Die Minis- und Jugendmannschaften der Raiders und Vikings lieferten sich am W1 zwei Endspiele der Extraklasse.

Oh happy day
Die Sonne strahlte wissend über den W1-Platz des Innsbrucker Tivolis. Es sollte ein guter Tag für den heimischen Nachwuchsfootball werden. Einer, der leider viel zu wenigen in der heurigen Saison, in der Absagen und Spielabbrüche die Laune ebenso trübten, wie zum Teil fragwürdige Auftritte mancher Vereine. Zu guter letzt gab auch noch ein für viele unbekanntes Gesprächsprotokoll des AFBÖ aus dem Jahre Schnee, welches die WSO in einem wesentlichen Punkt aushebelt, wenig Anlaß für Jubel. Das alles war an diesem denkwürdigen Tag vergessen. Die Swarco Raiders Tirol und Dodge Vikings geigten unter der Sonne Tirols auf, als hätte es kein gestern gegeben.

Dazu lieferten die Tiroler ein beinahe perfektes Ambiente. Die Hütte gerammelt voll (~ 400 zahlende! Zuschauer, viele davon auch aus Wien), ein kompetenter und sehr angenehmer Platzsprecher, fachlich supported by Raiders Vize Gerwin Wichmann und feinste Verpflegung. Die Soundmaschine machte leider zwischendurch immer mal schlapp, so hatten die Refs und der Platzsprecher öfter mal nicht den besten Ton über die Anlage. Sei’s drum.

Vom schönen Rundherum offenbar inspiriert, zeigten dann vier Mannschaften in zwei Finalspielen American Football-Sport vom Feinsten. Hart, aber herzlich, wenig Strafen, viele gute Szenen in zwei Matches die beide bis zum Schluss an der Kippe standen. Man trennte sich am Ende des Tages gütlich (ein Titel pro Verein), genauso gut hätten aber auch die Wiener oder die Tiroler mit zwei Bowls vom Platz gehen können. Alles auf Augenhöhe, zwei Programme die sich kennen, schätzen und aneinander messen.

Bei den Minis (das erste von zwei Sensations-Finalspielen) hatten die Raiders das bessere Ende für sich. Auch Dank eines groß aufspielenden Adrian Platzgummers, der später auch zum MVP gekürt wurde, sicherten sich die Raiders ganz knapp den Titel.

Nach einem ersten Viertel des gegenseitigen Abtatstens, schlugen die Hausherren im zweiten Spielabschnitt mit zwei Touchdowns zu. Das Spiel schien zur Halbzeit ganz nach dem Geschmack der Raiders zu verlaufen, doch die Vikings kamen ganz stark zurück. Im dritten Viertel glichen die Wiener mit zwei Touchdowns zum 14:14 aus, ehe Adrian Platzgummer und Elias Erbschwentner (mittels Conversion) auf 22:14 davon zogen.

Doch die Gäste gaben sich nicht geschlagen, erzielten kurz vor Spielende ebenfalls ihren dritten Touchdown. 22:20 stand es vor dem Extrapunktversuch, der zwei Punkte einbringen musste. Der Pass war gut, aber nicht gut genug. Der Receiver konnte den Ball nicht in der Endzone unter Kontrolle bringen. Statt einer Overtime, zu der es dann wohl gekommen wäre, trugen die Tiroler den Sieg davon. Großer Jubel bei den Kleinsten im heiligen Lans – Enttäuschung bei den Vikings-Minis. Die Coaches trösteten sie aber, denn sie haben gut gespielt und waren ganz knapp dran.

Wir brauchen Männer
Herrlich auch das season-ending-huddle der Raiders, wenn Daniel Dieplinger seine Burschen als "Männer" anspricht. Wahrlich sah man an dem Tag, was den Sport betrifft, keine kleinen Kinder am Platz, sondern – tja – eben Männer. Ansonsten bleibt bitte alle zusammen noch einige Jahre Kinder, denn diese Zeit hat man(n) (angeblich) nur ein Mal im Leben und der Schreiber selbst weiß ganz genau wie oft und wie gerne er heute noch ein Kind wäre. Wobei ja eine Theorie existiert, dass Männer ihr Leben lang auch Kinder bleiben dürfen/können/sollen/müssen. Die Spielzeuge werden halt teurer, der Bartwuchs dichter, der Bauchumfang weiter – ansonsten ändert sich nicht viel. Der Versuch Mädchen tatsächlich und zur Gänze zu verstehen ist mit elf ebenso zum Scheitern verurteilt, wie mit 41. Also macht euch gar keine Gedanken darüber, dass sich daran viel ändern wird. Play Football.

Mini Bowl VII

Swarco Raiders Tirol vs. Dodge Vikings 22:20
(0:0/14:0/0:14/8:6)
03. November 07 | 12:00
Tivoli W1, Innsbruck
Officials: Wahl / Kuntschik / Leue / Balac / Lair / Hölbling
MVP: Adrian Platzgummer (Raiders)

Äußerlich dem Kindsein schon entwachsen und dem Mannsein, auch im Styling, längst verpflichtet, präsentierten sich die beiden Jugendmannschaften (U16) im Endspiel (das zweite von zwei Sensations-Finalspielen).

Nach einem abwechslungsreichen ersten Viertel (16:8 für die Raiders), welches nahtlos an das Offensiv-Spektakel des Grunddurchgangsspiels (44:41-Sieg Vikings) anschloß, entwickelte sich danach aber interessanter Weise eine sehenswerte Defense-Schlacht, die so gar nichts mehr mit dem Touchdown-Reigen vom 14. Oktober gemein hatte. Im zweiten Viertel hielten beide Verteidigungen ihre Endzonen sogar sauber und so ging es bei diesem Stand auch in die Halbzeit.

Dorthin gehen, wo es weh tut
In diese Zone ging, einmal mehr, Vikings-Runningback Marc Binstofer. Was man in den beiden letzten Vierteln von ihm sah, kann man getrost als selbst gewählten Leidensweg bezeichnen. Binstofer suchte den Schmerz und fand ihn in den Armen der Raiders D-Line und ihrer Linebacker und Corners. Je nachdem wie weit er halt mit seinen Läufen kam. Akustisch wie optisch erinnerte das Spiel phasenweise an eine NFL-Crush Sednung (wenn Männer Ächzen und Stöhnen). Die Raiders versuchten defensiv alles die brachialen Angriffe der Wikinger aufzuhalten, musste sie aber in jedem Viertel ein Mal bis in die Endzone vordringen lassen. Das reichte knapp für den Sieg, denn auf der anderen Seite ließ die Vikings-Defense keine Punkte mehr zu. Ein Genuss zum Zuschauen, denn die Herren schenkten sich rein gar nichts. Blieben dabei aber, auch nicht selbstverständlich heuer, stets fair. Wir sehen Nationalteamtrainer Bernhard Binstorfer, wie er seinen Sohn die nächsten Tage pflegen wird. Au, das tut aber schon weh an der Stelle. Hör auf zu raunzen, Bua!

Emotionaler Abschied
Mit dem Sieg in der Jugend Bowl verabschiedeten sich gleichzeitig auch zwei Vikings-Urgsteine vom Verein. Zumindest für die nächsten Jahre. Rudi Lehner, der heuer zum ersten Mal auch bei der Jugend coachte, wird die nächsten sechs Semester in seiner Freizeit die Schulbank drücken (B-Matura) und Mario Klima kann seine berufliche Herausforderung nach zehn Jahren nicht mehr mit der eines Trainers verbinden. Beide gehen schweren Herzens und wurden von Vikings-Präsident Karl Wurm am Tivoli via Mikrofon "in die Freiheit entlassen."

Abseits der Kameras sprach Mario Klima Worte, die wir Ihnen nicht vorenthalten können und auch nicht müssen.

"Ich habe als Trainer eine Verantwortung gegenüber den Burschen", erklärte Klima. "Etweder ich mache etwas ganz oder gar nicht. Im späteren Teenager-Alter suchen die Jungs nach einer Bezugsperson. Die Eltern sind dann oft weniger "wichtig" als der Coach. Ich kann dann nicht jedes zweite Training nicht dabei sein und gleichzeitig dieser Coach sein. Das rennt nicht zusammen, daher höre ich fürs erste mal auf. Comeback nicht ausgeschlossen, weil sag niemals nie. Jetzt steht aber mal mein Beruf im Vordergrund."

Seine Motivation
"Mein halbes Leben wurde vom Football-Sport geprägt. Keine andere Mannschaftssportart kann dich so zu einem Teamplayer formen. Im Football gibt es in Wahrheit ja keine Dicken, Dünnen, Zwerge oder Riesen, sondern nur: ein Team – das Team – dein Team. In Wien – in Tirol – überall ist das so. Die Fähigkeit andere nicht nur zu respektieren wie sie sind, sondern auch mit ihnen gemeinsam etwas zu erreichen, was du alleine nicht erreichen kannst, hat mir persönlich den Weg gezeigt wo es lang geht im Leben. Das ist der wirkliche Sinn von American Football. Du lernst für dein Leben. Es ist mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung. Ich war nur aus einem Grund diese ganzen Jahre Trainer: Ich wollte mein Gefühl, welches ich vom Verein und vom Team bekam, anderen, jüngeren Menschen wieder geben. Das ist eine Verpflichtung, die du spürst, wenn du das einmal gefühlt hast. Es sieht sehr wild aus, ist aber in Wirklichkeit ein emotionales Sozialisierungs-Programm."

Beide Coaches verlassen die Vikings mit diesem Erfolg, Mario Klima wird aber zumindest dem Junioren-Nationalteam weiterhin zur Verfügung stehen.

Jugend Bowl XIV
Swarco Raiders Tirol vs. Dodge Vikings 16:24
(16:8/0:0/0:8/0:8)
3. November 07 | 15:00
Tivoli W1, Innsbruck
Officials: Wahl / Kuntschik / Leue / Balac / Lair / Hölbling
MVP: Marc Binstorfer (Vikings)

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