzen. Ich bin überzeugt, der AFBÖ bemüht sich nach Kräften dies zu tun. Zudem unterstützen wir den AFBÖ mit all unseren Möglichkeiten. Wir sehen uns schließlich als aktiver Bestandteil dieser einmaligen Veranstaltung und Botschafter des Footballsports und nicht nur als Zuschauer. Sollten wir der Meinung sein hier Vorschläge einbringen zu können, werden wir das auch tun.
Welche Wünsche haben sie allgemein an und für den American Footballsport in Österreich?
Ich denke, wir sollten den eingeschlagenen Weg konsequent weitergehen, uns weiter vom Rand- zum Breitensport entwickeln aber uns zugleich von den Entwicklungen im österreichischen Fußball und Eishockey klar abgrenzen. Wir dürfen ruhig etwas Besonderes bleiben.
Elisabeth Swarovski ist Mitglied des Aufsichtsrates der Traffic Solution Holding „Swarco“. Am 1. Jänner 2006 stieg „Swarco“ als Hauptsponsor bei den Raiders Tirol ein. Seit 2008 ist Elisabeth Swarovski im Vorstand der Raiders, seit Februar 2009 auch Präsidentin des Klubs.
Dieses Interview erschien auch auf DerStandard.at.