Football-Austria.com sprach auch mit den beiden beschuldigten Trainern.

Die im Finnair-Stadion versammelte Presse staunte nicht schlecht, als Smythe, der zuerst noch über seine schönen Zeiten in Wien sprach, beim Thema Abgang bei den Vikings schwere Geschütze auffuhr. Anders wie damals kommuniziert (einvernehmlich und in aller Freundschaft), sei der Trennung ein heftiger Kompetenz-Streit vorangegangen. Er, Smythe, sei regelrecht abgeschossen worden, Olson und Calacay, die er im Laufe des Gesprächs als hinterlistig, unloyal, egozentrisch und intrigant bezeichnete, seien ihm mies in den Rücken gefallen und hätten es darauf angelegt ihn feuern zu lassen, was schließlich auch passiert sei.

Anderthalb Jahre geschwiegen
Die Sache ist nun fast schon 18 Monate her, Smythe schwieg bisher. ‚Ich wollte zu der Zeit keine Unruhe in die Mannschaft bringen. Das war ich dem Team und auch dem Management nach so vielen Jahren schuldig. Hätte ich das damals so gesagt, dann wäre wahrscheinlich ein Streit entstanden, der niemanden geholfen hätte. Heute kann man das aber ruhig sagen.‘

Graham kein Teamplayer, Henry einfach schlecht
Grund für die ersten Meinungsverschiedenheiten zwischen dem in den Staaten verweilenden Smythe und den beiden in Österreich lebenden Coaches, sei die Personalpolitik gewesen. ‚Begonnen hat es mit der Verpflichtung von Toby Henry und Clinton Graham. Von Graham hatte ich den Eindruck, das ergaben Gespräche mit Trainern in den USA, dass er kein Teamplayer ist und Henry, so war es dann ja auch, ist keine Führungspersönlichkeit und kein guter Quarterback für einen Europameister. Beide passten meiner Meinung nach nicht in dieses Team. Ich wollte auch an Charley Enos festhalten – Olson wollte das nicht. Als sich die beiden mit ihren Vorstellungen durchsetzten, musste ich erkennen, dass ich nicht mehr das Sagen im Team hatte. Ich fragte dann Karl (Anm.: Vikings Präsident Karl Wurm) was der Verein nun möchte. Sie wollten Shawn und Chris und mich nicht mehr. Das habe ich dann auch akzeptiert und bei der Show, das alles in Freundschaft verlaufen sei, mitgespielt. Es gab noch einige andere Vorfälle zwischen mir und den beiden, die ich nicht schildern möchte. Ich habe eine Liste in meinem Kopf, dort bleibt sie besser auch.‘

Keine echten Freunde der Vikings
Smythe ließ dann aber durchblicken, dass es anscheinend auch persönlich wurde zwischen den dreien. ‚Die beiden sind mir mies in den Rücken gefallen. Alles wurde gegen mich gedreht, das Management wurde gegen mich aufgebracht. Sie sind keine echten Freunde der Vikings, sondern Egozentriker. Olson verwendete die Vikings lediglich als Sprungbrett zurück nach Kanada, wohin er ja nun wieder geht. Calaycay möchte auch in die Staaten zurück, dafür mangelt es ihm aber an fachlicher Kompetenz. Er wird dort keinen gut dotieren Job bekommen, daher wird er in Wien bleiben müssen.‘

Olson & Calacay reagieren
Football-Austria.com konfrontierte die beiden Trainer der Vikings mit den Aussagen von Smythe. Die beiden waren über die Worte ihres ehemaligen Chefs betroffen.

‚Ich kann jetzt nicht sagen, dass es mich besonders überrascht.‘, sagt Olson. ‚Ich habe damit aber eigentlich viel früher gerechnet. Wir hatten damals Streit, ja. Ich wollte allerdings nichts anderes als das was ich jetzt auch bin sein, nämlich Offense Coordinator. Und zwar unter Smythe. Den hätte ich vor allem in meinem ersten Jahr gut gebrauchen können, denn ich halte ihn für einen sehr guten Footballtrainer. Er hat nicht verstanden, dass er nicht die ganze Off-Season in den USA sein kann und uns, die wir den Winter über hier arbeiten, alles umdrehen, wenn er wieder zurück kommt. Chris und ich wollten auch eigene Entscheidungen treffen, die hier, eben in Wien fallen. Er wollte aber die totale Kontrolle über eine Sache die er nie kontrolliert hat. Ich höre aus seinen Worten auch viel Bitterkeit heraus. Es tut mir leid für ihn, dass er so fühlt und das so sieht. Ganz sicher sind wir ihm nicht in den Rücken gefallen. Es ist ein wenig wie bei Kindern. Er hätte uns einfach euch ein wenig Freiheit lassen können, verstehen, dass wir auch eigene Entscheidungen zu treffen haben. Vor allem in einer Zeit in der er nicht da war. Wir wollten ihn nicht rausdrängen – im Gegenteil. Er hat von sich aus gesagt, dass, wenn er nicht bei allen Dingen das letzte Wort hat, der Sache nicht mehr zur Verfügung steht. Dann kam es erst zur Trennung. Mir vorzuhalten ich sein nicht loyal, ist völliger Blödsinn. Das Angebot aus meiner Heimat habe ich schon länger. Ich hätte die Vikings auch vor der Saison verlassen können, tat das eben nicht, weil ich sagte, dass ich hier noch einen Job zu erledigen habe. Es kann mir niemand ernsthaft übel nehmen, dass ich ein tolles Jobangebot aus der Heimat wahrnehme. Im Gegenteil, zeigte der Verein sehr viel Verständnis für meine Entscheidung. Ich hoffe, dass ich daraus etwas lernen kann. Ich werde auch einmal in die Situation kommen, wo junge Leute versuchen sich zu emanzipieren und dann wünsche ich mir Gelassenheit.‘

Chris Calaycay war über die Sache schon mehr überrascht. ‚Ich war stets in der Defense als Coach tätig, hatte mit Tom Smythe also gar nicht viel zu tun. Ich wunder mich sehr darüber. Ich habe hier geheiratet, eine Frau, Kinder und möchte in Österreich bleiben. Ich suche keinen Job in den USA und das Coach Smythe sagt, ich sei gar zu schlecht dafür, dass tut mir eigentlich nicht weh, denn das kann er nur aus einer Depression heraus sagen. Er war es ja, der damals das Handtuch warf. Der einzige den er einen Vorwurf machen kann ist also er selbst. Ich wüsste nicht bei welcher Gelegenheit ich Smythe in den Rücken gefallen wäre. Das ist definitiv unwahr. Ich glaube schon, dass er das ehrlich so empfindet, aber er hat sich selbst aus dem Spiel genommen. Wir wollten ihn hier haben, der Verein wollten ihn, so sah ich es, wieder haben, seine Vorstellungen waren aber derart überzogen, dass der Verein nicht darauf einstieg. Ich verstehe das ehrlich nicht. Weder Shawn, noch ich haben ihm etwas böses angetan. Ich hoffe, dass wir eines Tages wieder normal darüber reden können. Ich hab Coach Smythe bisher eigentlich als großen Trainer gesehen und ich tue das auch weiterhin. Ich glaube, er ist verbittert. Das tut mir ehrlich leid."

PKW ist very sorry
Vikings Präsident Karl Wurm, den Smythe bei der Gelegenheit als "Freund fürs Leben" bezeichnete, ist über die Aussagen seines ehemaligen Trainers und Freundes sehr betrübt. "Ich weiß, dass Tom das so sieht. Er sieht es aber leider falsch und ich kann ihm dabei nicht helfen. Er läßt sich auch nichts sagen. Zwei junge Burschen, die das ganze Jahr für den Verein tolle Arbeit leisten, wollten nur Anerkennung, Respekt und auch wenig Autonomie für ihr Tun. Tom wollte keinen Fuß breit von seinen Vorstellung abgehen. Versuche, die Situation zu beruhigen schlugen fehl. Es musste eine Entscheidung her. Als Tom mir sagte, dass es entweder nach seinem Kopf geht, oder nicht, fiel diese auch. Wir alte Herren müssen einfach auch der Jugend ihren Platz geben. Ich hoffe für Tom, dass er das eines Tages auch so sieht. Unsere persönliche Beziehung hat darunter zum Glück nicht gelitten. Er hatte eine Meinung – ich hatte eine Meinung. Wir sind Freunde und bleiben das auch. Tom ist ein gern gesehener Gast bei den Vikings und bei mir. Ich glaube und hoffe aber, dass die Sache in nicht allzu ferner Zeit sich komplett beruhigen wird."

Lesen Sie dazu auch die Sonderausgabe der Sportwoche zur Charity Bowl.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments