Die Danube Dragons spielten einen ganzen Grunddurchgang lang über ihren Verhältnissen und wurden im AFL-Halbfinale auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Ihre vier Siege in der AFL waren allesamt knapp, selbst gegen die Blue Devils und Black Lions wurde es eng, dafür setzte es zwei Klatschen gegen Tirol. Platz 2 in der Tabelle war bislang aber der beste Grunddurchgang der Vereinsgeschichte für die Grünen. Das Team zog mit einem negativen Punkterekord in die Playoffs ein – auch das gab es noch nicht allzu oft.
Spätestens nach dem Debakel im EFAF-Cup gegen Prag war klar, dass die Drachen nicht ganz so stark noch sind, als man das hoffen durfte. Das wusste auch deren Head Coach Ivan Zivko, der sich über die Erfolge gegen die Vikings und Giants zwar freute, den Fluch dahinter aber ahnte. Wie lange geht das noch gut? 

Zumindest ärgern wollte man die Steirer ein wenig auf dem Weg ins Finale und – wer weiß – vielleicht geht noch was und man geht ein zweites Mal als Sieger vom Rattenfänger-Feld. 

Sie verweigern die Welle!
Geärgert haben sich die Grazer dann bestenfalls über ein paar Micky-Maus-Schikanen im Vorfeld, Debatten über Garderoben-Kautionen, Bananenschalen und Stollen, die heuer leider ebenso typisch für den Verein wurden, wie deren Überraschungserfolge. Eine Überprüfung mancher Positionen die man in Korneuburg einnimmt steht vielleicht dann an, will man sich, nachdem es sportlich bestens geklappt hat, auch inhaltlich vom ‚Schrebergarten-Image‘ vergangener Jahre lösen. Auch ist man nicht mit jedem automatisch ‚per Bursch‘ oder ‚per Mädel‘, nur weil man selbst schon ergraute. Manieren können selbst mit 40 plus nicht schaden. Während sich Violett mit einem Footballzentrum beschäftigt, Innsbruck mit Oakland kooperiert, dreht sich im Drachenland der Football-Globus um Obstschalen im Waschbecken? Bitte nicht. Als krönender Abschluss noch eine Pressemeldung in der man das Fehlen der Grazer bei der Publikumswelle beklagt, die obligatorisch wäre. So was! Wenn man keine Sorgen hat, dann muss man nach ihnen buddeln.

Allerdings bläst auch den Dragons seit heuer ein rauer Wind ins Gesicht, wie Ivan Zivko mehrmals bemerken musste. Man ist sportlich nicht mehr so ‚lieb‘, sondern potentiell gefährlich – eine Situation auf die sich alle erst einstellen mussten, auch für den Verein selbst war es ungewöhnlich, derart häufig am Siegertreppchen zu stehen.

Der Widerstand der Drachen am Feld war dann aber nur von kurzer Dauer. Nach einer 7:3-Führung zu Beginn des Spiels, lief alles für die Gäste aus der Steiermark. Ihr Quarterback Chris Gunn zerlegte mit seinen Receivern Marc BiedenkappKlaus GeierMoe Muheize und Wolfrum Hofbauer die Dragons-Secondary. Das 44:20 aus Sicht der Gäste fiel für die Hausherren am Ende noch sehr günstig aus, denn es hätte an dem Abend doch noch weitaus böser kommen können. 

Einlauf der Dragons ins Rattenfänger-Stadion

Interview mit Giants-Vorstand Dr. Armin Karisch

Was bleibt ist der beste Grunddurchgang der Dragons seit Vereinsgründung und ein Ausscheiden aus den Playoffs, wie man es – in Art, Weise und Höhe der Niederlage – bereits seit den 90er-Jahren kennt.

Wenn Dragons-Legionär Brandon McDowell in seinem ersten Jahr in Österreich als Fazit meint, dass den Dragons die Zukunft des heimischen Football gehört, dann ist das nicht nur eine sehr optimistische Einschätzung des US-Amerikaners, sondern er blendet dabei ein Bundesland aus – Tirol.

Alpenfestung reloaded
Die Vikings fuhren mit hundertprozentigem Vertrauen in ihren Quarterback Philipp Jobstmann (Merke: Wiederholungen machen glücklich) und mit einer Wut im Bauch nach Wattens, musste ihr zweites Team arg dezimiert und daher mit vielen Junioren aufgefrischt gleichzeitig in Traun gegen die Steelsharks in der Division 1 antreten. Die Wiener verloren beide Spiele. Das 55:24-Debakel gegen die Raiders wird sie aber wohl deutlich mehr schmerzen, als das 28:38 aus ihrer Sicht gegen die Oberösterreicher.

Wie rechtfertigte Jobstmann das Vertrauen? Elf Pässe für 157 Yards, ein Touchdown, eine Interception. Jobstmann-Stats wie man sie kennt – solide, aber keine Fantasy-Option. Es lag auch nicht am Spielmacher der Wiener, dass sie in Wattens unter die Räder kamen. Die O-Line der Raiders war derart dominant, dass Quarterback Marko Glavic quasi frei hatte (fünf Pässe für 117 Yards), dafür liefen Florian Grein und Lukas Miribung den Violetten um die Ohren. Ein Laufspiel bei den Vikings fand nicht statt. Man sah die schwächste Vikings-Line heuer und gleichzeitig der vergangenen Jahre und das stärkste Tiroler Kollektiv jeher. Bedenkt man, dass die Wiener am 5. Juli ins Tivoli fahren müssen, um ihren Euro Bowl-Titel dort gegen diese Mannschaft zu verteidigen, dann wird dieses Unterfangen angesichts des momentanen Zustände in Wien zur unmöglichen Mission. Die Raiders holen sich die Champions-League – das scheint fast gesichert zu sein. Nur mehr Graz wird ihnen das Double abspenstig machen können – am 27. Juni in Wolfsberg.

Zum ersten Mal seit 1997 (!) sehen wir also eine Austrian Bowl ohne den Vikings darin. Im Jahr 1 nach Shawn Olson lief alles schief was schief laufen konnte. Chris Rosier kommt und kommt dann doch nicht. Luke Atwood bricht sich das Wadenbein und beendet seine Karriere. Es folgt eine bislang beispiellose Verletzungsserie. Der hoch gelobte Ersatz-Quarterback entpuppt sich als Partytiger, der dann doch lieber zweitklassigen Arena-Football als das AFL-Halbfinale spielt. Clinton Graham kommt (ebenfalls verletzt) nie in Schwung. Man verliert (historisch) gegen die Dragons und (historisch) zwei Mal gegen die Giants und (historisch) damit drei Saisonspiele im Grunddurchgang, erzielt Negativrekorde wohin man sieht. Zu guter letzt geht das Euro Bowl Finale auch noch nach Innsbruck. Die Vereinsführung reagiert immer öfter verbittert und böse, fühlt man sich in einer Schwächephase im Stich gelassen und gegängelt von Verband, Medien und Gegner.

Trotzdem, bzw. genau deswegen, ist es die ‚richtige‘ Paarung im Endspiel der AFL. Es treffen die zwei besten Mannschaften der heurigen Saison aufeinander, die Nummer drei und die Nummer vier mussten gehen. Angesichts der letzten Begegnung zwischen Innsbruck und Graz, die einen zweiten Tiebreaker in der Overtime brauchte um entschieden zu werden, dürfen die Fans aus ganz Österreich am 27. Juni ein spannendes und hochklassiges Finale erwarten.

AUSTRIAN BOWL XXIV
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TOTAL
RAI vs. GIA
27. Juni 08 | 19:00
Sportstadion | Wolfsberg
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