Der deutsche Meister verweigert gänzlich und zahlt an den deutschen Zahlmeister der europäischen Footballbehörde dafür einen Tausender aus der Portokassa. Der Dritte der GFL glänzt mit Spendenaufrufen. Das Ersatzheer aus Dresden kommt in einem Zustand des noch trunkenen Winterschlafes nach Graz, um sich dort der völligen Lächerlichkeit preis zu geben.

Everyday its something hits me all so cold. Find me sitting by myself – No excuses, then I know
— Alice in Chains

Wer immer Ausreden für das am vergangenen Wochenende Dargebotene sucht, der kann eigentlich nicht verstanden haben was passiert ist. Deutschland, welches die europäischen Bewerbe seit Jahren mit Missachtung straft, hat seinen nackigen Hintern gezeigt. Das historische Eggenberg’sche 50:0 heißt nämlich auch: Es interessiert uns einen feuchten Kehricht was ihr hier abzieht. Sogar das Fernsehen habt ihr hergebracht – ihr spinnt doch alle! Zwar gingen die Sachsen nicht davon aus ihr Hinterteil dann derart versohlt zu bekommen, aber wohl rechneten sie mit einer Niederlage, denn nehmen sie den Bewerb bekennender Weise lediglich als Vorbereitung für die Ende April in Szene gehenden German Football League mit. Wo sich dann aber die Frage stellt warum sie nicht einfach ein Vorbereitungsspiel in der Heimat spielen? Man muss nicht so weit reisen. Man muss sich nicht auslachen lassen. Man kann sogar einen Zweitligisten zum Football-Brunch einladen und ein wenig Selbstvertrauen tanken. Wozu EFAF-Cup wenn es eh nichts zu beweisen gibt?

Dich, Dorothea, dich nenn ich Dresden, du warst kaputt und ausgebrannt
— BAP

Als völlig normal scheint man es bei unserem Nachbarn auch zu halten sich zur Gänze unvorbereitet in so ein Abenteuer zu stürzen. Es sind noch nicht alle Spieler im Lande, eigentlich hat man noch gar nicht wirklich zusammen trainiert, aber man steigt gleich gegen den regierenden Champion in den Ring. Von dem wird man in zwei Vierteln zum Fallobst degradiert, so sich in den letzten beiden auch noch der Nachwuchs am zuckenden Monarchenleib laben kann. Was haben die Verantwortlichen sich dabei eigentlich gedacht? Denken Sie überhaupt nach, wenn sie so etwas tun?

Eigentlich sollten die Dresdener (nicht die Spieler, weil die wurden ins kalte Wasser geschmissen), sich a) dafür bei allen Beteiligten entschuldigen, b) die Kosten für die TV-Übertragung zur Gänze übernehmen und c) den wenigen Besuchern ihr Eintrittsgeld zurückerstatten, denn die haben dafür gezahlt ein AFL Team gegen ein GFL Team spielen zu sehen und nicht dafür, dass die Österreichische Jugend europäische Viertklassler zerlegen darf. Denn das interessiert in der Tat wirklich niemanden. Das war eine veritable und zu guter letzt auch kalkulierte, also absichtliche Verweigerung eines Footballspiels. Lasst es doch ganz sein, Freunde! Ihr macht damit niemanden einen Gefallen.

Wir sind das Volk!
— Dresden, Leipzig, 2. Oktober 1989

Sollte das der momentane Zustand der GFL sein (wovon nicht auszugehen ist), dann kann man den Laden auf internationaler Ebene zur Gänze dicht machen, der eigenen Presse (in beiden Ländern) verklickern, dass ist uninteressant, weil man würde ja alles gewinnen, kann ab sofort in der glorreichen Vergangenheit schwelgen und sich andere Sandkästen zum Spielen suchen. Die SELAF wird diese morsche Gebälk ohne Sanierung in einigen Jahren so oder so zu Humus verarbeitet haben und eine eigene Skyline im Herzen Europas aufgebaut haben.

Im Vorjahr tat sich erstmals ein kleiner Grat zwischen den deutschen und österreichischen Teams auf. Einige hatten eine ganze Latte an Ausreden dafür parat, andere nicht. Marburg ist eine löbliche Ausnahme, die wirklich hart um den Pokal gekämpft haben. Immerhin der spätere deutsche Vizemeister, aber auch er flog aus dem Bewerb. Allerdings ohne lang danach drum herum zureden. Die wollten wohl die Chose gerne gewinnen, zumal sie damals ja auch noch Titelverteidiger waren. Der Rest quasselte von der Strippe. Noch nicht eingespielt, verletzte Spieler, zu wenig Zuschauer im eigenen Haus und oft gehört: schlechte Terminplanung. Zu früh käme das. Wer macht den eigentlich die Termine bei diesem Bewerb?

Die EFAF ist fest in deutscher Hand. Ihr Präsident ist ein Deutscher, der Sekretär ist ein Deutscher, selbst der Turnierdirektor ist ein Deutscher. Kein böser Ösi weit und breit, der hier Termine vorverlegt, so die armen GFL-Teams sich einer stimmlichen Übermacht aus dem Alpenland beugen müssten. Was machen die EFAF-Verantwortlichen? Erkennen Sie den raschen Niedergang dieser mittlerweile dadurch schon mehr als fragwürdigen Bewerbe EFAF-Cup und Eurobowl? Reagieren Sie darauf? Stellen Sie Weichen? Gibt es Zusammenkünfte wo man sich dieser Probleme gemeinsam annimmt? Zukunftsvisionen? – Nein, so die nüchterne Antwort.

Come on baby, eat the rich
— Motörhead

Man traf sich zuletzt im Londoner Tower (sic!) zu einem mehrgängigen Feinschmecker-Menü, verrechnete zu Weihnachten den Braunschweig Lions 1000 Euro damit sie nicht mitspielen müssen und läßt die Sache schleifen. Geht schon irgendwie. Ist doch eh alles bestens. Hauptsache ist doch, dass das Papperl fein war. Wenn man gut Essen und Trinken kann, dann muss man aber davor und danach auch gut Arbeiten können!
 
Manche betrachten aber den Footballsport nur als Sprosse auf ihrer eigenen (politischen) Karriereleiter und/oder als bourgeoise Freizeitbeschäftigung. >Den Spielern dürste nach Wasser? – Warum bringet ihnen denn niemand den Champagner?< Und wir Österreicher sind um keinen Deut besser, denn schauen wird dem Treiben auch noch Schulterzuckend zu. Als ob wir schon einen super Plan B in der Tasche hätten für den day after dem Totalcrash an der Mauer irgendeines imperialen Luxusklasse-Hotels. Bis der Kellner mit dem Pfefferminzblättchen kommt und es alle zerreißt – bis einer weint! Wissen wir dann was wir tun, wenn es endgültig keine Sau mehr interessiert? Wenn die Leute nicht mehr ins Stadion kommen (wie in Deutschland), weil sie bereits wissen was folgt? Wenn der ORF nimmer kommt, weil es auch keiner mehr im Fernsehen sehen will? Wenn auch unsere Teams den Tausender der Ablehnung zücken? Wie schaut unsere Agenda dann im Groben aus? Wer weiß das? Hand hoch!

Wir müssen was bewegen, sonst bewegt sich nichts
— Söhne Mannheims

Die Lage in Österreich ist sprichwörtlich aussichtslos, aber nicht hoffnungslos. Was können wir tun? Um zur Beantwortung der Frage zu gelangen muss man sich ansehen was "wir" jetzt tun. Mit "wir" meine ich den heimischen Verband, dessen Vereine, seine Protagonisten, kurz: unsere Mitglieder der EFAF. Ich sehe einige Leute diese Worte hier lesen und dabei schmunzeln. Viele werden sich jetzt denken: Endlich sagt er es auch (was wir uns denken), ohne es selbst natürlich offen zuzugeben. Zuletzt gab es auch schon mal solche offene und harte Worte in Richtung EFAF-Board, aber tätig wurde man nicht. Warum nicht? Man ist weder feige, noch hätte man etwas zu befürchten. Im Gegenteil, denn fast ganz Football-Europa würde applaudieren, zetteln Österreicher eine Palastrevolution an, die vermutlich auch gelingen würde. Die derzeitigen "Machthaber" wären binnen kürzester Zeit ihre Funktionen los, sitzen aber immer noch dort. Wie kommt das, wenn einem das selber nicht gefällt?

Ich hätte Lust mit großen Tieren, hab‘ keine Lust es zu riskieren
— Rammstein

Lustlos ist man. Die Vikings interessiert das Ganze eigentlich nicht mehr. Sie haben ihre drei Eurobowls in der Tasche, dafür einen Felsen im Brett bei der Stadt Wien. Sie arbeiten an aus ihrer Sicht viel wichtigeren Projekten. Zum Beispiel an der Simmeringer Football-Akademie. Karl Wurm wird also den Teufel tun und sich in das kaputte EFAF-Fauteuil setzen. Graz, Innsbruck, Klagenfurt? – kein Mucks. Und Michael Eschlböck – der Präsident? Der schüttelt Hände und Kopf gleichzeitig, es kommt aber kein Vorstoß Kapitän des sinkenden Schiffs zu werden. Der darf bekanntlich erst als letzter von Board. So wird das Ding weiter herumtreiben und dann irgendwo zerschellen. War eh nicht unser Boot.

Insofern ist eine letzte Möglichkeit den Laden wieder in Schwung zu bringen, der derzeitigen Führung klar zu machen, dass es so nicht weitergehen kann. Wenn man sie nicht entfernen will, wird man sie instruieren müssen. Schlägt auch das fehl, aus Beratungsresistenz, aus Hochmut oder warum auch immer, dann hat nicht nur Houston ein Problem. Hier wird sich die Spirale des Desinteresses weiter nach unten drehen und der deutschen Ignoranz wird die der Österreicher folgen. Wie soll es anders sein?

The future is now
— SELAF

Mit diesem Slogan bewirbt die serbisch-slowenisch-ungarisch-österreichische Spielserie ihr Credo. Die wird eine solche Entwicklung der Selbst-Euthanasie der EFAF nicht unbedingt stören, obschon sie gerne mit dieser kooperieren täte. Generell steht die SELAF aber auf völlig anderen Beinen. Ohne Geld keine Musik, ohne Einsatz kein Erfolg und eigentlich ist man mehr Firma als Verband, mehr Manager als Funktionär. Weg mit dem Speck um es auf "Handy-Deutsch" zu sagen. Nicht unbedingt besonders attraktiv für jene die es gerne ein wenig dicker haben wollen. In der SELAF steckt Kapital, sie hat eine Vision, Zuschauer, einen 5-Jahres-Plan, eine Kosten-Nutzen-Rechnung, in ihr paart sich südländische Begeisterung und österreichisches Know-how. Das sind durchaus die Komponenten aus denen eine Euro-Liga 2010 gebaut sein kann. Doch Eile mit Weile. Ist die SELAF unser aller Rettung?

Möglich ist es. Zuerst muss eines klar sein für die Klubs und das muss die EFAF durch beharrliches Nichtstun, abgesehen von Rechnungen stellen und produzieren, auch weiterhin noch ein paar Monde beweisen: Das hat so keinen Sinn mehr. Erst dann werden sich die Willigen schnappen und ins Serail entführen lassen. Wie immer das dann aussieht und zusammengesetzt ist. Zum Beispiel so: SELAF, NELAF, WELAF und OELAF, Playoffs, Finale und Footballfeste für die Massen Europas. Die Herren dort sind bereit und dazu auch imstande. Wir Österreicher auch, wie wir bereits wissen. Warum tun wir uns dann nicht zusammen? Die EFAF mag der offizielle Verband sein, ohne spielende Mitglieder und zahlende Zuschauer existiert sie aber nur mehr am Papier.

Jetzt komme mir einer mit der sportlichen Wertigkeitskeule! Ja, aber die Teams der SELAF haben ja nicht die sportliche Klasse um zum Beispiel gegen die Giants zu bestehen. Gegenfrage: Hatten das die Monarchs?

Hätten die Sachsen an dem Tag gegen die Budapest Wolves gespielt, wie wäre das Match wohl ausgegangen? Wie gegen die Gladiators? Wie gegen Vukovi? An diesem Tag hätten die Schwaz Hammers mit einem Sieg im Europacup Geschichte geschrieben, Herrschaften! Wo wir beim Kern des deutschen Problems sind. Sie nehmen die Sache nicht mehr ernst, weil es ihre Fans, ihre Presse, ihr ganzes Land nicht mehr ernst nimmt. Wir müssen den Enttäuschten wieder Gründe geben (Interesse, Zuschauer = Geld) um mitzumachen. Wo immer wir die/das herzaubern. Derzeit läuft hier nicht einmal mehr ein Pflichtprogramm ab. Der EFAF-Drehschalter der Maschine steht auf: So tun als ob – Wolle bei 20 Grad – bitte nicht Schleudern. Davor sitzen eine Handvoll Österreicher und schauen dem Ding beim sich langsam Drehen zu. Ein lokales Minderheitenprogramm. Wie lange läuft es noch?

Walter H. Reiterer

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