Unter den gestrengen Augen von OC Shawn Olson & HC Bernhard Binstorfer, sowie den mit Messgerätschaften und Nadeln ausgestatteten Mitarbeitern des IMSB, wurden die Kandidaten auf, Herz, Nieren, Hirn und Wurfarm getestet. Das eindeutige Ergebnis: es gibt noch keines. Die Teilnehmer zeigten allesamt ansprechende Leistungen in verschiedenen Fächern.
Da sprichwörtlich nur Hunde etwas probieren, wollten die Verantwortlichen des Nationalteams die Auswahl nicht dem Zufall überlassen, sondern das Ausprobieren auf professionelle Beine stellen. Das Tryout wurde in drei, eigentlich vier Teile auf einen ganzen langen Tag verteilt. Es begann um 8.30h mit einem theoretischen Test (schriftlich & mündlich), danach begab man sich auf das Feld um Wurftechnik- & Genauigkeit zum Teil in Drills zu bewerten. Nach dem Mittagessen ging es ab in die Halle, wo man bis 16.00h Lactat Werte, Koordinationsvermögen, Abwurfgeschwindigkeit u v. m. testete. Nach einer 45minütigen Pause mussten die Aspiranten noch ihre Ausdauer unter Beweis stellen.

Die Teilnehmer
Bernd Dittrich (Dodge Vikings)
Andreas Diwald (Salzburg Bulls)
Thomas Haider (Danube Dragons)
Philipp Jobstmann (Dodge Vikings)
Bernhard Kamber (ASVÖ Gladiators)
Christian Kranz (Turek Graz Giants)
Johannes Neusser (Dodge Vikings)
Markus Sandler (St. Pölten Invaders)

Nicht dabei war Robin Lumsden (Baden Bruins), der sich beim Match gegen die Salzburg Bulls einen Seiten- und Kreuzbandabriss zuzog. Lumsden ist damit out for season. Ein weiterer Rückschlag für die schwer gebeutelten Kurstädter, welche die heurigen Saison, ohne ihren Starting QB und mit einem 51:0 gegen Salzburg im record wohl bereits abhaken können.

Ergebnis gibt es noch keines, wahrscheinlich wird es so bald auch keines geben. Bis zum ersten Match (Vorbereitung gegen Schweden) hat man noch bis in den Herbst hinein Zeit. Shawn Olson zeigte sich von allen acht angetan. ‚Für mich war es wichtig Nicht-Vikings QBs im Vergleich zu den Leuten zu sehen, mit denen ich täglich arbeite. Man wird schnell betriebslind. Was ich am Feld gesehen habe hat mich ehrlich beeindruckt. Alle Kandidaten haben sehr gute Fähigkeiten, der Einsatz & auch die Ergebnisse lassen sich sehen. Die Entscheidung wird uns gar nicht leicht fallen, wir lassen uns sicher noch Zeit und werden diese Leute in der Saison noch genauer am Feld beobachten.‘

Eventuell, so vernahm man im Umfeld des Tryouts, könnte es zu einem reinen Quarterback Camp im Sommer kommen. ‚Eine Woche mit den Leuten unter verschärften Bedingungen, wäre etwas feines…‘, sprach über so ein Camp der ebenfalls anwesende Nationalteammanager Karl Wurm laut vor sich her, der, wie die Coaches, ziemlich beeindruckt von den acht jungen Männern war. ‚So etwas ist neu & ganz toll zu beobachten. Die Leute kommen nicht nur zu einem Tryout – das war ja früher gar nicht so normal beim Nationalteam – sondern sie kommen auch vorbereitet und mit vollem Einsatz da her. Wen soll man dann nehmen, wenn alle gut sind? Das Tryout kann nur eine von mehreren Grundlagen für eine solche Entscheidung sein.‘, sagte Wurm, wohl wissend, dass ’seine drei Kandidaten‘ bei diesem Tryout alles andere als eine schlechte Figur gemacht haben, aber man will die besten herausfiltern und nicht die besten Vikings. Jobstmann, Dittrich & Neusser hatten den Vorteil die Übungen zum Teil schon aus dem eigenen Training zu kennen. Dieser ‚Nachteil‘ wurde aber zum einen durch Erklärungen von Olson kompensiert und zum anderen auch bei der Bewertung berücksichtigt.

‚Benachteiligt‘ auch die Herren Christian Kranz, Thomas Haider (Oberschenkel/Adduktoren) & Bernd Dittrich (Sprunggelenk). Sie ließen in der Halle die Gelenke und Oberschenkelmuskulatur arg belastende Übungen aus, ebenso tat das Bernhard Kamber, der den 30m Shuttle Sprint (mit Abstoß auf Rampen) & den Move Jump seinen Knien nicht mehr zumuten wollte. Diese Übungen machten am Ende nur mehr Philipp Jobstmann, Johannes Neusser, Andreas Diwald & Markus Sandler mit. Die Coaches ließen es den Aspiranten in Hinblick auf die laufende Saison frei sich diesen Tests zu unterziehen.

Subjektive Eindrücke
Football-Austria.com wird die Testergebnisse veröffentlichen, falls wir sie von den Coaches bekommen. Wir hatten vor Ort Einblick auf die Zahlen, wollen sie aber ohne Zustimmung im Detail (noch) nicht veröffentlichen.

Generell auch unser Eindruck vom Tryout: Acht gute Kandidaten. Jeder für sich. Wie weit sich die Position des (österreichischen) Spielmachers vom Stiefkind zum Liebkind entwickelt hat, haben diese Herren bewiesen. Überwiegend blitzsaubere Leistungen, teilweise (leider) nur auf reinem Talent beruhend. Ein großes Manko mancher Spieler auf dieser Position war und ist zum Teil auch noch, dass sie nicht als QBs gecoacht wurden. Ein Dilemma, welches auch Shawn Olson immer wieder beklagt. Hätte, nur als Beispiel, Andi Diwald vor zehn Jahren nur einen mittelmäßigen High School Coach vor sich gehabt, so wäre er heute um eine halbe bis ganze Klasse besser, meinte Olson vorigen Herbst, sagt er auch heute noch. Dasselbe gelte für fast alle Spieler. Christian Kranz spielt ja zurzeit gar nicht auf der Position, hat aber durchaus das Potential das zu tun. Ein Hinweis nicht bar jeder Ironie, denn der derzeitige QB der Giants (Import Sheldon Cross) brachte gegen Olsons Stammverein (Dodge Vikings) zuletzt gar nichts zusammen. Hätte er an dem Tag Kranz aufgestellt? Dazu sagte der Kanadier nichts, er sei als Nationalteamcoach hier und wird als dieser, wie auch als Vikings Coach keinem anderen Trainer Tipps geben. Wir sagen: Unter Olson wäre Kranz bereits Starter bei den Giants. Kamber, eine spezielle Person in Olsons Personalpotfolio, musste auch einige heikle Fragen seine Person betreffend beim persönlichen Interview beantworten. Welche das waren konnten wir nicht in Erfahrung bringen, aber wir können es uns wohl denken. Kamber polarisiert wie kein anderer. Als wäre er der Sohn von Silvio Berlusconi & Paris Hilton. Immer sexy, auch mit Bäuchlein und stets einen flotten Spruch auf der Lippe, lässt der Kärntner kaum jemanden kalt. Seine Fangemeinschaft ist riesig, ebenso die Anzahl der ‚Kamberhasser‘. In der Minderheit diejenigen denen er egal ist. Er hat in Kärnten neue Sitten eingeführt, sich damit jede Menge Freunde zu Feinden und ehemalige Schläfer zu Fans gemacht. Das ist bereits alles. Als Privatperson ist Kamber völlig zugänglich und weder als notorischer Querulant noch als aufgesetzter Provokateur aufgefallen. Ein Biedermann als Brandstifter. Viele Geschichten ranken sich um ihn, nicht mal die Hälfte davon ist wahr. Wahr ist aber der Trash Talk aus dem Match Vikings II vs Gladiators, als Philipp Jobstmann zu ihm sagte er könne ruhig mal 10 Kilo abnehmen. Kamber konterte: ‚Ich kann 10 Kilo abnehmen, du aber nicht mehr 10cm wachsen!‘ und sprach damit ein allseits beliebtes Thema beim Vikings II QB an, der mit 172cm nicht gerade die längste Praline in der QB Schachtel repräsentiert. Diese ‚Rivalität‘ beschränkte sich aber auf den Gameday, beim Tryout selbst feuerte man sich gegenseitig an. Bemerkenswert die Stimmung unter den Kandidaten. Obwohl sie alle um denselben Posten kämpften (immerhin eine Art Vorstellungsgespräch) gaben sich die 8 solidarisch. Gegenseitiges Abklatschen und Applaus für gute Aktionen waren völlig normal. Vermutlich eine Mutation des Stockholm Syndroms, aber in Ordnung. Hier nun unser subjektiver Eindruck.

Bernd Dittrich (Dodge Vikings)
Bestach durch Bein- und Wurftechnik, die Passgenauigkeit war ebenfalls soweit in Ordnung. In der Halle setzte er bei einigen Übungen allerdings aus. Sein Vorteil ist klar seine Jugend. Dittrich ist der kommende Mann des Nationalteams und wird bei den Vikings als Starting QB aufgebaut. Kann er sich nicht vom Anspruch, aber vom Tam Tam rundherum frei spielen, bleibt er von Verletzungen verschont & steigen die Vorschußlorbeeren nicht in den Kopf, dann wird er das auch werden.
NT QB Chancen: 50% heute, 90% 2007, 99% 2008

Andreas Diwald (Salzburg Bulls)
Auffällig das Styling & der Salzburger Körperkult. Ohne Sixpack ist Mann bei den Bulls einfach nichts. Abgesehen von der schönen Optik hatte der wieder Genesene aber noch einiges mehr zu bieten. Eine mörderische Wurfhand & gute Übersicht. Ein wenig zu animalisch wirkten bisweilen seine Bewegungen, manchmal stark von der gebräunten Muskelpracht behindert. Auch der Flotteste scheint Diwald nicht zu sein. Aber ein Tier. Und schön noch dazu. Trotzdem auch sportlich sehr beeindruckend.
NT QB Chancen: 60%

Thomas Haider (Danube Dragons)
Bereits beim gestrigen Junioren Nationalteam Match gegen Italien konnte man sehen, dass beim Dragons Junioren QB etwas nicht ganz stimmen kann. Es zwickte und zwackte im Oberschenkel. Zuerst von den Coaches geschont (mach das alles in der halben Geschwindigkeit) löste sich bei Haider im Laufe des Tryouts der Krampf & die Angst vor einer gröberen Verletzung. Er zeigte gegen Ende am Feld was er kann (gute Wurfhand, Übersicht & Genauigkeit), musste aber, wie drei andere Kandidaten in der Halle einige Tests auslassen.
NT QB Chancen: 50%

Philipp Jobtsmann (Dodge Vilings)
Solide, souverän & abgebrüht. Jobstmann ist zwar klein, aber schnell UND well coached. Starter der Dodge Vikings II & QB Coach des Junioren Nationalteams. Er machte auf allen Parcours eine gute Figur und wahrte damit seine Chancen, nachdem er bereits im Junioren Nationalteam zum Zug kam, auch in der Kampfmannschaft eine Rolle zu spielen. Fast eine Bank auf den Job #1.
NT QB Chancen: 70%

Bernhard Kamber (ASVÖ Gladiators)
Manchen gibt’s der Herr im Schlafe. Kamber ist neben Dittrich der von Mutter Natur mit dem meisten Talent bedachte Spielmacher. Dazu hat er noch Erfahrung. Damit macht er mangelnde Kondition ebenso wett, wie eine Wurftechnik die aus dem Handball stammen könnte. Der Erfolg in der Praxis gibt ihm oft Recht. Kann Kamber sich wieder in shape bringen, dann hat er gute Chancen, bleibt er athletisch auf dem Level, werden die Coaches auf seine Dienste wohl verzichten. Seine umstrittene Persönlichkeit könnte eine Rolle spielen.
NT QB Chancen: 60% (in shape), 10% (out of shape).

Christian Kranz (Turek Graz Giants)
What a Wurfhand! Kranz stellte bei seinen Würfen mit dem Football, wie auch dem Medizinball Rekorde auf. Leider war der Grazer an dem Tag verletzt und konnte nicht jeden Test mitmachen. Seine Chancen leben dann auf, wenn er während der Saison zum Einsatz kommt. In der vorigen Saison hat der eigentlich gelernte WR seine Skills als QB eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Ein toller Bursche sowieso.
NT QB Chancen: 50% (wenn er zum spielen kommt), 10% (wenn er nicht spielt).

Johannes Neusser (Dodge Vikings)
Stets als Spielmacher im Schatten von Bernd Dittrich stehend, spielte Neusser zuletzt Wide Receiver bei den Dodge Vikings gegen die Giants. Ein kompletter Spieler, mit enormen Fähigkeiten ausgestattet, oft weit unter seinem Wert von der Öffentlichkeit gehandelt, zeigte ‚Jo Jo‘ beim Tryout groß auf. Ein junger Sportler mit viel Potential. Die Coaches werden in ihm immer eine Option sehen.
NT QB Chancen: 60%

Markus Sandler (St. Pölten Invaders)
Der nachgeladene Spielmacher der Invaders entpuppte sich als die Überraschung des Tryouts. Nirgendwo ganz on top, aber in fast allen Bereichen im Vorderfeld mit dabei. Er machte alle Tests mit und konnte sich als solider Allrounder präsentieren. Die Coaches waren schon beim Match gegen die Dragons von ihm angetan, das Tryout hat ihren guten Eindruck von ihm nur bestätigt. Ruhig, selbstkritisch und verlässlich. Mängel bei der Theorie und leichte athletische Defizite. Er wird, wie Diwald, Jobtsmann & Kamber heuer in einer Liga starten, spielt er dort weiter so wie in den ersten beiden Partien, so wird er ein heißer Geheimtipp.
NT QB Chancen: 60%

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