Helmut Rez (Zagreb Thunder)

Wie sind Sie zum Football in Kroatien gekommen?
Ein ehemaliger Spieler und Freund aus München ist vor drei Jahren wieder nach Zagreb zurückgezogen und lud mich 2008 ein das Team anzuschauen. War ein schönes Wochenende für meine Frau und viel Football für mich.

Wie sehen Sie das Potential für American Football in einem Land wo Handball und Fußball dominieren?
Ich glaube, dass hier ein großes Potential für unseren Sport da ist. Die Spieler sind meist Quereinsteiger aus anderen Sportarten, sehr athletisch und stark. Die Kroaten sind ein sportbegeistertes Volk und wenn die Probleme bei der Beschaffung von Material und Ausrüstungen besser gelöst werden können, dann sehe ich da in fünf Jahren starke Teams entstehen. Ein Beispiel dafür sind die Belgrad Vukovi aus Serbien.

Wird es in absehbarer Zeit auch eine Liga geben?
Laut dem Präsidenten des kroatischen Verbandes, Sean Craig, wird die erste Meisterschaft im Tackle Football dieses Jahr im Herbst gespielt. Drei Teams aus Zagreb (Thunder, Raiders, Patriots) und die Osijek Cannons sollen dabei sein. Im Flag Football ist man schon weiter, da wurde 2009 die erste Meisterschaft gespielt.

Wo sehen Sie die größten Schwierigkeiten für Football in Kroatien?
Bei knapp 600 Euro Durchschnittseinkommen sind die Anschaffungskosten für Equipment das größte Problem. Momentan wird gerade versucht gebrauchtes Equipment aus den USA von verschiedenen Colleges nach Kroatien zu holen. Das nächste Problem sind natürlich der Mangel an qualifizierten Coaches.

Sind die kroatischen Spieler den "coachable"?
Das ist überhaupt kein Problem. Die Spieler nehmen alles Wissen wie Schwämme auf. Man merkt einfach auch, dass viele zuvor andere Sportarten betrieben haben und an harte Trainings gewöhnt sind.

Sean Craig  (Präsident des kroatischen Verbandes)

Wie sind Sie zu dieser eigentlich Funktion gekommen?
Ich war Headcoach bei Zagreb Thunder und wir wussten, wenn wir staatliche Unterstützung wollen, müssen wir einen Verband gründen. Wir haben uns mit zwei anderen neu gegründeten Teams zusammengetan und den kroatischen Verband ins Leben gerufen. Ich wurde einfach gefragt, ob ich denn interessiert wäre diesen auch zu leiten und zugestimmt. Also ich kam recht einfach dazu.

Was sind Ihre Aufgaben?
Am Beginn war das noch so ziemlich alles, da wir nur zu dritt waren. Wir haben jetzt aber mehr Leute. Ich bin für die Koordination unserer Pläne zuständig. Ich habe bis jetzt auch die Entwicklung geleitet und versuche mein Möglichstes, um die Einstiegsbarrieren für Football in Kroatien so niedrig wie möglich zu halten. Das heißt in erster Linie: Camps organisieren und günstiges Equipment aufstellen.

Sind diese Einstiegsbarrieren auch gering geblieben?
Die Einstiegsbarrieren sind in erster Linie finanzieller Natur. Vor allem in Kroatien, wo sich nicht unbedingt jeder 200 Euro für ein neues Set von Pads leisten kann. Zum anderen fehlt dann auch das Fachwissen. In Zagreb hatten wir Glück, da hier bereits ein paar Leute waren, die Football in den Staaten gespielt hatten. Aber außerhalb von Zagreb ist das viel schwieriger. Den Leuten dann Technik und Strategie beizubringen, das ist das vorrangige Ziel der Camps, die für diese Jahr geplant sind.

Wer wird diese Camps leiten?
Die werden von den hiesigen US-Amerikanern geleitet werden. Wir werden auch Hilfe von Leuten aus Deutschland in Anspruch nehmen, die wir kennen. Ich stehe auch in Verbindung mit Ivan Zivko, dem Headcoach der Danube Dragons und wir wollen schauen ob sich da ein bisschen was machen lässt. Er hat ja Wurzeln in Kroatien. Dann werden wir auch Camps bei der IFAF beantragen, die über ein sehr ausgeprägtes System für Förderungen verfügen.

Wie ist das Medienecho auf Football in Kroatien?
Die Medien sind durchaus interessiert und da Football ja etwas völlig Neues hier ist, gibt es immer neue Entwicklungen. Wie z.B. den Ligastart heuer. Die Medien finden solche Dinge interessant und Football ist natürlich ein super Sport, um ihn medial zu präsentieren. Das kommt jetzt auch hier so langsam rüber.

Wie sieht es mit einem Nationalteam aus?
Das ist ebenfalls in Planung. Finanziell ist diese Projekt natürlich sehr anspruchsvoll. Da muss man Jerseys kaufen, es entstehen enorme Reisekosten etc. Wir werden es auf jeden Fall ganz langsam anlaufen lassen und schauen, ob wir Unterstützung vom Staat oder von Sponsoren bekommen können. Wir rechnen mit 20.000 Euro pro Jahr, die man braucht, um dass richtig aufzuziehen. Da sind wir noch weit davon weg. Es wird darauf hinauslaufen, dass sich die Spieler viel selber bezahlen werden müssen, denn die CAFA hat kein so ein großes Budget.

Ihr Deutsch ist fast perfekt, woher kommt das?
Ich bin in Deutschland aufgewachsen und habe zuerst in Kempten (Comets) Football gespielt. Mein Vater ist Amerikaner, meine Mutter ist Deutsche und ich lebe in Kroatien.

Valerio Zannotti (Zagreb Raiders)

Welche Football Erfahrung haben Sie?
Ich begann 1990 bei Piacenza und spielte dann bei vielen Teams in Norditalien bevor ich 2003 nach Kroatien zog und dort Football präsentierte.

Ist Zagreb (Einwohnerzahl laut wikipedia liegt 799.000) groß genug für drei Teams?
Im Moment sind drei Teams schon zu viel! Es kommt drauf an, wie gut du dein Team organisiert haben willst und was das Team für dich bedeutet. Für mich ist es nicht nur eine Gruppe von Freunden, die zwei Mal in der Woche tranieren. Ich spiele seit 20 Jahre und will auch noch etwas erreichen.

Wie schwierig ist es Spieler zu finden?
In einer großen Stadt wie Zagreb ist es eigentlich gar nicht so schwer Leute zu finden, die Football spielen wollen. Die Schwierigkeit ist, sie dann auch zu halten. Auch nicht einfach ist es Leute zu finden, denen man Football lehren kann. Das ist ja auch eine Kopfsache. Und eine Schwierigkeit besteht auch darin, dass viele gerne "Coach" genannt werden wollen, aber keine Ahnung haben, was das eigentlich bedeutet. Ich sag diesen Leuten immer: es reicht nicht nur aus den Willen zu haben, du musst auch eine Ahnung haben, bevor du zum coachen beginnst. Vielleicht haben sie aber auch einfach nur zu viele Football Filme gesehen…

Was sind Ihre Ziele mit den Zagreb Raiders?
Der Aufbau eines Teams und einer Organisation. Im Moment ist mehr oder weniger alles nur meine Zuständigkeit.

Besteht das Interesse auch außerhalb von Kroatien zu spielen zum Beispiel in Österreich?
Wir werden am 27. Februar in Italien spielen. Gegner wird dort sein die Mustangs aus Triest. Zwei Spiele gegen slowenischen Teams haben wir ebenfalls bereits für heuer fixiert.
Christoph Wagner ist Redakteur bei Football-Austria.com
Sie erreichen Ihn unter wagner@football-austria.com.

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