Die Budapester wiederum haben ihr erstes Match auswärts (0:16 gegen die Carinthian Cowboys) glatt verloren. Die Division II ist völlig offen. Als einziges Team ohne Niederlage stehen nur mehr die Tyrolean Raiders II da, die Amstetten Thunderbolts sind noch ohne Sieg.
Das Bemerkenswerteste an der Sonntagsbegegnung in Budapest: gut 3500 (!) Fans, ein Presseaufmarsch als sei man direkt bei den nächsten bei olympischen Spielen gelandet und eine Footballshow, die jenen der heimischen AFL Teams um nichts nachsteht, ja die von manchen Teams in der ersten Liga sogar locker in den Schatten stellt.

Ausschlaggebend dafür ist nicht alleine die Begeisterungsfähigkeit der Ungarn für American Football, sondern auch die Person Attila Àrpa. Der 33 jährige gebürtige Münchner mit ungarischen Wurzeln, ehemaliger Produzent und Creative Director von RTL Klub, ist nicht nur in seinen zwei Heimatländern eine bekannte Medienpersönlichkeit und Buchautor, sondern Tight End und Mitbegründer der Budapest Wolves. Ein gefundenes Fressen für die ungarischen Medien, wenn ein "Intellektueller" so einen "wilden Sport" betreibt. Dementsprechend mächtig natürlich die Berichterstattung der Presse und des Rundfunks. Übertragungen der Matches im Fernsehen, Fototermine für Frauenmagazine, Sportberichte, Adabei Stories und Einladungen zu Talk Shows gehören für die Wolves somit quasi zum Tagesgeschäft. Àrpa versteht es sein Standing in den Medien für den ungarischen Football zu Nutzen.

The strength of a woman
Einfallsreichtum und Überraschungseffekte sind die Stärken der ungarischen Organisatoren.
So begrüßte man die Presse mit nicht ganz unattraktiven Hostessen und Mehlspeisen (scharf und süß zugleich – Ungarrrrisch halt), ließ am Feld ein etwas luftig bekleidetes Rotkäppchen vom bösen Wolf verfolgen (Grrrrr – Ich fresse dir!) und die von Attila Àrpa selbst entworfenen Cheerleader Kostüme zeigten dem dann zur Gänze abgelenkten Besucher mit wie wenig Stoff ein Mann doch ein Skirt schneidern kann.
Alles Macho, oder was?
Natürlich liegt es nicht am ungarischen Sparsinn, daß hier Teile frei lagen, sondern rein an der Phantasie von Mannsbildern, welche da nur mehr eine Ausrede aus dem Hut zaubern können: "There’s no business like show business", denn daß Frauen alleine als Aufputz dienen, will man in Budapest so nicht gelten lassen. Das ist nur ein Teil des ganzen Programms, wie es Àrpa zu sagen pflegt: "eine Frage des Stils", denn neben dem Femme Fatale Programm, Pyroshows und Wolfsgeheul überzeugten die Magyaren am Ende auch sportlich.

Weniger überzeugend die Fachkenntnisse bei Teilen des Publikums und vor allem des Platzsprechers. Zumindest für letzteren gilt: wenn man wenig Ahnung von Football hat, ist das noch kein Problem, aber man sollte dann versucht sein an den richtigen Stellen zu Schweigen. Es ist in der Liga weder Usus das Feld mit 140 Dezibel aus einer Anlage zu beschallen, (zufällig gerade dann, wenn der Gegner in der Offense ist) noch Schiedsrichter Entscheidungen lauthals ins Lächerliche zu ziehen. Die Partie wurde von den Unparteiischen sehr gut und auch fair geleitet. Die einzig wirklich unfaire Aktion war ein entrückter Super-Late Hit von Wolves LB Sàndor Kovàcs, der postwendend und völlig richtig eine Matchstrafe dafür kassierte. Auch wenn für den Platzsprecher manche Regeln nicht ganz durchschaubar sein sollten, gibt es noch keinen Anlaß dafür das Publikum aufzuhetzen und sein eigenes Unwissen auf Tausende andere zu übertragen. Es sollte vielmehr in seiner Kompetenz liegen den neugewonnen Football Zuschauern das Spiel näherzubringen. Dürfte er sich aber gar um einen Fachkundigen gehandelt haben, der hier mit Absicht ein wenig Paprika in die Menge pfeffern wollte, dann war das nicht gerade ein schlauer Wolfszug hinsichtlich der Bemühungen die Challenge Bowl (im Falle einer Qualifikation) in Budapest auszutragen. Ein leicht bitterer Beigeschmack zu der ansonsten sehr wohlschmeckenden Veranstaltung. Hier wäre aus unserer Sicht noch der Hebel anzusetzen, denn auch das ist eine Frage des Stils.

Im österreichischen Football ist Etikette (auch bei den Fans) kein leerer Begriff. Der Beifall für gute Spielzüge oder verletzte Spieler des Gegners hat sich ebenso durchgesetzt, wie das völlige Ausbleiben von Pfeifkonzerten bei mißliebigen Schiedsrichterentscheidungen. Fürs ungarische Stammbuch: das sind Standards aus der Liga des Eurobowl und EFAF-Cup Champions. Nicht viel anders verhält es sich in der GFL. Es wird heute nicht an Ungarn liegen diese für den österreichischen Football anders zu definieren. Will man mehr als bloß geduldeter Mitspieler werden – und die Chancen dafür stehen mehr als gut, sind die Tore in Österreich für so ein tolles ungarisches Team weit, weit offen – dann wird man sich danach richten müssen. Damit genug der "Maßregelungen" durch den Herrn Oberlehrer von Football-Austria.com. Ich wollte das präventiv aber genau so gesagt wissen, da hier unter der jungfräulichen Begeisterung ein wenig der Respekt gelitten hat.

Das Match
Die Knights fuhren voller Selbstvertrauen nach Budapest. Nachdem man die Gladiators zu Hause relativ deutlich bezwingen konnte, rechnete man sich gute Chancen aus auch gegen die Wolves die Oberhand zu behalten. Die Rechnung wurde aber ohne dem Wolf gemacht.

Kuriosum am Rande war der Coin Toss. Die Wiener gewannen ihn, verweigerten aber die Wahl. Damit wollte man den Gegner noch vor dem ersten Spielzug überraschen, denn hatte dieser unerwartet und plötzlich die Qual der Wahl. Einem unerfahrenen Team hätte hier der Fehler unterlaufen sollen sich für den Ankick zu entscheiden, womit die Knights beide Halbzeiten das Angriffsrecht inne gehabt hätten. Ein netter Versuch, auf den die Ungarn allerdings nicht hereingefallen sind.

Bis zum Ende der ersten Halbzeit hatte man das Gefühl es steht hier eine sehr defensive Defense einer etwas offensiveren Defense gegenüber, unabhängig davon welches Team gerade im Angriff war. Beide Offensivformationen produzierten Fehler. Höhepunkt aus Sicht der Wolves: ein Trickspiel Versuch (Wir nehmen an es hätte ein Double-Reverse werden sollen), der sie aber beinahe selbst ausgetrickst hätte. Der Ball landete statt in den Händen des Runningbacks in sehenswerter Manier am Rasen. Die Knights konnten aus diesem "unforced fumble" aber keinen Nutzen ziehen. Der von seinen eigenen Leuten gehörnte QB konnte den Ball recovern.

Die Wiener standen dem aber in nichts nach. Zwei Interceptions durch die Linebacker Sàndor Kovàcs und Gèza Farkas waren signifikant für das Paßspiel der Knights an diesem Tag. Farkas wurde auch in der zweiten Halbzeit, wie Defensive Back Bèla Krausz unerwartet von Knights QB Christian Nowotny bedient. Bei den Wienern fehlte übrigens Junioren QB Roger Schlegelmilch und Nowotny erwischte einen rabenschwarzen Tag.

Kurz vor Ende der ersten Halbzeit die erste spielentscheidende Szene. Ein langer Paß von Istvàn Varga auf WR Csanàd Kiràly zum 1st Down. Varga erledigte persönlich mit zwei starken Läufen über knapp 25 Yards den Rest. Der PAT wide left – Halbzeitstand 6:0.

In der zweiten Hälfte beinahe das gleiche Bild wie in der ersten. Zwar kamen beide Teams in der Offensive etwas besser ins Spiel, aber so richtig wollte der Funken vorerst nicht überspringen. Defense rules – und das bekamen die körperlich unterlegenen Wiener im letzten Viertel hart zu spüren. In diesen 12 Minuten zerlegte das zahlen- und kräftemäßig überlegene Wolfsrudel die Ritterherde.

Vorbereitet durch einen 25 Yards Lauf von Wolves RB Christiàn Rittinger, lief erneut Istvàn Varga 7 Yards in die Endzone der Knights. PAT good – 13:00. Interessant die Reaktion der Knights auf diesen Score. Nachdem man dreieinhalb Viertel lang mit der eigenen Offense nicht zum Erfolg kommen konnte, sah man keinen Sinn mehr darin den Score zu halten und stellte einige Backups auf Feld um ihnen Spielpraxis zu geben.

Danach ging es Schlag auf Schlag. Knights QB Nowotny mußte einen Sack durch Tamàs Kovàcs zur Kenntnis nehmen und das Spiel lief auf einer schiefen Ebene nur mehr in eine Richtung. Ganze 38 Yards legte Christiàn Rittinger zum 20:0 zurück, 31 weniger reichten für RB Pèter Edèlenyi zum Endstand von 27:0. Der Spielzug der Knights zwischen den beiden Wolves TDs: eine Interception.

Fazit:
Die Knights waren nicht das klar schlechtere Team, technisch dürfte man sogar etwas besser aufgestellt sein als die Wolves, wobei das noch zu beweisen wäre. An diesem Sonntag waren sie in beiden Belangen unterlegen. In die kommende Begegnung gegen die Thunderbolts in Amstetten gehen die Knights für Football-Austria.com trotzdem als klare Favoriten ins Rennen. Im Vergleich zu den Wolves fehlt es den Wiener aber eindeutig an Trainingseinheiten in der Kraftkammer bzw. an bulligen Spielertypen. Die Budapest Wolves sind allen anderen Teams in der Division 2 körperlich überlegen. Gelingt es nicht, sie mit Pässen auszuspielen, dann wird es mit Fortdauer der Begegnung schwer für den Gegner. Als nächstes treffen die Wolves auf die Gladiators. Von der Spielanlage her zwei sich ähnelnde Mannschaften. Physisch stark – technisch noch sehr ausbaufähig. Auswärts sind die Wölfe nur halb so hungrig (mag man meinen), aber das Rudel dürfte nach dieser Vorstellung Blut geleckt haben. Hier kommt am 7. Mai ein, im wahrsten Sinne des Wortes, schwerer Brocken auf die Burgenländer zu. Allerdings werden die Budapester ohne 3500 Fans im Rücken erst beweisen müssen, daß es auch "oben ohne" geht.
Walter H. Reiterer für Football-Austria.com

Scores:

1. Qu.:
No Score

2. Qu.:
6: 0 (# 22 István Varga) PAT no good

3. Qu.:
No Score

4. Qu.:
13 : 0 (# 22 István Varga) PAT good
20 : 0 (# 20 Christian Rittinger)PAT good
27 : 0 (# 35 Peter Edeleny) PAT good;

Budapest Wolves vs. Vienna Knights 27:0 
(0:0/6:0/0:0/21:0)
24.04.2005, Kickoff: 16.15h, Boszik Stadion, Budapest, 3500
Referees: Edelmüller / Zemsauer M. / Steiner / Zemsauer E. / Dungler

Football-Austria.com Spielbewertung (max. 10 Balls)
Spielniveau:
Ambiente:
Unterhaltungswert:
Burgertest: Super Hot Dogs, keine Burger

Football-Austria.com MVP:
Istvàn Varga

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