“Nun sag, wie hast du’s mit den Finanzen?“
Hat er nun oder hat er nicht? Football-Austria.com ging dem Vorwurf des Vikings Präsidenten Karl Wurm nach, dass der Blue Devils Präsident Christoph Piringer Spielern der Chrysler Vikings ein finanzielles Angebot unterbreitete um sie nach Hohenems zu lotsen. In Einzelinterviews kamen wir der Wahrheit ein gutes Stückchen näher.
Die Vorgeschichte: harte Juli Bandagen
Einen Tag vor der Austrian Bowl trafen sich auf Initiative des AFBÖ die sechs AFL Vereine, sowie die drei Playoff Teilnehmer der Division 1 zum Thema Importeschränkung. Im Rahmen dieses Meetings kam es zu einem heftigen Wortwechsel zwischen Wurm und Piringer, der den Hohenemser vorwarf seine heimischen Spieler mit Geld ködern zu wollen. Piringer stritt das vehement ab – ein Gentleman Agreement beruhigte in Folge die Gemüter. Das darf man nicht und darin waren sich auch alle einig. Piringer merkte allerdings an, dass diese Beschuldigungen haltlos seien. Im Gegenteil, hätten die Vikings bereits vor Jahren einen Spieler mit Geld vom Ländle in die Großstadt geholt. Umso mehr hadert der Hohenemser mit dem lautstarken Vorwurf seines Kollegen Wurm vor allen Anwesenden, als er diese Themenverfehlung – es ging ja eigentlich um etwas anderes – mit dafür verantwortlich macht, dass sein Konzept gar nicht recht angehört wurde, nachdem man ihm vorher den schwarzen Peter zugeschoben habe. Das stimmt laut Wurm nicht, denn dieses sei vom Prinzip her gar kein schlechtes gewesen, allerdings nicht ganz zu Ende gedacht und für einige Vereine kein sehr vorteilhaftes gewesen.
Exampel Bernhard Kamber
Als Beispiel für das Abwerben mit Geldangeboten wurde auch das Kärntner Enfant terrible Bernhard Kamber ins Spiel gebracht. Der ehemalige Quarterback der Carinthian Falcons wechselte nach der Saison 2004 als General Manager zu den Blue Devils ins Ländle und trat bei Saisonstart auch am Spielfeld als Kicker und Receiver in Aktion. Mit gleich drei Aufgaben betraut, Manager, Nachwuchsbeauftragter und eben auch Spieler, kann man den Wechsel auch als Spielertransfer (wo Geld im Spiel war) sehen. Allerdings wurde Kamber nicht als Spieler bezahlt, sondern für seine Tätigkeit in der Organisation. Ein nicht unwesentliches Unterscheidungsmerkmal, wie man in Hohenems meint und in Folge, neben anderen Argumentationshilfen, den schmalen Grad und die ganze Natur der anderen „Angebote“ umschreibt. Kamber wird aller Voraussicht nach auch 2006 bei den Hohenemsern in Diensten stehen, allerdings nicht mehr dreifach belastet, sondern „nur“ mehr als Spieler und Nachwuchschef.
Piringer’sche Gratwanderung
Nun zur Sache. Beim Vorwurf Wurms ging es u. A. um die Spieler Johannes Widner, Roman Floredo und Mario Floredo. Haben diese nun konkret Geld angeboten bekommen um in Zukunft bei den Blue Devils und nicht mehr bei den Vikings zu spielen? Unisono die Antwort aller drei Wikinger: Nein, haben sie nicht. Hat Karl Wurm sich das also aus der Nase gezogen? Natürlich nicht, denn ganz so simpel ist die Angelegenheit dann auch wieder nicht. So einhellig man sich zeigt wenn es um einen bezahlten Spielertransfer geht, so bestätigen die Spielerbrüder Floredo Gespräche mit Piringer über andere Funktionen im Verein. Hier sei es allerdings auch nie zu einem konkreten Vertragsangebot gekommen. Piringer habe ihnen von vakanten Positionen im Verein, darunter im Coaching Staff, erzählt und auch seine Gehaltsvorstellung und incentives für diese Posten klar gestellt. Ein Schelm ist wer hier meint, dass es sich dabei um kein Angebot handelt und natürlich haben die Floredos die Gespräche auch als solches empfunden. Die beiden haben aus diesen „Verhandlungen“ vereinsintern auch nie ein grosses Geheimnis gemacht und daher wusste es auch alsbald deren Präsident. Die Offenheit hat einen Grund, denn beide denken nicht ernsthaft über einen Wechsel nach, zudem sie privat und wirtschaftlich auch an Wien gebunden sind.
Wir haben Christoph Piringer damit konfrontiert und er hat „unverbindliche Gespräche“ mit den beiden bestätigt, allerdings will er von einem Angebot weiterhin nichts wissen. „Ich habe keinem einzigen Spieler der Vikings Geld dafür geboten bei uns zu spielen.“ Er rede mit wem er will, worüber er will und wann er will, tue das – wie übrigens alle anderen Vereine auch – seit Jahren und das nicht nur mit Spielern oder Coaches der Vikings. „Sprechverbot gibt es ja hoffentlich noch keines!?“, so Piringer. An das jetzige Gentlemen Agreement wird er sich halten, wie er sich schon vorher daran hielt. Johannes Widner kenne er persönlich nicht.
Einen Widner kennt man nicht
Der Receiver vom Wörthersee in Diensten der Violetten gab vor kurzem der Kärntner Woche ein Interview mit dem bezeichnenden Titel „Ein Meister ohne Sold“, wo er als sein Ziel für die unmittelbare Zukunft das Herren Nationalteam 2007 definiert. Von einem Vereinswechsel ist aber scheinbar auch bei ihm keine Rede. Er wisse, dass es in Vorarlberg Optionen gäbe, habe auch mit Leuten vor Ort darüber geplaudert, aber konkret wurde er auf einen Wechsel nicht angesprochen.
Neben Christoph Piringer dürften auch anderen Johannes Widner kein Begriff sein. Bemerkenswert das Gemüt des Exil Kärntners, denn sein Verein hat im Laufe dieser Saison dem 26-jährigen in seinen Presseaussendungen gleich zwei Touchdowns vorenthalten, bzw. aberkannt. Einen hat man fälschlicher Weise dem US Boy Charley Enos zugeteilt, den anderen hat man bei der Aufzählung der Scores seiner amerikanischen Kollegen gleich ganz weggelassen. Die Meldungen wurden von einer grossen Tageszeitungen in beiden Fällen auch ungefiltert an ihre Leser weiter gegeben, was dem Ego eines der besten heimischen Wikinger aber scheinbar keinen gröberen Schaden zugefügt hat. Trotzdem: wenn Meister Widner schon ohne Sold dasteht, dann sollte man ihm wenigstens seine Leistungen lassen. Diese waren heuer nämlich mehr als nur in Ordnung und so manch Achselzucken auf diesen Fauxpass, kann durchaus auch als Ignoranz ausgelegt werden. Zumindest macht die lässige Gleichgültigkeit ein wenig betrüblich, weil es eben nicht „eh wurscht ist“ wer den Ball in der Endzone gefangen hat. Auch dann nicht, wenn es einem bescheidenen Johannes Widner, der lieber andere über seine Erfolge Reden, bzw. Schweigen lässt, gleichgültig ist. Es ist inkomplett und falsch.
Wurm auf der Palme
Die ganze Geldgeschichte hat den Vikings Präsidenten gelinde gesagt geärgert. Nicht ganz zu Unrecht, denn handelt es sich gerade bei den Floredos um zwei Aushängeschilder der Eigenbauklasse. Solche Leute will man nicht verlieren, schon gar nicht an jemanden der mit Scheinen winkt. Bezahlen will man sie selbst freilich auch nicht, denn wohin führt das ganze dann? Eindeutig weg von der Amateurliga. Hier erkennt Wurm, neben dem kurzfristigen Schaden für die Vikings solcher Persönlichkeiten eventuell verlustig zu werden, auch einen langfristigen Negativ-Effekt in Form einer ins Rollen gebrachten Entwicklung, die einmal in Bewegung nicht mehr zu stoppen wäre. Wurm geht hier von der Annahme aus Spieler seines Teams gehen als bezahlte Söldner zu den Blue Devils. Was würde er tun? Das gleiche, denn wie würde man gegenüber den heimischen Spielern der Devils den Lohnzettel der Zugereisten erklären? Was würde z.B. ein Christian Steffani machen, würden die Vikings ihm das Gleiche anbieten? Oder gar mehr? Abgesehen davon, dass Steffani über diese hypothetische Frage nur lacht (ich gehe sicher nie nach Wien), würde er sich dann aber schon fragen müssen warum eigentlich nicht? Kein bekannt schlechtes Team diese Vikings und zahlen würden sie auch noch. Ganz sicher würde sich der junge Mann dann Gedanken machen. Eine als Frage formulierte Prophezeiung innerhalb dieser Hypothese: Piringer würde ihn einfach auch bezahlen!?
Das wirklich spannende, unberechenbare und daher auch nicht ganz ungefährliche an dem Mann aus dem Ländle ist seine Leidenschaft. Football ist seine Passion und nicht sein Beruf. Er betreibt sein Hobby aber höchst professionell und liebt es sich zu messen. Die Blue Devils operieren durch Piringers Geschick im Verkauf mittlerweile mit einem Jahresbudget womit andere AFL Teams Jahre ein halbes Jahrzehnt ihr Auslangen finden würden und die Ohren anlegen ob der Frage: wie macht er das? Dem sollte man neidlos gegenüberstehen und versuchen die Frage ernsthaft zu beantworten. Piringer macht dem Verband gegenüber keine Avancen sich als Person einzubringen. Auch Vertreter will er nicht entsenden – es interessiert ihn in der Konstellation einfach nicht. Das System und die Denkweise seien mit seinen Ideen nicht kompatibel. Zu hoffen ist, dass seine nächsten Schritte keine unüberlegten sind, denn ganz sicher will er nicht als der böse Vorarlberger in die Annalen des österreichischen Footballs eingehen. Zu erwarten ist aber das Unerwartete. Gut möglich, dass die Cineplexx Blue Devils in den nächsten Jahren einen Schritt setzen, der mehr als eine kleine Überraschung darstellt.
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