Einer der Gründe dafür ist die dünne Personaldecke. Mit 23 Mann wären sie sogar der TV-Crew numerisch unterlegen gewesen. Ein Lokalaugenschein von Walter H. Reiterer.

Was immer die Gladiators am Sonntag versuchten – es war vergeblich. Und das war eigentlich schon vor dem Spiel klar. Hannes Kamber wollte nicht kommen (keine Lust mehr), Martin Bauer hatte einen Hühnerhaufen zu versorgen, die davor schon löchrige Personaldecke wurde so zu einem zerfledderten Nichts. Gerade 23 Spieler brachte man auf die Reise zum Halbfinale, inklusive der Zugaben aus der Steiermark (Stallions) und Kärnten (Black Lions). Die Serben lachten sich schon beim Warm-Up ins Fäustchen. Ein serbischer Reporter fragte mich (ernsthaft) wann denn der Mannschaftsbus der Österreicher ankomme. Nun, der war schon da.

Zwar schwor Bernhard Kamber seine 22 Mitstreiter auf einen "Krieg" gegen die Serben ein, doch die Attacke verkam zu einem lauen Lüftchen. Nicht nur wegen dem kleinen 23er-Kollektiv, auch die Einzelleistungen waren suboptimal bis furchterregend.

Da hatten wir mal den mehrfach geprüften Europameister Johannes Widner. Der verletzte sich im ersten Viertel, spielte aber weiter und das auf beiden Seiten der Line. Als Receiver ließ er einige Bälle fallen, darunter einen Touchdown-Pass gleich zu Beginn des Spiels. Als Cornerback brachte der heute etwas hüftspeckige Kärntner eine halbwegs solide Leistung, angesichts dessen, dass er definitiv nichts in einer Secondary zu suchen hätte, außer jener vom Gegner zu entkommen.

Widner hatte einen rabenschwarzen Tag, wie auch sein Freund Bernhard Kamber.

Obwohl bereits nach den ersten offensiven Spielzügen der Gladiators klar war, dass die Vukovi sich zur Gänze auf das Passspiel eingestellt haben, zum Teil mit bis zu fünf Cornerbacks aufliefen, änderte Kamber am Spielplan rein gar nichts. Durch die Absenz von Martin Bauer war kein Laufspiel zu sehen. Minus 11 Yards nach zwei Vierteln das Ergebnis, Josef Rosenecker und Stefan Wernsperger, welche sich die wenigen carries teilten, verloren also Raum anstatt solchen zu gewinnen. Was natürlich auch an der Offensive-Line lag.

Kamber, der als Headcoach, Offense-Coordinator und Oberkriegsminister-Zamapno in Personalunion agierte, erkannte das entweder nicht, oder wusste keine bessere Antwort als die Bälle zum Teil wild rauszuschleudern. Incompletions in Krankenhausmengen waren die Folge solches Verhaltens – komplette Pässe sah man meist nur zum Gegner. Vukovi hatte die Sache fest im Griff und erfreute sich der taktischen Naivität des Gegners. Wo war hier der Fullback? Wo der überraschende Moment? Wenn ich mal jeden Spielzug exakt vorhersagen kann, dann ist es um das Team geschehen.

Statisten im Playoff
Weitere "Einzelleistungen" wollen wir Ihnen nicht ersparen. Was Michael Adianow und Harald Guggi am Feld verloren hatten, wissen die beiden wahrscheinlich selbst nicht so ganz genau. Guggi, der einige Spielzeit bekam, verhinderte gekonnt jeglichen Körperkontakt mit den serbischen Angreifern – und das als Defensive End. Er musste wahrlich wirklich weite Wege gehen um einer möglichen Kollision auszuweichen. Dafür blieb die Uniform des Stallions-Präsidenten bis zum Ende auch völlig sauber – der Umwelt zuliebe. Adianow vermisste quasi jeden Tackle den er ansetzte (Ich hätte mal ganze acht Misstackles gezählt), ist für zwei der vier Vukovi-Touchdowns persönlich mitverantwortlich.

Töpfchen & Tröpfchen
Kaum ein anderes Team hat innerhalb seiner Mannschaft ein derartiges Leistungsgefälle aufzuweisen als die Gladiators. Denn erwähnt man hier die Pfui-Seite, gibt es auch eine Hui-Seite. Paul Edelsbrunner spielte zum wiederholten Male in der Defense eine hervorragende Partie, am Glads-Präsidenten kam keiner so schnell vorbei. Dazu ein Fumble recovered – Edelsbrunner gab alles. Manuel Houtz – was für ein Footballspieler! (Warum ist der eigentlich noch immer nicht im Nationalteam?). Er machte den Eindruck als sei er überall und rettete sein Team mehrfach vor weiteren scores. Reichte für einen "200 Euro-Adianow" stets eine simple serbische Körpertäuschung um ihn vom Stehen ins Liegen oder Sitzen zu bringen, dann hatte Houtz den Gegner schon umarmt und zu Boden gebracht, war er in der Nähe des Geschehens. Die serbischen TV-Kommentatoren witzelten: Die spielen defensiv nur mit zwei Mann gegen uns – die müssen wir unter Kontrolle bringen!

Kamber Tackle als TV-Highlight
Auch Kamber zeigte eine neue und durchaus positive Seite. Anstatt, wie man es von ihm kennt, bei einem Scramble für ein paar yards out of bounds zu laufen, wartete er ab, passte (wohin, wissen wir ja bereits) und steckte im selben Moment hits ein. Einer davon war, zum Gaudium des Publikums, ein echter Kracher. Karrierendeverdächtig. Doch Kamber sprang locker auf als sei nichts passiert und ging ins huddle. Das Fernsehen zeigte den Tackle mehrfach und in Super Slow-Motion.

Danach sagte der getackelte Kamber: "Ich hab mich während dem Scramble noch gefragt warum mich keiner tackelt, dann kamen sie aber. Zum Glück waren sie zu zweit – einer vorne, einer hinten. Daher tat das nicht so weh wie es aussah. Ich wäre aber so oder so wieder aufgestanden, den Gefallen liegen zu bleiben tue ich hier sicher niemanden." Kamber wurde mehrmals vom Publikum mit Pfiffen bedacht, es gab einige längere Diskussionen mit den (serbischen) Schiedsrichtern, die, das muss man auch sagen, auch nicht immer wussten was sie zu tun haben.

"Der erste Touchdown von Vukovi ist nur passiert, weil es davor einen block in the back gab. Den hat die Crew einfach nicht gesehen", so Kamber. "Das war aber nicht der einzige grobe Irrtum. Beim "Safety" der dann ja keiner war, sprang mir ein Serbe nach dem Spielzug mit dem Helm ins Kreuz. Es gab eine Strafe, aber nicht wegen late hit, sondern wegen einem face mask! Ich hab dann versucht den Schiedsrichtern den Unterschied zu erklären – sie haben nicht den Eindruck auf mich gemacht als wüssten sie Bescheid. Angesichts der Schiedsrichterleistungen in Serbien muss ich mich ja fast bei allen Refs in Österreich dafür entschuldigen sie jemals kritisiert zu haben. Sie sind Götter gegen diese ahnungslosen Zebras, denen man in einem Playoff tatsächlich die Spielregeln noch erklären muss und die einem danach groß anschauen. Das war, wie auch die Zuschauerkulisse, einigermaßen ernüchternd."

Wütender Stallions-Headcoach
Auch Steve Zundl, Stallions Headcoach und für die Defense der Gladiators zuständig, kritisierte danach die Referees heftig. "Ich glaube nicht, dass es an den Refs gelegen ist, dass wir verloren haben. Wir haben nämlich wirklich schlecht gespielt. Aber so eine Crew habe ich auch noch nicht erlebt. Ich frage den Head-Referee warum er ein Foul nicht gegeben hat und der sagt mir doch glatt, dass es sich bei Vukovi um ein junges Team handelt und er nicht alles pfeifen kann, sonst würde ja bei jedem Spielzug ein flag liegen. Ich dachte mir, ich höre schlecht. Das ist ein Halbfinale! Dann liegt halt jedes Mal ein flag!"

Das mangelnde Zuschauerinteresse, das kleine Stadion in Belgrad war nicht ausverkauft (~1000 Zuschauer), führten die SELAF-Verantwortlichen auf das schlechte Wetter und die TV-Live-Übertragung zurück. Ein Preis, den man gerne bezahlt, so hieß es. Die CEFL-Bowl soll nun am 27. Oktober in Belgrad stattfinden, wieder mit einer Live-TV-Übertragung. Für die Wolves ist der Samstag-Termin ein Problem, da er in Ungarn ein voller "Ersatzarbeitstag" für Allerheiligen ist. Die Ungarn müssten auf bis zu sieben Starter verzichten. Für das kommende Jahr will man einen TV-Vertrag für zehn Live-Spiele ausverhandeln.

ORF-Auge als Patron des serbischen Football-Fernsehens
Originelles Detail am Rande: Der serbische TV-Sender kaufte vor Jahren die alten Übertragungsbusse des ORF. Die Logos ließ man am Wagen kleben, aus dem alten (und nun wieder neuen) ORF-Auge fabrizierte machte ein eigenes Logo. Die TV-Bilder selbst (sieben Kameras) waren laut Aussage der SELAF von guter, ab dem zweiten Viertel von exzellenter Qualität. Die Macher brauchten einige Zeit um sich für die für sie neue Sportart einzustellen. Die zwei Kommentatoren seien aber sehr kompetent und sachlich gewesen. Besonders stolz war man danach nicht nur auf die tollen Bilder, sondern auch auf die Werbepausen nach NFL-Manier. Der Mobilfunkbetreiber vip (Telekom Austria) und Durex (Kondome) waren u. A. die Sponsoren.

Fazit
Schwierig dieses für die Gladiators zu ziehen. Sehen wir uns mal nüchterne Zahlen an. Der Verein hätte in dieser Saison 19 Spiele zu absolvieren gehabt. 15 in der Division I und SELAF, vier beim Junioren-Cup. Bestritten haben sie davon nur 17, denn zwei Junioren-Spiele sagte man mangels Spieler ab. Davon haben sie sieben gewonnen und zwölf (inkl. zwei Strafverifizierungen) verloren. Siege gab es gegen die Titans (2), Bulls, Silverhawks (2), Wild Boars und Steelsharks. Niederlagen setzte es gegen Vukovi (2), Wolves (3), Vikings II (3), Novi Sad, Knights, Steelsharks und Titans. Durchwachsen – so kann man diese Bilanz nennen.

Der schiefe Turm von Rudersdorf
Die Erfahrung selbst ist für die Burgenländer allerdings von unschätzbarem Wert. Sie wissen nun was geht und vor allem: was nicht. Die Prognose, das Team könnte völlig eingehen, traf zum Glück für sie nicht ein, so ganz grad stehen tun sie aber auch nicht mehr. Der schiefe Turm von Rudersdorf. Helfen können sich die Burgenländer nur selber. Sie müssen jetzt die richtigen Schlüsse aus dem Monsterjahr für sie ziehen. Der darf am Ende auch lauten: Rein in die CEFL, rein in den Nachwuchsbetrieb, raus aus der Division I, oder wo immer man sie haben will aus Sicht des Verbandes. Vor allem brauchen sie zwei Dinge: eine dickere Personaldecke und ein höheres Budget. Überhaupt mal ein Budget. Beides könnte man über ein weiteres Engagement im Ausland und ein selektives im Inland erlangen.

Thank you, Ruthersdorf
Ich sage jedenfalls Dankeschön an die Gladiators. Sie haben heuer gute und schlechte Spiele gezeigt. Sie haben sich mehrmals von einer ganz seltsamen bis grauslichen Seite gezeigt, am Ende aber ihr Gesicht bewahrt. Es war ein toller und aufregender Versuch eine "NFL-Saison" als Dorfklub durchzustehen, der halb daneben ging. Die andere Hälfte sollte aber ein Erfolg gewesen sein. Wer mitreden will, um den "selber machen" Spieß mal umzudrehen, soll es im Selbtsversuch einfach wagen. Oder schweigen, denn die meisten wissen nicht was der Verein für Bürden auf sich genommen hat. Natürlich freiwillig, aber einer muss Neuland betreten, damit wir nicht stehen bleiben. Das haben sie getan.

Die Gladiators sind und bleiben daher heimische Football-Helden. Auch wenn sie heuer kurzfristig vom der ‚Legion der Superhelden‘ auf die "dunkle Seite der Macht" gewechselt haben. Der "Fall Sudi" wird in zehn Jahren nicht mehr als eine lustige Anekdote sein. Als wir auszogen um den Serben unsere Schuhcreme zu zeigen. Ganz großes Provinzkino. Eigentlich.

SELAF Playoff
Beograd Vukovi vs. ASVÖ Gladiators 28:3

(0:0/7:3/7:0/14:0)
14. Oktober 07 | 15:00
Ada Ciganlija, Belgrad

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