Was sich in den letzten Monaten in Sachen Medienarbeit in Österreich getan hat, ist ebenso erstaunlich wie nicht gänzlich ungefährlich, meint Football-Austria Chefredakteur Walter H. Reiterer.

Als ich begann einen Weblog für American Football im Februar 2005 ins Netz zu stellen, dachte ich mir a) wenig dabei und b) meinte ich, ganz alleine damit zu sein. Wahrscheinlich wäre ich nicht nur allleiniger Verfasser, sondern auch mein einziger Leser. Wobei ich nicht zur Schwarzmalerei neige, aber die Zahl der Interessenten war unbekannt. Nicht wenige Teams reagierten zudem auch erstaunt auf meine E-Mails. Da interessiert sich wer für uns. Was machen wir mit dem jetzt? Was will er denn wissen? Warum will er es wissen? Ah, ein Football Weblog…

The times they are a changin‘

Ein wenig mehr als zwei Jahre danach schaut die Sache nun doch ganz anders aus. Nicht nur was uns, die mittlerweile auch personell angewachsen waren, betrifft. Unser finanzielles Überleben wurde übrigens durch nichts anderes gewährleistet als durch Abonnenten. Wer an Werbung im Internet glaubt = warme Eislutscher! Die Zahl steigt zur Zeit wieder – zum Glück. Die Abrechnung des Jahres 2005 ergab: ~ Euro 8000,–. Minus wohlgemerkt. Irgendwer ging arbeiten, damit er sich dieses Hobby leisten kann. Auch das schaute 2006 schon nicht mehr ganz so schlecht aus.

2007 wollen wir (weil wir positiv denken) erstmals schwarze Zahlen schreiben. Im Disser-Jargon unserer beliebten postings heißt das also: Mr. fishfinger bereichert sich am Taschengeld von Kindern die er Footballsüchtig gemacht hat. Der Sack! So ist das. Ich bin eben kalt und gnadenlos. Wer es nicht bemerkt haben sollte: Football-Austria ist seit 1. Februar 2007 eine Firma (siehe Impressum). Für all jene die sich oft besorgt zu fragen veranlaßt sahen, ob wir denn auch brav Steuern zahlen: Ja, diese sogar in der Regel und ohne Ausnahme an das Finanzamt. Aber auch die dazugehörige Beraterin, die Sozialversicherungsanstalt, die Kammer mit ihrer Umlage, die Versicherungen und die Anwaltskanzlei erwiesen sich als ziemlich hartnäckig was Zahlungen betraf. Keiner wollte es uns gratis machen! Diese Säcke! Das Leben ist irgendwie kostspielig. Daher: Zahlen Sie ein, damit wir einzahlen können und fragen Sie mich bitte nicht warum wir einen Anwalt brauchen. Er gibt uns einfach ein wenig mehr Gelassenheit in dem was wir und andere tun.

Eschlböck ist fertig

Und zwar mit dem Nerven und das zum Glück im positiven Sinn. Der AFBÖ Präsident ‚muss‘ eine gute Nachricht nach der anderen verdauen. Das Österreichweite Tryout war ein Erfolg, welches er als ‚ausbaufähiges Vorhaben mit Pioniercharakter‘ bezeichnet und mit dessen Ablauf er zwar im Groben, aber nicht im Ganzen zufrieden war. Das geht noch besser.

Am Tag danach, die brodelnde Ferry Dusika-Halle mit an die 3000 Zuschauer (Rekord) und am day after tommorow die offizielle Bekanntgabe, dass es ein regelmäßiges Footballmagazin im ORF geben wird. Gebastelt hat man daran schon lange Zeit, aber ob und in welcher Form die Sache Gestalt annehmen wird, war vor einigen Wochen so klar noch nicht. Hier haben beide Parteien, der ORF auf der Bergseite und der AFBÖ als Bergsteiger, eine Basis für gemeinsame Touren geschaffen.

Inmitten die Meldung, dass die Gladiators jetzt noch dickere (das ist keine Anspielung auf einen Spieler) Pressekonferenzen durchziehen als die Vikings, war auch alles andere als eine Hiobsbotschaft für den Verband, sondern ein Zeichen, dass nicht nur mehr die üblichen Verdächtigen am gemeinsamen Tau ziehen, sondern eine breitere Seilschaft entstanden ist. Zudem gestern bekannt wurde, dass es unter Umständen noch eine zweite, regionale Footballsendung geben könnte. Das burgenländische Kabelfernsehen ist an den TV-Rechten der Gladiators Heimspiele interessiert und wird diese, so kein Komet am Planet einschlägt, auch zugesprochen bekommen.

Wer ist hier der Schuldige?

Diese Beispiele sind nur die größeren Brocken einer, ich nenne sie so, ’neuen Bewegung der Footballvereine hin zu den Medien‘. Es ist nicht nur der AFBÖ, der ORF, es sind nicht alleine die Lokalzeitungen des Burgenlandes, sondern auch andere geben, ihren PS-Zahlen angemessen, deftig Gas. Die Steelsharks haben nun einen Pressesprecher und er spricht auch tatsächlich zu der Presse. Die Amstetten Thunder kamen mit dem Tryout in jedes Lokalblatt ihrer Region rein, wie auch die Black Lions die Zeitungspuppen tanzen ließen. Die Vienna Knights melden sich seit Februar regelmäßig mit Updates über ihren Verein, zum Teil sogar mit Selbstkritik!

Eine Sache die oftmals übersehen wird. Steht in einer Presseaussendung mehr als drei Mal super drinnen, dann glaubt jeder das Gegenteil davon. Steht nur ein Mal verbesserungswürdig, erkennt der zu manipulierende Journalist darin den Willen des Vereins sich weiter zu entwickeln. Simpler psychologischer Trick – wirkt in 8 von 10 Fällen Wunder. Die Mitleidsmasche.

Auch in der dritten Klasse sind Leute am Werk die diese Chancen bereits erkannt haben. Die Schwaz Hammers wollen auch dabei sein (werden es auch), ihre Lokalrivalen aus Hall vollführen zwar zeitlich eine schlechte Umbenennung durch, doch wirtschaftlich und daher logisch, ist sie goldrichtig. Zum großen Team in Tirol, den Raiders, braucht man dahingehend nicht viel sagen. Tolle Medienkooperationen sind seit Jahren Standard bei den Swarco Raiders. Beispiele gibt es noch einige, man verzeihe mir, nenne ich nicht alle.

Jedenfalls war es vor zwei Jahren so, dass ich eine Mobiltelefonrechnung von rund 200 Euro monatlich hatte, weil ich stets der Anrufer war. Ich danke all jenen die mich heute anrufen.

Insofern kein einzelner Schuldiger auszumachen ist, warum alles auf einmal übergeht und zu funktionieren scheint. Es ist die Summe der Teilchen. Der Rahmen war schon immer da, wurde von den AFL Teams stets fleißig grell ausgemalt, seit kurzem sind auch anderswo die Buntstifte gespitzt. Mediale Pole Position Burgenland – òle. Aber noch sind nicht alle Rennen gefahren. Es sollte doch Anreiz sein für alle Teams, mit ein paar geschickten Winkelzügen (Aussendungen) auf diese, mittlerweile schon schön ausgefahrene Spur zu kommen. Die Gladiators backen Kuchen mit Backpulver. Es gibt kein Geheimnis. Da haben sich nur ein paar Bäcker gefunden, die früher aufstehen. Das ist alles. Die Semmeln sind frisch überall warm.

Die Kehrseite der Euphorie

So wir jetzt hier stehen, sich gegenseitig auf die Schultern klopfend, so schnell kann es mit der Herrlichkeit auch schon wieder vorbei sein. The time is now, Herrschaften! Alle Teams müssen zum einen jetzt auf diesen Zug aufspringen und zum anderen nicht bremsen wenn sie mal an Board sind. Eine solche (überraschende) positive Entwicklung kann sich ganz schnell auch umkehren, in dem man den Herrgott einen lieben Mann sein läßt. Bitte nicht glauben, weil man jetzt so viel geleistet hat (oder andere geleistet haben), man könne sich beruhigt darauf mal ausruhen. American Football ist eine definitive Randsportart in den Medien und wir sind noch Lichtjahre vom Status anderer Sportarten entfernt. Die Frage nach dem Unterschied (gemessen am Interesse) zwischen Football und Fußball, die ich so oft höre, ist derart abstrakt und jenseitig, dass man sie seriöser Weise gar nicht kommentieren darf. Aber beantworten darf man sie so: 1:1000 Mensch! Überholen wir mal gemeinsam (was das mediale Interesse betrifft) Volleyball, dann Handball, dann Basketball, dann Tennis, dann Eishockey, dann die Regionalliga Ost, Red-Zac, T-Mobile und 2020 gehört auch die Hermann Maier-Raika ganz alleine dem AFBÖ!

Die Mini-Chance nutzen

Die Chance auf so eine Entwicklung ist mikroskopisch klein, aber es gibt sie. Dank immer mehr Fans, Dank Ryan und dem ORF, Dank Eschlböck, Dank der irren Burgenländer, da danke ich mir auch gleich selber ein wenig (Super Walter), wobei ich lieber tanke als danke. Dank jedem der nur irgendwie diese Spirale am Drehen nach oben hält.

Nur das hilft nicht

Kritik ist auch ein befruchtender Teil unserer Entwicklung. Gerade wir gehen nicht sparsam damit um. Zwischen Kritik und bashing liegt ein Grad. Es ist völlig sinnlos den Vikings anzukreiden, dass sie die Vikings sind. Ebenso sinnfrei ist es den Gladiators vorzuhalten, sich schneller als üblich weiterentwickeln zu wollen, oder uns gar mitzuteilen, dass wir auf Grund eines Aufklebers am burgenländischen Blutzer redaktionell befangen wären. Geht’s eigentlich noch? Es fällt auch niemanden ein Stein aus der Krone, sollten die Invaders sich eines Tages nackig machen, um promotet zu werden. Nicht jeder Zweck heiligt die Mittel, aber wir sind da noch völlig unschuldig.

Schlechtes Beispiel

Der SC Wiener Neustadt (Fußball-Landesliga II) leistet sich mit völliger Absicht (wir waren Live dabei) ‚Ultras‘, die bei Freundschaftsmatches die rechte Hand zur Begrüßung der eigenen Mannschaft heben, danach sich auf ‚Klein-Rapid‘ mit den Ordnern und Einheimischen prügeln (wenn ich prügeln sage meine ich Prügel und nicht Watschen) um am Ende noch eine Stunde durch Neudörfl (knapp aber doch im Burgenland) zu plündern, Sprüche wie ‚Ungarnschweine, traut euch nur raus!‘ skandierend. Machen Sie ja einen weiten Bogen um den Fußballplatz von Wr. Neustadt. Die sind dort nämlich durch den Wind. Aber komplett. Für gewisse Kreise auch eine Art von Unterhaltung. Ich selber brauche das gar nicht – was gerade dort (in Neudörfl) historisch unfreiwillig komisch anmutet, aus Gründen die ich an der Stelle gar nicht näher erläutern will.

Das ist jedenfalls ganz sicher nicht die Werbung, die wir haben wollen. Da sind wir uns doch einig? Politik, das sollte auch schon aufgefallen sein, spielt auf FA.com generell keine Rolle. Wir suchen den Verstand und den gemeinsamen Zweck (pro Sport) und keine Partei oder Ideologie. Das mag ein hehres Ziel sein, aber bisweilen hatte ich sehr wohl das Gefühl, dass die Mehrheit unserer Leser der zusammenhängenden Schlußfolgerung mächtig ist.

Es gibt keine Spieler fressenden Gladiators und die guten Beschützer anderswo. Es gibt auch keine feindseligen Vikings, keine intriganten Dragons, keine linken Blue Devils, keine was auch immer. Das alles spielt sich zwischen 0 und 1 auf der nach oben offenen Sport-Böswilligkeits-Skala ab. Die beschreiben und dokumentieren wir. Am Ende bleibt, vergleicht man das mit anderen Sport-Events: ganz fest und wie wild applaudieren. Bravo Vikings, weil ihr so ein Vorbild seid, Bravo Dragons, weil ihr so den Nachwuchs fördert, Bravo Gladiators, weil ihr den krassen PR-Weg geht, Bravo SELAF, weil es euch auch für uns gibt, Bravo LA Titans, weil ihr euch nicht einschüchtern läßt, Bravo AFBÖ, weil ihr uns ertragen habt. Klatschen Sie und sparen Sie sich jedes zweite Zweifler-Posting. Wir sitzen in einem Boot und wir brauchen jetzt verdammt ein größeres.

So sehe ich das. Sollte ihnen gar nichts dazu einfallen, wie sie dem Sport auf diesem Weg helfen können, dann kaufen Sie sich, haben sie es noch nicht, ein Football-Austria.com-Abo. Das hilft nicht nur uns, sondern in letzter Konsequenz auch dem Sport. Dafür stehe ich mit meinem Wort. Seit Februar 2005.

Ihr

Walter H. Reiterer

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments