Ich habe mir einige Nachwuchsspiele heuer angeschaut und lese hier über die ganzen Probleme und Schuldzuweisungen. Es ist eine österreichische Krankheit die Schuld bei anderen zu suchen und sich dann Rechtzufertigen, warum und wieso etwas nicht funktioniert, anstatt die Energie in die Umsetzung der Problemlösungen zu stecken. Die kleinen & mittleren Vereine haben ein wirkliches Problem und das ist mangelndes Geld.

Wenn Geld da ist, wäre alles super und man könnte alles machen und dann wäre man jedes Jahr im Finale.

Die echte Problematik ist allerdings etwas tiefer.

Betrachte man, was der AFBÖ alles für die Vereine tut z.B. die Österreichweiten Tryouts, Coaches-Ausbildungen usw., darf es gar kein Problem sein Nachwuchsfootball zu spielen.

Vor allem die Kurse unter der Leitung von Dipl.Päd. Bernhard Binstorfer sind alle sehr gut strukturiert, aufbereitet und durchgeführt, doch sie sind ausgelegt für ‚echte‘ Nachwuchstrainer.

Darunter bezeichne ich Personen, deren einzige Aufgabe das Training des Nachwuchses ist.

Wie ist das in kleineren Vereinen? Ja, man ist Trainer, Nachwuchsbeauftragter, Entertainer, Psychologe, Eventmanager und natürlich Spieler der Kampfmannschaft. Finanzielle Entschädigungen gibt es keine und die Unit-Trainer sind zu meist die besten Freunde, die dann kommen wenn’s Zeit haben.

Die Trainings sind meist vor denen der Kampfmannschaft und somit hat man die letzten 15 Minuten lauter Profis, die sich (nicht böse gemeint) wichtig machen und ihren Senf dazu geben. Wenn man diese auffordert aktiv als Trainer mitzumachen, hört man meist das Gleiche: "Du, ich keine Zeit und Geld krieg ich auch keines…!"

Jetzt hat man zusätzlich noch den Druck des Vorstandes: ‚Wir müssen ja genug Leute bei allen Spielen haben und am Roster stehen ja eh 20, also passt das!‘ Ja und nebenbei soll man besser sein, als letzte Saison, denn der Nachwuchs kostet ja nur viel Geld und die vier Spieler die gut sind, spielen ja eh in der Kampfmannschaft! usw.

Jetzt steht man vor der Frage, was ist mein wirkliches Ziel? Meines war immer ähnlich: Alle Spiele, nach Möglichkeit verletzungsfrei zu absolvieren (ohne Strafverifizierung wegen Mangel an Spielern) und besser zu sein als in der Vorsaison.

Schön, jetzt braucht man nur noch genug Spieler und ja trainieren müssen wir ja auch ein ‚bisschen‘.

Wieviel Spieler braucht man? Jugend mind. 18, Juniorencup mind. 30. Warum?

In den Nachwuchs-Wirtshausligen spielen so viele unterschiedliche Faktoren (Frauen, Disco, Schulstress, Arbeit, Müdigkeit, Playstation, keine Lust etc) mit, dass man meist nie alle Spieler des Vorjahres behält.

Wie es im Leben so ist, trainieren 30% das ganze Jahr, denn diese spielen ja in der Kampfmannschaft mit und der Rest kommt ein bisschen aufs Training und zehn Prozent kommen erst acht Wochen vor Saisonbeginn.
Jetzt kann man mit Trainingsbeteiligungen, Incentives, Trainingslagern die Jugendlichen ein wenig begeistern, aber wenn Sie nicht wollen, dann wollen sie nicht.

Wenn die braven 30 Prozent, von denen 15 Prozent in die Kraftkammer gehen, das mitbekommen, sind diese sauer. ‚Bitte ich trainiere auch das ganze Jahr, die Trainer geben sich Mühe also bitte kommt.‘ Super, aber auch das kann nichts helfen.

Kurz gesagt, man bildet sich am Besten eine Personalreserve aus ‚Sportlern & Statisten‘, d.h. Spieler die partout eine Saison aussetzen wollen, bittet man auf Abruf bereitzustehen und mitzufahren, denn sonst hat man zu wenig Spieler und dann verliert man automatisch mit 35:0.

Zusätzlich sucht man sich aus seinem Verwandtenkreis Jugendliche in der Altersklasse und bittet diese als Statisten zu fungieren im Notfall. Das sind meist solche, die öfters Football probiert haben, aber dann doch nicht Footballspielen wollten.

Wenn der Vorstand dem zustimmt, das diese keinen Mitgliedsbeitrag zahlen und sich die Ausrüstung ausborgen etc. kümmert man sich ganz schnell um Spielerpässe und Arztattest.

Warum funktioniert das?
Es ist kein Geheimnis, dass im Juniorencup und in der Jugend meist die üblichen Verdächtigen am Platz stehen und ich brauche nicht mehr als 11 gute Spieler um ein Spiel zu gewinnen, außer ich spiele gegen die Big 3 (Vikings, Dragons, Raiders)

Denn dann habe ich ein Problem, aber es bleibt mir nichts anderes übrig, außer ich sage das Spiel hab. In meinen Jahren als Coach (Jugend, Junioren) habe ich nie ein Spiel absagen müssen und hatte zwei schwere Verletzungen (Knöchelbruch, Schulter ausgekugelt), somit vielleicht auch viel Glück.

Abschließend noch die Quizfrage: Wie motiviere ich die Burschen und wie gewinne ich?

Tja, dazu folgendes Kochrezept:
Acht Wochen vor der Saison zwei bis drei Trainings in der Woche mit den Prioritäten Football Basics, Special-Teams und Defense (70 Prozent des Trainings) und 30 Prozent nur Offense.

Wenn die Basics, die Spezialteams und die Defense besser sind, als die Eurer Gegner sind die meisten Spiele zu 2/3 schon gewonnen.

Und bitte in der Offense hört auf es zu übertreiben: Nehmt ganz simple vier Run- Plays, vier Pass Plays & drei Trickspielzüge, solche wofür eure Spieler geeignet sind, denn wenn es um die Wurst geht, zitiere ich Binstorfer: ‚Dann gibst deinen besten Spieler den Ball.‘ (das war bezogen auf die Altersklasse Minis und ich behaupte das reicht auch für den Juniorencup!)
Diese Plays werden bis zur Vergasung trainiert und so lange gespielt bis der Gegner das Play stoppt.
Bei einem Jugendspiel sneakte ich ein Mal über 4 Quarters, da der Gegner es nicht stoppen konnte. Das Spiel war gleichzeitig der höchste Sieg des Vereines 72:6. Ich baute dann drei Pass-Spielzüge ein, damit meine Receiver glücklich waren.

Die Taktik im Juniorencup/Jugend soll ganz easy & effektiv sein und Ziel ist es, dass sie so gut exekutiert sind, dass der Gegner nichts tun kann.

In diesem Sinne, frohes schaffen und Köpfe hoch.

P.S: Ja und wenn ihr Eure Jungs ganz toll motivieren wollt für eine Saison und ihr Geld zur Verfügung habt, dann kauft Euch einen fremden Offense- Coordinator und ihr werdet staunen. Egal was er sagt und tut, die Jungs geben Volldas, denn es ist ein neuer Mensch, den sie beeindrucken wollen und den sie automatisch mehr respektieren, als den der eh immer da ist und mit dem sie auch in der Kampfinger spielen.

Mag.(FH) Armin Schneider

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