Franco Ingravalle, einer aus einer ganzen Reihe von deutschen Spielern der Cineplexx Blue Devils, war nicht dort, wo er hätte sein sollen. In seiner Arbeit, als der Verband seine Ö-Klasse überprüfen wollte. Nicht nur das – man kannte ihn dort offenbar auch gar nicht. So begann alles und all das, das ließe sich auch einfach erklären, sagen die Hohenemser.
Dieser eine Anruf löste eine ganze Flut von E-Mails, Briefen, Faxen und Telefonaten aus, als die Vorarlberger versuchten, zu belegen, dass besagter Ingravalle auch der ist, als der ihn der Verein vor der Saison angab. Einer, der seinen Lebensmittelpunkt deshalb im Ländle hat, weil er dort einer geregelten Arbeit abseits des Footballs nachgeht, also kein ‚Profi‘ im Dienste der Devils ist, weil dann wäre er schließlich als A-Klasse-Spieler einzustufen.
Laut der Unterlagen hat der Spieler seine Arbeitgeber – mit einer dreiwöchigen Pause dazwischen – ein Mal gewechselt, wurde aber eine Woche nach dem Wechsel noch zusätzlich für einen ‚Amateur-American-Footballverein‘ und das weiter ‚laufend‘ tätig. Der Verein ist/sind (natürlich) die Blue Devils. Das Beschäftigungsverhältnis wird als ‚geringfügig‘ angegeben, Ingravalle hätte Plakate geklebt für den Verein. Das ‚laufend‘ wäre ein ‚üblicher Fehler‘, der in späteren Auszügen der Versicherung einer Korrektur zugeführt werden würde.
Kennen Sie sich noch aus? Gut.
Um es mal klar vorweg zu sagen: Diese Art der Beweisführung, die sich soeben derart selbst verkompliziert, ist laut WSO eine Bringschuld der Devils. Und nicht umgekehrt. Das wissen die Blue Devils auch. Es liegt also zur Gänze an ihnen, wenn sie mit so vielen ‚Grenzfällen‘ arbeiten, all diese Unterlagen stets parat zu haben, wollen sie einen ‚Wickel‘ wie den jetzigen von vorne herein vermeiden. Das haben sie – das muss man nüchtern ins Protokoll nehmen – nicht vorsorglich getan und ziehen jetzt dazu noch, und das ist aus meiner Sicht nicht fair, die ‚Schikanierten‘-Karte.
Die nun von den Devils eilig, aber doch mit ein wenig Anlaufzeit beigebrachten ‚Rest‘-Unterlagen stuft der Verband einerseits als ‚umfangreich‘ aber andererseits als ‚teilweise widersprüchlich‘ ein. Kurzum: da passt etwas aus Sicht des AFBÖ nicht zusammen und wenn er das sogar auf seiner Webseite veröffentlicht, dann muss man davon ausgehen, dass da auch etwas dran ist.
Behutsamer Präsident
Auch mir wurden Unterlagen (selektiv und dem Datenschutz untergeordnet) von den Blue Devils zur Ansicht gegeben, die belegen könnten, dass Herr Ingravalle lediglich einer von vielen Deutschen in Österreich ist, der normal und gesetzlich geregelt einer Arbeit nachgeht. Ganz sicher kenne ich die Unterlagen nicht in ihrer Vollständigkeit, will sie auch gar nicht sehen, denn man kann dem AFBÖ soweit vertrauen, dass er die Sache nicht übers Knie bricht.
AFBÖ-Präsident Michael Eschlböck geht hier nachweislich sehr behutsam vor. Übervorsichtig, mag man sogar meinen. Einigen ist diese Behutsamkeit sogar schon fremd. Forderungen nach ‚mehr Härte‘ im Umgang mit den Emsern hörte ich wohl. Eschlböck begab sich hier, auch gegenüber seinen Vorstandskollegen, auf ganz dünnes Eis, und das ganz sicher nicht zu Ungunsten der Devils, als er ein Durchgreifen mit allen Konsequenzen verhinderte.
Apfel, Birne, Wurm & Löwe
Solche Überprüfungen finden (suprise?) nicht ausschließlich bei den Hohenemsern statt, die auch das einzige Team sind, bei denen gleich mehrere Spieler auftauchten, die für eine Überprüfung überhaupt in Frage kommen. Auch Spieler anderer Vereine wurden heuer auf ihren ‚Ö-Klassigkeit‘ bereits einem Check unterzogen, was vielleicht nicht so bekannt ist. Slowenen in Kärnten, Deutsche in Tirol. Das passierte nämlich ganz ohne Radau – und Eiertänze kamen dabei bisher nicht zu ihrer Uraufführung. Nur ein prominentes Beispiel unter einigen weniger prominenten: Gabor Sviatko, Ex-Wolves-Kicker, musste im Detail erklären, was die Dragons für ihn so attraktiv macht. Das konnte der junge Mann offensichtlich auch, denn ihm wurde die Ö-Klasse danach bescheinigt. Es handelt sich also keinesfalls um eine ‚Lex Devils‘, sondern betrifft alle Vereine in Österreich. ‚Unstimmigkeiten‘ – und das ist die Sonderstellung – gibt es eben bei den Emsern. Devils-Präsident Christoph Piringer will hier keine Verschwörungstheorien konstruieren, scheint aber gleichzeitig an diese zu glauben – gehen wir im Text weiter.
Hohenems hat eine weitläufig bekannte Historie in dieser und anderen Beziehungen zur Wettspielordnung, die ihr Präsident Piringer als ‚Paragraphendehnungen‘ bezeichnet. Brechen würde er die WSO nicht und schon gar nicht bestehende Gesetze. Nun scheint es, als habe er den Bogen aber überspannt, denn viele AFBÖ-Mitglieder wirken in ihrer Geduld reichlich ausgedehnt, wenn nicht sogar schon überdehnt. Rheintaler Reizüberflutung könnte man es plakativ auch nennen.
Da im Vorstand des AFBÖ, der in letzter Instanz über eine A-Klasse zu entscheiden hat, bis auf den Präsidenten nur Vereinsmitglieder sitzen, liegt es in der Natur der Sache, dass diese zwei Interessenfelder beackern. Der Zufall (oder ein anderer) will es so, dass in dem Fall gleich drei der fünf Vorstandsmitglieder ein solches Feld haben könnten. Die AFBÖ-Vizepräsidenten Nikolaus Jellinek (Black Lions), Gregor Murth und Karl Wurm (letzte beide Vikings). Die Vikings hätten sich im Falle einer Strafverifizierung eine lange Reise erspart, die Black Lions ein Heimspiel gegen die Vikings, anstatt eines Auswärtsspiels gegen die Dragons bekommen.
Nun ist genau das aber eben nicht passiert. Offiziell aus Zeitmangel, weil die Vorbereitungen schon zu weit gediehen seien. Dafür stellt man die Wildcard-Spiele unter das Damoklesschwert ‚mit Vorbehalt‘. Spiele (Mehrzahl) deshalb, weil die Black Lions in Korneuburg nur unter Protest antreten werden, sagt ihr Präsident Manfred Mocher.
Ob diese, wieder einmal sehr österreichische Entscheidung (weil eigentlich ist es eine nicht-Entscheidung), besonders klug war, wird sich noch weisen. Denn sollte Ingravalle nachträglich als A-Klasse-Spieler eingestuft werden, dann hat das ja nicht nur rückwirkende Auswirkungen auf die AFL, sondern auch auf die Division 1 und ganz besonders auf die Inter-Division. Dann wäre den Black Lions nämlich ganz offiziell ein Heimspiel genommen worden und was danach passiert, kann man sich denken – Anwalts Beute.
Es ist eigentlich völlig belanglos, wer diese Überprüfung initiiert hat (Frage: ist es angesichts oben angeführter Überprüfungen denn überhaupt eine Inszenierung?), denn Fakt ist, dass am Ende etwas raus kam, was auch der von jedem Verdacht freie Michael Eschlböck als ‚teilweise widersprüchlich‘ unterschreibt. Auf diese Personen jetzt mit dem Finger zu zeigen, soll wohl nur vom eigentlichen Thema ablenken. Denn Sache ist, dass (noch) etwas faul im Staate Vorarlberg zu sein scheint – etwas, was man noch klären muss. Ob das Herr Jellinek, Herr Murth, Herr Wurm – alle zusammen oder keiner von all denen ins Rollen gebracht haben – würde lediglich die ja eh schon als mies bekannte Optik verschlechtern, die Sache selbst für die Emser dadurch aber um keinen Deut besser machen.
Ebenso ist auch alles andere was hier hinkt, kein echter Vergleich.
Christoph Piringer führt dabei die Anstellungen von österreichischen Spielern der Swarco Raiders im oder im Umfeld des Vereins als Coaches oder im Management an. Ein völlig anderes Paar Schuhe, die im übrigen mit der A-Klasse-Regel wenig und mit dem besagten Fall gar nichts zu tun haben. Das lässt sich, wie der Fingerzeig auf die Doppelfunktionäre, als Ablenkungsmanöver von der eigentlichen Sache frei interpretieren. Denn, dass die Raiders das mit ihren Spielern (wie im übrigen auch alle anderen Vereine mit ihren Spielern) nach derzeitigem Stand auch dürfen (dem Sport zuträglich oder nicht, sei mal dahingestellt) ist bekannt. Ebenso bekannt sollte sein, dass man Spieler, die den Verein wechseln – und das betrifft Jahr für Jahr mehr als die Hälfte des Kaders der Devils – nicht ad hoc anstellen darf, will man sie nicht gleichzeitig als A-Klasse-Spieler melden.
Daher sucht Christoph Piringer diesen Leuten auch eine Arbeit. Und wenn sie diese verlieren, dann muss sich er dazu etwas überlegen. Er und nicht der Rest von Österreich.
Posting-Terroristen
Der Hinweis in postings auf einen schlampigen Umgang mit Sozialversicherungen und Arbeitsgenehmigungen bei anderen Vereinen ist nicht nur ein ebensolcher Versuch, das Thema weg von der Sache ganz wo anders hin zu entführen, es begründet zudem noch die Bereitschaft auf einen finalen Amoklauf. Es würde an der A-Klassigkeit eines Ingravalles allerdings absolut nichts ändern und es ist ebenso kein Vergleich.
Ein Vergleich wäre: Max Mustermann, Linebacker aus der GFL, verlegt im März seinen Lebensmittelpunkt nach Korneuburg, klopft bei einem dort beheimateten Verein an, startet danach in der Kampfmannschaft und bekommt ein Praktikum bei einer Firma des Vaters des Vizepräsidenten. Auch Max Mustermann würde wohl die Gelegenheit bekommen, seine Ö-Klasse vollständig zu belegen. Keine fehlende Sozvers-Anmeldung, kein Tiroler, der als Nachwuchstrainer bezahlt wird, würde den Fall auch nur ein wenig relativieren. Also, warum werden hier gerade jetzt Birnen aus dem Sack gezaubert, wenn von den Äpfeln die Rede ist? Der Kontext ist einfach nicht gegeben. Er ist herbei fantasiert. Etwa weil der Argumente-Topf bis zum Boden leer ist?
SSKM?
Ganz wild ist auch die Argumentation, dass die Carinthian Black Lions ihr Heimspielrecht ja selbst in St. Pölten verspielt hätten. Of course! Als ob die das selbst nicht wüssten. Natürlich hat der Kärntner Klub sportlich versagt, als er den Invaders unterlag, aber soll er jetzt nachhaltig damit bestraft werden, dass man eventuelle Unregelmäßigkeiten bei seinem direkten Konkurrenten (den er direkt nie traf) nachsieht? Ist das der Weisheit letzter Schluss? Hättet’s doch einfach gewonnen!? Ich hoffe nicht.
Was sagt eigentlich Kärnten dazu?
Die Black Lions sind auf der einen Seite bußfertig – denn sie wissen um die von ihnen vergebene Chance – auf der anderen aber streitbar. Sollte sich herausstellen, dass hier etwas nicht nach dem Regulativ gelaufen ist, dann werde man alle Register ziehen, stellt ihr Präsident Manfred Mocher klar.
Was will Christoph Piringer mit seinen Blue Devils eigentlich?
Das ist dabei doch die eigentliche Kernfrage und nicht, was die anderen von ihm wollen, denn das scheint nicht mehr allzu viel zu sein. Eine Sinnfrage, die er sich auch selber stellt. Er sagt, er hätte gerne ein Team mit 40 Vorarlbergern, habe aber nur eines mit vier und der Rest, der komme halt aus dem Einzugsgebiet, von weiter her oder aus den USA. Warum keine Vorarlberger bei ihm Football spielen wollen, aber gleich fast ein ganzes Dutzend GFL-Spieler sehr wohl, das könne er sich selber nicht erklären. Ebenso sei ihm der Abgang einer fast kompletten Juniorenmannschaft ein Rätsel. Dass hier der Verdacht entsteht, die Devils seien eine Söldner-Truppe, das will er nicht verstehen, denn das wären sie nicht. Er würde seine Coaches und vier A-Klasse-Spieler bezahlen, die anderen hätten alle eine Arbeit oder würden eine Ausbildung machen.
So richtig glauben mag ihm das ‚der AFBÖ‘ offensichtlich nicht mehr, der als Schreiber der Zeilen auf der Webseite firmt. Die Kontrolle jetzt empfindet er (Piringer) als Schikane und die Bezeichnung der Unterlagen seitens des Verbandes wortwörtlich als eine Frechheit. Bloß: Die ‚Schikane‘ steht in der WSO und die Beurteilung der Unterlagen ist keine Einzelmeinung.
Strafverifizierung unmöglich
Aus Sicht Piringers ist der Eintrag auf der AFBÖ-Webseite auch diffamierend, unterstelle sie den Blue Devils, geschummelt zu haben, man brauche quasi lediglich noch eine gewisse Zeit, um Beweise auf den Tisch legen zu können. Die werden aber laut dem Emser Präsidenten nicht kommen, denn sein Verein habe alle Angelegenheiten mit seinen Spielern konform der Wettspielordnung geregelt. Eine Strafverifizierung sei daher ‚unmöglich‘, da kein Verstoß gegen die WSO vorliege. Die Widersprüchlichkeit, so Piringer weiter, ergebe sich lediglich aus einem einzigen An- bzw. Abmeldedatum auf einem Versicherungsauszug, der nachwirkend für ein kommendes Monat von der Versicherung (siehe oben) erst korrigiert wird. Um das in Erfahrung zu bringen, hätten man ihn auch anrufen können, anstatt ihn auf der Verbandswebseite ‚anzuschütten‘.
Datenschützer
Ihm (Piringer) sei von ‚einem Vorstandsmitglied‘ auch mitgeteilt worden, dass der AFBÖ noch andere Informationen oder Unterlagen zu dem Fall habe, als die von den Blue Devils zur Verfügung gestellten. Hier stelle sich für ihn die Frage, wie der Verband zu diesen überhaupt kommen könne, denn so etwas sei aus Gründen des Datenschutzes aus seiner Sicht sehr bedenklich. Auf die Folgefrage, welche anderen Informationen und Unterlagen es überhaupt noch geben könnte, wenn die Blue Devils das ja umfassend dargelegt hätten, zeigte sich Piringer ratlos. Er habe selbst natürlich keine Einsicht in alle Unterlagen die nur seine Spieler und ihre Arbeitgeber etwas angehen, er findet es nur interessant, dass andere dazu offenbar freien Zugang haben. Es könne aber nichts sein, was die Sache in einem anderen Licht darstellt, außer, wenn eine Firma seine Spieler unangemeldet beschäftigt, worauf er schließlich als Vereinspräsident keinen Einfluss hätte.
Der Auslegung widerspricht Verbandspräsident Michael Eschlböck inhaltlich. Was auf der AFBÖ-Seite stehe, dem sei eigentlich nichts hinzuzufügen. Und dabei gehe es ausschließlich um jene Unterlagen, die von den Blue Devils dem Verband zur Verfügung gestellt wurden und nicht um irgendwelche ‚Geheimdokumente‘. Die Unterlagen seien in einigen Punkten – und nicht nur in einem einzigen – eben widersprüchlich. Der AFBÖ habe sich aus mehreren Gründen dazu entschlossen, die Sache danach erst zu behandeln. Zum einen spiele für ihn (Eschlböck) die Optik sehr wohl eine Rolle, mit drei kausal Betroffenen im entscheidungstragenden Gremium, zum anderen sei die Zeit tatsächlich nicht da, um all diese Unterlagen zur Gänze binnen kürzester Zeit einer detaillierten Überprüfung zuzuführen. Der Verband wird das aber in den kommenden Tagen machen.
Das alles riecht förmlich nach tabula rasa nach dem besagten Spiel am kommenden Sonntag.
Man wird sich daher nicht nur auf eine mögliche Strafverifizierung des kommenden Wildcardspiels einstellen müssen, sondern gleichzeitig auch auf das endgültige Ausscheiden von Vorarlberg aus dem Ligabetrieb für 2010. Denn hatte man seitens der Emser in den letzten Jahren ihre Teilnahme sogar noch als Pfand in der Hand, schrumpft die Zahl jener, die die Devils in der Form überhaupt in einer Liga noch haben wollen, langsam aber sicher gegen Null.
Nicht nur das, finden sich die Emser selbst mir ihrem Personalkonzept in der derzeitigen Verbandsstruktur inhaltlich nicht wieder. Daher überlege man sich, so Piringer abschließend, eine Mitgliedschaft im AFBÖ aufrecht zu erhalten, um mit den Nachwuchsmannschaften innerhalb einer Meisterschaft anzutreten, mit der Kampfmannschaft aber neue Wege zu gehen.
Das ist womöglich auch das Vernünftigste, was einem dazu noch einfällt.
Mein Ihr
Walter H. Reiterer