Vorweg: Der österreichische Footballbund AFBÖ wirkt selbst nicht besonders interessiert daran, Kennzahlen seiner höchsten Liga zu veröffentlichen (oder veröffentlich zu bekommen). Zuständig wären dafür die Vereine, wenn man ihn danach fragt, er selbst sammelt solche Daten nicht und kann sie demnach auch nicht zur Verfügung stellen.

Nach fast 40 Jahren Football in Österreich gibt es also immer noch keine zentral veröffentlichten Zuschauerzahlen der Bundesliga. Dafür vergleicht man sich an jeder passenden und dann auch halt unpassenden Stelle mit dem Fußball (Stadionsituation, Förderungen, mediale Aufmerksamkeit). Man stelle sich vor, der ÖFB stellt sich hin und sagt: „Wir wissen nicht, wie viele Zuschauer die Bundesligateams haben. Fragt sie doch selbst!“ Natürlich kennt der Fußballverband und seine Fußballbundesliga so wichtige Parameter wie Zuschauerzahlen. Nicht nur das – bis in die vierte Spielklasse hinunter weiß man exakt, wie viele Zuschauer auf den Plätzen sind. Das ist auch enorm wichtig für die Entwicklung der Ligen, denn wer nichts weiß, muss bekanntlich alles glauben. Und Adjektive wie „unvorhersehbar“, „spannend“ und „attraktiv“ können fehlende Zahlen nicht ersetzen. Es wäre höchste Zeit, dass der Verband aus diesem Tiefschlaf erwacht. Man will die Liga vermarkten, kennt aber ihre Eckdaten nicht.

So weit, so gut. Wie kommt man also an die Zahlen?

Man fragt die Vereine einzeln durch. Danke an der Stelle für die Zusammenarbeit mit der Hoffnung auf Regelmäßigkeit. Die Angaben sind öfter (auf)gerundet, so richtig harte Zahlen (wie eben jene beim Fußball) gibt es seltener aber doch auch. Mit „Zuschauerzahlen“ ist ja nicht gemeint, wie viele Menschen sich per Schätzung im besten Moment rund um ein Footballfeld (oder innerhalb eines Stadions) befunden haben, sondern: Wie viele Tickets sind weg? Die Zahl müsste eigentlich jeder Verein haben. Fun Fact: 2019 zählte ein Klub auch mal die Spieler, Funktionäre und Cheerleader zu den Zuschauern. Nice try!

Salzburg und dann lange nichts

Die Fakten soweit: In der AFL Woche 1 wollten 2.537 Zuschauer die fünf Spiele der Bundesliga sehen. Das ist ein Schnitt von 507 pro Spiel. Zum Vergleich: 2019 waren es 4.550 (8 Teams, Ø 1.138) in der ersten Spielrunde, 2018 noch 6.596 (8 Teams, Ø 1.694) in Woche 1.

Telfs Patriots vs. Graz Giants
Telfs zählte 500 Zuschauer bei seinem Saisonauftakt gegen Graz. Die meisten suchten Schutz vor dem Wetter.

1.071 davon waren bei der Partie im Max Aicher Stadion in Salzburg zwischen den Ducks und den Rangers. Bei den anderen 4 Spielen waren dann im Schnitt laut Adam Riese 367. Das ist, wenn wir den Fußballvergleich hernehmen, knapp unter dem Niveau der dritten Liga (Regionalligen Ost/Mitte/West). Da stehen wir 2023, wobei das Wetter allen heuer wirklich einen Streich spielt. Die Zahlen werden mit Sicherheit in den den nächsten Wochen noch (von selbst) steigen.

Schokomedia

Die Salzburger haben – als Schoko-Fun Fact – 800 Choccolonely Eierboxen von Tony’s am Ende des Spiels verteilt. Als die zur Neige gingen, kamen noch 230 Tafeln Schokolade dazu. Learning: 1.030 der 1.071 Zuschauer dort essen gerne süß. Was in Salzburg anders ist, außer dass es gratis Schoki gibt und der Merger funktioniert hat, ist die Werbung. Die Ducks sind in der Stadt omnipräsent und auf allen großen Screens bei den Einfahrtsstraßen und Busstationen zu sehen. Als Platzsprecher wird man von der Krone interviewt, aber auch alle anderen Medien berichten. Es ist ein Ding dort. Nächstes Jahr zieht der Verein dann in sein eigenes, neues Stadion nach Liefering. Das läuft.

ELF fordert Tribut

In Wien und Innsbruck gibt es das „Problem“ ELF, wobei das für die zwei Vereine selbst kein allzu großes sein wird. Es bleiben ja „ihre“ Zuschauer, sie kommen halt der AFL abhanden. Der AFBÖ verkaufte das Duell Vikings gegen Raiders in der AFL als „Klassiker“. Die Fans wissen aber, dass der nicht Anfang April auf der Ravelinstraße, sondern im Juli und August in der European League Of Football im Tivoli bzw. wo immer die Vikings dann spielen werden (Bekanntgabe 11. April), stattfinden wird. Am Zuschauerschwund der AFL-Vikings und AFL-Raiders wird sich wenig ändern lassen. Die Geldbörsen wuchsen nicht so rasant an.

Allerdings anderswo ginge/geht das schon. Die Giants werden, sollte der sportliche Erfolg tatsächlich wiederkommen, auch Eggenberg wieder füllen können. Ob das Grazer Derby da sehr hilfreich sein wird, bleibt noch abzuwarten. Die Bears waren in Woche 1 kein Gradmesser für die Dragons, anders noch als die Ducks, die im Vorjahr beim Auftaktspiel in Floridsdorf hoch führten, um am Ende doch noch zu verlieren. Wenn man seine Liga aufstockt, und nicht das beste Team aus der Klasse darunter bekommt, dann vielleicht jenes mit den meisten Zuschauern (Hallo nach Hohenems!). Ohne Imports und ohne vernünftiger Spielstätte wird es sportlich wie zuschauertechnisch halt schwierig.

Die Dragons leiden „mit“ in Wien. Das Footballangebot in der Hauptstadt ist groß. Ein Team in der ELF, zwei in der AFL, drei in der Division 1, eines in der Division 3 und noch etliche in der Peripherie. Der amtierende Staatsmeister kann auf eine gestandene Fanbase bauen, allerdings sucht die sich auch die Leckerbissen raus und die werden dann im späten Frühjahr bzw. Sommer folgen, wenn Salzburg, Innsbruck und der ewige Stadtrivale Vikings am Donaufeld gastieren. Der Aufsteiger hatte im konkreten Fall noch keine große Zugkraft gezeigt. Das Wetter tat das seine.

Es folgen in zwei Wochen die Auftaktspiele der Bears (Fußballverbandsplatz Graz), der Raiders (American Football Zentrum Innsbruck), so wie der Rangers (Stadion Mödling) und Steelsharks (Sportzentrum Traun) – letztere sicher auch ein Hoffnungsträger in Sachen Zuschauerzuwachs sind. Die Steelsharks haben in den letzten Jahren beharrlich an ihrem „Produkt“ gearbeitet und die Arbeit trug zuletzt Früchte. Die Giants bestreiten ihr erstes Heimspiel dann am 23. April beim nächsten Klassiker – gegen die Vikings. Da sollten dann die Wände in Eggenberg wackeln.

Zuschauer AFL Woche 1

Salzburg Ducks vs. Rangers Mödling
Max Aicher Stadion Salzburg, 1.071 (Info: Klub/Tickets)

Telfs Patriots vs. Graz Giants
Sportzentrum Telfs, 500 (Klub/Platzsprecher)

Vienna Vikings vs. Raiders Tirol
Footballzentrum Ravelinstraße, 380 (Klub/Tickets)

Danube Dragons vs. Styrian Bears
SR Donaufeld Wien, 300 (Klub/Stats)

Prague Black Panthers vs. Steelsharks Traun
SK Prosek Prag, 286 (Klub/Tickets)

Gesamt: 2.537
Ø 507

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Michael Velicky
Michael Velicky
5. April 2023 12:41

Sämtliche Jahreskartenbesitzer werden da aber – zumindest bei einigen Klubs – nicht mitgezählt, weil es keine Drehkreuz gibt und die sich logischerweise kein Ticket kaufen.

Korni
Korni
5. April 2023 13:24

Aber eines Stricherlliste gibt es. 😉 In Wien weiss man schon wie viele Leute am Platz sind, sogar recht genau, und wenn in Telfs der Platzsprecher die Saisonkartenbesitzer nicht mitschätzt, ist das bei der Zählweise auch schon egal.

VEU
VEU
6. April 2023 00:06
Reply to  Redaktion

Eine Reaktion vom Herrn persönlich.
Scheiß die Wand an. Ich glaub, ich spinne. Hätte ich mir bei einigen Kommentaren und Fragen bei anderen Berichten auch gewünscht. Vor allem wenn doch immer wieder die Medienarbeit der Vereine kritisiert wurde. 😉