Hochphilosophisch geht es diese Woche zu, wenn Aussagen revidiert und Prognosen umformuliert werden. Mit von der Partie bei Football-USA sind auch wieder die ‚Elite Eight‘ und ‚Terrible Three‘.
Was in der Wissenschaft schon lange Bestand hat, gilt mittlerweile auch in der NFL. Was gestern noch für richtig gehalten wurde, kann am nächsten Tag schon wieder völlig falsch sein. Nicht umsonst steht das berühmteste Footballkürzel der Welt mittlerweile auch stellvertretend für ‚Not For Long‘.

Um dies zu illustrieren möchte ich Ihnen ein paar Aussagen, die ich vor Saisonstart in Gesprächen mit Footballfans getätigt habe, näher bringen.

– ‚Denver QB Jake Plummer wird die Rams im Alleingang zerlegen. Gegen eine derart schwache Verteidigung wird er mit einem starken Laufspiel im Rücken leichtes Spiel haben.‘
> St. Louis hielt Denver bei einem Offensivtouchdown, erzwang fünf Ballverluste und gewann die Partie, ohne selbst einen einzigen Touchdown erzielt zu haben, mit 18:10.

– ‚Egal ob Carolina mit oder ohne Steve Smith auflaufen wird, die Falcons werden chancenlos sein.‘
> Michael Vick und das überragende Laufspiel waren die Gründe für Atlantas eindrucksvollen 20:6 Sieg in Charlotte.

– ‚New England dürfte keinerlei Probleme haben Buffalo aus dem eigenen Stadion zu fegen.‘
> Von Fegen war am Ende keine Rede mehr. Die Patrioten gewannen ihr Spiel letztendlich mit Hilfe eines Safety und dem nötigen Quäntchen Glück 19:17 (kurz vor Schluss wurde ein vierter Versuch in der Hälfte der Bills verwertet, um die Uhr auslaufen zu lassen, Anm.).

Sind wir bereits schlauer als noch vor einer Woche? Vielleicht, aber die oben angeführten Thesen belegen eindrucksvoll, dass Überraschungen unweigerlich mit den Spielen der NFL verbunden sind. Der Spruch ‚Jeder kann jeden schlagen‘ hat wohl in keiner anderen Sportart eine derartige Daseinsberechtigung.

Soll das bedeuten, dass das die ganzen Fachidioten entbehrlich macht, da sie ohnehin keine Ahnung vom tatsächlichen Ergebnis haben? Werden die Tausenden Schreiberlinge bald am Hungertuch nagen, weil sich keine Menschenseele mehr den geistigen Abfall zu Gemüte führen will?

Wir hoffen natürlich, dass die Antworten auf diese Fragen negativ ausfallen werden. Denn in gewisser Hinsicht bereitet es enorme Kurzweiligkeit sich den geistigen Ergüsse der Autoren hinzugeben. Ob diese gutgeheißen werden oder nur kollektives Kopfschütteln auslösen, sei dahingestellt. Spekulationen, Voraussagen und inhaltliche Kehrtwenden bilden den Stoff, der einen von Wochenende zu Wochenende und Saison zu Saison bringt.

Bis zu Woche 2 müssen wir uns deshalb weiterhin wundern, ob beispielsweise der Höhenflug von St. Louis anhalten wird, das beängstigend schwache Auftreten der Denver Broncos nur eine Eintagsfliege war, oder Green Bay, Oakland und Tampa Bay bald auch Zählbares für sich verbuchen können.

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Power Rankings

Elite Eight

1. Indianapolis Colts (Vorwoche: 1)
Ein hart erkämpfter Sieg in den Meadowlands gegen die New York Giants bedeutet auch die Behauptung des Spitzenplatzes der ‚Elite Eight‘. Am kommenden Wochenende wartet mit den Houston Texans eine machbare Aufgabe, bevor es dann im heimischen RCA Dome zum Showdown mit den Jacksonville Jaguars kommt.

2. Pittsburgh Steelers (5)
Ohne QB Ben Roethlisberger wurden die Miami Dolphins besiegt. Auch wenn die Fehlentscheidung der Schiedsrichter bei TE Heath Millers Touchdown einen fahlen Beigeschmack hinterlässt, werden die Stählernen mit Roethlisberger im Lineup noch stärker sein. Sein Blinddarm sollte ihn dabei aber besser nicht mehr behindern, denn die Defensive der Jaguars wird mit dem Schweizer Export im kommenden Monday Night Game sicherlich nicht zimperlich umgehen.

3. Jacksonville Jaguars (-)
Eines der besten Footballspiele der jüngeren Vergangenheit ging am Sonntag im Alltel Stadium zu Jacksonville über die Bühne. Die Jaguars erholten sich dabei von einem 10:0-Rückstand nach dem ersten Viertel und kamen nach einer beeindruckenden Defensivleistung am Ende mit 24:17 doch noch zum verdienten Sieg.

4. Chicago Bears (-)
Gegen wen spielte die Defensive sensationell? Gegen Green Bay. Gegen wen spielte die Offensive einigermaßen solide? Gegen Green Bay. Spätestens beim ersten, richtigen Härtetest in Woche 3 gegen Minnesota heißt es für die Bären Farbe bekennen. Hop oder Top?

5. Cincinnati Bengals (7)
Carson Palmers Knie hält. Positive Nachrichten für Fans der Bengals oder Fantasy Football Spieler. Diesmal war es allerdings nicht die explosive Offense, sondern die grandios aufspielende Defense, die den Sieg der Bengals fixierte.

6. San Diego Chargers (-)
San Diego LB Shawn Merriman zeigte bereits in der ersten Woche, warum er schon vor der Saison als heißer Kandidat für ‚Defensive Player of the Year‘ gehandelt wurde. Sechs Tackles und drei Sacks sind der eindrucksvolle Beweis dafür. Ach ja, die Chargers gewannen ihr Spiel gegen Oakland in überragender Manier mit 27:0.

7. Atlanta Falcons (-)
Tolles Laufspiel, grandiose Defensive und keine Fehler von Michael Vick bedeuten in der Regel nichts Gutes für den Gegner. In diesem Fall eine 20:6-Auftaktniederlage für die Carolina Panthers.

8. Seattle Seahawks (4)
Sollten die Seahawks in Woche 2 gegen Arizona eine ähnlich schwache Leistung wie gegen Detroit abliefern, dürften sie die längste Zeit zu Gast bei den ‚Elite Eight‘ gewesen sein. Vielleicht kann dies die Verpflichtung von WR Deion Branch, der am Montag für einen Erstrundenpick von New England losgeeist wurde, verhindern.

Team on the Rise: Baltimore Ravens
Beeindruckend in welch guter Verfassung sich Ray Lewis und seine Mitspieler befinden. Den ‚Cadillac‘ im Zaum zu halten gelang bislang wenigen Mannschaften. Noch seltener gelang es, die Tampa Bay Buccaneers im eigenen Stadion mit 27:0 so vorzuführen.

Terrible Three

1. Green Bay Packers (Vorwoche: 3)
‚Give them credit. But maybe we just ain’t very good”, war von einem sichtlich enttäuschten Brett Favre nach dem Spiel gegen Chicago zu hören. Tolle Beobachtung, Brett. Dennoch schade, dass du zum ersten Mal in deiner Karriere ein Shutout hinnehmen musstest. Aber Mut zur Selbsterkenntnis ist bekanntlich der erste Schritt auf dem, für Green Bay langen, Weg zur Besserung.

2. Houston Texans (1)
Das erste Viertel gegen Philadelphia ließ hoffen. Die restlichen drei geben weiterhin Anlass zur Sorge, besonders in Woche 2 gegen den Divisionschampion Indianapolis. DE Dwight Freeney will es den Eagles gleichtun (fünf Sacks gegen Houston, Anm.) und brennt auf seinen ersten Sack der Saison.

3. Oakland Raiders (-)
Seit Montag ist es bittere Realität. Zum ersten Mal seit 15 Jahren wurden drei Teams an einem Spieltag ohne Punkte gehalten. Von allen drei (Green Bay, Oakland, Tampa Bay) lieferten QB Aaron Brooks und seine Raiders die erbärmlichste Vorstellung. Nicht die 183 Gesamtyards, sondern die neun zugelassenen Sacks verheißen gegen Baltimore nichts Gutes.

Martins Fantasy Ecke

Fantasy Football DOs & DONTs

DOs
– Seattles Laufspiel, welches gegen Detroit mit lediglich 51 Rushing Yards noch nicht allzu gut geklappt hat, sollte gegen Arizona unter der Regie von RB Shaun Alexander wieder in den gewohnten Tritt kommen.
– Das ausgezeichnete Debüt von Saints RB Reggie Bush (141 Total Yards) wird in Green Bay seine Forsetzung finden.
– Sollte Steve Smith diese Woche spielen, muss er aufgestellt werden. Carolina zeigte am Sonntag wie wichtig der Wide Receiver für die Offensive ist.
– Die Defensive der Rams könnte gegen die unerfahrene Offense der 49ers einen weiteren großen Tag erwischen.
– Nach dem Ausfall von Eagles CB Lito Sheppard stehen den Spielern der Giants Offense zahlreiche Mismatches zur Verfügung. Die Spieler auf den Skill Positions der Giants sollten deswegen in Betracht gezogen werden.
– Dasselbe gilt für Angreifer der Indianapolis Colts. Die Defensive der Texans wird Peyton Manning nicht stoppen können.
– Die Shutout-Defensiven der ersten Woche (Baltimore, Chicago und San Diego, Anm.) müssen auch diese Woche wieder gespielt werden. Gegen Oakland, Detroit bzw. Tennessee warten wieder reichlich Punkte.

DONTs
– Ohne QB Trent Green werden Gegner der Chiefs besser gegen das Laufspiel agieren. Denver wird Larry Johnson am Sonntag den ein oder anderen Zahn ziehen können.
– Offensivspieler der Titans sollten tunlichst gebencht werden. Gegen Chargers LB Shawn Merriman scheint momentan kein Kraut gewachsen.
– Der überraschend gute Auftakt von 49ers RB Frank Gore (170 Total Yards, 2 TDs) sollte mit Vorsicht genossen werden. Der Defensive der Rams ist momentan alles zuzutrauen.
– Bills RB Willis McGahee wird auch gegen Miami keine großen Lücken bekommen. Dafür ist die O-Line einfach zu schwach.

Watch (out) this Sunday
Der kommende Sonntag steht ganz im Zeichen der Rivalität zwischen den Giants und den Eagles. In Philadelphia findet ein wegweisendes Spiel für beide Mannschaften statt. Können die Eagles ihrem Anspruch auf die Divisionskrone gerecht werden und das augenscheinlich stärkste Team der NFC East in die Schranken verweisen? Werden die Giants ihre Niederlage in der Manning-Bowl einigermaßen verkraften und die vor Selbstbewusstsein strotzenden Adler rupfen? Einen Sieg hat New York auch bitter nötig. In den darauf folgenden fünf Wochen (@ Seattle, BYE, Washington, @ Atlanta, @ Dallas) warten durchwegs harte Brocken auf die Giganten. Stay tuned and watch out!

Nächste Woche in ‚An jedem verdammten Mittwoch‘
Vielleicht gibt Woche 2 der NFL erstmals Aufschluss über ‚Pretenders‘ und ‚Contenders‘. Die Karten werden sicherlich neu gemischt werden, die Power Rankings dementsprechend kräftig durchgeschüttelt. Bis dann entscheidet sich auch ob sich Football-USA nach einem neuen ‚Experten‘ umschauen muss, oder dieser von sich aus die Schreibmaschine an den Nagel hängt.

Bis dahin sind Lob und Kritik, Wünsche und Anregungen, sowie Fragen aller Art an die unten angeführte Adresse stets willkommen.

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