Mittlerweile scheint klar zu sein, dass die Urinproben der österreichischen Athleten allesamt negativ getestet wurden, doch die Sache ist noch nicht vom Tisch.
Wir wollen das Thema, welches zur Zeit von den Medien bis ins letzte Detail ausgeschlachtet wird, nicht nähere behandeln, aber wohl zum Anlaß nehmen um nachzufragen wie es in Sachen Doping bei American Football in Österreich steht. Dazu sprach Football-Austria.com mit Christian Steiner, dem Anti Doping Beauftragten des AFBÖ.
Herr Steiner, kann so ein GAU wie jener der Nordischen in Italien auch im Österreichischen Football passieren?
Einen „Supergau“ dieser Art wird es im österreichischen Footballsport sicherlich nicht geben. Bei den Olympischen Spielen hat es mit den nordischen Sportlern eine Sparte betroffen, die schon in der Vergangenheit immer wieder Dopingfälle aufzuweisen hatte und deshalb unter besonderer Beobachtung der Anti-Doping-Behörden stand. Im American Footballsport hingegen erscheint der Einsatz von Doping (genauer gesagt der Einsatz von verbotenen Substanzen) auf Grund der viel komplexeren körperlichen Anforderungen an die Athleten viel weniger sinnvoll. Darüber hinaus ist American Football in Österreich in weiten Bereichen wirklich noch ein reiner Amateursport, in dem Sieg oder Niederlage kaum Einfluss auf die Einkommensverhältnisse der einzelnen Athleten hat. Zusätzlich hat der AFBÖ als einer der ersten österreichischen Sportverbände einen Anti-Doping-Beauftragten bestellt & stellt damit den Vereinen und Athleten fachspezifisches Wissen in Form von kostenlosen Vorträgen & Beratungsgesprächen zur Verfügung.
Wie viele Tests wurden im Vorjahr durchgeführt?
2005 wurden 63 Athleten getestet.
Wurde jemand positiv getestet?
Alle Testergebnisse waren negativ.
Was passiert einem österreichischen Spieler wenn ihm Doping nachgewiesen wird?
Beim ersten Anlassfall wird der Athlet für zwei Jahre gesperrt.
Bein zweiten Anlassfall wird eine lebenslange Sperre ausgesprochen.
Die Sperre gilt auch für alle Mitgliedsländer der EFAF (Europäischer American Football Verband).

In Österreich gilt die Sperre darüber hinaus für alle von der BSO (Bundessportorganisation) anerkannten Sportarten. Ein „Ausweichen“ auf eine andere Sportart ist damit nicht möglich.
Zieht das im Falle auch Konsequenzen für den Verein des Spielers nach sich?
Im Einzelfall zieht eine positive Dopingprobe bzw. Sperre eines einzelnen Spielers keine Konsequenzen für den Verein nach sich.

Sollten allerdings nach einem Wettbewerbsspiel drei oder mehr Spieler eines Vereines positiv getestet werden, kann das Spiel vom AFBÖ strafverifiziert werden.

Darüber hinaus können auch Trainer, Masseure und Vereinsfunktionäre zur Verantwortung (sprich gesperrt werden) gezogen werden, wenn sie kausal mit dem einzelnen Dopingfällen in Zusammenhang zu bringen sind – sprich, wenn sie aktiv mitgewirkt haben, davon gewusst haben oder davon wissen hätten müssen.
Wie oft wird man heuer ca. kontrollieren?
Nachdem die Dopinganalysen nunmehr in Österreich (Labor in Seibersdorf) durchgeführt werden können, wodurch die Kosten erheblich gesenkt werden konnten, hoffe ich, dass 2006 weit über 100 Dopingtests durchgeführt werden.
Wird das Nationalteam besonders kontrolliert?
Für Auswahlteams sind seitens des ÖADC (Österreichisches Anti Doping Comitee) zusätzliche Kontrollen vorgesehen, da diese Teams bei Länderspielen das Land Österreich repräsentieren und daher die besondere Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit & der Medien auf sich ziehen.
Können eigentlich auch Referees auf Doping getestet werden?
Eine umstrittene Frage, die ich in der vergangenen Woche auch mit dem ÖADC besprochen habe. Grundsätzlich ist diese Frage jedoch zu bejahen, da die Schiedsrichter über den AFSÖ Mitglieder des AFBÖ sind & aktiv am Spielbetrieb teilnehmen. Außerdem ist die Sache auch aus dem Blickwinkel zu betrachten, dass gewisse verbotene Substanzen – abgesehen von einer möglichen Gesundheitsgefährdung – möglicherweise auch die Leistungsfähigkeit am Spielfeld beeinträchtigen können.

Tatsache ist jedoch auch, dass noch niemals ein Schiedsrichter getestet wurde und dies aller Wahrscheinlichkeit nach auch in absehbarer Zeit nicht passieren wird.

Ich empfehle jedoch jedem Schiedsrichter, der z.B. Medikamente einnehmen muss, eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen.
Was kostet ein Doping Test?
Derzeit kostet ein Standard-Doping-Test ab ca. Euro 200,00.
Je nach Testumfang können die Kosten aber durchaus auch Euro 600,00 und mehr betragen.

Abgesehen von begründeten Verdachtsfällen wird üblicherweise ein Standard-Doping-Test durchgeführt, der alle gängigen verbotenen Substanzen abdeckt
Kann man sich freiwillig testen lassen, sozusagen zur Prävention?
Grundsätzlich ist dies jederzeit (z.B. nach Operationen, Erkrankungen, usw.) möglich. Der Athlet wendet sich an den Anti-Doping-Beauftragten des AFBÖ, der sodann im Namen des AFBÖ einen Doping-Test beim ÖADC anfordert
Das Ersuchen um Anforderung eines freiwilligen Doping Tests beim Anti-Doping-Beauftragten des AFBÖ unterliegt der Schweigepflicht. Der Verein des Athleten wird nicht über diesen Test informiert.

Die Kosten für einen freiwilligen Dopingtest (ca. Euro 200,00) sind vom Athleten zu tragen. In besonderen Fällen und zur Vermeidung von Härtefällen wird der AFBÖ den Athleten jedoch weitest möglich unterstützen.

Im Moment arbeite ich daran den Athleten zusätzlich eine freiwillige Testmöglichkeit anzubieten, welcher auf Amphetamine und Ecstasy, Babiturate, THC, Opiate und ähnliche Substanzen eingeschränkt ist. Die Kosten dieses Test werden bei ca. 45 Euro liegen und sind vom Athleten zu tragen. Der Test wird anonym möglich sein.
Sehr oft kommt von Sportlern das Argument, daß die Liste mit den verbotenen Substanzen viel zu lang und unübersichtlich sei. Was kann der Athlet hier tun um Sicherheit zu haben keine Präparate zu sich zu nehmen, welche auf der Verbotsliste stehen?
Naiv gefragt: Gibt es eine/keine Liste wo einfach oben steht dieser/dieses Hustensaft/Schmerzmittel ist in Ordnung und jene eben nicht?

Ich teile die Argumente, dass die Liste der verbotenen Substanzen teilweise unübersichtlich und schwer zu lesen ist – Darüber hinaus gibt es keine autorisierte Übersetzung ins Deutsche. Es gibt jedoch eine Datenbank aller in Österreich vertrieben Medikamente, aus welcher ersichtlich ist, ob die jeweiligen Medikamente verbotene Substanzen enthalten. Diese Datenbank wird mehrmals jährlich aktualisiert & steht mir in meiner Funktion als Anti-Doping-Beauftragter des AFBÖ zur Verfügung. Die Athleten bzw. Vereine können jederzeit bei mir nachfragen, ob ein bestimmtes Medikament (Distribution Österreich) verbotene Substanzen enthält.
Die italienische Staatsanwaltschaft und deren Behörden gehen bei Doping Kontrollen offensichtlich rigoros vor. Jetzt spielt in diesem Jahr ein österreichisches Team (Vikings) in Italien (Bologna). Muß man damit rechnen, (zumindest theoretisch), daß ein Team mitten in der Nacht geweckt wird und die Spieler danach zur Dopingkontrolle abgeführt werden?
Nein, damit ist absolut nicht zu rechnen. Es ist jedoch durchaus möglich, dass vor/nach dem Spiel in Bologna Doping Kontrollen durchgeführt werden. Da die Anti-Doping-Bestimmungen in Italien als Gesetz gefasst sind, laufen die Dopingkontrollen nicht über das nationale Anti-Doping-Komitee sondern über die rechtsstaatlichen Verfahrenswege (Polizei, Amtsarzt, Gericht). Es ist jedoch keinesfalls mit einem einer Razzia ähnlichen Vorgehen zu rechnen. Je nachdem wie sich die Lage in Italien bis zum Spiel entwickelt, werde ich möglicherweise vor Ort sein, um einen ordnungsgemäßen Ablauf etwaiger Dopingkontrollen zu gewährleisten.
Was raten Sie als Sportskollege und Anti-Doping Beauftragter des AFBÖ den Sportlern, im Speziellen hier den Football Athleten?
Im Vorfeld stehe ich als Anti-Doping-Beauftragter des AFBÖ allen Vereinen nach Terminvereinbarung gerne für Vorträge zum Thema Doping zur Verfügung.
Weiters ersuche ich alle Athleten die folgenden Punkte zu beachten:

1.) Bevor ein Arzt ein Medikament verschreibt solle der Athlet darauf hinweisen, dass er Leistungssportler ist & den Anti-Doping-Bestimmungen unterliegt. Möglicherweise kann der Arzt ein anderes Medikament verschreiben, das keine auf der Verbotsliste stehenden Substanzen enthält.

2.) Gibt es kein Ersatzmedikament ist vom Arzt ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung auszufüllen. Der Athlet übermittelt mir den Antrag VOR Einnahme des Medikaments und ich reiche diesen beim ÖADC ein. Im Normalfalls wird die Genehmigung innerhalb von zwei bis drei Tagen erteilt. Die Antragsformulare stehen auf der AFBÖ Webseite zum Download bereit.

3.) Kann der Arzt nicht feststellen, ob das betreffende Medikament verbotene Substanzen enthält, bitte ich die Athleten VOR der Einnahme mit mir Rücksprache zu halten. Ein kurzes Mail oder eine SMS mit der Medikamentenbezeichnung & der Dosierung genügt.

4.) Bei Medikamenten, welche nicht in Österreich verkauft werden ist ebenfalls unbedingt mit mir Rücksprache zu halten. Um die Zulässigkeit der Einnahme beurteilen zu können, brauche ich in diesem Fall den Namen des Medikaments, die Dosierung, das Land des Kaufs & den Beipacktext. Die Überprüfung kann einige Tage in Anspruch nehmen.
Die oben angeführten Punkte gelten natürlich nicht für Notfallbehandlungen. Hier ist gegebenenfalls nachträglich ein Ansuchen um Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zu stellen. Keinesfalls sollte jedoch vor Erteilung der Ausnahmegenehmigung am Trainings- oder Spielbetrieb teilgenommen werden.
Etwas problematischer ist die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln, die nicht als Medikamente zu sehen sind & damit auch nicht hinsichtlich ihrer Inhaltstoffe überprüft werden. Es ist schon mehrmals vorgekommen, dass Nahrungsergänzungsmittel mit anabolen Steroiden „verunreinigt“ sind. Was auch immer auf der Verpackung steht, absolute Sicherheit, dass dieses nahrungsergänzungsmittel keine verbotenen Substanzen enthält gibt es nicht. Eine Ausnahme bilden (bestimmte Chargen von) Nahrungsergänzungsmitteln, welche im Labor in Seibersdorf negativ gestestet wurden. Zwar findet sich die Liste der getesteten Chargen auf der Website des Labors, allerdings wird es kaum möglich sein einzelne Packungen dieser Charge im Handel zu finden. Darum ist grundsätzlich die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln abzulehnen bzw. eine ganze Palette (Vereinsweise?) zu kaufen und diese in Seibersdorf testen zu lassen. Letztendlich ist immer der einzelne Athlet dafür verantwortlich, was er zu sich nimmt, ein „Abwälzen“ der Verantwortung auf den Hersteller ist nicht möglich.
In jedem Fall stehe ich allen Vereinen, Funktionären & Athleten für ein vertrauliches Gespräch zur Verfügung.

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