Auch wenn die beiden Clubs mittlerweile in verschiedenen Conferences spielen, steht für beide Teams viel auf dem Spiel, geht es nicht zuletzt um die Vorherrschaft im österreichischen Football.
DIE AUSGANGSLAGE
Das Spiel gegen die Vikings ist nach der Partie gegen die Stuttgart Surge der zweite große Gradmesser für die Mannschaft von Head Coach Kevin Herron. Gegen die Surge musste man sich in einem defensivgeprägten Duell knapp mit 3:6 geschlagen geben – gegen den großen Rivalen aus Wien soll es besser klappen. Extramotivation benötigen die Spieler nicht mehr. „Die ganze Mannschaft ist sehr motiviert, weil wir schon ein Spiel dieses Jahr verloren haben und wir keine zweite Niederlage hinnehmen wollen. Natürlich bringt der Name ‚Vikings‘ zusätzliche Motivation in der Gameweek für alle.“, erläutert Linebacker Lucky Ogbevoen. Wie sein älterer Bruder Precious, verbrachte der 22-Jährige den Großteil seiner bisherigen Karriere bei den Vienna Vikings. Mit Lineman Toby Lettman steht noch ein weiterer Spieler im Kader der RAIDERS Tirol, der vergangenes Jahr noch in Wien seine Footballschuhe schnürte.
In der European League of Football warten die Tiroler noch auf den ersten Sieg gegen den Erzrivalen:
Vergangene Saison setzten sich die Wikinger zwei Mal durch, vor allem die Auftaktniederlage im Tivoli, die knapp mit 23:29 verloren ging, blieb in Erinnerung. Neues Jahr, neues Glück. Diesen Sonntag soll diese (Un)Serie ein Ende finden – auch weil schon einiges am Spiel steht: „Wir müssen unseren besten Football zeigen, um gegen die Vikings zu gewinnen.“, weiß Raiders Head Coach Kevin Herron.
„Es ist der zweite Gradmesser dieses Jahr. Sie sind der amtierende Meister, nach dem Spiel sehen wir auch, wo wir in der Liga stehen. Für uns ist ein Sieg in der Interconference superwichtig, vor allem in Hinblick auf die Platzierung in der eigenen Conference und einer möglichen Playoff-Teilnahme.“
Seit diesem Jahr ist die ELF in drei verschiedene Conferences aufgeteilt. Während die Raiders Tirol in der Central Conference aufscheinen, spielen die Vikings im Osten. Die Battle for Austria darf aber dennoch nicht fehlen und so treffen die beiden Mannschaften in zwei interconference Partien aufeinander.
DIE RAIDERS TIROL
Vergangenes Wochenende zeigten die RAIDERS Tirol eine starke Reaktion auf die in Stuttgart erlittene Niederlage: Zu Hause konnte man die Milano Seamen deutlich mit 38:13 besiegen. Vater des Erfolgs war ein ausgewogenes Offensivspiel aus Lauf- und Passspielzügen gepaart mit einer dominanten Vorstellung auf defensiver Seite. Auch ohne Sandro Platzgummer, konnten die RAIDERS Tirol ein starkes Groundgame etablieren: Runningback Tobias Bonatti lieferte eine bärenstarke Partie mit 148 Rushing-Yards, 55 Receiving-Yards und zwei Touchdowns ab. Der 25-Jährige steht mit insgesamt 338 Yards und fünf erzielten Scores mittlerweile auf dem dritten Platz im Rushing-Ranking.
Natürlich war der Sieg über die Seamen auch als kleines Comeback der Raiders-Offensive im Allgemeinen zu sehen.
Die mageren drei Punkte gegen die Surge steckten Quarterback Christian Strong offenbar nicht sehr lange im Kopf, er zeigte mit 359 Passing-Yards (26/46) und drei geworfenen Touchdowns ohne Interception eine starke Leistung. Der Kanadier suchte und fand wie so häufig in dieser Saison seinen langjährigen Weggefährten Jarvis McClam, der nicht nur einen Touchdown erzielte, sondern mit 129 Receiving-Yards bei sechs Catches auch die Receiver-Gruppe anführte. McClam, der gegen die Surge noch angeschlagen war, zeigte sich topfit und soll auch gegen die Vikings für Furore sorgen. Einmal am Ball, kann das Schweizer Taschenmesser in den Reihen der Tiroler jedem Gegner schnell Kopfzerbrechen bereiten.
Das Passspiel aber nur auf McClam zu reduzieren wäre ein fataler Fehler:
Marco Schneider, Adrian Platzgummer und Philipp Haun sind ebenso verlässliche wie auch effiziente Passfänger, die ihren Job Woche für Woche hervorragend bestreiten. Die unterschiedlichen Stärken der einzelnen Protagonisten sind bekannt und Strong scheint sich mit seinen neuen Mitspielern Woche für Woche noch besser zu verstehen.
Die Defensive konnte sich von Woche 1 an stetig steigern und steht mittlerweile auf dem vierten Rang, was zugelassene Punkte betrifft. Gegen die Vikings wird die Abteilung ordentlich gefordert werden. Dennoch ist Lucky Ogbevoen sicher, dass sie einen Plan gegen den amtierenden ELF-Champion finden können: „Die Vorbereitungen laufen sehr gut. Wir müssen natürlich noch Kleinigkeiten korrigieren aber nichtsdestotrotz sind wir ready für das Wochenende.“
DER GEGNER
Wie schon in der vergangenen Saison sind die Vienna Vikings das Team, dass es zu schlagen gilt. Die Wiener starteten makellos in die neue Spielzeit, kommen mit einer weißen Weste von vier Siegen aus vier Spielen ans Innsbrucker Tivoli. Die Töne die aus Wien nach Innsbruck dringen, klingen ähnlich wie jene der RAIDERS Tirol: „Es herrscht eine ganz besondere Rivalität zwischen uns und den RAIDERS. Da ist Respekt, aber auch der unbedingte Wille zu siegen und zu zeigen, wer die Nummer Eins ist. Vergangene Saison konnten wir beide Duelle für uns entscheiden. Das ist auch das Ziel für 2023.“, wird Head Coach Chris Calaycay auf der vereinseigenen Homepage zitiert.
Seit dem Titelgewinn im September 2022 hat sich bei den Wikingern einiges getan. Als neuer Quarterback des Teams fungiert Chris Helbig, der vergangenes Jahr noch bei den Potsdam Royals in der GLF tätig war. Der US-Amerikaner integrierte sich sehr schnell bei den Hauptstädtern und warf bisher 1.008 Yards bei einer Completion-Rate von 66.95% für neun Touchdowns und zwei Interceptions. Seine Pass-Statistiken sind nahezu ident mit jenen von Christian Strong, wenn man die Bye-Week aufrechnet. Mit dem Unterschied, dass Helbig auch mehr ins Rushing-Game eingebunden wird und er in vier Partien 92 Rushing-Yards bei 26 Versuchen für sechs Touchdowns beisteuern konnte.
Das Laufspiel im Allgemeinen wird auf mehrere Schultern verteilt:
Homegrown-Routinier Florian Wegan zeigt sich keineswegs müde, hat bisher 441 Yards erlaufen und fünf Touchdowns erzielen können. Im Schnitt erzielt der 29-Jährige satte 7.00 Yards pro Versuch. Karri Pajarinen, der wie Helbig von den Royals zu den Vikings kam, verpasste zwar die letzte Partie wegen einer kleineren Verletzung, konnte aber schon 280 Yards an Raumgewinn verzeichnen und zwei Mal in die Endzone laufen. Der dritte im Bunde ist Anton Wegan, jüngerer Bruder von Florian, der neben seiner Receiver-Tätigkeit auch als Runningback für Gefahr sorgen kann, wie er mit seinem 68-Yard-Touchdown-Run gegen die Fehérvár Enthroners unter Beweis stellte. Die Vikings sind das einzige Team der ELF, das mehr Rushing Touchdowns (14) als Passing Touchdowns (9) erzielen konnte. Was auch für die Offensive-Line spricht. Allerdings verbuchten die Vikings gegen die Ungarn auch satte fünf Offensiv-Fumbles.
Aber irgendwer muss Helbigs Bälle auch fangen und da kommt man an Jordan Bouah nicht vorbei.
Der Italiener ist auch 2023 gefährlichster Mann der Vikings-Receiver, konnte bisher 37 Bälle für 302 Yards unter Kontrolle bringen und fünf Scores erzielen. US-Import Weston Carr kommt auf 259 Yards bei drei Touchdowns. Florian Bierbaumer, der sich vergangenes Jahr schwer am Knie verletzte, ist wieder fit und mit 152 erzielten Yards bei einem Touchdown schon wieder ein Faktor im Offensivspiel der Vikings.
Defensiv ist das Talent nicht minder beeindruckend. Defensive Back Exavier Edwards verzeichnete schon zwei Interceptions, Moriz Elmauthaler führt das Team mit 21 Tackles an. Schmerzlich vermisst wird Linebacker Thomas Schnurrer der die Saison auf Grund einer im ersten Saisonspiel erlittenen, schweren Knieverletzung verpasst. Leon Balogh und Oskar Kranich kamen auf je zwei Sacks bisher.
Es wird also keine einfache Aufgabe für die RAIDERS Tirol. Dennoch weiß Coach Herron, dass ein wichtiger Faktor für die Tiroler spricht: „Wir spielen zu Hause und haben unsere großartigen Fans im Rücken. Gegen die Vikings wird es immer ein Dogfight, es wird sicherlich sehr knapp. Ich hoffe, dass wir dieses Mal bei einem knappen Ergebnis vorne sind.“
ELF WEEK 6
Raiders Tirol (4-1) vs. Vienna Vikings (4-0)
SO 9. Juli 2023 16:25 Uhr · Tivoli Stadion Innsbruck