Daß dabei nicht alles so ernst ist wie es den Anschein macht ist klar, allerdings ist ganz generell nichts so wie es scheint. Und das ist weniger klar. Walter H. Reiterer aus dem tiefsten Südosten.
Land der Sonne – eine Bekenntnis
Das Burgenland ist das jüngste (1921) und gleichzeitig schönste Bundesland Österreichs. Das ist so klar wie der Welschriesling, der im Norden angebaut und verköstigt wird; im Süden regiert der berühmtberüchtigte Uhudler, der niemals mit dem Schilcher verwechselt werden darf. Neben Wein gibt es aber noch mehr zu sehen, zu erfahren und zu erleben. Bergradfahren (Moutainbiken) ist dort möglich. Vom Rosaliagebirge bis zum Geschriebenstein gibt es Steigungen und Abfahrten die man dem Flachland gar nicht zutrauen würde. Festivals, Open Air Kinos, Burgtheaterspiele – auch die Kultur ist dort daheim. Okay – am Samstag shoppen gehen kann zur Aufgabe werden, aber man kann nicht alles haben. Wer urban-gestreßt und herzinfarktsicher sein will der ist dort ganz falsch. Die Menschen sind aufgeschlossen, es gibt keine bekannten Fehden mit anderen Bundesländern, keine lokalen Rivalitäten im Grenzraum. Nix da mit Steirer vs. Kärntner, Ländle vs. heiliges Land, Wien vs. Alle. Sogar als Angehöriger der Wasserkopffraktion kann man sich dort stets Willkommen fühlen. Multikulturell ist im Burgenland kein geflügeltes Kunstwort, sondern gelebte Realität. An der Kantine des Sportplatzes in Klingenbach redet man Ungarisch, die kroatische Gemeinde in Trausdorf trauert der guten alten Zeit ihrer Fußballmannschaft nach, Orte wie Felsöpulya (Oberpullendorf), Felsöör (Oberwart) oder Örisziget (Siget) sind Zeugen dafür, daß die Puszta (Meier/Bauernhöfe) Realität ist/sind. So heißt, das Land nicht nur Burgenland, sondern auch jederzeit und überall Felsőőrvidék, Őrvidék, Lajtabánság, oder kroatisch Gradišće. Auch romanisch wird noch gesprochen. Ein Streit um zweisprachige Ortstafeln, oder gar eine Verrückung selbiger, ist ca. so wahrscheinlich wie eine Seligsprechung von Charles Manson durch Benedikt den XVI. Das wird eher nicht passieren, so blickt man manchmal auch mit einem gewissen Unverständnis in Richtung Karawanken. Lassen wir die lokale Politik (oder zumindest den Teil, der sich dahinter versteckt) mal außen vor, geben wir es aber drei Kärntner zum unterstellten Anlaß via Pack dort halbheimisch geworden zu sein.

Die Kamber und der Houtz
Neben dem sympathischsten Fantasy Team der Welt (Grüße an die großartigen Pannonischen Pseudogiganten) gibt auch der reale Football dort einiges her. Die Gladiators, welche übrigens niemals in Güssing gespielt haben (das ist nur ein semantisch-romantisch-verklärtes Mißverständnis), haben heuer, wie man das so sagt, aufgegeigt. Aber wie auch noch. Auf die Frage, welches Footballteam in Österreich 2006 tatsächlich ungeschlagen blieb, gibt es nur eine richtige Antwort, die da lautet: ASVÖ Gladiators. Zu Hause in Stegersbach, spielend in Rudersdorf, feiernd in Fürstenfeld (das ist dann aber Steiermark). Die NFL hat ein Glück. Wäre Rudersdorf in Cleveland und nicht im Burgenland, hätten die Browns längst schon das Lombardi Häferl für sich abonniert.

Ausschlaggebend für die neue Stärke des Teams war der Zugang der Kärntner Kamber & Kamber, sowie Manuel Houtz. Sie bewirkten ein neues Footballgefühl an der Klimagrenze und zeigten den Einheimischen nicht nur wie es geht, sondern auch daß sie es können. Aus dem farblosen Quarterback Rene Muhr wurde so der Top Receiver der Liga, der Ex-Kicker Martin Bauer avancierte zur Laufmaschine schlechthin. Der Titelgewinn wurde vorher als Ziel festgelegt, es bestand über den Verlauf der Saison niemals ein Zweifel, daß dieses auch realistisch ist. Auch ohne Bernhard Kamber als QB gewann man ein Spiel, der Kärntner spielte kein einziges mal durch. So waren die ‚Legionäre‘ mehr das GPS der Gladiatorenmühle, die Punkte kamen von allen möglichen Spielern. Dazu standen in der Line zwei junge Talente die auch beim Junioren Nationalteam zum Einsatz kamen. Neben dem Titelgewinn wurde der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte aber schon vor der Meisterschaft eingefahren. Der Sieg über den Meister der Division I in dessen Stadion kam ebenfalls mit Ansage, die zum damaligen Zeitpunkt noch milde belächelt wurde. Trotz der Freude hatte Headcoach Bill Moore danach ein Problem. Was erzählt er Spielern, die gerade den Meister einer höheren Liga geschlagen haben? Anscheinend wußte er was er zu sagen hatte, denn das Team machte stets einen konzentrierten Eindruck und unterließ es Gegner zu unterschätzen. Vor allem die Knights hatten es ihnen angetan, von denen sie ein Mal wirklich gefordert wurden. Der Rest der Wiese war oftmals schon nach dem ersten Viertel gemäht. So war das – was kommt jetzt?

Nach der Saison erklärte Bernhard Kamber seinen Rücktritt – er spiele nie wieder Football. Sein Bruder Hannes Kamber gedenkt zu bleiben, Manuel Houtz will auch noch ein Jahr in der Gegend verharren, zumal man in Andreas Mayer nicht nur einen fähigen Team Manager gefunden hat, sondern auch einen Golf Pro. Das Golfspiel wurde zur Passion von Houtz & B. Kamber. Beide hatten keine Fairway Vorkenntnisse, wurden von Mayer aber in Rekordzeit zu brauchbaren Spielern geformt. ‚Manuel nimmt sich einen Football und spielt Football. Er nimmt sich einen Tennisschläger und spielt Tennis. Er nimmt sich ein 5er Eisen und spielt eben Golf. Links- und rechtshändig. Ich versteh es auch nicht – alles was der angreift kann er sofort.‘ so Kamber über seinen Freund nicht ganz neidlos. Selbiger zwar auch ein Talent fürs Einlochen zeigt, aber nicht ganz so schnelle Fortschritte macht. Dafür ist sein Bäuchlein, welches er über die gesamte Saison vor sich hertrug, in der Offseason deutlich geschrumpft. Schaut so ein Football Aussteiger und Golf Neuling aus? Nein. Kamber hat geschummelt als er sagte er spiele nie wieder Football. Er wird auch 2007 wieder die Nummer 13 bei den Gladiators tragen, auch wenn er es heute noch abstreitet. Dafür gibt es Hinweise und auch Gründe.

Kein Aufstieg ohne Nachwuchs
Trotz der Dominanz des Teams in der Division II kann man nicht in die Division I aufsteigen. Es gibt kein Nachwuchsteam. Zumindest kein spielfähiges. Hier gibt es ein klares Reglement. Um die beiden Juniorennationalteamspieler tummeln sich zwar schon einige Jungs, aber für heuer noch zu wenige. 2007 kann man es aber schaffen eine Nachwuchsmannschaft zu stellen, daher wird sich Kamber ganz genau überlegen ob er das nicht noch abwarten will um ‚das danach‘ noch als Spieler zu erleben.

Pro und Contra
Regeln haben manchmal Vor- und Nachteile. Der Nachteil bei dieser (Division I – ein Nachwuchsteam mindestens) ist, daß man ein Team unten hält, welches nach oben gehört und dort wo es ist, wohl keinen Grashalm mehr über lassen wird. Hoffnungen, daß die Gladiators im nächsten Jahr wohl deutlich schwächer sein könnten gibt es zwar, nur sind diese eben aus dem Bereich Hoffen & Bangen hergeholt. Sachliche Begründung gibt es keine. Völlig egal ob Kamber geht, bleibt oder nur zum Golfen vorbei schaut. Dieses Team wird auch 2007 eines sein welches es mit dem Division I Meister aufnehmen kann, sie würden eine Division II ohne Knights, dafür mit Oilers und/oder Giants II in ihre Bestandteile zerlegen und nimmermehr zusammenbauen. In Wahrheit wird dieses Team nämlich nicht schwächer, sondern noch stärker sein. Dafür gibt es mehrere Hinweise. Zum einen, daß Kamber bleiben wird. Zum anderen, daß der Verein plötzlich für viele Spieler interessant wurde. Ohne Namen zu nennen, ist Rudersdorf zwar keinen Katzensprung entfernt, aber auch nicht aus der Welt. Das Einzugsgebiet reicht von Wien über Graz bis Klagenfurt. Überall ist man dort zumindest Gesprächsthema. In einer Division II wäre man so der Hai in der Robbenbucht. Ein Jahr noch durchtauchen, eine Wiederholung der letzten Saison hinlegen, das Nachwuchsteam aufbauen und dann aufsteigen.

Vier Klassen möglich
Außer einer Klassenwiederholung gibt es womöglich eine zweite Option. Der Verband hat erkannt, daß eine Neuaufteilung der Klassen der Spielstärke entsprechend notwendig ist. So steht derzeit eine Aufteilung in vier, statt bisher drei Ligen zur Debatte. Kommt eine Division IA und IAA, oder wie immer man sie nennen wird, dann wird man den Gladiators im eigenen Interesse gestatten in der dritten von vier Ligen zu spielen.

Was auch immer passieren wird, haben die Burgenländer für die positive Überraschung der abgelaufenen Saison gesorgt. Aus einer völlig unerwarteten Ecke tauchte faktisch aus dem Nichts ein tolles Football Team auf. Perfect Season, viele Zuschauer, schönes Stadion, enormes Medieninteresse (ORF). Das darf sich 2007 nicht ändern, denn hier wurden Schläfer an allen Ecken und Enden geweckt und die pennen uns (Burgenländern) nicht mehr ein! Die Gladiators haben jetzt Möglichkeiten, in einer Gegend wo sonst nicht viel passiert, einen wichtigen Beitrag für den Footballsport zu leisten und können selbst dabei ein großes Team werden. Es ist alles möglich, auch daß sie 2008 im eigenen Stadion vor vollem Haus mit ORF Kameras am Spielfeldrand um die Silverbowl kämpfen. Das fördern wir (hiermit), das muß auch der Verband nach seinen Möglichkeiten unterstützen, aber auch ein Bernhard Kamber darf jetzt nicht seinen lädierten Körper nur mehr zum Tee tragen um einen Golfball in den Wald zu schlagen. Er muß jetzt bei den Gladiators bleiben, nicht nur weil das Burgenland ihn braucht, sondern weil er sich selbst schuldig ist zu ernten was gesät wurde. Manchmal brauchen Pflanzen ein wenig mehr Geduld bis die Früchte nicht nur reif, sondern auch zu pflücken sind, Herr Golfpro.

Walter H. Reiterer
Halber Burgenländer, ganzer Fan des SC Neudörfl

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