Ob wohl am Papier die ÖKO Box Graz Giants standen, waren diese nicht da, denn sie haben schlicht und ergreifend kein Juniorenteam, sondern treten im Kern mit der Jugendmannschaft an, in dessen Reihen sich einzelne ältere Spieler befinden. Dementsprechend chancenlos (um es mal milde auszudrücken) das Team der Steirer. Daher liegt der Verdacht auch mittlerweile sehr nahe, dass die Giants aus einem ganz bestimmten Grund ihre Jugend in Juniorenmatches schicken – es geht nämlich auch um die AFL Lizenz für 2006. Fragt sich nur mehr wie ehrlich dieses Vorgehen ist und wer das Risiko trägt?
Das Spiel
Vom Kickoff bis zum Abbruch nach Wiederbeginn sah man von den Grazern nur sehr wenig. Zwei komplette Passes ihres QBs Max Herdey zu 1st downs, der ein oder andere Laufspielzug über mehr als 1-2 yards – habe fertig. Die Vikings hingegen mit ihrer Offense durchgehend im Vormarsch, teilten in der Defense zu harte Hits für Kids aus (es gab erneut Verletzte auf Seiten der Giants) und so konnten einem die Spieler der Grazer nur leid tun. Sie sind ein gutes bis sehr gutes Jugendteam, aber nicht Mal ein schlechtes, weil eben gar kein Juniorenteam, denn was die Grazer allen anderen als Big Boys dekorieren wollen ist ein klassisches Potemkinsches Dorf. Hinter der Fassade von Shoulderpads und Helmen stecken keine großen Jungs, sondern talentierte Kids die eben eine Klasse weiter darunter zu Hause sind.
Die Vikings mit leichtem und lockern Spiel gegen die Grazer Pappmaschee Wand. Nach einem Fieldgoal von Philipp Heissl, scorten LB Paul Eckhart (Interception Return TD), Gerrit Zeissl (tiefer Pitch von QB Johannes Neusser) und Sevan Sarian (Kickoff Return Touchdown) zum 24-0 nach 12 Minuten. Dazwischen lag ein lost Fumble der Giants beim KO Return, Zwei ca.15 yards "lange" Punts an die eigene 40 yard Linie und ein gebrochener Finger eines Grazer Spielers.
Das zweite Viertel verlief genau so. Nach einem langen Paß auf Peter Tutsch, erhöhte Gerrit Zeissl auf 30-0. Giants wieder im Angriff – heißt Fumble lost – Turnover. Gleich darauf Sevan Sarian zum 38-0. Der Kick Returner der Grazer muß einen harten Hit einstecken, blieb kurz leicht benommen liegen – kann aber weiter spielen. Die Vikings bringen ihre Backups ins Spiel – die Grazer dadurch ein wenig besser in selbiges. In dieser Phase auch die zwei schönen Passes von Herdey – mehr als ein erfolglos ausgespielter vierter Versuch war aber nicht drinnen. Auch gegen die Backups der Wikinger Defense konnten die Giants nicht scoren, dafür erhöhte Bernd Dittrich zur Halbzeit auf 44-0.
Trotz der durchlaufenden Uhr verging die Zeit für die Giants nicht schnell genug im dritten Viertel. Eine Interception – prompt darauf ein weiterer Touchdown – Florian Hiess zum 50-0 kurz nach Wiederbeginn. Giants mit einem Turnover by Downs – postwendend der nächste Vikings Touchdown durch Johannes Neusser (20 yard Pass von Bernd Dittrich). Und so weiter und so fort wäre es gegangen, wäre nicht zu diesem Zeitpunkt Vikings Präsident Karl Wurm bei Giants Headcoach Martin Grassegger vor dessen Team Area ante portas gestanden mit dem Angebot die Sache damit (nämlich mit 58-0 Mitte drittes Viertel) bewenden zu lassen. Nach einer kurzen Besprechung mit seinen Coaches ging Grassegger nach dem nächsten Spielzug auf die Coaches der Vikings und die Referees zu. Nach einem kurzen Wortwechsel pfiffen die Schiedsrichter die ungleiche Begegnung noch vor dem letzten Viertel ab. Eine mutige aber richtige Entscheidung des Trainers auf das Angebot der Vikings einzugehen, denn die Überlegenheit war ebenso evident wie das Verletzungsrisiko seiner Spieler, welche natürlich fuchsteufelswild auf den Abbruch reagierten. Es sei gesagt, dass den Jungs den Grazern überhaupt kein Vorwurf zu machen ist. Sie bilden ein wirklich tolles Jugendteam, aber wie hier bereits erwähnt – kein Juniorenteam.
Verantwortungslos?
Ja natürlich ist die Frage ob das überhaupt zu verantworten ist zu stellen und wir tun das hiermit auch. Wer sich jemals über die Vorgangsweise der Knights im Junioren Cup echauffierte, der müsste spätestens jetzt eigentlich ganz oben auf den Barrikaden stehen, denn hier ist der Unterschied noch wesentlich deutlicher. Die Giants Junioren hätten auch im Junioren Cup massive Probleme, betrachtet man dort die Teams der Bruins, Invaders oder Rangers. Der Verband kann eigentlich nicht einfach wegschauen, wenn ein Team seine Jugendspieler als Big Boys dekoriert und müsste darauf reagieren, wenn es der Verein selbst nicht macht, oder nicht wirklich machen kann, denn so einfach ist die Sache nicht, betrachtet man alle Aspekte.
Die Grazer sind in einem Zustand den man "Umbruch" nennt. Sie haben ein fähiges Schüler und Jugendteam und allen Erzählungen nach sind auch deren Minis 2007 im Kommen. Ein Juniorenteam hat man aber leider nur auf dem Papier, was am Feld steht ist nicht in der Lage mitzuhalten und das Risiko, dass dabei Spieler sich auf Grund der körperlichen Unterlegenheit Verletzungen zuziehen offensichtlich. Karl Wurm hat auch genau aus diesem Grund den Grazern angeboten das Spiel frühzeitig zu beenden, was in Wahrheit für die Vikings völlig kontraproduktiv ist, denn was heißt das?
Offenbarungseid
Wurm und Grassegger haben hier im Prinzip gegen ihre eigenen Interessen und dadurch als AFBÖ Vize und Coach verantwortungsvoll gehandelt, denn die Vikings wollen natürlich auch 2006 gegen die Graz Giants spielen (umgekehrt auch?) und als Vikings Präsident (Interesse) hätte Wurm dahingehend besser geschwiegen. Hat er nicht und das ist gut so. Offenbaren die Grazer nun, dass ihre Big Boys de facto nicht konkurrenzfähig sind (nichts anderes ist passiert), könnte ihnen die AFL Lizenz gemäß der WSO verweigert werden. Was man von den Blue Devils vor der Saison befürchtet hat, ist nun bei den Giants Wirklichkeit geworden. Diese beiden Teams treffen auch am 16.10. in ihrem letzten Match in Eggenberg aufeinander. Die Giants stehen mit einem Punkteverhältnis von 2-116 in zweieinhalb Spielen weiterhin ohne einem selbst erzielten Score da, denn die beiden Pünktchen resultieren aus einem kuriosen Safety des Punters der Black Lions, der (warum auch immer) nicht puntete sondern in der eigenen Endzone abkniete. Betrachtet man die Aufwärtstendenz bei den Blue Devils, könnte sich dieser eklatante Punkteunterschied noch einmal vergrößern. Nochmals ist zu betonen, daß den Spielern der Giants kein Vorwurf zu machen ist, der Verband und der Verein der Giants sollten sich aber gemeinsam überlegen wie das nun so ist mit den Big Boys, denn man muß kein Prophet sein um zu behaupten, daß im Falle so etwas wäre den allzeit beim AFBÖ beliebten Blue Devils passiert, ihre AFL Lizenz für 2006 spätestens seit heute in schwerster Gefahr wäre.
Big Boys
Chrysler Vikings vs ÖKO-Box Graz Giants 58-0
(24-0/20-0/14-0 Spielabbruch)
Schmelz, Wien, 8.10.2005, Kickoff 18:00h, 150
Referees: Berger / Pfennig / Savicevic / Veits / Zwicker
Gameday
Deejay (Musik), Einlauf Show, Cheers Show, Moderator gut bis sehr gut. Bewirtung wie gehabt nicht vorhanden. Zu Getränken und Speisen kommt man entweder mit Beziehungen oder wenn man sich bei der Küche des Toscas an der Hintertüre anstellt. Der Durchgang zwischen Innen- und Außenbereich ist gesperrt, bedient wird im Freien nicht. 5 Minuten nach dem Match wurde auf der ganzen Schmelz (Feld, wie Terrasse) das Licht abgedreht. Noch bevor die spärlichen Besucher ihr Getränk austrinken konnten und während wir noch Interviews führten, gingen einfach alle die Lichter aus. Ein glatter Rauswurf für nur 10 Euro Eintritt! – einsame Klasse diese Vikings After Game Party! Die Sache hat auch etwas Gutes. Wir lernen langsam unser Equipment im Stockdunkeln abzubauen. Ist auch was wert, denn sollte eines Tages die Sonne nicht mehr aufgehen wollen, dann werden wir dafür noch dankbar sein!
War es diese Behandlung des Publikums zuvor schon oder die German Bowl in Hannover? Wir wissen es nicht. Es fanden sich jedenfalls gerade an die 150 Zuschauer auf der Schmelz ein und diese mutierten zu Selbstversorgern. Der Eduscho Picknick Rucksack steht bei den Vikings Fans mittlerweile ebenso hoch im Kurs wie Jausenpakete und diverse Kühltaschen. Dass diese überhaupt noch Erscheinen und für diese Katastrophe auch noch einen unverhältnismäßig hohen Eintritt zahlen spricht für ihre Loyalität, Leidensfähigkeit und ihr Interesse am Sport. Böse Menschen sagen dazu gemeiner Weise Dummheit, denn wer wirklich einen Gameday erleben will muß raus aus Wien, am besten nach St. Pölten, am zweitbesten nach Baden. So sagt es zumindest der Volkmund und so spricht Haute Volé. Dass der hiesige Restaurantbetreiber keinerlei Interesse zeigt Umsatz zu generieren verwundert nicht mehr. Wer schon hat der will nicht mehr, immerhin lief ENG-AUT im TV und das war einfach wichtiger.
Der Nachwuchs der Vikings erregte sich zuletzt unverständlicher Weise über das angebliche Nichterscheinen der Kampfmannschaft bei ihren Matches. Doch wie schon bei den Partien zuvor erschienen die Herren in hoher Zahl. Dieses Mal u. A. mit dabei: Lukas Baran, Jason Galanos, Roman Floredo, Michael Völkel, Daniel Kovacs, Martin Hammermüller, Shawn Olson, Thomas El-Badramani, Daniel Fettner, Thomas Vanicek, Christoph Budimir, Albert Platzer, Georg Thomas… Genug, oder noch mehr?
Ein Trauerspiel
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