Einmal im Jahren treffen sich die Mitglieder der EFAF, um auf ihrer Generalversammlung die Weichen für die Zukunft zu stellen, Beschlüsse zu fassen und auch die Tätigkeiten der abgelaufenen Saison kritisch zu begutachten. Dass das Jahrestreffen der europäischen Verbände nicht immer eine ruhige und friedvolle Veranstaltung ist, zeigte die Generalversammlung im vergangenen Jahr. In diesem Jahr verlief das Frühjahrestreffen dagegen ruhig und harmonisch. Auch wenn der Terminplan des derzeitigen EFAF-Präsidenten Robert Huber straff organisiert ist, nahm er sich die Zeit, Football Austria ein Exklusiv-Interview zu geben.

Am Rande der Generalversammlung, die dieses Mal in Berlin stattfand, unterhielt sich Michael Hundt mit dem Präsidenten des europäischen Footballverbandes u.a. über personelle Alternativen an der Spitze des Weltverbandes und woher die Vikings ihr Marketingkonzept haben, nämlich aus Hamburg.

Michael Hundt: Die EFAF-Generalversammlung ist beendet und Sie sind immer noch Präsident, nehme ich an…
Robert Huber: (lacht) Ja, bis 2014 gewählt und es gab heute keine lustigen Ereignisse. Es war eine ganz routinierte Sitzung mit dem allgemeinen Tagesgeschäft. 
Gibt es nennenswerte Beschlüsse oder Pläne für die Zukunft?
Es gibt zwei Projekte, die die Generalversammlung heute vorgestellt bekommen hat, die – wenn man so will – neue Initiativen darstellen. Das eine ist die Idee, eines europaweiten Jugendcamps, für Jugendliche aus allen Nationalverbänden. Das zweite ist ein All-Star-Team, was unter dem Namen „Development-Team“ laufen soll. Beim Ersten ist die Idee, dass man ein ein oder zwei Wochen dauernde Großveranstaltung macht, wo man Jugendspielern aus allen europäischen Ländern die Möglichkeit gibt, zusammenzukommen, möglichst in einer touristischen Destination, so dass es dann auch für Familienmitglieder interessant wird und dadurch auch den kleineren Verbänden, die keine Junioren-Nationalmannschaft haben, das ist dann doch immerhin knapp die Hälfte unserer Mitglieder, eine Mitmachmöglichkeit gibt. Bei dem „Development-Team“ ist die Idee, dass man Spieler, Trainer, Sidelinestaff, Teamärzte, Techniker, Statistiker und alles, was zu einem Betrieb eines Footballteams, zusammenholt und dann aus den Anwesenden dann zwei Teams formt, die gegeneinander spielen. Oder man formiert ein Team, das dann gegen ein US-College oder gegen einen benachbarten Verein spielt. Auch dort ist wieder der Ansatz, dass es ein Angebot für alle Mitglieder ist – und halt auch wieder der Schwerpunkt für die, die so ein Programm nicht haben. 
Das klingt aber schwer auch wirklich umzusetzen, weil es ja in den einzelnen Ländern erhebliche Altersspannweiten gibt. Die einen fangen bereits sehr früh mit Tackle-Football an, viele aber erst wesentlich später…
Das ist dann einfach eine Sache die man definieren muss, in welchem Zeitabschnitt das ablaufen muss. Aber ich denke, dass man nicht anfangen wird mit Unter-15, sondern, dass man sagt man macht es U-19 oder U-17. Und das wird ja nun schon bei Allen gespielt.
Wie wurde die Idee aufgenommen?
Es wurde positiv zur Kenntnis genommen. Natürlich ist bei solch einem Projekt die Frage nach den Details. Es hat generell eine positive Aufnahme gefunden. Also planen wir jetzt für 2013/2014. 
Bleiben wir beim Thema Jugend. Es war in der vergangenen Woche auf einer deutschen Webseite zu lesen, dass die kommende Junioren-WM eventuell in Deutschland stattfinden könnte. Wurde darüber auch gesprochen?
Das war hier heute kein Thema, weil auf der Europaebene wir zwar zur Junioren-EM sprechen, aber die WM war nur insofern ein Thema, das informiert wurde, welche Mannschaften teilnehmen. Qualifiziert haben sich sportlich die ersten Drei der Junioren-EM, somit auch die Mannschaft aus Österreich als amtierende Junioren-Europameister.
Es ist wohl so, dass die Kollegen in den Vereinigten Staaten die Teilnehmerbeiträge für das Turnier noch kurzfristig nach oben gesetzt haben, weil es überraschend ein Budgetloch gab. Man hat dann bei den teilnehmenden Nationen angefragt, ob sie nicht bereit wären, dieses Loch zu stopfen. Das bringt jetzt auch ein paar Diskussionen mit sich, weil ein paar Länder nicht ganz verstehen, wieso auf einmal vier Monate vor einem Turnier heißt, dass eine Teilnehmergebühr von 15.000 Euro nicht mehr ausreicht, sondern es soll ein wenig mehr gezahlt werden. Aber ich gehe mal davon aus, dass die drei qualifizierten Mannschaften auch teilnehmen werden.
Kommen wir zum Herrenbereich. Sind Änderungen in der EFL bzw. in den europäischen Wettbewerben geplant?
Es wird eine Fortschreibung der Vereinswettbewerbe geben. Da gibt es nichts wesentlich Neues. EFL und EFAF-Cup werden vom Turniermodus her in dieser Saison so weitergeführt. Für die nächste Saison weiß man nie, ob sich etwas ändert. Das wird ja immer erst im September oder Oktober mit den Vereinen zusammen beraten. Es gibt aber Entwicklungen im Bereich der Vereinswettbewerbe in Richtung Medienpräsenz. Wir sind derzeit im Gespräch mit Eurosport/Eurosport 2, inwieweit es die Möglichkeit gibt, die EFL-Playoffs einzubinden. Da haben wir grundsätzlich auch Interesse bei Eurosport vorgefunden. Jetzt ist halt die Situation, dass man schauen kann, wie konkret es dann auch wird. Nehmen wir einfach mal das Beispiel, dass ein Finale in Innsbruck, in Wien oder in Graz ein Finale stattfinden sollte, dann haben wir mit Sicherheit wieder den ORF mit an Bord. Dann gibt es die Möglichkeit, dass über die Eurovision Eurosport die Möglichkeit hat, sich die Rechte außerhalb von Österreich zu sichern. Was dann natürlich im Hinblick auf Produktionskosten und solche Geschichten auch ein Aspekt ist. Wenn jetzt die finnische Mannschaft überraschend ins Finale kommt, dann muss man sehen, wie man das dann halt darstellen kann.

Gerade hier in Österreich hat es viel Verwunderung darüber gegeben, dass die Partie zwischen den Prague Panthers und den Danube Dragons ursprünglich in der EFL angesetzt war, dann aber aus dem Plan gestrichen wurde und dass nun das reguläre AFL-Spiel auch als EFL-Partie wertet. Was sagen Sie dazu?
Das ist letztendlich eine Geschichte, die weniger uns betrifft als mehr den österreichischen Verband. Bei uns ist es so: Wir haben eine Spielansetzung als EFL-Spiel und wenn das parallel auch noch für den nationalen Wettbewerb genommen wird, dann ist das kein Problem. Zumal die beiden Teams ja auch aus zwei Ländern stammen und es somit eigentlich schon eine international Liga gibt. Wir werden sicherlich als Europaverband mit einem separaten Spiel glücklicher gewesen, aber es gibt dann immer die Nöte eines Spielplans. Da die AFL in dieser Saison mit Hin- und Rückspiel gespielt wird, werden mehr Termine benötigt. Hinzu kommt die Junioren-WM, die den Terminkalender blockiert. Da haben wir zur Kenntnis genommen, dass es diese Terminnöte gibt und dann musste der Verband nach eine praktikablen Lösung suchen, ohne dass man die eigenen Regularien außer Kraft setzt. 

Warum hat man dann aber nur eine Partie hergenommen und nicht beide Begegnungen?
Das ist etwas, was wir den Vereinen zum einen freistellen, zum anderen hätte es einen zweiten Termin gegeben, dann hätten wir auch nicht die Kombination gebraucht. Dann hätten wir den freien Termin für ein eventuelles Rückspiel genommen, um eine getrennte EFL-Partie losgelöst vom AFL-Spielbetrieb zu organisieren. Wobei es da wohl auch so war, dass die Vereine gesagt haben, dass vier Partien in der Saison gegeneinander nicht wirklich einen Sinn ergeben. 
Sie erwarten also keine Wettbewerbsverzerrung?
Ich würde es mal so sagen: Wenn es eine Wettbewerbsverzerrung gibt, dann zulasten der beiden Vereine und nicht zulasten der anderen Teams. Natürlich ist es für die beiden Vereine eine andere Situation. Denn so wie ich es mir von der spielleitenden Stelle in Österreich habe erklären lassen, wird das Spiel nicht nach EFL-Regeln gespielt, sondern nach den Regularien der AFL, die viel restriktiver sind im Bezug auf die Ausländerthematik. So können beide Mannschaften weniger Amerikaner einsetzen als sie es in der EFL könnten. 
Was erwarten Sie sich persönlich vom diesjährigen Eurobowl-Wettbewerb?
Ich gehe davon aus, dass es nicht nur drei Länder sein werden, die mitspielen werden. Es war ja in den letzten Jahren so, dass es immer Österreich, Deutschland und Frankreich waren. Ich gehe davon aus, dass Calanda auch ein Wort mitsprechen wird. Damit hätten wir dann vier Länder, die interessanterweise alles zentraleuropäische Länder sind, die Chancen haben, ins Finale zu kommen. Außenseiterchancen hat auch Helsinki, das bei den Spielern sehr zugelegt hat. Das ist für denn Wettbewerb nur gut. Wobei man sich fragen muss, ob es wirklich sinnvoll ist, dass Vereine mit finanziellen Kraftakten sich so aufrüsten, dass es am Ende dann ein All-Star-Team aus einem Land ist. Das ist für die langfristige Entwicklung mit Sicherheit nicht förderlich. Auf der anderen Seite ist es auch so, dass es – solange es innerhalb  von den Regeln erlaubt durchgeführt wird  und dadurch ein zusätzliches Land in den Wettbewerb hineinkommt – dem Wettbewerb auch gut tun kann.

Schweden hat dieses Jahr für den Eurobowl kein Team gemeldet. Bedauern Sie das?
Wir bedauern es als Europaverband jedes Vollmitglied, welches keine Mannschaft in die Wettbewerbe schickt. Eigentlich ist es auch so, dass ein starker Verband mit einem sehr großen Nationalmannschaftsprogramm immer in der Lage sein müsste, eine Mannschaft zu stellen. Wenn die Mannschaft nicht kommt, dann fehlt die. Ein Wettbewerb ohne eine schwedische Mannschaft ist definitiv auf einem schlechteren Niveau als mit. Auf der anderen Seite hat man uns von Seiten Schwedens die Gründe, warum man keine Mannschaft geschickt hat, nicht wirklich erläutert. Das heißt, wir können dann auch nur spekulieren. Was ich allerdings weiß ist, dass Carlstad immer das Problem hatte, von der Lage in Schweden immense Entfernungen zu bewältigen hätte.

Vom schwedischen Verband wurden die eigentlichen Gründe nicht genannt. Wie ist das Verhältnis zwischen Ihnen und Tommy Viking mittlerweile?
Wir haben uns bei der Hochzeit vom finnischen Vizepräsidenten letztes Jahr getroffen. Wir hatten überhaupt keine Probleme im menschlichen Umgang. Also insofern hat man schon Kontakt. Aber es schon so, dass es aus Sicht eines europäischen Verbandspräsidenten nur merkwürdig ist, wenn der schwedische Verband Delegierte zu Europasitzungen schickt, von denen man später dann herausfindet, dass sie doch besser um das Ansehen des Sportes nicht zu gefährden, nicht hätten geschickt werden sollen. Das fällt dann auch irgendwann auf die Organisation zurück, die solche Leute schickt. Nur als Beispiel: Wir hatten in Europa im vergangenen Jahr eine Mitgliederversammlung, die dann nicht vollständig stattfinden konnte. Es gab im Vorfeld der Veranstaltung eine Berichterstattung in einer namhaften deutschen Tageszeitung. Diese Berichterstattung wurde mittlerweile von der Zeitung zurückgenommen und der Artikel, der damals verbreitet wurde, ist mittlerweile komplett gestrichen. Es hat sich in der weiteren Abfolge herausgestellt, dass der Vertreter der schwedischen Delegation, der offiziell in Budapest war und auch – was ich persönlich nicht so ganz nachvollziehen kann – als potentieller Nachfolger gehandelt wurde, dass der dann den Kontakt zu der Journalistin hatte, die den Artikel produziert hat, und es Schriftverkehr gibt, bei dem sich die Journalisten bei dem Delegierten dafür entschuldigt, dass die Überschrift des Artikels nicht noch reißerischer geworden ist. Da wundert man sich und fragt dann halt doch, wie jemand, der Weltverbandspräsident und zugleich schwedischer Präsident ist, so etwas zulassen kann und am Ende nicht einmal ein Wort der Selbstkritik erhoben wird.

Das klingt nach sehr viel Gesprächsbedarf…
Nicht von meiner Seite. Es ist nicht mein Problem. Ich kann aber auch sagen, dass wir dieses Jahr Wahlen im Weltverband haben und dass dann sicherlich auch dort personelle Alternativen geben wird.

Wollen Sie wieder kandidieren?
Ich bin nie als Weltverbandspräsident im Gespräch gewesen. Und das ist auch keine Option, die ich ernsthaft erwäge. Der Weltverband ist eine Organisation, die mehrheitlich von den finanziellen Mitteln der NFL abhängt, die früher über USA Football ausgeschüttet wurden. Ich will es mal so sagen: Unser Freunde in den USA schätzen es schon, wenn die Leute, die bei ihnen für Geld vorsprechen, dann auch nicht unbedingt als unabhängige Geister entpuppen sondern doch lieber in der Richtung tätig werden, wie es die amerikanischen Kollegen es dann auch wollen. Aufgrund der 15 Jahren dauernden gemeinsamen Erfahrung, die wir in Deutschland mit der NFL hatten, sind die Interessen nicht immer deckungsgleich gewesen. Daher ist das für mich außerhalb jeglicher Relation. Und mit meinen derzeitigen Funktionen bin ich mehr als ausgelastet.

In Deutschland geht die Saison bald los. Hier in Österreich läuft die neue Saison bereits. Verfolgen Sie das Geschehen?
Ich bekomme regelmäßig den Newsletter des österreichischen Verbandes, wo ja der Herr Chefredakteur von Football Austria inzwischen aus tätig ist. Ich freue mich dann immer über die Artikel, in den berichtet wird, wie man sich vorbereitet, den Deutschen als nächstes wieder ein Bein zu stellen. Natürlich ist Österreich eines der stärksten Länder und die AFL ist eine der stärksten Ligen in Europa und selbstverständlich hat man dann auch immer ein Auge darauf, wer in Österreich an der Spitze steht. Witzigerweise sind das dann auch immer die Mannschaften, die in EFL ganz vorne mitkämpfen.

Es gibt ja durchaus einiges, was sich die deutschen Vereine bei den österreichischen Teams abschauen können. Internet-TV zum Beispiel…
In Deutschland ist zum Thema Internet-TV ein etwas anderer Weg eingeschlagen worden. Wir haben die Situation, dass die Vereine das nicht als eigene Produktion unter einem eigenen Label machen, sondern dass man dort den Weg gegangen ist, alle Vereine zusammen in einem Pool bündelt. Es wird dann ein Format für die gesamte Liga produziert, die allerdings aufgrund der finanziellen Ressourcen auf einem Highlight-Format bewegt. Wir hatten das auch durchgerechnet: Die Kosten, die für ein High-Quality-Internet-Livestream-Format entstehen, sind doch sehr erheblich und wenn dann doch nicht die finanziellen Möglichkeiten eines Sponsors wie die Firma Swarco dahinterstehen, die das mit voller Kraft unterstützen, dann ist das außerhalb der Reichweite. 

Was das Abschauen betrifft, so sage ich, dass jeder von jedem immer etwas lernen kann. Derjenige, der denkt, dass der eigene Weg der richtige ist und dass man vom anderen nichts lernen kann, der ist selbstgefällig. Und Selbstgefälligkeit führt zur Selbstzufriedenheit und Selbstzufriedenheit macht langsam. Wenn man zu langsam ist, wird man abgehängt. Wobei das aber auch für die österreichischen Vereine gilt. Ich bin mir sicher, dass es auch dort keine Einbahnstrasse ist. Ich kann mich noch daran erinnern, dass die Vienna Vikings nach Hamburg fuhren, um dort ihr EFL-Habfinale zu spielen, und dort dann sahen, wie die Hamburg Blue Devils ihr Marketingkonzept hatten. Da hieß es dann auf Seiten der Vikings, dass das nun das Vorbild ist und man hat versucht, diese Modell zu kopieren. Sehr erfolgreich.
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