Eine ’never ending story‘ ist das, die Geschichte der Dragons in Korneuburg und den Anrainer, die sich von Tröten und Cheerleader Chants genervt fühlen. Sie geht nun in die bereits dritte Runde.

Runde 1, das war der Aufreger eines Individuums, um sich geschart eine deutlich unscharf definierte und sich auch untereinander uneinige Bürgerinitiative, deren Anliegen es war (oder nach deren Erfinder hätte sein sollen), die Drachen zurück nach Klosternuburg zu portieren. Der Versuch schlug fehl, der Korneuburger Bürgermeister ließ die Beschwerdeführer abblitzen und der Betreiberverein (ASC Marathon) stellte den inhaltlichen und finanziellen Mehrwert der Einnistung der Drachen im Rattenfängerstadion in den Vordergrund.

Runde 2, das war dann Gespräche und Versuche die Situation zu deeskalieren. Ein Verbot von Druckluftröten und Angebote an die Nachbarn – kommt doch selbst vorbei (gratis) – um zu sehen: wir (die Footballgemeinde) sind viel pflegeleichter und familienfreundlicher, als man gemeinhin denkt. Das dürfte bei manchen, aber eben nicht bei allen auf fruchtbaren Boden gefallen sein.

Der KURIER profiliert sich dabei als mediales Flaggschiff der Kämpfer für den kleinbürgerlichen Wochenendfrieden, ließ dabei in Vergangenheit kaum ein Klischee aus und verwirft sich nun mit Zahlen. (Siehe Grafik links in der Infobox)

Tausende Zuschauer
‚Sündteures Gerät‘ (Anmerkung: im Bild ein handesüblicher Schallmesser) wurde letzthin aufgeboten, um die Lärmsünden der Dragons in Zahlen festzumachen. Der KURIER berichtet von gemessenen 72 Dezibel. Das ist ganz schön was und wäre – so sagt man – ein Fall für den Amtsarzt. Der ‚gerichtlich anerkannte‘ Bauphysiker Erich Röhrer (!) stellte bei seinen Messungen nämlich (im selben Artikel) fest, dass der ‚übliche Dauerschallpegel von 40 Dezibel‘ bei zwei Messungen ‚um 16 und 22 Dezibel überschritten wurde‘. Moment! Ist 40 und 22 nicht 62? Irgendwo zwischen den Absätzen lauerten an der Ecke noch zehn gemeine Dezibel, die sich furchtlos addiert haben. Sei’s drum, denn was sind schon 11,6 Prozent Unterschied für den passionierten KURIER Abonnenten?

Die Dezibel, die nun vom Amtsarzt auf ihre Gefährlichkeit für den menschlichen Organismus überprüft werden sollen, seien es 56, 62 oder gar 72, die würden von den ‚tausenden Besuchern‘ stammen. Auch hier stockt einem als Kenner der Szene ein wenig der Atem.

Schauen wir uns das Rattenfängerstadion mal genauer an (siehe Grafik links in der Infobox). Auf der Tribüne finden exakt 429 Besucher sitzend Platz. Das wird jetzt vielleicht einige verwundern, oder gar schockieren: Ja, mehr sind es nicht. Stopft man diese Mini-Tribüne voll und rechnet man noch Stehplätze dazu, dann wird es mit 600 Leuten schon sehr eng da oben. Gedacht ist die Tribüne für maximal 500 Personen. Das war nicht bei allen, aber bei dem ein oder anderen Heimspiel der Dragons 2009 auch der Fall. Addiert man noch acht volle Heurigenbänke und eine Kantine hinzu, kann man pi Mal Daumen von 700 Zuschauern bei vollem  Haus sprechen. Es fehlen dann noch 1300, um auf Tausende, denn das wären ja mindestens 2.000, zu kommen. Nun sind die Dragons, was das Angeben mit Zuschauerzahlen betrifft, vollends unverdächtig. Sie gaben nie an ‚tausende Zuschauer‘ zu haben und: die haben sie auch nicht. Man kann allerdings nicht in Abrede stellen, dass auch 700 Leute Lärm machen können.

Bei den Zahlen, die auf Fehlern bei den Grundrechnungsarten basieren, erlaube ich mir auch einen frechen Vergleich.

Die Wiener Austria und die Danube Dragons haben nur scheinbar nichts miteinander zu tun. In Wirklichkeit trennt sie nur wenig. Beide Vereine spielen in der höchsten Klasse (Bundesliga) einer Ballsportart um den Staatsmeistertitel. Beide bespielen ein Stadion unweit eines Naherholungsgebiets. Die Dragons beim Bisamberg, die Austria beim böhmischen Prater. Nun stelle man sich folgendes vor: Ein Anrainer im schönen Favoritner Wäldchen – da oben jenseits des Laaerbergs – wird mit seiner Bürgerinitiative, samt Lärmmessung bei Wiens Bürgermeister mit dem  Vorschlag vorstellig, die Wiener Austria sollte aus dem Horrstadion verschwinden, denn dort ist es an jedem zweiten Wochenende gar so laut…

Das ist bestes Rohmaterial für Kabarettisten und Satiriker.

Das 2 Millionen Euro teure Rattenfängerstadion wurde im Jahr 2003 feierlich von der leider bereits verstorbenen Liese Prokop eröffnet. Als (Zitat) ‚Kommunikationszentrum und Treffpunkt für Lebensqualität und -freude‘ (Zitat Ende). Dass die Danube Dragons den Platz nach fünf Jahren seiner eigentlichen Bestimmung als solches auch zuführen, kann und darf nicht dazu führen, dass sie wieder ausziehen müssen.

Meint Ihr
Walter H. Reiterer

KURIER Artikel zur Lärmmessung im Rattenfängerstadion. on Twitpic

(Jason Johnson) Das Rattenfängerstadion und seine 429 Sitzpl... on Twitpic

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