Nach den Cineplexx Blue Devils erledigten auch die Graz Giants am Sonntag gegen die Winterthur Warriors ihre Pflicht und zogen ins erste rein österreichische Europapokalendspiel ein. Aus Winterthur berichtet Martin Pfanner.

Bereits im Vorfeld vermochte der geneigte Footballfan eines vorherzusagen. Eine ähnliche Überraschung wie sie sich am Vortag im unweit entfernten Hohenems zugetragen hatte, lag keineswegs in der Luft. Bei weitem nicht. Die Tatsache, dass einzig und allein die Höhe des gelb-blauen Sieges für Diskussionsstoff sorgen wollte, änderte an der Sachlage erst recht nichts.

Back to the roots
Hierzulande bietet sich dem Redakteur eines Footballspiels fast überall die ein oder andere Arbeitserleichterung. Das Spiel in Winterthur gestaltete sich da jedoch ein klein wenig anders. Der Gameday-Roster war lediglich vom Heimteam aufzutreiben, bei den Giants durfte nach zahlreichen Nummerwechseln (QB Ricks mit 7, WR Ray mit 82, LB Lewis mit 44, KR Muheize mit 29) freudiges Spielerraten betrieben werden.

Auch Statistiken wurden gar keine geführt. Manuel Aeberlin, engagierter Pressesprecher der Schweizer, kritzelte zwar kontinuierlich Notizen in sein kleines Taschenbüchlein, ist mit seiner One-Man-Show von einer adäquaten Statistikcrew aber mindestens so weit entfernt wie Winterthur von Graz. Sei’s drum, vermutlich ohnehin besser so. Potentiell vorhandene Stats hätten den Klassenunterschied der beiden Teams wohl nur noch drastischer dokumentiert als dies das Endergebnis ohnehin schon tat.

Oft kommt’s anders …
Und zweitens als man denkt. Diese dem Volksmund entliehene Binsenweisheit beschrieb den Spielauftakt ziemlich treffend. Die Giants marschierten (wie erwartet) das komplette Feld gen Gegners Endzone hinunter. Danach kam die Angriffsmaschinerie um das Tandem Ricks und Ray aber (unerwartet) gehörig ins Stottern. Dies ging so weit, dass an der 2-Yard Linie ein vierter Versuch ausgespielt wurde den die heimischen Krieger prompt zu stoppen im Stande waren. Schlimmer noch, im nächsten Spielzug ließ die Defensive den Schweizer Nationalteam-RB Markus Schmid beinahe unberührt passieren. Schmid stellte aus 98-Yards auf das frühe 6:0 (PAT no good).

Doch der direkte Gegenzug bestätigte dann doch wieder die eingangs gehegten Erwartungen des (vermeintlich) fachkundigen Redakteurs. Die brav exekutierenden Mannen um QB Thomas Ricks arbeiteten sich stetig nach vorne, bis Martin Grassegger aus 12-Yards Entfernung mit dem 6:7 Kräfteverhältnisse wieder ins rechte Lot rücken konnte.

Ein gepflegtes Abtasten bis zum Ende des ersten Viertels sollte folgen, immer wieder von den Referees durch Flaggen unterbrochen, was einen Spielfluss logischerweise nur beschränkt aufkommen ließ. Der spitzfindige Stadionsprecher kommentierte in Konsequenz trocken ‚D’fläggli sitzn bi da refs abr lockr‚. Ob ihn die Schiedsrichter überhaupt verstanden haben ist natürlich eine andere Frage.
Im zweiten Quarter nahmen die Ereignisse dann jedenfalls ihren unbeirrbaren Lauf. Der Grazer Angriff agierte vor den Augen der tags zuvor siegreichen Blue Devils geschmiert wie das Uhrwerk des städtischen Wahrzeichens. Zuerst fand Thomas Ricks, die österreichische Import-Antwort auf Michael Vick, aus neun Yards Entfernung den Weg in die Endzone, danach bediente er seinen wieder genesenen WR Darryl Ray aus 30 Yards. Die Warriors wussten dieser gigantischen Effizienz nichts mehr entgegenzusetzen und kassierten kurz vor der Pause durch Florian Mittl zusätzlich noch das 6:28.

Training nach drei Vierteln
Nach der Unterbrechung vermochte das Spiel nurmehr hartgesottene Fans zu interessieren. Die Blue Devils blödelten ausgelassen auf der Tribüne, offensichtlich ohnehin wohlwissend wer der Gegner im Finale sein wird und die hartnäckigen Grazer scorten weiter kontinuierlich. Mario Nerad, Mohammed Muheize und Darryl Ray zum Zweiten (2PC no good) ließen nichts mehr anbrennen und bescherten den Backups so schon Ende des dritten Viertels die Teilnahme an einem lockeren Trainingsspielchen.

Einmal durften die ca. 500 Fans aber noch feiern. Ein Score der Heimischen riss die Anhänger nochmals zu einem Jubelstürmchen hin, die in allen Belangen überlegenen Giganten hatten aber auch darauf eine Antwort. QB Max Herdey setzte mit einem kraftvollen QB-Scramble aus 10-Yards den längst fälligen Schlusspunkt einer im Endeffekt unspektakulären Begegnung zweier höchst ungleichwertiger Mannschaften.

Endspiel in Eggenberg
Das einzig gehaltvolle war zu diesem Zeitpunkt noch die Diskussion zwischen Devils Präsident Christoph Piringer und Giants Vorstandmitglied Armin Karisch, die über den Austragungsort des Endspiels plauderten. Eine offizielle Bestätigung des europäischen Verbandes liegt selbstverständlich noch nicht vor, aber momentan sieht es danach aus, als ob sich die Emser nicht um eine Austragung bemühen werden und die Grazer, wie im Vorjahr, die Partie in Eggenberg bestreiten dürfen.

Die Wege bis zum Wiedersehen der siegreichen Kämpfer an der Westfront könnten derweil unterschiedlicher nicht sein. Die Grazer wollen in zwei Wochen in der 23. Auflage des heimischen Finales den Grundstein für das Titel-Double legen. Die Blue Devils erwartet im absolut bedeutungslosen und gleichzeitig letzten Spiel des AFL-Grunddurchgangs ein weiteres Aufeinandertreffen mit den Black Lions bevor Toby Henry und Konsorten dann in eine dreiwöchige Vorbereitungsphase für das größte Spiel der Vereinsgesichte gehen werden.
Spätestens dann wird von ‚den Besten‘ keine Rede mehr sein können. Im Gegenteil. Dort greift ein alter Spruch der gerne von wetteifernden Athleten jeglicher Sportsparte gebraucht wird. ‚Es kann nur einen geben

EFAF-Cup Semifinale
Winterthur Warriors vs. Graz Giants 13:55
(6:7 / 0:21 / 0:20 / 7:7)
24. Juni | 14:00
Winterthur, Deutweg
Officials: Briggs / Fotsch / Fouillet / Lair / Wickham / Ulicny

1. Quarter: 6:7
TD WAR Markus Schmid (98-Yard Rush) 6:0 (PAT no good)
TD GIA Martin Grassegger (12-Yard Rush) 6:7 (PAT good)
2. Quarter: 0:21
TD GIA Thomas Ricks (9-Yard Rush) 6:14 (PAT good)
TD GIA Darryl Ray (30-Yard Pass Thomas Ricks) 6:21 (PAT good)
TD GIA Florian Mittl (4-Yard Rush) 6:28 (PAT good)
Halbzeit: 6:28
3. Quarter: 0:20
TD GIA Mario Nerad 6:35 (PAT good)
TD GIA Mohammed Muheize (Interception Return TD) 6:42 (PAT good)
TD GIA Darryl Ray 6:48 (2-Point Conversion no good)
4. Quarter: 7:7
TD WAR 13:48 (PAT good)
TD GIA Max Herdey 13:55 (PAT good)
Endstand: 13:55

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