Nach Siegen über die Raiders & Black Lions, erwiesen die Grazer sich auch der Aufgabe EFAF Cup gewachsen und tankten im ersten Match auf europäischer Ebene viel Selbstvertrauen. Walter H. Reiterer für Football-Austria.com aus Prag.
2006 wird eine Saison welche die Giants wohl lange nicht vergessen werden. So viel lässt sich jetzt schon sagen. Organisatorisch lief im Vorfeld praktisch alles perfekt, noch nie war so viel Budget da, der neue Fanclub brachte viel frischen Sauerstoff in die Fanszene, ein neues Management will zu neuen Ufern aufbrechen. Von dort an ging es aber bergab. Der designierte Runningback wollte dann doch lieber in Braunschweig spielen, die Angelegenheit sei in 24 Stunden erledigt, sagte Marketing Mann Angelo Barsuglia, dem diese Ansage den ungewollten Beinamen ’24-Stunden Angelo‘ bescherte. Die Angelegenheit wurde nämlich einfach so geklärt, dass Molock bei Braunschweig spielt und nicht in Graz. Das stellten die Braunschweiger nicht einen Tag, sondern Minuten nachdem Gerüchte aufkamen es gäbe einen gültigen Vertrag mit Bruce Molock fest. Und aus. Der Fanclub G-Freakzz wurde immer mehr zum Kritikerclub, im Fadenkreuz des damals noch tonangebenden Mannes Christian Vogrinec stand der neue General Manager Stefan Schubert. Er sei untätig, kaum erreichbar & führe den Karren an die Wand. Als der Präsident Gerhard Grassegger nach eher kurzer Amtszeit zurücktrat, davor noch Gabriel Dielacher, ein dem Verein wohl gesonnener Mäzen und Visionär vor den Kopf gestoßen wurde & die Giants auch sportlich mit der Niederlage gegen die Vikings an einem Tiefpunkt ankamen, zeigte Vogrinec dem eigenen Team was er davon hält. Nach einem kleinen Popo Skandal auf der Hohen Warte trat Vogrinec zurück, da er keinen Sinn mehr darin sah, seine Zeit, sein Geld & seine Arbeit in diese Sache zu investieren. Kurz darauf jettet man mit den Giants II nach Budapest um dort, trotz eindeutigen Verbots seitens des Verbandes (keine Spielerpässe, keine Spielerlaubnis), ein Match gegen die Wolves II zu spielen. Bis heute 18:00 hatten die Giants Zeit für eine Stellungnahme, denn eine empfindliche Geldstrafe steht im Raum. Zu guter letzt meldet sich jetzt der alte Herr der Giganten mittels seines virtuellen Alter Egos aus dem Off, schlägt rundum auf alles hin, was nicht auf drei den von ihm gegründeten Verein die Ehre erweist. Es seien die falschen Propheten, die verantwortungsallergischen Besserwisser & die lächerliche Presse, welche den Verein krank zu reden und schreiben versuchen, der Klub selbst sei ganz in Ordnung, stünde aber ohne denen noch viel besser da, so seine Analyse. So sind sie also verteilt, die Machtverhältnisse in Football Österreich? Die Vikings befürchten, dass wir sie bis zum Ende der Saison so mürbe geschrieben haben, dass sie freiwillig in die Division II absteigen.

Im Ernst, denn das ist leider nicht ernst zu nehmen, ist es fast ein Wunder, dass bei all dem Wahnwitz des geschriebenen & gesprochenen Wortes, den Rücktritten von Präsidenten & Fanclubmanagern, der Vertreibung von Sponsoren, des offen deklarierten Engagements des Teilzeit General Managers beim Fußballklub Austria Salzburg & dem Fettnäpfchen Faible ganz allgemein, der Verein sportlich kaum einen Schaden genommen hat. Die Niederlage gegen die Vikings. Ja. Offenbarend. Ja. Aber ansonsten? Siege auf allen Linien, die man nicht schöner reden sollte als sie waren, aber die doch vorhanden sind. Mit Glück den Vizemeister bezwungen, Kärnten wurde klar in die Schranken gewiesen & auch der EFAF Cup lässt sich gut an. Es ist zudem sportlich eine aufstrebende Tendenz erkennbar. Von ‚alles bestens‘ ist man natürlich weit entfernt, aber der Status Quo gibt im sportlichen Bereich tatsächlich keinen großen Anlass zur Sorge. Das Schiff Giants steuert derzeit auf den Einzug in die Austrian Bowl zu und es ist zu vermuten, dass selbst die falschen Kurs Koordinaten des ehemaligen Kapitäns es nicht auf Grund laufen lassen können. Doch nun zum letzten Samstag.

Die Giants in Prag
Christoph Schreiner leitete mit einem tollen Kickoff Return zur 30 Yard Linie der Lions einen schönen und vor allem wichtigen Football Nachmittag für die Grazer ein. Armando Ponce de Leon folgte dem guten Beispiel seines Teamkollegen; zwei First Downs durch den ehemaligen Juniorennationalteamspieler (auch ein Thema für das Herren NT der Mann) und die Giants klopften unter ohrenbetäubendem Lärm des Grüppchens der mitgereisten G-Freakzzz bereits zum ersten Mal an die böhmische Endzone an. Ein Illegal Block in the Back warf sie nur mehr kurzfristig zurück. Darvin Lewis, an jenem Tag in allen Teams spielend, ging als Runningback nach einem kurzen Screen von QB Sheldon Cross über die Prager Goalline zum 0:7 (PAT good). Der Prager Frühling erwärmte zunächst nur die Herzen der steirischen Defense, welche die Drives der Löwen meist frühzeitig stoppen konnten. Christian Stopper tat sich mit einigen herzhaft-deftigen Blocks (vor allem im Special Team) hervor, den Tschechen wurde schnell klar gemacht, dass sie heute schwere Bretter abbekommen würden. Mit dem physischen Statement einhergehend – jede Menge Respekt. Nur zaghaft kamen die Gastgeber erst aus den Startlöchern, Lions RB Michael Formánek erzielte das erste First Down für die seinen. Viel mehr Feld wurde nicht bestellt. Zwei Strafen, (Holding & Illegal Formation) warfen die Giants jedoch weit, nämlich bis an die eigene 4 Yard Line, zurück. Eine Interception des auch an dem Tag nicht gänzlich zu überzeugen wissenden Spielmachers Sheldon Cross (Jiri Wieden) brachte den Pragern den Ball zurück. Ganz anders agierte danach ihr QB Libor Navratil. Ein langer Pass nach einem 10 Sekunden Scramble auf seinen Wide Receiver Milan Kucera an die Giants 7 brachte logischer Weise nicht nur ein First Down, sondern die Gäste erstmals in Bedrängnis. Doch die Offense der Prager in der Red Zone war über das ganze Spiel hinweg völlig uneffektiv. Zum Glück für die Steirer. Mehrmals brachten sich die Lions mit Kurzpassspiel in eine gute Position, wo sie dann das Laufspiel auspackten und an die Red Zone D der Gäste aufliefen. Das war auf Dauer (Null Lerneffekt) taktisch unklug, manche Beobachter hielt es sogar für ziemlich dumm. So auch beim ersten Versuch aus 7 Yards mit drei Versuchen in die Endzone zu kommen nichts wurde, aber das Fieldgoal setzte Michael Formanek exakt zwischen die Pfosten. Nur mehr 3:7. Sheldon Cross, nach seiner Interception vom ersten Schock erholt, fand in Armando Ponce de Leon immer wieder eine freie Anspielstation. Das Laufspiel teilten sich der bereits erwähnte Linebacker Darvin Lewis und der wieder genesene Martin Grassegger. Jede Menge First Downs, u. A. durch diese drei Herrschaften, ließ die Giants Offense so gut wie heuer noch nie aussehen. Dachte sich auch Sheldon Cross und warf nach einem perfekten Drive seiner O den Ball in die linke Ecke der Prager Endzone, wo Klaus Geier, mit einem Fuß gerade noch in, den zweiten Touchdown des Tages erzielte. 3:14 (PAT good) zum Ende des ersten Viertels.

Jeremy Bohannon unterlief als Punt Returner ein grober Schnitzer. Der Catch ein Muff, der Ball beim Gegner, der zum Glück nichts damit anzufangen wusste. Die Achse Cross – Ponce de Leon brachte dann weitere 80 Yards auf einen Schlag und somit Alarmstufe Rot in der Prager Defense. Sheldon Cross kassierte seinen zweiten Sack im dritten Versuch, so musste Christoph Kipperer ran um ein Fieldgoal zu versuchen. Der Kicker behielt die Nerven und erzielte aus einer schwierigen Position (weit rechts) das 3:17 für die Riesen. 2 Minute Warning, die Giants probierten es mit einem Onside Kick, die Lions durchschauten das Vorhaben allerdings. Die letzten zwei Minuten der ersten Hälfte standen stellvertretend für das gesamte Offensivspiel der Lions. Mit kurzen Pässen kamen die Prager schnell über das ganze Feld, über links (Jan Gabriel), über rechts (Jan Dundacek) und auch durch die Mitte (Milan Kucera) kam fast jeder 10 Yarder an den Mann. Warum sie mit diesem Spiel jeweils kurz vor der Endzone brachen, blieb ein Rätsel. So sah man von den Pragern zwar ein sehr schönes Spiel, nur Schönheitspunkte gibt es bekanntlich keine im Football. Auch der letzte Drive über 60 Yards brachte den Tschechen am Ende Zero Points ein. Haltungsnoten dabei aber durchgehend bei 5.9.

Zur Halbzeit eine Show der Lions Cheerleader, anbei angeregte paneuropäische Diskussionen und sehr viel Einigkeit darin, dass man gerade ein gutes Spiel sieht, die Giants so gut wie bisher noch nie sind und die Lions, wollen sie zum Erfolg kommen, in der Red Zone eine neue Platte auflegen müssen.

Das alte Lied wurde aber nach Wiederbeginn erneut angestimmt. QB Libor Navratil passte sich durch gut & böse, brachte neben den bekannten Empfängern auch Ales Danhel ins Spiel. Der Drive endete aber wieder dort, wo er meistens seinen Abspann fand. In den Händen der Giants D-Line & Linebacker, beim Versuch der Lions zu Laufen. Dort war kein Tunnel, ja nicht mal ein Hohlweg mit Gestrüpp, da stand bloß eine Mauer und auf ihr das Wort Endstation. Die Tschechen wollten es einfach nicht kapieren. Läuferisch etwas mehr Spielraum hingegen fand Darvin Lewis. Beinahe unhaltbar walzte sich der Ami durch die Reihen der Prager Löwen Verteidiger und erzielte ein First Down nach dem Anderen. Nach dem Laufen, soll man Passen. Vor allem auch deshalb weil Armando Ponce de Leon so gerne und so gut die Bälle fing. So kam man an die Lions 2 und als Darvin Lewis zum kurzen Lauf in die Prager Endzone ansetzte war der nächste Touchdown so nah, der Fumble von Lewis aber näher. Turnover statt Touchdown – keine schöne Sache für die Gäste. Ein nicht so genannter postwendender Re-Fumble, oder auch gehöriger Fair Fumble bringt den Giants aber genau dort wo das Ei verloren ging selbiges sofort wieder. Danke, Prag. Sheldon Cross fackelte nicht lange – ein Quarterback Sneak zum 3:24 (PAT good). Wiederholungen sind langweilig. Zumindest im Fernsehen. Ich kann es dem Leser aber nicht ersparen. Die Lions passten sich über fast das ganze Feld (Ales Danhel, Jan Gabriel, Jan Dundacek) bis in die Giants Redzone, füllten dort brav ihr Backfield um ihre Fullbacks an die Grazer Mauer klatschen zu lassen. Die sollten halt auch was spüren. Wie die Tiere… Ende des dritten Viertels.

Natürlich machten die Lions keine Punkte daraus. Wie auch. 4 & out an der 5 Yards Linie. Die Giants mussten, nach drei erfolglosen Versuchen sich aus der schlechten Lage zu befreien, aus der eigenen Endzone punten. Die Gastgeber pirschten sich aus 40 Yards mit ihrem Kurzpassspiel wieder heran, bis an die Giants 3 kamen sie vor, dort zeigten sie dann wieder, dass es ihren Runningbacks nicht gelingen wird über die Goalline zu kommen. Für die Giants Fans sehr witzig das, für die Anhänger der Prager eher nicht. Simon Krösselhuber kam auf Seiten der Grazer als RB ins Spiel. Die Giants nahmen bereits Zeit von der Uhr mit dem Laufspiel. Sheldon Cross mochte den neuen RB gar nicht, brüllte den Mann nach dem ersten Spielzug an, es dürfte irgendwas beim Handover schief gegangen sein und Darvin Lewis kam wieder ins Huddle, lief zu einem First Down und Maas stellte wieder Krösselhuber rein. Der Trend zum Zwischendurchpass, nach etlichen Läufen in Folge, war spätestens dann klar erkennbar, als Armando Ponce de Leon nicht nur wieder einen solchen fing, sondern auch endlich zum verdienten Touchdown kam. Lauf, Lauf, Lauf, Pass, Touchdown – 3:31 (PAT good). Ich sage nicht, dass die Prager sich mit dem Kurzpassspiel bis zur…Sie denken sich es einfach, okay? Falsch gedacht! QB Libor Navratil konnte es nämlich nicht nur kurz, sondern auch lang. Ein 65 Yards Touchdown Pass auf Jan Gabriel zum 10:31. Freilich viel zu spät. Zwar kamen die Lions noch einmal in Ballbesitz, aber Ponce de Leon, der auch in der Secondary eine Rolle spielte, glänzte an dem Tag nicht nur mit einem Touchdown, sondern beendete das Spiel mit einer Interception. Große Klasse den einzig erkennbaren Schnitzer des Prager QBs sofort zu bestrafen.

Fazit:
Die Giants spielten ihr bestes Spiel der heurigen Saison. Erstmals kam die Offense rund um ihren neuen Spielmacher Sheldon Cross halbwegs in die Gänge. Die Defense, wie schon zuvor am Posten, bei dem Spiel aber mit viel Massel unterwegs. Die Offensive der Lions (Kurzpassspiel) enorm stark, aber am Ende naiv den erfolglosen Lauf perpetuierend. Die Verteidigung der Gastgeber war an dem Tag eindeutig nicht ihre starke Abteilung, auch deren Special Teams zauderten und agierten nicht konsequent genug um gegen die Österreicher viel ausrichten zu können. Das Ergebnis spiegelt so nicht ganz die Kräfteverhältnisse wieder, die Lions haben sich selbst um die Früchte ihrer Arbeit gebracht. Summa summarum sahen die 400 Zuschauer sehr ansprechenden Offensiv Football mit einigen herausragenden Einzelleistungen. Die Grazer haben damit einen großen Schritt Richtung EFAF-Cup Viertelfinale getan. Am kommenden Wochenende empfangen sie in Eggenberg die Berlin Adler. Ein Sieg gegen die Deutschen würde den sicheren Einzug in die Finalphase bedeuten, aber auch bei einer knappen Niederlage kann man sich in diese hinein retten, sollte man sich dann unter den besten drei Gruppen Zweiten befinden.

EFAF Cup
Prag Lions vs Turek Graz Giants 10:31
(3:14/0:3/0:7/7:7)
22. April 06, Kickoff 14:00
Karls Universität, Prag, Zuschauer: 400
Referees: Plendl / Vondracek / Valenta / Savicevic / Ball / Bellini

Football-Austria.com Spielbewertung
Spielniveau:
Ambiente:
Unterhaltungswert:
Hot Dog Test:

MVPs:
Armando Ponce de Leon
(Turek Graz Giants)
Libor Navratil (Prag Lions)

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