Nach einer medialen Durststrecke im Sommer zieht Football nun die Aufmerksamkeit auf sich. Wir haben euch ja auch sehr lieb, meint Walter Reiterer.

Während der EURO 08 blieb die heimische AF-Meisterschaft, der EFAF-Cup, die Euro Bowl und die Junioren EM von den Medien weitgehend unbeobachtet. Sogar die üblichen Verdächtigen ließen das Thema des öfteren außen vor, entschuldigten sich höflich, oder verlangten gleich Geld für Schaltungen, damit man weiß, woher der Wind weht: Football interessiert die Leser nicht. Als Werbung würden wir es aber nehmen.

Lediglich eingefleischte Liebhaber des Sports fühlten sich quasi moralisch dazu verpflichtet, etwas zu berichten. Tirol blieb auf Grund ihres Oakland-Deals das größte Stückchen Aufmerksamkeits-Kuchen, der Rest schluckte die bittere EM-Pille fast geräuschlos runter.

Das ist zu akzeptieren, betrachtet man den doch enormen zusätzlichen personellen Aufwand, um das drittgrößte Gemeinschaftsurinal der Welt ins rechte Licht zu rücken. Die EM ist vorbei, der Mist entsorgt, der Teamchef nun ein tschechischer Greis und für neue Themen ist man wieder offen. Da ist man für Doping-Stories richtig dankbar.

Schlechte Nachrichten
Neben einer Reihe von Zeitungen, Magazinen und Webportalen, die mehr oder weniger auf einer regelmäßigen Basis über American Football berichten, gibt es eine erkleckliche Anzahl an Publikationen, für die der American Football-Sport kaum ein Thema war. Bisher. So etwas ändert sich nämlich rasch, denn Doping lässt sich fast so gut verkaufen wie Inzestuöses im Keller. Das liest Herr und Frau Österreicher gerne, weil gedacht hat man es sich eh schon lange, dass die Kolosse, die sich da um ein Lederei raufen, alle was schlucken müssen. Sonst wären sie ja nicht so dick und stark, oder würden einen ordentlichen Sport betreiben. Wie zum Beispiel Skilanglaufen.

Liest man sich so manches Kommentar zu den derzeit überall zu findenden Meldungen durch, dann fühlt man sich in die 80-er-Jahre zurückversetzt, als Football noch eine Freak-Show war, in der sich schwitzende Monster, befreit vom Anstand und von Regeln auf einen Haufen schmissen und wild aufeinander einschlugen (das Schlagen bildete man sich einfach ein). Warum war egal, hauptsache es scheppert. Verwechslungen mit Catchen oder Rugby standen an der Tagesordnung, nur wenige waren daran interessiert zu erfahren, was dahinter steckt, die Aktiven gar froh, wenigstens irgendwie bemerkt zu werden.

Bitte einmal Tackeln, Danke!
Dass es damit auch in den Nuller-Jahren noch nicht ganz vorbei war, bewies ein denkwürdiger Auftritt der Herren Norbert Baumberger und Mario Rinner anlässlich der Austrian Bowl 2004 in Sport am Sonntag. Man verlangte von den beiden nicht nur, dass sie in Ausrüstung vor die Kamera treten (sprich, kostümiert), sondern man wollte eine ‚Exhibition‘. ‚Geh könntets euch mal Umhauen? Oder einen Ball schmeißen?‘ Sie taten es auch.

Stellen Sie sich mal vor, Bernhard Kohl müsste rot gepunktet den Küniglberg mit einem Damenfahrrad hinauf treten (um die 21 Kehren von L’Alpe d’Huez zu simulieren), Gregor Schlierenzauer vom Moderatorentisch runter zum perfekten Telemark auf den Studioboden ansetzen und Markus Rogan in einem Planschbecken seinen neuen Schwimmanzug präsentieren. Tun sie alle nicht. Warum nicht? Weil sie als Sportler ernst genommen werden. Die anderen, das sind die Freaks, die müssen zeigen wie schräg sie drauf sind, sonst glaubt es ihnen ja keiner.

Das ist nach wie vor der output aus dem Zugang zum Sport von etlichen Sportjournalisten. Ausnahmen bestätigen die Regel. Es hat sich einiges verbessert in der Hinsicht, aber es gibt sie immer noch, die Burschen und Mädels, für die Football kein Sport, sondern lediglich ein Zirkus ist.

Nun kommt es nicht ungelegen, wenn die ‚Clowns der Arena‘ auch noch mit unerlaubten Mitteln nachhelfen.

Rauschen & Rauchen
Zunächst blieb das Rauschen im Blätterwald noch überhörbar. Als die APA das Thema allerdings aufgriff, und ihre Kunden mit dem schönen Schreibstoff versorgte, war es aber um die Ruhe geschehen. Die Meldung war zu gut, um sie einfach zu überfliegen, ein Sager des AFBÖ-Präsidenten in dieser wertete den Inhalt zusätzlich auf. Michael Eschlböck wird dort bezüglich Armando Ponce de Leons Vergehen mit den Worten zitiert, dass ‚diese Substanz eher leistungshemmend sei, wobei es sein könnte, dass etwas geraucht wurde‘.

Und Kiffen tun sie auch – die sind ja total süß, eigentlich!

Oh weh, mag sich mancher einer dabei denken, manch PR-Manger meint vielleicht, dass man wenigstens jetzt in der Zeitung gelandet ist.

Wenn ich mir was wünschen dürfte, von Krone, Kurier, Standard, Presse, Salzburger Nachrichten, Wiener Zeitung, Heute, Kleine Zeitung, Österreich usw. wäre es, dass sie nun nicht bis zum nächsten Doping-Fall warten, sondern im September direkt in die Berichterstattung über die NFL einsteigen (Skandale gibt es da genug – mein Wort darauf) und parallel die Nachwuchsmeisterschaften und die CEFL beleuchten. Dadurch könnte man nämlich nicht nur besser erkennen, dass sie den Sport als solchen wahrnehmen und genau deshalb auch seine Dopingfälle, sondern auch, dass es Ihnen um Sportberichterstattung und nicht um Füllung des Sommerlochs geht. Dann haben wir uns auch gegenseitig lieb und nicht nur ihr uns.

Meint Ihr
Walter H. Reiterer

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