Über die wahre Stärke der Schweizer darf nun im Angesicht des Duells mit Österreich hemmungslos philosophiert werden. Martin Pfanner wagt für Sie einen ersten Versuch.

Spiele wie diese gab es in der vergangenen Saison wie Sand am Meer. Als Exilvorarlberger in Wien war es dem Berichterstatter doch einige Male vergönnt Spiele der Dodge Vikings zu besuchen. Spiele die ebenso oder noch deutlicher wie das 40:8 der Schweizer gegen die Holländer ausgegangen sind. Jedes einzelne Mal musste sich ihr Chefredakteur einen neuen Aufhänger für eine meist ab dem dritten Viertel völlig langweilige und dementsprechend uninteressante Partie überlegen. Dominanz, Überlegenheit, … immer wieder waren dieselben Nomina in den Artikeln zu finden. Um ihnen dies wenigstens innerhalb dieses Berichts zu ersparen, gehen wir das Geschehen von einer anderen Seite an.

Wie stark sind die Schweizer?
Gott sei Dank bietet die C-EM, auch aufgrund des am Donnerstag anstehenden Heulers Österreich gegen die Schweiz, eine willkommene Abwechslung zur Blow-Out-Einöde, die uns die Europameisterschaft bislang beschert hat (Die vor kurzem zu Ende gegangene Partie zwischen Serbien und Norwegen ausgenommen).

Es stellt sich also die Frage, inwiefern dieser deutliche Sieg der Eidgenossen Rückschlüsse auf deren wahre Spielstärke zulässt. Denn dem ersten Anschein nach handelt es sich bei den Niederländern, um das schlechteste Team des Turniers. Und ein solches sollte in der Regel keinen allzu großen Stolperstein darstellen.

Zum vor dem Duell prognostizierten und von beiden Mannschaften antizipierte, offenen Schlagabtausch sollte es derweil nie kommen. Nach dem ersten Viertel standen 10 Punkte, nach dem zweiten gar 37 Schweizer-Pünktli, am Scoreboard. Der Rest des Spiels animierte die ohnehin spärlich besetzte Tribüne, hauptsächlich aus Spielern, Coaches unf Offiziellen der Teilnehmernationen bestehend, nicht schwer nachvollziehbar zum Däumchendrehen und Luftlöcherstarren. Denn das Geschehen am Platz vermochte mit rein gar nichts Aufregendem mehr aufzuwarten. Die Schweizer brachten die Tücher in noch trockenere Gefilde, die Niederländer bemühten sich nicht ganz unterzugehen. Den Ehren-TD, nebst feinem Spielzug zur 2-Point-Conversion war schlussendlich verdient, mehr wäre aber des Guten zu viel gewesen.

So stark …
Die Schweizer präsentierten sich als kompaktes Team mit einigen Glanzlichtern. Hervorzuheben gilt es den soliden Laufangriff und den engagierten Auftritt von Marko Glavic. Auch wenn das Playbook noch nicht ganz sitzt und der Trainingsrückstand mit den neuen Mannschaftskollegen nicht so einfach kaschiert werden kann, gab es doch lichte Momente. Glavics bloße Präsenz scheint schon einen Unterschied zu machen. Die Spieler legen sich ins Zeug und kämpfen um jeden Meter. Vielleicht oder vor allem für ihn. Es lässt sich nicht genau sagen.

Die Defensive wusste zeitweise zu dominieren. Bei zahlreichen Läufen der Niederländer war bereits an der Line of Scrimmage ein fettes ‚Endstation‘-Schild angebracht. Ferner hielt der Pass-Rush die QBs der Dutch Lions immer wieder in Schach. Und wenn Bern Grizzlies Safety Marc Egli nicht gerade Knockout-Hits austeilte, sorgte er zumindest bei den niederländischen Special Teams für Alarmstufe Rot.

…aber auch so schwach
Wo Licht da befindet sich meist auch Schatten. Den dunklen Fleck bildeten die Niederländer als Kollektiv. Eine grausame Performance von A bis Z, die Oranjes-Spieler nach der Partie nur mit Fäkalausdrücken zu beschreiben wussten. A wie Anlauf nehmen (sofern die Defensivlawine nicht sofort über die Running Backs hereingebrochen war) klappte zwar noch einigermaßen, spätestens bei Z wie Zone Blitz (der die Athleten wahrscheinlich ohnedies überfordert hätte) war aber das Ende der Fahnenstange erreicht. Es gebietet sich also die Schweizer Performance nicht zu hoch einzustufen.

Denn Fakt ist/war,

  • dass die Schweizer (mindestens) ein Löwe waren, der es mit (höchstens) einer Maus zu tun hatte
  • dass Marko Glavic noch nicht dort ist, wo er sein kann
  • dass ein, um eine Interception förmlich bettelnder, Glavic diesen Wunsch gegen rot-weiß-rot definitiv erfüllt bekommen wird
  • dass die Defense mit einem ernstzunehmenden Laufspiel massive Probleme bekommen wird
  • dass Quarterbacks wie Philipp Jobstmann, Andreas Diwald und Thomas Haider die Secondary zerpflücken können
  • dass Minus besser als Plus sein wird

Die Schweizer Feel-Good-Kampagne zur Euro 2008 befindet sich auf Hochtouren. Alle sollen sie dort hinkommen, wo es das Plus gibt. Das Minus gilt es zu vermeiden. Die offizielle Tour zur C-EM im American Football scheint mit dem Sieg gegen die Niederlande erst begonnen zu haben, könnte aber binnen zwei Tagen auch schon wieder beendet sein. Freuen wir uns deshalb noch ein wenig über trash talking Verbandspräsident Dieter Witschi, der hoffentlich weiter verbales Öl ins Feuer kippt. Freuen wir uns weiterhin auf eine Partie mit österreichischer Beteiligung, die zumindest einen Hauch von Spannung verspricht. Freuen wir uns zudem noch auf ein volles Haus, ausgelassene Partystimmung und ansehnlichen Football. Denn danach wird wieder das Minus regieren.

Martin Pfanner

Raiffeisen Football C-EM 2007
Schweiz vs. Niederlande
(10:0 / 27:0 / 3:0 / 0:8)
14. August 07 | 15:00
Sportstadion Wolfsberg
Officials: Perona / Lapcevic G. / Pedersen / Lapcevic V. / Bolstad / Kuntschik / Pavlovic

1. Quarter.:
7:0 – TD Urs Gersbach (49-Yard TD-Lauf), PAT Marcel Niklaus good
10:0 – FG Marcel Niklaus (35 Yard Field Goal)

2. Quarter.:
17:0 – TD Markus Schirmer (21-Yard Interception Return TD), PAT Marcel Niklaus good
24:0 – TD Urs von Känel (2-Yard-Catch nach Pass von Marko Glavic), PAT Marcel Niklaus good
30:0 – TD Marc Egli (60-Yard Punt Return TD), PAT Marcel Niklaus no good
37:0 – TD Tino Gasser (21-Yard Interception Return TD), PAT Marcel Niklaus is good

3. Quarter
40:0 – FG Marcel Niklaus (33-Yard Field Goal)

4. Quarter:
40:8 – TD Etienne Lof (32-Yard-Catch nach Pass von Pepjin Mendonca-Henri), 2-Point Conversion Robert van der Brink (2-Yard-Catch nach Pass von Dany Ortega) is good

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