Zwei Teams auf Augenhöhe lieferten sich ein hochattraktives und bis zur letzten Sekunde spannendes Match.

Die Chancenlosen?
Im Hinspiel sah man auf der Schmelz ein völlig anderes Gladiators-Team als heute. Das wusste auch Vikings II-Coach Shawn Olson und schwor sein Team schon vor dem Match ein: ‚Das wird heute nicht der Gegner von damals sein. Das Team steht mit dem Rücken zur Wand. Das wird hart, das wird unter Umständen knapp und wir werden alles geben müssen um hier als Sieger vom Platz zu gehen.‘ Olson sollte mit seiner Einschätzung zu 110 Prozent Recht behalten. Wer immer den Gladiators in dem Spiel keine Chancen eingeräumt hatte, der befand sich schwer auf dem Holzweg. Nur Sekunden fehlten den Burgenländern zum Sieg.

Die Exekutoren?
Was das Vikings II-Team so stark macht, ist ihre Fähigkeit in entscheidenden Situationen zu exekutieren. Und zwar genau das, was die Coaches von ihnen verlangen. Schlag nach unter: Invaders-Fluch. Gleichzeitig scheint diese geballte Ladung an Footballwissen und Direktiven gegen ‚Aus-dem-Bauch-Spieler‘ manchmal die Mannschaft zu verwirren. Die Situation in der Coaching-Area im zu Beginn des letzten Spielabschnitts, als die Gladiators mit zwei Scores in Führung gingen, war bezeichnend. Den Vikings II stand der Coaching-Staff des dreifachen Europameisters mit Rat, Ansprache und Tat zur Seite. In Units wurde durchgegangen was bisher falsch gelaufen ist, Strategien entwickelt, Spielzüge besprochen – an einem Gegenkonzept gearbeitet. Das Gegenkonzept wozu ist hier die Frage? Denn auf der anderen Seite war von einem Coaching-Staff nichts zu sehen. Dwayne Hoffman rief auf Krücken seine Meinung Richtung Gladiators-Huddle, okay. Und sonst? Der Trainer stand in Wahrheit under center.

Die Sachlage ist deshalb so bizarr, weil man eigentlich davon ausgehen sollte, dass es hier einen klaren Sieger geben müsste. Gab es aber nicht und das spricht dann doch für den Dorfklub im Vergleich zur zweiten Garnitur von Real Madrid.

Blitzstart der Gladiators
So stellte man bereits kurz nach Spielbeginn fest, dass das heute alles andere als ein gemachtes Bett für die Vikings II sein wird. Spätestens als Bernhard Kamber im ersten Drive Manuel Houtz mit einem kurzen Pass in die Endzone zum 7:0 bediente war klar: Das wird harter Arbeitstag für Violett. Zuvor ließ Runningback Martin Bauer die junge Vikings II-Defense mit seinen Läufen mächtig alt aussehen. Eine Verjüngungskur blieb dann bis zur Halbzeit aus. Die Gäste fehleranfällig, produzierten Turnovers, vergaben ihre Chancen auf einen Score bisweilen kläglich. Aber auch das Heimteam konnte offensiv nicht glänzen, vergab einen Fieldgoalversuch, produzierte ein Turnover und musste die Macher-Rolle den Wikinger überlassen, die damit zwei Viertel lang wenig anzufangen wussten. So war die logische Folge, dass man sich bei 7:0 auch in die Kabinen begab und niemand so recht wusste wie dieser Spielstand und das Spielgeschehen einzuschätzen wäre.

Blitzstart der Vikings2
Die Ansprache der Vikings-Coaches in der Pause zeigte sofortige Wirkung. Ein herrlicher erster Drive der Vikings II zu Beginn des dritten Viertels führte zum Ausgleich. Jakob Altersberger, Daniel Kovacs und Daniel Stanzel in the air, so wie Florian Hiess on the ground waren einfach nur ein Genuss zum Zuschauen. Inmitten des frischen Offensivspektakels stand Quarterback Philipp Jobstmann, der, nachdem er Luke Atwood tags zuvor in der Charity Bowl aussehen ließ als wäre er der Backup, seine besten Momente hatte. Sevan Sarian beendete den Drive mit einem Catch in der Endzone nach Pass von PJ.

Das sah so aus und es roch förmlich danach, als ob jetzt Schluss sein würde mit dem lustigen Landei-Football-Dasein. Die Vikings II sind da und jetzt wird sauber gemacht in Downtown Ruthersdorf (so heißt der Dorf bei der SELAF). Wieder eine Täuschung des Objekts und der Begierde, dass sich doch der Favorit als solcher entpuppen sollte. Es blieb eben nur ein Wunsch der Vikings-Fans, die sich lautstark bemerkbar machten. Zudem der Regen, der zuvor vor allem für die Vikings fiel, nachließ und die Sonne blinzelte uns alle wieder an.

Gladiators zogen davon
War es zuerst ’nur‘ ein Fieldgoal von Manuel Houtz, welches die Gladiators wieder in Führung brachte, warf die Interception von Josef Rosenecker, der einen Jobstmann-Pass abfing, die Vikes wieder dahin zurück, wo sie schon mal waren. Denn kurz danach, man befand sich bereits im letzten Viertel, erhöhte Rene Muhr, nach einem 18-Yards-Pass von Bernhard Kamber auf 17:7.

Das letzte Viertel sollte dann auch das an Ereignissen reichste werden. Beide Teams sahen mehrmals bereits wie der Sieger aus. Zunächst mal die Glads, die bei 17:7 und zehn Minuten auf der Uhr mal einen moralischen Vorteil hatten. Diesen minimierte erneut Sevan Sarian nach einem Pass von Jobstmann auf drei Punkte. 17:14 – das Heimteam in Ballbesitz. Der Drive der Gladiators endete mit einem Punt und die Vikings II schickten sich an das Spiel jetzt zu kippen. Mit einem Griff in die Trickspielzugskiste gelang das vermeintlich auch. Handover Jobstmann auf Sarian – Pass auf Daniel Kovacs – Touchdown Vikings II und erstmals die Führung für den Meister. 21:24 – die Gladtiators gebrochen? Wohl ja, dachten sich nicht wenige, doch die Burgenländer kamen noch mal zurück.

Hladich-Touchdown zum erneuten Umschwung
Die Gastgeber kamen durch zwei Penaltys der Vikings II noch einmal gut voran. Ein erster Touchdown wurde noch incomplete gegeben, der nächste Pass von Bernhard Kamber auf Chris Hladich war dann aber komplett, der mächtige Kanadier brach ein Tackle und tankte sich in die Endzone durch. Erneut gingen die Glads in Führung – 24:21, nur mehr eine Minute auf der Uhr.

Die Vikings taten danach wieder, wie ihnen geheißen wurde. Exekutieren. Sie kamen nach 50 Sekunden (noch 10 blieben auf der Uhr) an der GLA 1 an und entschieden sich für ein Fieldgoal zum Ausgleich. Dieses wurde fast noch geblockt, ein Gladiators.Verteidiger war mit den Fingern dran, aber das Ei ging zwischen die Pfosten zum Ausgleich – 24:24 – Overtime – was für ein Spiel!

Es gibt kein Glück im Footballsport
Diesen bemerkenswerten Satz sprach nach dem Spiel ein gelöster Philipp Jobstmann aus und irgendwie hat er da vielleicht nicht ganz Unrecht. Der Tiebreaker, das Elfmeter-Schießen des Amateur-Footballs, lief nur oberflächlich glücklich für die Vikings, denn es ging klar für sie aus. Während die Gladiators ihren ersten Drive mit einer Interception abschlossen, beendete Philipp Jobstmann das Spiel trocken und präzise mit einem Pass auf Daniel Kovacs zum 24:30.

Große Klasse, Vikings II, große Klasse Gladiators, große Klasse Division I! Man kann als Berichterstatter und Liebhaber dieses Sports diesen beiden Mannschaften für den schönen Nachmittag nur danken.

Stimmen nach dem Spiel

Shawn Olson, Offense-Coordinator Vikings2
‚Gratulation an mein Team, welches sich mehrmals zurückkämpfen und dieses Spiel am Ende noch gewinnen konnte. Das war für die Zuschauer sicher ein sehr unterhaltsames Spiel und machte mir persönlich auch mehr Spaß als das Match gestern. Division I, das sind gute Jungs und sie spielen feinen Football. Ich mag die Liga deshalb auch so sehr. Meinen vollen Respekt und ganze Hochachtung aber auch vor diesem tollen Gegner. Ich habe damit gerechnet, dass sie heute stark sein werden. Ihr Auftritt auf der Schmelz, das wusste ich auch, war nicht ihr wahres Gesicht, doch sie waren dann noch viel stärker als mir lieb sein konnte. Die Gladiators sind ein kleines Team, welches aber über mehrere Skill-Player und einige junge Talente verfügt. Die Art und Weise wie Bernhard Kamber sein Team über das Feld führt beeindruckt mich sehr. Man spürt, bei allem was er tut, dass da ein alter Fuchs etwas ausheckt und das muss man mal unter Kontrolle bringen. Das ist uns heute nicht immer gelungen. Bei allem was man über das Team lesen kann, glaube ich, dass sie in der Besetzung heute zu den besten Mannschaften der Division I gehören. Mich würde es daher nicht wundern, wenn wir sie ein drittes Mal spielen müssen.‘

Bernhard Kamber, Quarterback Gladiators
‚Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, dass mich eine Niederlage zufrieden gemacht hätte. Ganz bin ich es heute auch nicht, aber die Leistung der ganzen Mannschaft, Offense, Defense und Special Teams war auf einem Level, welches für die Liga sicher akzeptabel war. Damit kann ich leben. Die Performance gegen die Titans, wo wir uns mit einem 13:0-Sieg aus der Affäre gezogen haben, war um eine ganze Klasse schlechter. Da war ich sauer. In Budapest spielten wir dann phasenweise wie junge Götter, phasenweise dann aber eher weniger göttlich. Es ist so: Sind wir 22 und fehlen fünf wichtige Spieler, dann kann man uns mehr oder weniger vergessen. Sind wir 28, so wie heute und fehlen nur zwei wichtige Spieler, dann sind wir zu allem fähig. Wir haben heute 90 Prozent von dem gezeigt was möglich ist, also fast alles. Sollten wir das bis zum nächsten Wochenende halten oder noch steigern können, dann wir das auch gegen Budapest ein heißer Tanz. Wir sind noch nicht aus den Playoffs draussen und werden versuchen den Bulls ein weiteres spannendes Wochenendezu bieten. Den Vikings möchte ich gratulieren. Sie sind weiterhin ideologisch mein Feindbild und sportlich mein Vorbild. Wie die heute in wichtigen Momenten agiert haben – da kann man nur gratulieren und neidlos anerkennen, dass sie genau wissen was sie tun. Mir hat es gefallen, meinen Jungs hat es gefallen und nicht ganz unwichtig: den Zuschauern hat es gefallen. Wer so etwas sieht, der kommt gerne wieder.‘

Bernhard Binstorfer, Nationalteam-Headcoach
‚Enorm ausgeglichenes und unterhaltsames Match. Viele schöne Szenen und sehr vernünftiger Footballsport, vorgetragen von zwei guten Mannschaften. Ich wünsche mir mehr davon.‘

Division 1
ASVÖ Gladiators vs. Dodge Vikings² 24:24
Overtime 24:30
(7:0/0:0/3:7/14:17/OT 0:6)
3. Juni 07 | Kickoff 16:00
Sportplatz, Rudersdorf
Officials: Edelmüller, Leue, Czogalla, Tadic G., Scheiber, Schiller

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