Erstaunt konnte man einen Artikel in der Kronen Zeitung (Sonntags-Ausgabe) lesen, in dem die Swarco Raiders Tirol nicht nur ihre Philosophie verkündeten – das wäre ja an sich sehr schön und (vermutlich) harmlos – sondern dabei auch noch ‚Fakten‘ verkündeten, die einer genaueren Überprüfung nicht stand halten.

Demnach ist laut Krone die neue Importregelung (vier am Roster, zwei am Feld) deshalb für die Innsbrucker so von Vorteil (mehr als für alle anderen), weil sie, die Swarco Raiders Tirol – wortwörtlich – ’sämtliche Nachwuchsligen dominieren‘. Da staunt man nicht schlecht.

Frage(n): Wo waren die Tiroler Herren denn da im Herbst mit ihren Köpfen und Gedanken? Zum Beispiel bei den Serien-Niederlagen ihrer Junioren?

In der Tat eine hochinteressante Feststellung und Einschätzung des Kleinformats, das sich dabei augenscheinlich auf Informationen des Raiders Managers Daniel Dieplinger stützt.

Tatsächlich gewannen die Tiroler im Vorjahr zwei von vier möglichen Titeln. Das ist nicht schlecht. Das ist sogar sehr gut. Die anderen beiden holten sich die Vikings. Auch nicht schlecht. Auch sehr gut.

Junioren gingen unter
Aber sieht man sich das Ganze an, dann hat das selbst ernannte dominante Tiroler Männchen einen Schönheitsfehler, mit dem man so etwas wie einen Führungsanspruch am Catwalk als Model nicht stellen darf und nicht stellen kann. Es trägt nämlich ein deutlich sichtbares Omega am Hinterteil. Ein Brandzeichen made in Hungary.

Denn in der Königsklasse des Nachwuchses, den Junioren, gab es für die angeblich ja alle Nachwuchsligen dominierenden Raiders nicht nur keinen Titel, sondern es setzte sechs Niederlagen in ebenso vielen Spielen, inklusive einer im Relegationsspiel gegen die Budapest Wolves. Damit verbunden war der Abstieg der Raiders Junioren in die zweite nationale Leistungsgruppe. Nur, falls das über den Winter vergessen wurde. Dominieren kann man ab sofort also die B-Gruppe. Wenn man kann.

Das hat man dem Blatt aber wohlweislich vorenthalten, oder die ließen von sich aus diesen eher unerfreulichen Umstand freundlicherweise unter den gemeinsamen Tiroler Tisch fallen. Football, bekanntlich, ist eh irgendwie allen (Lesern) egal, daher auch egal, was da steht, Hauptsache breite Schultern, viele Muckis usw. etc. pp. Motto: Bleib positiv, die sind ja eh so arm.

Eigenbau gewinnt die Meisterschaft?
Es gelte außerdem der leicht umgewandelte Spruch, dass die Legionäre Spiele gewinnen, Meisterschaften, die gewinne aber der Eigenbau. Die Ansage kommt von einem Team, welches 2008 sechs Legionäre und fast noch mal so viele Top-Spieler von anderen AFL-Teams bei sich hatte. Das ist also eine mutige Feststellung eines Programms, welches seine Erfolge zu einem erheblichen Teil auch US- und AUT-Legionären zu verdanken hat.

Ist es nicht vielmehr auch so, dass die wirklichen Profiteure dieser neuen Regelungen erstens in Korneuburg und zweitens in Wien und dann erst drittens und viertens in Innsbruck und Graz zu finden sind? Haben erst- und zweit genannte nicht den größeren Kader? Was auch den Raiders in Vergangenheit oft als Argument diente, verloren sie Spiele. Bekommen die Tiroler heuer genau dehalb nicht auch ein erhebliches Problem an der Line? O wie D.

Alles Fragen, die die Saison 2009 beantworten wird. Ihre eigene Rechnung: Stärkster Nachwuchs = Stärkste Kampfmannschaft geht aus Tiroler Sicht für sie hoffentlich nicht auf. Zumindest nicht, was die Junioren betrifft, denn deren "Erfolgen" wird die Kampfmannschaft wohl eher nicht nacheifern wollen.

Eine Frisur mit Nachwirkung
Nun sollten die Raiders ihre Formel unbedingt auch den Grazern erklären, denn die wollten sich zuletzt partout nicht an diese neue Regel halten und zogen (ohne starken Nachwuchs) den Neo-Dominanten in der Austrian Bowl einen Scheitel, den sie sich offensichtlich bis heute nicht ganz wieder zurecht frisieren konnten, liest man sich diese – pardon – schon hanebüchenen Statements durch.

Dass Dieplinger abschließen noch der Überzeugung ist, dass die Raiders der einzige heimische Klub sind, der seine Profi-Trainer auch beim Nachwuchs einsetzt [sic!], kann man entweder auf tatsächliche Unwissenheit zurückführen (das hoffe ich doch nicht), oder darauf, dass man die Blue Devils als Gegner gar nicht mehr zur Kenntnis nimmt, die das seit Jahren so praktizieren. Wenn auch mit weniger Erfolg als die Tiroler.

Wie auch immer, wäre etwas mehr Sorgfalt bei Presse-Briefings angebracht, denn einiges davon, was da von ihnen über sie und damit mittelbar auch über die anderen Vereine in Österreich alles in der Zeitung steht, ist nämlich so nicht richtig und das wissen die Raiders hoffentlich auch, die im Herbst ja wieder eine Chance bekommen, mit ihren dominanten Junioren den Anschluss an die erste Leistungsgruppe in Österreich zu finden.

Meint Ihr
Walter H. Reiterer

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