George Naum wirkt ein wenig wie der jüngere Bruder von Christopher Lee. Ganz ruhig, mit einem Blick, den man sich kaum entziehen kann, übernahm er heuer kurzfristig die Black Lions, um nun ein langfristig angelegtes Konzept zu realisieren, dessen Einzelheiten die Kärntner im Sommer präsentieren wollen.

Walter Reiterer sprach mit George Naum kurz vor seinem Abflug in die USA, wo er aber nur kurz verweilen wird. Ab Juli steht er dann in Diensten der Black Lions und das vielleicht für sehr lange Zeit.

Walter Reiterer: Sie haben einen Fünfjahres-Vertrag bei den Black Lions unterschrieben. Ein ungewöhnlich langer Zeitraum. Ist der Verein auf sie zugekommen damit, oder war das ihre Idee?
George Naum: Im Laufe mehrerer Gespräche haben wir eruiert was wir gemeinsam eigentlich erreichen wollen und auch Zeitrahmen dafür definiert. Manfred (Anm.: Black Lions Obmann Manfred Mocher) hat dann gesagt, wir machen auch meinen Vertrag gleich über fünf Jahre, was mir nur recht war. Ich mag die Leute in Kärnten sehr, ich fühle mich hier wohl und zu Hause, das Land ist so unglaublich schön, ich erkenne eine Basis auf der man aufbauen kann und auch in meine persönliche Lebensplanung passt das gut hinein. Ich habe eine harte Zeit hinter mir und will einen Neuanfang. Da passte einfach alles zusammen.
Fünf Jahre sind eine lange Zeit im Leben eines Menschen. Haben Sie nicht „Angst“ dann für immer in Österreich zu bleiben, wenn alles gut läuft.?
Fünf Jahre ein Football Team zu coachen vergehen wie im Flug. Fünf Jahre an der Seite seines Partners gegen Krebs zu kämpfen, das ist eine lange Zeit. Die Angst habe ich so also nicht. Ich bin wie gesagt auch auf der Suche nach einer neuen Motivation, eine neuen Aufgabe, einem neuen Leben, wenn man so will. Meine Frau ist viel zu jung verstorben, dann kürzlich und völlig unerwartet auch mein Stiefsohn. Das war sehr hart für mich. Ich kann also eine Überdosis Football und Arbeit nach den Schicksalsschlägen gut gebrauchen. 
Sie sind Head Coach und General Manager in einer Person. Ist das nicht zu viel Verantwortung für einen?
Nein und ich wollte das so auch. Ich will die Kontrolle über den gesamten sportlichen Bereich, was ich heuer, so kurzfristig ich kam, noch nicht hatte. Ich will die Camps planen, ich will die Tryouts organisieren, ich will das Personal führen und ich will am Ende auch die Legionäre zum Team holen, welche es braucht, um sich signifikant und an den richtigen Positionen zu verstärken. Um mich nicht falsch zu verstehen: Maurice Banks ist ein guter Spieler, nur kein Quarterback. Und wenn man genau auf uns geschaut hat heuer, hätten wir vielleicht überhaupt auf ganz anderen Positionen Verstärkung gebraucht.
Auf welchen Positionen?
Wir hatten veritable personelle Sorgen an der Offensive Line. Nicht nur dort, aber da vor allem. Wir liefen mit dem Ball und dann meist schnell einen Rückstand hinterher. Wenn wir danach zu passen begannen, waren viele Spieler bereits müde. Wir brauchen am Ende eine Offense, eine Defense und ein Special Team und nicht Leute, die auf beide Seiten des Balls spielen und dann auch noch in den Special Teams am Feld stehen. Die Gegner haben das erkannt, spielten dann no huddle und machten uns platt. Ich bin ihnen nicht böse, denn ich würde das auch tun, wenn ich es könnte. Es liegt ausschließlich an uns daran zu arbeiten. Das müssen wir ändern. Ich sehe außerdem viele gute Spieler aus Kärnten auf den Skill Positions und Lücken eher bei den Big Guys. Wir brauchen heute mehr Pferde. Für die Entscheidung haben wir ja noch etwas Zeit, das ist eine Momentaufnahme.
Welche Typen sollten die Imports sein und sollten sie auch coachen?
Wir wollen zwei weitere Coaches in den Staff holen. Einen Österreicher und einen US-Amerikaner. Es schadet sicher nicht, wenn Imports Coaching Erfahrung haben, aber ich möchte, dass sie sich in erster Linie auf das Spiel selbst konzentrieren und jeder seinen Job macht, der ihm zugedacht ist. 
Was benötigten die Black Lions um den Abstand zu den Top Teams zu verkleinern?
Mehr Spieler. Und die bekommst du nur, wenn du ein überzeugendes Programm fährst. Da ist in Kärnten schon eine gute Basis da, denn es gibt viele Nachwuchsspieler und darunter auch richtig starke Talente. Ich will jetzt das Programm schon ab dem Sommer stärken und auch im Umfeld die Leute begeistern. Ich will, dass die Kärntner uns beim Tryout die Türen einrennen, weil wir ein gutes Sportprogramm anbieten. Da geht es einerseits um Gefühle, wie Stolz auf den Klub, andererseits um Qualität, zum Beispiel das Coaching. Ich war jetzt lange genug hier, um das Feuer in den Augen der Menschen in Kärnten zu sehen. Es sind begeisterungsfähige Leute und ich will und werde ihnen etwas geben, was sie bewegt und worauf sie stolz sein können. Ich bin auch sehr froh, dass neben Manfred Leute wie Wolfgang Knees im Management tätig sind, die ihr Herzblut rein stecken. Davon leben Programme – von engagierten Menschen. 
Haben sie als General Manager auch wirtschaftliche Aufgaben?
Ich werde mich in den USA um Kooperationen mit einigen Firmen bemühen, denn ich habe da in meiner bisherigen beruflichen Karriere viele gute Kontakte aufgebaut. In Österreich geht es aber dann hauptsächlich um den sportlichen Bereich. 
Nach den fünf Jahren sollen die Black Lions wo stehen?
Wir wollen mit Innsbruck, Wien und Graz auf Augenhöhe sein. „Equal Power“. Dazu ein solides Programm etabliert haben, welches Talente fördert, hervor- und nach oben bringt, um dann auch dauerhaft an der Spitze mitspielen zu können. Das halte ich für realistisch.
Die Black Lions waren in den letzten Jahren für die größten Überraschungen in der AFL verantwortlich. Sie haben zwei Mal die Giants und auch die Vikings geschlagen, aber nie das Playoff erreicht. Das waren stets „one day wonder“. Sind die Black Lions gar näher an der Spitze dran, als es das den Anschein hat?
Ich glaube ja. DJ Hernandez hatte hier natürlich einen enormen Anteil an den Erfolgen, daher sah der Unterschied etwas kleiner aus, war manchmal gar nicht mehr zu sehen. Heuer gab es keinen DJ Hernandez und überhaupt Fehlbesetzungen bei den Imports und der Unterschied sah plötzlich riesig aus. Die Wahrheit wird hier in der Mitte liegen. Wir sind ein gutes Stück weit weg von der Spitze, ihr nicht so nah, wie man 2009 und 2010 gedacht hat, aber auch nicht so weit weg, wie es heuer den Anschein hatte. Es gibt also weder Anlass zur Euphorie, noch ist es hoffnungslos. Es ist eine Lücke, die sich über eben die fünf Jahre schließen lässt, vielleicht sogar schon früher, wenn man an den richtigen Stellen die Hebel ansetzt. Wir können und werden den Anschluss an die Spitze schaffen.
Die Black Lions spielen immer mit ihrem „Bad Boy“ und Underdog Image – siehe „Dirty South“. Gefällt ihnen das, oder hätten sie gerne ein seriöseres Image?
Ich glaube, dass das missverstanden wird. Die Spieler spielen ja nicht schmutzig, sondern das ist Ausdruck ihrer Hingebung zum Sport. Mir persönlich gefällt „Lionheart“ besser als „Dirty South“. Und dieses Löwenherz, das möchte ich beibehalten, denn die Eigenschaft bis zum Schluss zu kämpfen, auch wenn man zurück liegt, die kann man mit nichts aufwiegen. Man nehme die zweite Hälfte gegen die Giants her, wo das Team wirklich alles noch gegeben hat, wo man schon wusste, dass man als klarer Verlierer vom Feld gehen wird. Das wird uns in Spielen, die dann hoffentlich enger sind, noch sehr viel Freude machen, denn damit kannst du diese dann auch gewinnen. Da spielt sich viel im Kopf ab. 
Sie machen auf mich immer einen extrem ruhigen und gelassen Eindruck. Werden sie manchmal auch zornig und gehen aus sich heraus?
Also generell bin ich mal bis zu einem gewissen Punkt ruhig. Wenn Sie die Halbzeitansprache beim letzten Spiel gehört hätten, dann wüsste sie, dass das nicht immer so ist. Ich werde manchmal auch sehr laut. Aber nicht weil ich böse bin, sondern aus Leidenschaft dem Sport und dem Spiel gegenüber. Das ist manchmal notwendig. Als Coach und auch als Spieler muss man aber Grenzen beachten. Man muss kontrolliert ausflippen, dabei auch die richtigen Dinge sagen und tun, weil es soll ja etwas bewirken. Die Message muss ankommen und darf nicht lauten: Der Coach ist wütend – Was soll ich jetzt tun? Ein Coach muss immer die Kontrolle haben, auch wenn er außer Kontrolle scheint. 
Ich kenne Manfred Mocher schon lange und Sie sind doch ein völlig anderer Charakter als er, mit einem anderen Tempo und Temperament ausgestattet. Ist das bei der Zusammenarbeit hinderlich oder förderlich?
Es ist bislang die Basis unserer guten Zusammenarbeit. Wir ergänzen uns. Es stimmt, dass wir unterschiedliche Typen sind, aber das bedeutet ja nicht, dass wir nicht miteinander können. Das Gegenteil ist der Fall. Ich respektiere ihn, weiß was er für den Verein getan hat, er respektiert mich und gibt mir freie Hand bei vielen Dingen. Es wird in Zukunft sicher Hoch und Tiefs geben, aber von unserer Beziehung heute ausgehend, glaube ich ganz ehrlich, dass wir sehr gut miteinander auskommen werden. Wir meinen es beiden ernst und glauben an uns.
Sie fliegen am Freitag zurück in die USA und kommen im Juli wieder zurück. Was werden ihre ersten Handlungen dann sein?
Es wird im Sommer noch ein gemeinsames Camp mit Coaches aus Oregon, Oregon State, Los Angeles und Texas geben. Leute, mit denen ich in den USA gearbeitet habe. Ich komme ja aus dem athletischen Bereich und möchte bei diesem Camp vor allem an der Technik unserer Spieler arbeiten. Danach geht es in die Vorbereitung für die Nachwuchsmeisterschaft, auf die ich mich sehr freue. Ich werde heuer auch den Nachwuchs coachen, um ein Gesamtbild zu bekommen.
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