Zwei paar Dinge vorweg

Die Vienna Knights sind für mich in Teilen eines der vorbildhaftesten Programme des Landes. Das betrifft in erster Linie den sportlichen Part. Der Nachwuchs, mit der U17 und jetzt auch neu mit der U15 in der Meisterschaft bzw. Cup, das Team 2 und die erste Mannschaft wurden in den vergangenen Jahren Zug um Zug aufgebaut, dazu haben sie ihr Coaching ebenso sukzessive hoch gefahren. Sie stehen damit auf Beinen, auf die manch anderer gerne stehen würde.
Auf der Gegenseite finden sich organisatorische Mankos, die häufig im kommunikativen Bereich liegen. Sie selbst erklären das mit Personalmangel, der jetzt auch eine kausale Rolle bei der Ist-Situation einnimmt, die man ihrerseits aber offenbar nicht wahrhaben will. Man sieht sich, nicht zum ersten Mal übrigens, in der Opferrolle.

Bei der Ligasitzung letzten Samstag wäre die Abstufung der Vienna Knights und der Carinthian Lions (über die viel weniger gesprochen wird) bei den anwesenden Teams gar kein Diskussionsthema mehr gewesen. Hätte ich es nicht mal zwischendurch angesprochen.

Ich halte es für strategisch falsch die Knights in die Division 3 zu versetzen, habe erklärt warum ich das tue. Ich akzeptiere und verstehe aber, warum es trotzdem so ist, weil ich auch verstehe, was dem vorangegangen ist.

Die Knights haben vor einigen Tagen auf ihrer Webseite einen Beitrag veröffentlicht, der zum einen ihre Sichtweise zur Causa Zwangsabstieg darstellt, zum anderen für mich der Beweis dafür ist, dass einige wesentliche Sachverhalte an ihnen spurlos vorübergegangen sein müssen. Denn bereits bei der Einleitung haben sich mir die Nackenhaare aufgestellt.

Noch im Laufe der vergangenen Saison wurde vom österreichischen Footballverband, ohne die betroffenen Verein mit einzubeziehen, der Beschluss gefasst, die höchste österreichische Spielklasse, die Austrian Football League, um drei Teams zu erweitern.

Ich bin unter Umständen bereit ihnen zu glauben, dass sie das genau so glauben zu wissen. Sie haben es vielleicht wirklich so verstanden. Tatsächlich passierte das weder im Laufe der vergangenen Saison, noch wurden dabei die betroffenen Vereine nicht miteinbezogen.

Erste Gespräche darüber gab es bereits im Laufe der vorletzten Saison 2013, am 28. September dieses Jahrs stand das nach der letzten Ligasitzung auch fest. Der Ligaverantwortliche präsentierte den Plan, dazu die Anhänge, in diesen die Spielpläne und die Aufstiegs/Abstiegsszenarien nach der dann folgenden Saison 2014 für die Saison 2015.

Diese Pläne wurden Liga für Liga abgenommen.

Es wurde damit auch die Aufstockung aller Ligen beschlossen, welche mittelbar heuer auch zur dringend notwendigen Neugründung einer Division 4 führte. Drei Teams sollten deshalb u.a. auch gemeinsam die in die AFL aufsteigen, da damit ein für sie leichterer Spielplan zu erstellen ist (Strength Of Schedule), dazu gibt es noch finanzielle Hilfestellung seitens des Verbandes. Es war also noch nie so einfach in die AFL aufzusteigen, was bei besagter Sitzung im Übrigen mit Applaus quittiert wurde.

Das alles wissen (oder wussten bis kürzlich) die Knights offenbar nicht und ich ahne auch, warum das so ist.

Die Ligasitzung vor rund einem Jahr, bei der das alles eben passierte, begann um 8:30 Uhr, der allgemeine Teil um 11:00 Uhr. Um 15:30 Uhr stießen dann auch die Vienna Knights dazu. Die Sache selbst war zu dem Zeitpunkt natürlich schon längst gelaufen.

Der Artikel fußt also auf Ergebnisse einer Sitzung, die man selbst nicht erlebt hat, weil man erst sieben Stunden später und damit bei der Debatte zur tatsächlichen Ligaplanung selbst gar nicht anwesend war. Viele weitere Punkte in dem Artikel basieren dann in Folge auch darauf, denn die Geschichte geht ja noch weiter.

Boykott des Diskurses

Am Tag nach der letzten Austrian Bowl war ein Meeting angesetzt, die alle Beteiligten – AFL Teams, AFL-Aufsteiger, den Ligaverantwortlichen und AFBÖ Vorstand – auf einen Tisch bringen sollte. Es hätte dabei evaluiert werden sollen, wie der Stand der Dinge ist und wie man den neuen Teams in der AFL helfen kann.

Zu diesem Termin kamen die Knights nicht mehr einen halben Tag zu spät, sie kamen gar nicht.

Sie begründen den Vorgang so, dass man sich mit den anderen beiden Aufsteigern, den Carinthian Lions und Cineplexx Blue Devils, darüber verständigt habe, dass ein Aufstieg für das Trio gar nicht in Frage käme und man daher dem Treffen überhaupt kollektiv fern bleiben wird.

Abgesehen von der unvorhersehbaren Respektlosigkeit, ohne Rückmeldung ein Treffen nicht wahrzunehmen, die anderen aber mal hinkommen lässt (Was soll das bitte?), wussten die Vorarlberger und Kärntner von der Abmachung offenbar nichts, oder hatten diese vergessen, denn sie nahmen an dem Meeting teil. Nicht nur das, gaben sie auch ihre prinzipielle Bereitschaft bekannt, 2015 an der AFL teilnehmen zu wollen.

Nur 48 Stunden

In Folge ging der AFBÖ auf die Knights zu, um sich mit ihrem nun schon dauerabwesenden Vorstand einen Extrawurst-Termin auszumachen, um dem dann u.a. die Nachricht zu überbringen, dass ihr Rede-Boykott außer ihnen keine weiteren Anhänger fand und man sich nun doch langsam eine Antwort erwarte, wie es denn weitergehen soll.

Daraus konstruierte man dann diesen einleitenden Satz:

In den zwei Tagen, die der Verein zur Verfügung hatte, eine endgültige Entscheidung zu fällen…

Nein, liebe Knights. Ihr hattet rund 450 Tage Zeit, verbrieft sind es 303 Tage. Zwei Tage hatte ihr dann noch Zeit, nachdem ihr über ein Jahr lang alles versucht habt, den Tag X mit Fernbleiben, Aufrufen zum Fernbleiben und Verweigerung von Gesprächen nach hinten zu verschieben. Das hat nicht geklappt und das scheint mir Anstoß wie Motiv eures Schreibens zu sein.

Etlichen anderen Argumenten kann ich zum Teil folgen. Höheres Verletzungsrisiko, de facto sportliche Nichtqualifikation, erhöhter Zeitaufwand. Sie werden aber durch die Maßnahmen deutlich entschärft, so unterm Strich die Chancen den Risiken überlegen sind. Abgesehen davon, dass es eben eine Beschlussfassung gab. Mir ist klar, dass die Knights das nicht sehen (weil sie es im Detail auch nicht kennen), bin jedoch überzeugt davon, dass sie als AFL Team 2015 weder finanziell noch sportlich nicht in die Knie gegangen wären, mit vier Spielen gegen Teams die sie zuvor schon spielten und Heimspielen gegen Lokalrivalen, die die Tageskasse klingeln hätten lassen.

Schlussendlich gaben die Knights dann zu Protokoll nicht aufzusteigen und wurden den Beschlüssen nach abgestuft.

Auch die Carinthian Lions beschlossen das nicht zu tun und wurden ebenfalls abgestuft. Die Cineplexx Blue Devils wollten alleine in die AFL aufsteigen, was der Vorstand des AFBÖ, in Hinblick auf die ursprüngliche Agenda den Einstieg so leicht wie möglich zu gestalten, ablehnte. Die Hohenemser bleiben damit in der Division 1.

Der Plan selbst bleibt aufrecht und wird nun von 2015 auf 2016 durchgeführt. Auch das wurde bei der aktuellen Ligasitzung geklärt, wo u.a. von den möglicherweise betroffenen Teams der Vorschlag kam, die AFL im kommenden Jahr gleich um fünf Vereine, also auf eine Zehner-Liga, aufzustocken. Das ist zwar alles Zukunftsmusik und nicht wirklich realistisch, zeigt aber, dass die Angst unter den eben gegebenen Umständen in der Bundesliga zu spielen, nicht überall so groß ist.

Was hier passiert ist, ist also lediglich, dass ein nicht durchgeführtes Aufstiegsszenario zu den vorher schon festgestandenen Konsequenzen geführt hat. Mit einer Ausnahme: Man wollte den Knights nicht die Möglichkeit nehmen mit zwei Teams an einem Ligabetrieb teilzunehmen, womit ihr zweites Team in der Division 4 antreten kann.

Das einzig wirklich überraschende an der Sache ist, dass sich der AFBÖ Vorstand, wie so oft in Vergangenheit, nicht mehr von seiner dehnbaren Seite zeigte und klare Fronten schuf: Wer in der zweiten Bundesliga nicht den Zug in die erste Bundesliga hat und einen vorher beschlossenen Aufstieg aus welchen Gründen auch immer verweigert, der steigt ab. Ein übrigens gängiges Prozedere im Fußball, ganz speziell auch im Amateurbereich. Das ist also keine Neuerfindung oder gar etwas Footballspezifisches. Wir sind beim Football nur den Regeln außerhalb des Feldes bereits vollends entwöhnt, weil sie so angenehm beliebig waren zuletzt. Man spielt doch wo man grad selbst möchte gegen wen man sich das wünscht, oder nicht mehr? Richtige Antwort ist B.

Warum eigentlich aufstocken?

Die Frage nach den Motiven die Ligen zu vergrößern ist zweigeteilt zu beantworten. Zum einen ist es der Wunsch der Mehrheit der Mitgliedsvereine des Verbandes das zu tun (nicht nur, aber auch die AFL betreffend), zum anderen droht der AFL, mit lediglich vier österreichischen Teams, mittelfristig die Aberkennung der Staatsmeisterschaft. Es ist also nicht nur von einer Mehrheit erwünscht, sondern auch ein Gebot der Stunde.

Aus der ganzen Sache lassen sich dem Vorstand des Verbandes zwei Vorwürfe konstruieren.

1.) In 30 Jahren haben mehrere Vorstände, auch der seit einigen Jahren nun tätige, einiges bewegt, es dabei aber nie geschafft, eine klare Ligastruktur zu errichten. Die AFL und die Ligen darunter sind seit jeher ein Wunschkonzert. Dieses wurde über Jahre durch endlose Kompromissbereitschaft und mangels Entschlossenheit nicht nur etabliert, sondern sogar zur eigentlichen Kultur, zum einer der Football eigenen Aufstiegs/Abstiegs-Welt – widewide wie sie mir gefällt – erhoben. Von dem Nährboden aus sprießen überhaupt solche „Na, da gehen wir gar net mal hin“-Pflanzen, weil wir spielen dann eh, wo wir ihnen mitteilen, das vorzuhaben.

2.) Man hat es nicht geschafft, den Knights diese Agenda als gute Sache zu verkaufen, hätte erkennen können, dass es hier, wenn es auch eine reine Bringschuld ist bei Sitzungen zu erscheinen, zu einem veritablen Informationsdefizit gekommen ist. Man ist zwar nicht das Kindermädchen der „Was? Es war schon wieder Ligasitzung?“-Fraktion, aber man hätte den Schritt durchaus setzen können. Wenn auch nicht müssen.

Mehr fällt mir an Vorwürfen nicht ein. Schon gar nicht, dass man nun versucht, dieses Auf- und Absteigen nach Lust, Laune und Gusto mit den vorhandenen Sanktionen und Mitteln zu unterbinden und die Ligen nach drei Jahrzehnten endlich auf Vordermann zu bringen.

Es ist nämlich schon auch so: Die Knights müssen nicht aufsteigen, sonst wären sie dort. Ein Verweilen in der zweiten Bundesliga, mit dem Ansatz und Credo, dass der Aufstieg in die erste im Falle nicht stattfinden wird, ist für niemanden zielführend, außer man möchte das „Wünsch-dir-was-Ligasystem“ beibehalten. Es gibt mittlerweile fünf Ligen und 40 Teams. Fast alle wollen, dass die Ligen quantitativ aufgestockt werden und überhaupt alle wollen, dass es klare Regeln zum Aufstieg und Abstieg gibt. There you go.

Was können die Knights noch tun?

Die Generalversammlung Anfang nächsten Jahres kann Beschlüsse des AFBÖ Vorstands und der Ligasitzung aushebeln. Angesichts der Stimmung bei der Ligasitzung, die alles andere als endzeitlich-düster war, würde ich einem dementsprechenden Antrag keine allzu große Chancen auf eine Mehrheit einräumen.

Die Sache Division 3 und Division 4 anzugehen und als Aufgabe zu meistern, scheint mir die wesentlich vernünftigere Variante. Das wieder einmal bemühte „Horror-Szenario“, dass Teams die nach einer Abstufung alles in einer unteren Liga zusammenschlagen werden, das ist bisher zur Ernüchterung der Schwarzmaler noch kein einziges Mal eingetreten. Nicht bei den Gladiators, nicht bei den Rangers, nicht bei den Blue Devils, nicht bei den Invaders. Die nach Abstufungen, zum Teil um mehrere Klassen, sich zunächst mal sortieren und finden mussten, bevor sie Angst und Schrecken außerhalb von Online-Foren verbreiten konnten.

Übrigens war der Vorstand der Knights auch bei der aktuellen Ligasitzung nicht anwesend. Offenbar ist es ihm wirklich nicht so wichtig, um sich darüber überhaupt von Angesicht zu Angesicht zu unterhalten. Man hat ja eine Homepage, auf der man Stellungnahmen posten kann.
In dem Artikel steht quasi auch, dass jeder Ritter ein Recht auf Freizeit hat. Allerdings haben alle auch ein Recht auf vollständige Information und nicht nur auf selektive Wahrnehmungsprotokolle von Sitzungsschwänzern, die ihr Nichterscheinen dann noch als Tugend wahrnehmen.

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