Die Graz Giants sollten es sein, jenes Team, welches auch als erstes einen europäischen Titel gewonnen hat, die jetzt auch als erste mit dem germanischen Nimbus aufräumten. In Eggenberg begab man sich in den Adlerhorst und rupfte die Federn der Berliner Raubvögel.
Probiert haben es gar viele schon. Zum Beispiel die Vikings im Jahr 2003. Damals verloren sie gegen die Braunschweig Lions im EFL Finale. Heuer versuchten sich die Blue Devils an den Stuttgart Scorpions ohne Erfolg & bei den Raiders ist gegen die Braunschweiger die Entscheidung noch offen. Auch alle anderen Versuche in Vergangenheit ein deutsches Team auzuknocken waren nicht von Erfolg gekrönt. Zwar gab es Siege bei Freundschaftsmatches, aber wenn es um etwas ging, hatten in Summe stets die Deutschen die Nase vorne. Das war einmal.
Schon vor dem Match rechneten sich die Grazer gute Chancen aus diese Serie beenden zu können. Die Berlin Adler zeigten sich zuletzt nicht gerade in Höchstform. Gegen die Prag Lions gewannen sie nur mühsam im EFAF Cup, die Dresden Monarchs hatten im ersten GFL Match keinerlei Probleme mit den Hauptstädtern und fegten sie im eigenen Stadion mit 2:27 vom Platz. Gute Vorzeichen, die auch ORF Co-Kommentator Tino von Eckardt zu deuten wußte. ‚Heute können wir gewinnen.‘ so TvE vielsagend, denn wen er mit ‚wir‘ meinte, verriet TvE dabei nicht, dessen Herz in Deutschland und seine Seele in Österreich beheimatet ist. Er wird wohl schon die Grazer gemeint haben…
Die auch sofort das Heft in die Hand nahmen. Nach drei Berliner Versuchen mußte erstmalig Punter Stefan Withalm ran (ein ehemaliger Vikings & Knights Spieler im Dreß der Berliner). Eine Pass Interference vom Adler DB Lukas Muganga brachte die Giants zwar 15 Yards ein, Armando Ponce de Leon verlor aber den Ball (Fumble). Die beiden Entscheidungen der internationalen Schiedsrichtercrew, wie auch noch etliche andere die folgen sollten, waren heftig umstritten. Gregor Kodella mischte sich nicht in diese Diskussionen ein, holte lieber den Berliner Quarterback Darius Outlaw mal von den Beinen. Die probierten es mit dem Laufspiel und machen damit insgesamt 20 Yards. In ihre Richtung. Auf der anderen Seite machte DB Marian Pusch es Kodella nach und erwischte den Giants Spielmacher Sheldon Cross, der erneut keine wesentliche Rolle in der Grazer Offensive spielen sollte (12 Attempts, 3 Completions, eine Interception & 59 Passing Yards). Was er auch gar nicht mußte. Ein überragender Darvin Lewis erledigte die Arbeit an dem Tag. Zwei Läufe & ein kurzer Paß auf Ponce de Leon und schon ging Lewis über 10 Yards zum ersten Giants Touchdown. Keine Probleme für Kicker Christoph Kipperer – 7:0. Es schien dann als ob die Berliner ein Offensivspiel aufbauen könnten. Ein First Down durch Martin Senz, ihr Quarterback Outlaw ging selbst zum nächsten First Down, danach war aber wieder Schluß. Aus 25 Yards Entfernung gelang im vierten Versuch ein Fieldgoal und die Gäste verkürzten auf 7:3. Es folgten Fehler auf beiden Seiten & viele Strafen, die oftmals heftige Interventionen von den Coaches & Spielern beider Seiten nach sich zogen. Darvin Lewis danach wie von einem anderen Stern am Feld unterwegs. Nach dem Handover zog er ab durch die Mitte, einer, ein zweiter & noch ein dritter Verteidiger hängen sich an ihn ran, er zieht alle drei noch zum First Down mit. Ein Mann wie ein Pferd. Adler Linebacker Oliver Friedrich mußte sich furchtbar darüber aufregen und kassierte eine Strafe weil er gar heftig intervenierte. Einer der drei kompletten Pässe von Sheldon Cross auf Christoph Kranz für rund 35 Yards brachte die Gastgeber kurz vor Halbzeit gefährlich nahe an die Berliner Endzone. Darvin Lewis bekam es im ersten Versuch gleich 4 Verteidigern zu tun, wurde daher auch gestoppt, aber der nächste Lauf bereits war erneut nicht zu halten für die Deutschen. 14:3 (PAT good) & Halbzeit.
Die zweite Hälfte eröffnete wieder Lewis mit einem First Down, vermutlich (beide standen nicht am Starting Roster) Philipp Lang & Michael Rotheneder mit den nächsten beiden First Downs & Lewis ging in seiner unnachahmlichen Art schon an die 1 Yard Linie. Ein erster QB Sneak Versuch von Sheldon Cross scheiterte noch, der zweite war dann drinnen. Der erste PAT (Posing after Touchdown) vom QB eher unverhältnismäßig, da der Amerikaner weiland wenig mit dem Drive sonst zu schaffen hatte, der zweite PAT (Point after Touchdown) aber perfekt zum 21:3. Es folgte die schwächste Phase des Heimteams. Das Paßspiel funktionierte nicht, ein vierter Versuch wurde ausgespielt – Turnover By Downs. WR Johnny Schmuck fing einen Outlaw Paß zum First Down Berlin, Sebastian Judis konnte es ihm nachmachen. Dann krachte es zum ersten Mal in der Giants Endzone. Pete Kühn mit einem Catch verkürzte auf 21:9 (2PC no good). Giants DB Christoph Schreiner mußte dann humpelnd vom Feld, der Verteidiger zog sich eine Verletzung noch unbekannter Größenordnung zu.
Die letzten 12 Minuten
Immer wieder Darvin Lewis mit dem Lauf, immer wieder Sheldon Cross mit Pässen weit entfernt von seinen Receivern. 3 & Out am Ende der leidlichen Ballwerferei. Ein Misssnap beim Punt brachte die Berliner in eine enorm gute Ausgangsposition für ihren nächsten Drive. Diese konnten sie auch umgehend nutzen. Tobias Brüning, als neuer Quarterback der Berliner am Feld, bediente Sebastian Judis zum 21:16 (PAT good). Das Spiel drohte kurz zu kippen. Sheldon Cross besann sich seiner Laufstärke und das Paßspiel wurde eingestellt. First Down. Man kontrollierte die Uhr, kam Schritt um Schritt mit dem Lauf voran und am Ende war es natürlich wieder Darvin Lewis der in die Berliner Endzone ging. Christoph Kipperer mit dem PAT zum Endstand von 28:16, denn der letzte Drive der Adler wurde von Jeremy Bohannon (Interception) gestoppt.
Fazit
Ein phasenweise mitreißendes Match mit einer kurzen Schwächephase Ende des dritten und Anfang des vierten Viertels der Grazer. Ein Sieg der trotzdem süß schmeckt, war er in Summe verdient und im Endeffekt auch ungefährdet. Herausragend auf Seiten der Österreicher phasenweise die Leistung der gesamten Defense (wo ebenfalls Darvin Lewis dirigiert), auf der offensiven Seite ist der Linebacker so gut wie unhaltbar und neben dem Vikings RB Clinton Graham sicher der wertvollste Legionär dem man heuer in der AFL bislang zu sehen bekam. Lewis spielte erneut durch (D/O & Special Teams), es besteht also die leise Gefahr, daß ihm eines Spieltages die Luft ausgeht, wie man es im Vorjahr bei den Legionären der Kärntner beobachten konnte. Das Team selbst, trotz nachhaltiger personeller Schwächung, scheint von Spiel zu Spiel besser zu werden.
Nächste Woche trifft man in der AFL zu Hause auf die Blue Devils, mit denen man noch eine Rechnung offen hat. Fürchten muß man sich im Moment vor den Teufeln nicht, die ihrerseits heute die Black Lions mit 23:0 schlugen. Die Giants sind mit dem Sieg natürlich auch Gruppensieger, allerdings mit einem kleinen Wermutstropfen. Es ist nämlich zu befürchten, daß sie als schlechtester der 5 Gruppensieger enden (dazu weiß man nächste Woche genaueres) und damit das Heimrecht verlieren. Der Gegner im Viertelfinale könnte aber erneut in Reichweite liegen – Zürich Renegades als Prophezeiung. Ebenfalls auf eine weite Fahrt ins Blaue dürfen sich die Blue Devils vorbereiten. Auf sie wartet womöglich ein Team aus Norwegen (Eidsvoll) oder England (Farnham).
EFAF-Cup
Turek Graz Giants vs. Berlin Adler 28:16
(7:3/7:0/7:6/7:7)
30. April 06, Kickoff 14:00
Stadion Eggenberg, Graz
Referees: Bartosek / Savicevic / König M. / Plendl / Valenta / Edelmüller
Football-Austria.com Spielbewertung
Spielniveau:
Ambiente:
Unterhaltungswert:
Hot Dog Test:
MVP: Darvin Lewis (Turek Graz Giants)