Hat man kein Gesetz, so kommt man unter Ehrenleuten nicht selten mit Abkommen übereins. Stehen diese aber im Widerspruch zu Gesetzen, die man dabei ausser Acht gelassen hat, dann verliert die schönste Einigkeit spätestens dann ihre Wirkung, wenn der Richter auch einen Kläger hat. Im Falle der vom AFBÖ vorgeschlagenen Importbeschränkung für 2007 – in der Form, dass nur drei Nicht-Österreicher am Feld einer heimischen Footballmannschaft stehen dürfen – wird einem Einspruch wohl eher früher als später stattgegeben werden. Dem Versuch die Anzahl von EU Bürgern in einem Sportverein (unabhängig von der Sportart) zu beschränken, hat die grosse Kammer des EuGH bereits vor einiger Zeit eine klare Absage erteilt. Am 12. April 2005 wurde das auch auf EU-Partnerstaaten erweitert.
Dem folgend ist es einem Verband nicht möglich zu bestimmen wie viele EU Bürger ein Verein als Mitglieder führt und wie viele Aktive darunter sind. Jeder EU Bürger darf bei jedem Verein in der EU Mitglied sein und spielen. Eine Beschränkung kommt einer Diskriminierung gleich und ist daher rechtswidrig. Den Präzedenzfall verloren hat übrigens der deutsche Handballbund. Die Regelung geht über den Sport hinaus, bezieht sich nicht auf das Bossmann Urteil, hat also nichts mit Profi- oder Amateurbetrieb zu tun.
Ganz simpel gesprochen: will ein Deutscher heute bei den Chrysler Vikings spielen, dann kann ihm das niemand verbieten alleine auf Grund der Tatsache dass er Deutscher ist. Er kann nicht beschränkt oder ausgeklammert werden und ist wie ein Österreicher zu behandeln. Das gilt für alle EU Länder, Partnerstaaten und deren Bürger. Das gilt es dann auch zu verstehen und zu wissen, bevor man auf Ideen wie jene einer Neutralisierungskommission kommt, die bestimmen soll wer Ausländer ist und wer nicht. Das ist bereits geregelt. Für uns Österreicher seit 1996, auch für all jene die seither ihre Denkweise im „mir-san-mir“ Wachkoma konserviert haben. Mir san EU. Hier ist wohl ein wenig der Übermut zur anarchischen Selbstbestimmung mit den Damen und Herren Erfinder durchgegangen, garniert mit einem guten Schuss Realitätsverweigerung. Was kümmert uns Österreicher denn schon Europa?
Soweit – so nicht gut, denn mit dieser Tatsache lebend ist das Häuschen des Gentlemen Agreements für die unteren Spielklassen (keine Imports), ebenfalls auf Sand gebaut. Genau deshalb ist es ja ein Gentlemen Agreement, weil es im Falle rechtlich nicht aufrecht zu erhalten wäre. Man müsste es also nicht mal anfechten, sondern lediglich missachten. Also einfach kein Gentleman mehr sein. Das wäre straffrei, auch wenn der Verband hier Konsequenzen androht. Kann er nicht, denn er ist derjenige der sich ausserhalb des Rechts befindet und nicht der Verein, der z.B. einen Polen als Import am Spielfeld hat. Das darf er nachweislich, nachlesbar und nachvollziehbar.
Anscheinend weiss man es also doch, stellt sich nur noch die Frage, warum man jetzt erneut mit rechtswidrigen Ideen Händchen halten will? Eventuell ist niemanden etwas Gescheiteres eingefallen?
Ein weiteres solches Agreement betrifft Vereinswechsel von österreichischen Spielern zu österreichischen Vereinen aus finanziellen Motiven. Anlass des Abkommens war ein Vorwurf des Vikings Präsidenten Karl Wurm gegenüber seines Amtskollegen Christoph Piringer von den Blue Devils. Piringer habe versucht, so Wurm, Spieler der Vikings mit Geldangeboten nach Hohenems zu holen. So beschloss man, dass das nicht sein darf, egal ob Piringer das getan hat oder nicht. Eine Präventivmassnahme. Ohne dieses Abkommen von Arbeitsrechtlicher Seite zu beleuchten, was hoffentlich deren Initiatoren vorher getan haben, denn sonst steht man vor dem gleichen Dilemma wie im anderen Fall, wird es eine Sisyphusarbeit deren Löcher zu stopfen.
Ein Spieler darf für Geld als Spieler nicht den Verein wechseln. Er darf aber generell den Verein wechseln, weil noch wir in einer Demokratie leben. Darf er jetzt den Verein wechseln und gleichzeitig einen Job in Vereinsnähe annehmen? Darf er andere Leistungen als Geld annehmen, z.B. Fortbewegungsmittel, Behausungen oder lebenslange Gratis Pizza? Ja, nein, vielleicht oder wissen wir nicht? Darf er den Verein wechseln und zufällig auch noch ein lukratives Jobangebot in örtlicher Nähe zum Verein annehmen?
Alles ungute Fragen – schon klar. Sie werden sich jedoch früher oder später stellen und dann wäre wohl ein klares und gesetzkonformes Regulativ besser als ein zahnloses Agreement. Diesem haben alle mal zugestimmt. Die einen weil sie sich davon irriger Weise beschützt fühlen, die anderen weil sie heute schon wissen wie leicht man es umgehen kann. Ein Absatz reicht nicht. Es reicht auch nicht sich als Verband auf eine legislative Basis zurückzuziehen (wir bestimmen das schon), die man eben dann nicht mehr hat, geht es um EU-Recht, Persönlichkeitsrecht, Arbeitsrecht, Strafrecht etc. etc. usw. usf. Die Regeln des Verbandes müssen mit diesen und anderen Gesetzen einhergehen, dürfen jenen nicht widersprechen. Man wird einen Anwalt brauchen, eher drei bis vier Anwälte um hier den Ideen und Avancen diverser Schlitzohren, wie auch der Rechtsprechung, Herr und gerecht zu werden.
Bislang ist der Verband aber lediglich dabei sich in seiner Entwicklung weiter zu behindern. Der juridischer Dilettantismus ist leider nur ein Beispiel dafür. Sicher ist, dass die derzeit präferierte Importregelung für 2007 so nie Realität werden kann. Hält man daran fest EU-Bürger beschränken zu wollen, werden diese sich wohl erfolgreich dagegen zur Wehr setzen. Was dann?
Vielleicht die Zeit inne zu halten um sich danach den wirklich wichtigen Hausaufgaben zu widmen? Wie wäre es z.B. mit einem Ligasponsor oder einem Seniorennationalteam, statt einer Österreicher Kommission und einem hausbackenen Arbeitsverbot? Denn eine neue gesamteuropäische Rechtssprechung wird nicht gelingen und das sich Wehren gegen einer Realität (EU Mitgliedschaft) wirkt nicht nur komisch weltfremd, sondern für Dritte womöglich gar sehr befremdlich.
Ein anderes Thema und Frage ist welche Folgen eine Bezahlung für österreichische Spieler auf die ganze Liga und das Amateursystem hat? Auch bedarf es hier einer Definition was Bezahlung ist und Amateur in diesem Zusammenhang bedeutet. Auch wenn der Vikings Präsident letzteres sehr sentimental von amare (lieben) herleitet, ist klar, dass sein Verein viele Angestellte nicht mit Bussis und Streicheleinheiten in Stimmung bringt, sondern der schnöde Euro als Aphrodisiakum zum Einsatz kommt. So viel Liebe ist dann doch nicht da, dass alle davon leben wollen.
Bei der Betrachtung kann einem schwindelig werden, denn ein ins Rollen gebrachter Stein würde wohl ein Österreicher Transferkarussell auslösen. Das deutsche Beispiel hat gezeigt was passieren kann. Finanzelle Probleme und Konkurse. Jetzt kann man natürlich sagen, dass das nicht gut ist und man daher nicht haben will. Kann man es tatsächlich verhindern ohne sich wieder über Gesetze zu stellen? Man könnte nämlich auch sagen: es wird auf uns zukommen, wir müssen uns darauf vorbereiten – Strukturen aufbrechen und neue schaffen.
Das Märchen von der reinen Amateurliga ist zwar ein schönes, aber eben ein solches. Die AFL ist eine Liga aus Amateuren, Halbprofis und Vollprofis, wobei die Amateure klar in der Mehrheit sind, weil ihnen auch noch die Aufgabe eines Sponsors zukommt. Sollte sich dieses Aufteilungsverhältnis eines Tages signifikant verändern, dann ist das nicht das prophezeite Ende des Footballs in Österreich, sondern das Ende des bisherigen Finanzierungsmodells. Darauf muss man sich vorbereiten und einige tun das auch. Dass es nun allerdings kommen könnte, dafür trägt auch der Verband (tragen also alle) die Verantwortung, denn das Ende des reinen Amateurbetriebs wurde eingeleitet als erstmals in Österreich ein Spieler Geld fürs Spielen bekam. Also vor einigen Jahren bereits und nicht erst als der Hohenemser Piringer das Parkett betrat. Wir sind also mitten drinnen in einem Prozess und nicht erst beim Ankick, denn diesen hat man bereits geduldet.
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