Zuerst möchte ich einmal ein paar Beobachtungen schildern, was die Amerikaner denn so alles über Österreich wissen, oder besser gesagt nicht wissen.

Überraschenderweise wurde ich noch von keinem Ami darauf angesprochen, ob es Känguruhs in Österreich gibt. Jedoch denken manche, dass das Königreich Österreich-Ungarn immer noch existiert, dass wir in Österreich keinen Schnee haben, dass die Landessprache in Österreich Austrian (also österreichisch) ist oder dass Österreich ein Bundesland von Deutschland ist. Nun aber zum Football…

Zusammenfassung der letzten Wochen

Auf eine 48:6 Niederlage auswärts gegen die Buhl Indians (Idaho’s Spiel der Runde, ausgiebige Zusammenfassung während der Nachrichten im Regionalsender KMVT Twin Falls) folgte ein 28:6 Sieg bei unserem Homecoming-Spiel gegen die Kimberly Bulldogs vor ausverkauftem Haus (etwa 3000 Zuschauer). Nach diesem Spiel ging es nach Burley, zum Stadion der Bobcats, dem ersten Gegner aus unserer Conference. Wenn wir dieses Spiel gewinnen, würden wir uns für die District Playoffs qualifizieren – mit einem tollen 39:0 schafften wir diese Hürde locker.

Leider kam ich in all diesen Spielen nicht sehr oft zum Einsatz, da mich eine, beim Gewichtheben erlittene Muskelverletzung etwas zurückwarf.

Personalsorgen in der Vorbereitung

Nach dem Spiel gegen die Bobcats hatten wir eine Bye-Week und somit zwei Wochen Zeit, uns auf unser wahrscheinlich wichtigstes Regular Season Game vorzubereiten, jenes gegen die Jerome Tigers, unserem größten Rivalen und nebenbei auch noch Gegner in unserer Conference. Wir gingen mit einem 4-2 Record (1-0 Great Basin Conference West) in die Vorbereitung und sollten wir dieses Spiel gewinnen hätten wir am darauffolgenden Freitag das Conference Championship zuhause gegen die Minico Spartans (ranked #3 in Idaho).

Mit der Motivation, bei unserem letzten Heimspiel der Saison um die Conference Championship zu spielen, arbeiteten wir sehr konzentriert und trainierten hart.
Vor dem Spiel waren wir als #12 in Idaho gesetzt und Jerome als #11. Wir freuten uns alle sehr auf das Aufeinandertreffen und konnten es kaum erwarten in Jerome gegen die Tigers anzutreten. Doch diese Freude wurde einem Tag vor dem Spiel getrübt, als während dem abschließenden 7-on-7 unser Starting Tight End/Linebacker/Long-Snapper und unser Starting Cornerback/Punt- und Kick-Returner zusammenkrachten und beide mit einer Gehirnerschütterung für das Spiel raus waren. Diese Verletzungen sollten noch ein Mal von großer Bedeutung sein.
Umsatteln auf Tight End & Frischwasser in Jerome

Meine Coaches teilten mir mit, dassich gegen Jerome Tight-End (!) spielen werde. Die Entscheidung überraschte mich zwar etwas, da ich vorher nie die Position trainiert hatte und die Plays auch nicht wirklich kannte, aber ich lernte unser Playbook und war letztendlich ganz ordentlich vorbereitet.

Wir stiegen am Freitag Nachmittag also wieder in unseren alten Bus und machten uns auf die etwa einstündige Fahrt. In Jerome und dort in der Kabine angekommen, erlebten wir die erste positive Überraschung: Es gibt normalschmeckendes Wasser! In allen anderen Städten in denen wir bis jetzt spielten, schmeckte das Wasser mehr nach Swimmingpool, also mehr nach Chlor, als nach H²O. Wir wärmten konzentriert auf und waren guter Dinge, das Spiel, trotz der Ausfälle zweier wichtiger Spieler, für uns zu entscheiden.

Kickoff der guten Hoffnung

Unsere Defense konnte die Offense der Tigers im ersten Drive stoppen und so marschierten wir über das ganze Feld und fanden uns bald in Jeromes Redzone wieder. Dort angekommen mussten wir leider eine Holding-Strafe hinnehmen und hatten in den darauffolgenden zwei Versuchen nicht sehr viel Glück. So callte unser Coach bei 3 & 18 ein Pass-Play. Ich war als Receiver auf der linken Seite aufgestellt, lief eine Go-Route, der Ball wurde von unserem Quarterback perfekt plaziert, ich konnte ihn mit Leichtigkeit unter meine Kontrolle bringen. TOUCHDOWN! 29 Yards pass Kramer to Vertneg. 7:0!

Unsere Defense konnte die Tigers erneut stoppen und recoverte ein Fumble. Unsere Offense war dieses Mal weniger erfolgreich, bewegte den Ball bis zur 31-Yard-Line. Von dort kickte Cory Rutkowski (diesen Namen sollte man sich merken, bekam er doch bereits Briefe von der Boise State University, der University of Oregon, der University of California, Stanford, UCLA und USC, dass sie an seinen Diensten interessiert seien) ein 48-Yard Field Goal! Das war neuer Schulrekord! Er verwandelt nicht nur Field Goals aus solchen Distanzen mit Leichtigkeit, sondern kickt auch noch jeden Kick-Off in die Endzone, wenn nicht sogar darüber hinaus –10:0.

Spät in der ersten Hälfte scorten die Tigers zum ersten Mal, versemmelten aber den Extrapunkt und stellten daher nur auf 10:6. Kurz vor Ende der ersten Hälfte fing unser Strong-Safety eine Interception und trug den Ball 65 Yards weit in die Endzone zum Halbzeitstand von 17:6.

Wenn ein Spiel kippt…

Im dritten Quarter wechselten sich Punts beider Mannschaften ab, es kam zu einer wahren Defensivschlacht, bis die Tigers kurz vor Ende des dritten Viertels erneut scorten, die 2-Point Conversion aber vergaben und auf 17:12 verkürzen konnten.

Im darauffolgenden Drive gingen wir erneut übers ganze Spielfeld und standen schlußendlich wieder in der Tigers Redzone. Wir spielten das selbe Play, das uns auch zum 7:0 verhalf – den tiefen Pass auf mich. Der Ball war wieder sehr gut geworfen und nur eine Pass Interference des Cornerbacks konnte mich daran hindern den Ball in der Endzone zu fangen. So hatten wir 1st and Goal an der 10-Yard-Line. Doch im darauffolgenden Spielzug war unser QB stark unter Bedrängnis und warf eine Interception. Der Anfang vom Ende.

Die Ausfälle unserer zwei Schlüsselspieler machten sich bis dahin nicht wirklich bemerkbar, aber die Tigers brauchten nur ein Play, warfen einen langen Pass auf ihren Receiver, der von unserem Backup-Cornerback gedeckt wurde und stellten auf 17:18.

Spannung bis zur letzten Sekunde

Unsere Offense schaffte aber erneut ihren Weg in die gegnerische Redzone. Bei 1:42 restlicher Spielzeit wurde unser Quarterback gehittet als er den Ball werfen wollte, der ging senkrecht in die Luft und wurde erneut von den Tigers interecepted. Als wir bereits dachten das Spiel sei zu Ende und das Feld mit gesenktem Haupt verlassen hatten, konnte unsere Defense ein Fumble recovern. Noch eine Chance! Wir standen an der 50 Yard-Linie und hatten noch 1:02 übrige Spielzeit. Wir kamen in etwa an die 25-Yard-Linie und entschieden uns bei 30 Sekunden übriger Zeit und 3rd Down ein Field Goal zu kicken. Eigentlich eine leichte Aufgabe für unseren Kicker. Jedoch sollte er nicht die Chance bekommen, seinen Kick zu plazieren. Der Snap unseres Back-Up Long-Snappers war zu niedrig, unser Holder schnappte sich den Ball und schaffte es gerade noch ins Aus zu gehen um die Zeit zu stoppen. Wir hatten also noch eine Chance, jedoch war der Snap dieses Mal um einiges zu hoch, unser Holder konnte den Ball gerade noch unter Kontrolle bringen und wurde getackelt.

So verloren wir das Spiel mit 17:18. Eine bittere Niederlage gegen unseren Rivalen, aber wir spielten sehr hart und hoffen nun, das Spiel gegen Minico am kommenden Freitag zu gewinnen. Wir haben nichts mehr zu verlieren, sind bereits für die Play-Offs qualifiziert und können befreit aufspielen.

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Vincent Vertneg war im Vorjahr Starting QB der Vikings Jugend und gewann mit seinem Team die Österreichische Meisterschaft in der Jugendklasse. Heuer wäre sein erstes Jahr bei den Junioren. Über den Herbst/Winter spielt er für eine Highschool in Wood River Valley/Idaho. In unregelmäßigen Abständen wird er uns Updates von seinem Aufenthalt in den Staaten zukommen lassen.

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